Ich habe mich mit dem ZOZOSUIT selbst vermessen.

ZOZO ist der größte Online-Marktplatz für Bekleidung in Japan. Der Besitzer der Plattform  ist die Nummer 18 auf Forbes’ Liste der reichsten Japaner und wird der erste Mensch auf einem kommerziellen Weltraumflug um den Mond sein.

In Japan und inzwischen auch Deutschland verschickt ZOZO für sehr wenig Geld den Zozo Suit, eine zweiteilige Bekleidung, die es ermöglichen soll, den eigenen Körper akkurat zu vermessen. An sich ist es Werbung für ZOZOs eigene Bekleidung, die es in den verschiedensten Größen gibt. Nachdem mir eine Freundin davon erzählt hatte, war klar, dass ich das unbedingt einmal ausprobieren wollte.

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Mit Kimono zu den Kirschblüten.

Am Sonntag Morgen schob ich in unserem Wohnzimmer alles zur Seite, holte eine große Kiste aus unserem kleinen Lagerraum, legte alles zurecht und begann, mir einen Kimono anzuziehen.

Einige erinnern sich vielleicht noch daran, dass ich Anfang diesen Jahres einige Kimonos vermacht bekommen hatte. In den Wochenenden hatte ich immer wieder geübt, einen zumindest einigermaßen akzeptabel anzubekommen. Yukata, die dünnen Baumwollkimonos, die im Sommer getragen werden, finde ich da viel einfacher: Es gibt nicht so viele Lagen, und der Stoff ist rauher und damit (finde ich) einfacher zu handhaben. Den Standard-Obi-Knoten für Yukatas bekomme ich auch im Schlaf hin.

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Die Kimonos meiner Schwiegergroßmutter.

Es gibt in meiner japanischen Familie ein Familienmitglied, dass ich noch nie getroffen habe, und das dennoch immer irgendwie anwesend ist: Die Mutter meines Schwiegervaters. Sie ist vor inzwischen fast dreißig Jahren an Krebs verstorben, aber sie kommt in den Geschichten, die zuhause erzählt werden, immer wieder vor. Zum Totenfest im Sommer ist sie noch einmal präsenter, denn jeden Tag wird für sie mitgekocht. Als wir vor vielen Jahren alte Heimvideos von Videokassetten auf eine Festplatte brachten, war sie plötzlich zu sehen, und die Stimmung im ganzen Raum änderte sich schlagartig. Wenn meine japanische Familie so etwas wie eine Schutzheilige hat, ist es diese Großmutter.

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Das Aussterben (m)einer Jugendkultur.

Da auch weiterhin nichts Spannendes geschieht, schreibe ich heute wieder etwas aus meinem Alltag. 🙂

Ich gehe jeden Morgen um etwa dieselbe Zeit zur Arbeit. An manchen Tagen begegnet mir dann eine Gothic Lolita. Sie wohnt näher am Fluss als wir, sonst würde sie nicht diesen Weg zum Bahnhof wählen, aber sonst weiß ich nichts von ihr. Nur, dass sie noch immer Gothic Lolita trägt.

Warum “noch immer”? Weil diese Jugendmode sich, zumindest in Japan, im Aussterben befindet. Dieses Jahr wurde das Magazin “Gothic & Lolita Bible” eingestellt, und auf der Straße sehe ich immer weniger Mädchen oder Frauen, die diese Mode tragen. Natürlich, es gibt sie noch, aber ich habe das Gefühl, dass wenige junge neue Leute hinzukommen, die den Rüschen und der Spitze fröhnen. Die Gothic Lolita aus meinem Viertel ist auch nicht mehr ganz so jung, sie geht wahrscheinlich so zur Arbeit.

Als ich 2008 das erste Mal nach Japan kam, sah ich immer wieder Lolitas auf der Straße, und neben den Läden in Harajuku (原宿) gab es auch in Shinjuku (新宿) ein Marui-Kaufhaus nur für die Mode. Irgendwann zog es um, weiter weg von der Bahnstation, und die Anzahl der Läden darin verringerte sich. Die Lolita in meiner Nachbarschaft ist oft wochen- und monatelang die einzige, die ich sehe.

Ich finde das natürlich schade. Die Mode, die auch für mich lange Zeit recht wichtig war, über die ich wirklich gute Freundinnen kennengelernt habe, versinkt in den Annalen der Geschichte. Nicht, dass ich dem etwas entgegensetzen würde – ich trage die Kleidung seit Jahren nicht mehr.

Letztendlich hat sicher jeder einmal das Verschwinden von etwas erlebt, das ihm früher wichtig war. Jugendkultur ist nun einmal für die Jugend, und während es natürlich jedem freisteht, der Jugendkultur auch im Erwachsenenleben zu fröhnen, sucht die neue Jugend nach neuen Dingen. Das ist er dann, der Kreis des Lebens, oder halt der Jugendmode.

Dennoch freue ich mich jedes Mal, wenn ich diese Frau morgens sehe. Die zieht das durch. 🙂