Wie mein Mann Deutschland gesehen hat.

Das letzte Mal, dass mein Mann einen Fuß auf deutschen Boden gesetzt hatte, war 2012 anlässlich unserer Hochzeit. Seine Erinnerungen an die Hauptstadt waren aber nicht mehr ganz so detailiert. Vieles in Berlin hat ihn auch sehr verwundert, und darum soll es in diesem Eintrag gehen.

Wo sind eure Toiletten?

In Japan gibt es überall kostenlose saubere Toiletten. In Berlin eher nicht. Wenn man also plötzlich mal muss, muss man entweder in einem Restaurant anfragen, ob man vielleicht mal… oder man geht in einem großen Laden oder Einkaufszentrum. Dort bewachen dann Toilettenfrauen und -männer den Eingang mit einem “Für die Benutzung dieser Toilette empfehlen wir eine Spende von 0,50€”-Schild. Reinste Wegelagerei! Und dann ist die Toilette manchmal nicht einmal sauber. Übrigens, dem Planer, der sich überlegt hat, dass man im Hauptbahnhof nur eine Toilette braucht, würde ich gern mal die Leviten lesen. Wir sind einmal tatsächlich von Hauptbahnhof bis Ostkreuz mit dem RE gefahren, weil die Toiletten haben. Aber eigentlich ist das gar kein Problem, denn…

Woher bekomme ich etwas zu trinken?

… Es gibt so gut wie keine Getränkeautomaten. Einerseits ist das fantastisch, denn das reduziert sicher die Anzahl an Plastikflaschen. Andererseits war dieser Sommer wirklich heiß und überall nach einem Supermarkt oder einer Drogerie zu suchen ist anstrengend. Wenn man den ganzen Tag unterwegs ist, reicht eine kleine Wasserflasche einfach nicht, denn…

Warum sind die Bahnen so heiß?

… Man schwitzt in der Bahn wie nichts. In Tokyo will man im Hochsommer schnell in die Bahn, weil die so schön gekühlt ist, in Berlin will man so schnell wie möglich wieder raus. Es gibt keine Kühlung, nur kleine Kippfenster, die nicht wirklich helfen. Jemand erzählte mir, dass die neuen Bahnen eine Klimaanlage hatten, aber aus Gründen zurückgerufen werden mussten. In den U-Bahnen ist es noch einmal schlimmer, da findet nämlich kein richtiger Luftaustausch statt.

Warum rauchen alle?

In Tokyo regen wir uns immer auf, weil in den Restaurants geraucht werden darf. In Berlin darf man das nicht, dafür läuft man auf der Straße immer wieder in eine Rauchwolke. Das passiert in Tokyo nicht so oft, weil das Rauchen auf den meisten Straßen verboten ist und die Leute in Raucherecken rauchen. Das ständige Rauchen überall hat meinen Mann auf jeden Fall richtig aufgeregt. Dass viele Leute ihre Zigaretten einfach auf die Gehwege schmeißen trägt auch nicht zum Stadtbild bei.

Aber es war natürlich längst nicht alles schlimm in Deutschland. Tatsächlich hat mein Mann Berlin sogar ziemlich liebgewonnen.

Alles so entspannt

In Tokyo sind wir ständig am Herumwuseln. Hier kann man 24 Stunden am Tag einkaufen, auch am Sonntag, wir haben kaum Grünflächen zum Ausruhen und insgesamt sind wir dauergestresst. Viel Stress kommt auch daher, dass erwartet wird, dass immer alles perfekt läuft.

Wenn in Berlin die Bahn mal nicht kommt oder etwas anderes nicht funktioniert zuckt man mit den Schultern und macht weiter. Es gibt eine gewisse Erwartungshaltung, dass nicht alles immer rund laufen wird – und das ist nicht weiter schlimm. Es gibt wichtigere Dinge, zum Beispiel Urlaub oder Vereinbarkeit von Familie und Arbeit. Obwohl es in japanischen Büros oft angezweifelt wird, dreht sich die Erde auch weiter um ihre Achse, wenn mal Arbeit liegen bleibt.

Natürlich ist es für Urlauber in Japan angenehmer, weil sich sämtliches Personal in der Servicebranche verrenken wird, um es einem Recht zu machen. Aber denkt immer daran: Da verrenkt sich jemand.

Ein gewisses Mindestmaß an Service und Funktion ist auch in Deutschland gegeben, aber alles was darüber hinausgeht ist extra. Wir fanden es super. 🙂 Schienenersatzverkehr ist ein Wort, dass wir meinem Mann beibringen mussten, aber es hat ihn nicht einmal großartig gestört als zwischen Ostkreuz und Friedrichshagen nur Busse verkehrten.

