Galileo: Der japanische Sherlock Holmes.

Vor vielen Jahren fragte meine Schwiegermutter, ob ich nicht einige Bücher, die sie ausgelesen hatte, haben wollen würde. Ich wollte zu der Zeit mehr auf Japanisch lesen und nahm dankend an. So machte ich die Bekanntschaft mit dem profiliertesten Krimiautoren Japans und seinem bekanntesten Charakter: Higashino Keigo (東野圭吾) und Galileo.

Higashino Keigo ist einer dieser Autoren, die ständig ein neues Buch veröffentlichen. In seinen 60 Lebensjahren hat er bisher 93 Bücher geschrieben und unzählige Buchpreise gewonnen. Viele seiner Werke sind auch verfilmt worden, ob als Fernsehserie oder fürs Kino. Allein derzeit befinden sich vier Adaptionen seiner Geschichten in Produktion, zwei werden dieses Jahr veröffentlicht.

Zur Galileo-Serie gehören acht Bücher, davon fünf mit Kurzgeschichten. Die Prämisse ist schnell erklärt: Der Physikprofessor Yugawa Gaku (湯川学), Galileo genannt, hilft der Polizei beim Lösen komplizierter Fälle. Dabei ist er der Archetyp, den man aus anderen Serien kennt: Mag keine Menschen, hilft nur, wenn es ihn interessiert, und ist dabei super cool. Zumindest zwei der Bücher bekommt man auch auf Deutsch (“Verdächtige Geliebte” und “Heilige Mörderin”), wobei ersteres Buch das bekanntere ist. Wenn man Japanisch auf JLPT N2 oder N1 Level beherrscht, sollte man die Bücher aber auch auf Japanisch lesen können. 🙂

Außerdem gibt es eine Serie mit zwei Staffeln, zwei Fernsehspecials und zwei Kinofilmen. Dass Fernsehserien ihre eigenen Kinofilme bekommen ist in Japan übrigens nicht unüblich, so lässt sich noch einmal Geld in die Kasse spülen. In sämtlichen Verfilmungen wird Galileo von Fukuyama Masaharu (福山雅治) gespielt. Wir haben uns zwei Filme und die erste Staffel der Serie angesehen. In der Serie werden hauptsächlich die Kurzgeschichten verarbeitet, die teils ziemlich abstrus anmuten. Die Romane, auf denen die Filme basieren, finde ich meist durchdachter und glaubwürdiger.

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©️東宝

容疑者Xの献身 Yōgisha X no Kenshin (2008) (Trailer)

Regisseur: Nishitani Hiroshi

Darsteller: Fukuyama Masaharu, Shibasaki Kō, Kitamura Kazuki

Yasukos Ex-Mann taucht komplett betrunken bei ihr auf, macht es sich bei ihr zuhause bequem und bedroht sie und ihre Tochter. Eines kommt zum Anderen, und schließlich liegt Yasukos Ex-Mann, mit dem Kabel des Kotatsus erdrosselt, im Zimmer. Ihr Nachbar Ishigami, ein Mathematik-Genie, klopft und fragt, was passiert ist. Erst wimmelt Yasuko ihn ab, doch es stellt sich schnell heraus, dass Ishigami weiß was passiert ist und Yasuko helfen will. Bald darauf findet die Polizei am Fluss Edogawa einen Leichnam und nimmt Yasuko ins Visier, die aber ein wasserfestes Alibi hat.

Persönliche Meinung: Wie der Mord passiert ist, ist von Anfang an klar. Die Spannung zieht dieser Film deswegen nicht daraus, den Mord aufzuklären, sondern aus der Vertuschung. Warum ist Yasukos Alibi dermaßen bombensicher? Warum macht ihr Nachbar all das für sie? Galileo schlittert in diesen Fall, weil er zusammen mit Ishigami studiert hat, und er sich um seinen alten Freund sorgt. Spannend erzählt, so dass man wirklich bis zum Schluss nicht weiß, was genau geschehen ist.

In Japan kann man den Film auf Netflix sehen, auf Deutsch gibt es ihn leider nicht. Das Buch, “Verdächtige Geliebte”, ist aber auch auf Deutsch erhältlich. Der Originaltitel könnte übrigens als “Die Aufopferung des Verdächtigen X” übersetzt werden.

