Auf Schatzsuche in der japanischen Nationalbibliothek.

Kennt ihr das? Es gibt etwas, ein Buch oder ein Magazin, dass ihr unbedingt lesen wollt, aber es wird nicht mehr gedruckt und aus zweiter Hand so teuer, dass ihr es euch nicht leisten könnt oder wollt?

Genau vor diesem Problem stand ich auch – und wurde dann vom japanischen Gesetz und meinen Steuergeldern gerettet. Bitte, was?

Nach der Niederlage Japans im zweiten Weltkrieg wurde beschlossen, eine Nationabibliothek zu schaffen. Hauptsächlich sollte diese dem Parlament bei der Recherche helfen, im “Gesetz über die Nationalbibliothek des Parlaments” wird aber auch betont, dass die Bibliothek dem gemeinen Volk zugute kommen soll.

Und, was sollte die Bibliothek zugänglich machen? Kurz gesagt: Alles. Alles, was in Japan verlegt wird, gibt es in der Nationalbibliothek. Insgesamt beherbergt sie über 43 Millionen Medien. Man kann also alte Zeitungen aus der Kriegszeit lesen oder sich alte Stadtpläne ansehen. Oder man ist ein Nerd, und liest die vier Kapitel von NANA, die es nie in einen Einzelband geschafft haben.

NANA ist natürlich der legendäre Manga von Yazawa Ai, der vor etwa 20 Jahren wahrscheinlich das Herz von 99% aller mangalesenden jungen Frauen meines Alters erobert hatte. Er handelt von zwei jungen Frauen namens Nana, die zur gleichen Zeit nach Tokyo ziehen und dort zusammen in einer Wohnung leben. Die eine Nana träumt davon, mit ihrer Band Black Stones berühmt zu werden, die andere von der Liebe.

Mehr: Nana forever: Die “All Time Best Yazawa Ai”-Ausstellung.

Leider wurde die Serie nie fertiggestellt. Die Autorin erkrankte und wir Fans wurden nur mit vielen Fragen zurückgelassen.

Wie ihr vielleicht wisst, werden Manga in Japan nicht direkt in Bänden, sondern in einzelnen Kapiteln in verschiedenen Magazinen oder online veröffentlicht. Falls ihr es noch nicht wusstet:

Mehr: Warum Manga so lange brauchen.

Die Kapitel 1 bis 80 von NANA erschienen in den Bänden 1 bis 21, die auch in Deutschland erschienen. Yazawa Ai zeichnete aber nicht nur 80 Kapitel, sondern 84. Diese vier Kapitel wurden in dem Magazin Cookie veröffentlicht, in den Ausgaben 2009/4 bis 2009/7.

Wo kann man vor fast 15 Jahren veröffentlichte Magazine lesen? Genau, in der Nationalbibliothek.

Die befindet sich im Regierungsviertel, in der Nähe des Bahnhofs Nagatachō. Nachdem man sich registriert hat (hierfür ist ein Ausweisdokument notwendig) kann man an Computer-Terminals die gewünschten Bücher oder Magazine anfordern, die dann aus dem Archiv geholt werden. Entweder liest man dann direkt in der Bibliothek, oder man zahlt 25 ¥ pro A4 Seite Kopie. Diese Kopien kann man übrigens, wenn man denn registriert ist, auch von zuhause anfordern.

Und so saß ich in der Nationalbibliothek, um mich herum Menschen mit sicher sehr wichtigen Recherchethemen, und las Manga.

Die Geschichte und Zeichnungen sind auch 15 Jahre später noch immer unglaublich modern und aktuell, ein echter Manga-Klassiker eben. Die Kapitel behandeln hauptsächlich das Nachspiel des Todes eines der Hauptcharaktere, aber – es sind eben nur vier Kapitel. Der Durst nach einem Abschluss der Geschichte wird dadurch auf jeden Fall nicht gestillt. Nach dieser langen Zeit zweifle ich auch ein wenig daran, dass sie je einen Abschluss finden wird. Schön wäre es natürlich.

Immerhin habe ich so mal einen Grund gehabt, die Nationalbibliothek zu besuchen.

Tatsächlich habe ich nicht nur NANA gelesen, sondern auch Kopien eines Artikels in einer alten Neppū, das ist das kostenlose monatliche Magazin von Studio Ghibli, gemacht. Dort hatte Yonezu Kenshi, einer meiner Lieblingsmusiker, einen kurzen Artikel über den Kurzfilm “Die Raupe Boro” (毛虫のボロ Kemushi no Boro) geschrieben. Die Ausgabe wird Second Hand für über 8000 ¥ (ca. 50 €) gehandelt. Ich habe den Artikel für 82 ¥ kopiert. Endlich mal etwas, wofür ich gerne Steuern zahle. 😉

2 Gedanken zu „Auf Schatzsuche in der japanischen Nationalbibliothek.

  1. Anika sagt:

    Nana
    Da schlägt mein Herz auch sofort höher!

    Und ich war bisher auch immer zu faul mich zu registrieren… dabei gibt es tatsächlich sehr viele alte Schinken die ich eigentlich recherchetechnisch lesen muss… Bisher habe ich mich immer drum rum geschummelt. Das meiste aus meinem Bereich gibt es zum Glück in der “grünen Bibliothek” am Hibiya Park und was gibt’s schöneres als beim Recherchieren in den Park runter zu gucken

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