Der Fahrer dieses Subunternehmens hört beim Fahren Musik und hat offensichtlich nicht so richtig Bock, aber er bringt uns alle sicher ans Ziel, und das ist was zählt.

So eine entspannte Haltung könntet ihr von ihm in Tokyo nicht erwarten. 😉 Für uns war Berlin an sich einfach eine Auszeit, auch in der Hitze.

12 Gedanken zu „Wie mein Mann Deutschland gesehen hat.

  1. Holger Drechsler sagt:

    Berlin – eine Stadt zum Ausruhen, eine Stadt der Entschleunigung! Eine Initiative Ider Deutschen Bahn und der Berliner Verkehrsbetriebe in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz.

  2. Nao sagt:

    Jupp, die negativen Punkte sind die gleichen, die mich auch an Deutschland stören. Nur nichtfahrende Züge stören mich als pendlerin gewaltig, ich muss ja irgendwie nach Hause kommen 🙁

    • Claudia sagt:

      Der SEV war für uns als Touristen natürlich viel entspannter als für die Anwohner. 🙂 Es ist vor allem in Berlin einiges ein wenig eigenartig beim ÖPNV, aber es läuft halt irgendwie. Niemandem fällt der Kopf auf den Himmel.

  3. Becci sagt:

    Toller Beitrag:)

    Mein Freund und ich waren letztes Jahr im Juli/August in japan und es war unerträglich heiß- und wie du schon sagstest man freute sich darüber endlich wieder in eine wunderbar klimatisierte bahn zu steigen *genial* Wir sind nämlich berliner, die die saunaartigen sardinenbüchsen (ubahn sbahn bus) täglich im Sommer Berlins nutzen müssen :/

    ABER zu den Toiletten sei gesagt, dass wir in Japan kaum saubere öffentliche Toiletten gefunden haben …vorallem in shinjuku kam es uns fast hoch ….
    Aber es gibt wirklich viele Toiletten und das auch fast überall xD

    Zum Rauchen: ich fand es faszinierend das Raucher in Japan im Prinzip eingesperrt werden…sei es in umzäunte Raucherariale oder ins Restaurant (find ich ganz schlimm dass da geraucht werden darf :/) während man in Deutschland ausgesperrt wird xD
    Mein Freund ist Raucher und fand es befremdlich dauernt solche kleinen raucherzonen zu suchen xd

    • Claudia sagt:

      Die Toiletten in Einkaufszentren sind eigentlich immer sehr sauber und für jeden ohne Entgeld nutzbar. 🙂 Bei den Toiletten in den Bahnhöfen ist der Standard meist nicht so hoch.
      Wie gesagt, wir fanden es in Berlin ganz schlimm, dass man immer und überall draußen damit rechnen musste, gleich von einer Rauchwolke eingenebelt zu werden. Gefühlt haben da viel mehr geraucht, als bei uns.

  4. Caro sagt:

    Ja, die vielen öffentlichen und auch tatsächlich meist annehmbar sauberen Toiletten in Japan sind sehr super und die fehlen definitiv in Deutschland. Was dagegen Deutschland hat, was mir in Japan auf jeden Fall fehlt, sind öffentliche Mülleimer! Die gibt es ja bis auf in Bahnhöfen so gut wie gar nicht und es ist schon bequemer, wenn man seinen Müll nicht mit sich rumtragen muss.

    • Claudia sagt:

      Siehst du, das ist etwas, was uns gar nicht aufgefallen ist. Möglicherweise auch, weil wir auch in Tokyo eigentlich immer wissen, wo wir unseren Müll wegwerfen können (man entwickelt eine kleine Mülleimer-Karte im Kopf 🙂 ). Die Mülleimer in Berlin waren aber auch immer ziemlich voll.

    • Claudia sagt:

      Wenn Klimaanlagen ab 30°C gar nicht mehr funktionieren, hat da jemand nicht mitgedacht. Wir haben ja nicht erst seit diesem Jahr im Sommer gern mal 35°C im Schatten.

  5. Tomo e-chan Deya sagt:

    Also mich stört es mehr, wenn in einem Restaurant geraucht wird als draußen. Was ich allerdings doof finde, dass die auch ein Verbot in Kneipen durchgesetzt haben (schließlich die eigene Entscheidung rein zu gehen und da will man ja nur nen Bier und ggf Currywurst und Pommes Schranke)..

    SEV kann sehr nervig für Pendler sein, aber besser als nichts. In NRW funktionieren an sich die Klimaanlagen ganz gut, vor allem bei den Privatbahnen. XD

    Ach ja und einen kostenlosen Trinkbrunnen gibts auch bei den Toiletten im Minto. 🙂 Das Minto ist eine Centro Variante in kleiner in der Innenstadt.

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