Am Sonntag Morgen schob ich in unserem Wohnzimmer alles zur Seite, holte eine große Kiste aus unserem kleinen Lagerraum, legte alles zurecht und begann, mir einen Kimono anzuziehen.
Einige erinnern sich vielleicht noch daran, dass ich Anfang diesen Jahres einige Kimonos vermacht bekommen hatte. In den Wochenenden hatte ich immer wieder geübt, einen zumindest einigermaßen akzeptabel anzubekommen. Yukata, die dünnen Baumwollkimonos, die im Sommer getragen werden, finde ich da viel einfacher: Es gibt nicht so viele Lagen, und der Stoff ist rauher und damit (finde ich) einfacher zu handhaben. Den Standard-Obi-Knoten für Yukatas bekomme ich auch im Schlaf hin.
Mit dem Kimono und dem Obi ärgerte ich mich etwa eineinhalb Stunden herum. Es wollte einfach nicht so wie ich. Zu meiner Verteidigung liegen die einzigen Kimono-Stunden, die ich je genommen habe, auch schon wieder über sechs Jahre zurück.
Nachdem ich also viel geflucht, geseufzt und alles noch einmal von vorn gemacht hatte, schlüpfte ich in meine neu gekauften Schuhe und trippelte los. Große Schritte sind in einem Kimono einfach nicht drin. Der Weg zum Bahnhof fühlte sich dann auch mindestens dreimal so lang an wie sonst.
Etwas Sorge hatte mir bereitet, wie die Leute auf meine eher kläglichen Anziehversuche reagieren würden. Zwar hatte mein Mann mir versichert, dass die meisten Japaner gar nicht genug Ahnung von Kimonos haben, um da kritisch zu sein, aber man weiß ja nie, ob man nicht doch mit faulen Eiern beworfen wird. 😉 Die Reaktionen waren aber tatsächlich durch die Bank positiv.
Nachdem Hanna zu mir gestoßen war liefen wir unter Kirschbäumen und vielen netten Kommentaren von älteren Damen vom Bahnhof Yotsuya bis zum Hotel New Ohtani. Dort gibt es einen kleinen japanischen Garten mit roten Brücken, und wir hatten uns erhofft, dass es dort nicht allzu voll sein würde. Zwar blühte im Park nicht allzu viel, aber schön war es trotzdem, und so konnten wir an einigen Stellen fotografieren. Zurück zum Bahnhof liefen wir wieder denselben Weg, lösten bei einer Gruppe älterer Damen einen “Wie schön”-Chor aus, aßen Mittagessen, tranken Kaffee, quatschten und trennten uns wieder.
Eigentlich wollte ich ursprünglich noch an einen anderen bekannten Kirschblüten-Ort, aber wir waren geschafft und meine Füße taten weh. So war unser Kimono-Nachmittag ein wenig kurz, aber dafür haben wir schon Pläne für den Sommer (dann im Yukata) und den Herbst (wieder im Kimono) geschmiedet.
Nachdem die Kimono jahrelang in der Abstellkammer meiner Schwiegereltern geschlummert haben, soll sie schließlich in meinen Händen nicht ein ähnliches Schicksal ereilen. Wäre schade drum. 🙂
EINFACH WUNDERSCHÖN!
Wenn es zu schlimm gewesen waere, haetten die alten Damen angefangen an dir rum zu zupfen. Also alles in Ordnung ^_-
Ich Depp hatte vergessen, dass ich zum Hanami Kimono anziehen wollte, dabei lag das Coordinate schon auf einem Stuhl parat. Naja.. Dafuer hatte ich eine Woche vorher immerhin einen an..
Bei mir ist der Kimono so ein großer Akt, dass ich einen tragen wollte, würde ich nicht vergessen. Zu viel Aufregung. 😀
Haha, da bist du mir mit deinem Blogeintrag zuvor gekommen 😉 War aber echt ein schöner Tag! Und ich bin froh, dass wir doch nicht beim Chidorigafuchi waren; es sieht zwar total schön aus, aber die Menschenmassen sind unglaublich…! Selbst japanische Touristen werden da in großen Reisebussen angekarrt^^;
Dann war es wirklich gut, dass wir das nicht gemacht haben. Jetzt bloß nicht die Sommeridee vergessen!
Genau! Und für Chidorigafuchi würde ich empfehlen, unter der Woche morgens vor der Arbeit hinzugehen. Dann kommt man wenigstens in die Nähe der Sakura 😉
Der Kimono steht dir wirklich sehr, tolle Farbe 🙂 Die musst du definitiv öfter ausführen und wenn du dann noch so tolle Gesellschaft hast, die mitmacht – perfekt 🙂
Die Gesellschaft macht wirklich sehr viel aus. Alleine hätte ich da nicht so die Lust drauf. 😀