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©️東宝

真夏の方程式 Manatsu no Hōteishiki (2013) (Trailer)

Regisseur: Nishitani Hiroshi

Darsteller: Fukuyama Masaharu, Yoshitaka Yuriko, Kitamura Kazuki

Galileo verbringt den Sommer in Harigaura, am Meer. Auf dem Weg dorthin trifft er auf Kyohei, einen Grundschüler, der kein Interesse an Physik hat. Kyohei ist der Neffe der Betreiber des Gasthauses, in dem Galileo übernachtet. Galileo nimmt sich vor, Kyohei über den Sommer Physik näherzubringen. Eines Tages wird plötzlich die Leiche eines anderen Besucher des Gasthauses, einem ehemaligen Polizisten, am Strand gefunden.

Persönliche Meinung: In diesem Film war der Schauplatz natürlich schöner als im Vorgänger. Blaues Meer, weißer Sand, Sonne. Doch auch in so einer Kulisse können alte Familiengeheimnisse lauern, und was ist eigentlich Familie? Auch diese Geschichte ist spannend erzählt, obwohl ich Teile der Auflösung etwas schwer zu glauben fand.

Auch diesen Film kann man in Japan auf Netflix sehen, aber leider ist er nicht auf Deutsch verfügbar. Diesmal gibt es nicht einmal das Buch, das mit deutschem Titel “Die Mittsommergleichung” heißen könnte.

Ich bin auf jeden Fall ein großer Fan von Higashino Keigos Werken und vielen der filmischen Umsetzungen. 🙂 Inzwischen gibt e zum Glück recht viele japanische Bücher auf dem deutschsprachigen Markt, und falls ihr im Buchladen eurer Wahl mal an einem Buch von Higashino Keigo seht, blättert ein wenig darin herum.

Habt ihr japanische Autoren, deren Bücher ihr gerne lest?

7 Gedanken zu „Galileo: Der japanische Sherlock Holmes.

  1. Daniela sagt:

    Liebe Claudia,
    Ich finde den auch super. Auch wenn man den Mord gleich zu Anfang erraten kann, bleibt es bis zur letzten Seite spannend. Das muss man erst mal schaffen.
    Wusste nicht, dass der so viele Bücher geschrieben hat. Wie macht der das bloß???

    Liebe Grüße Daniela

    • Claudia sagt:

      Genau wie Stephen King wahrscheinlich. 😀 Ist wirklich unglaublich, jedes Jahr kommt ein oder mehrere Bücher von ihm raus.

  2. Anika sagt:

    Verdächtige Geliebte hab ich sogar. Kann mich da aber nicht an einen “Galileo” erinnern xD Wird wohl Zeit es nochmal zu hören. Deshalb hab ich es wohl auch nie mit der Werbung für Galileo in Verbindung gebracht.
    Mein erstes Buch von Higashino Keigo war “Mord am See” oder so ähnlich.
    Bis dahin war ich nur abgedrehte japanische Bücher gewöhnt und etwas enttäuscht ob der Normalität..

    • Claudia sagt:

      Er wird oft auch einfach nur Yukawa genannt, ich habe nur im ganzen Text Galileo geschrieben um keine Verwirrung zu stiften. 🙂

  3. Evelyne Gehrig sagt:

    Ich suche für meinen 18jährigen Sohn, der sich selber Japanisch beibringt und Fan von Sherlock Holmes ist – wir wohnen in Meiningen im Berner Oberland/Schweiz, wo eine der Geschichten “The final Problem” von Sir Arthur Conan Doyle spielt – ein oder mehrere Bücher von Sherlock Holmes auf Japanisch. Hier finde ich keinen Verlag, der diese ausliefert. Könnten Sie mir bitte weiterhelfen? Francis, mein Sohn, hat Ende Oktober Geburtstag.

    Tausend Dank!
    Evelyne Gehrig

    Evely

    • Claudia sagt:

      Amazon Japan liefert überraschend viel nach Deutschland! 🙂 Die Seite kann auf Englisch umgestellt werden, um einen Account zu erstellen, und hier finden Sie unter “frequently bought together” für 2,592¥ moderne Übersetzungen für “Die Abenteuer des Sherlock Holmes”, “Die Memoiren des Sherlock Holmes” und “Das Zeichen der Vier”. Es gibt aber auch einfacher geschriebenere Versionen für Kinder, hier ist z.B. “Der Bund der Rothaarigen”. Ich hoffe, dass ich etwas weiterhelfen konnte. 🙂

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