Kann man eigentlich Japaner werden?

Wenn man wie ich aus einer Stadt mit einer großen Immigrantengemeinde kommt, kennt man sicher Geschichten von Einbürgerungen. Wie genau das funktioniert weiß ich nicht, aber am Ende hält man einen deutschen Pass in den Händen und muss sich nicht mehr mit Einwanderungsbehörden herumärgern und die Bundesrepublik Deutschland hat einen neuen Deutschen gewonnen.

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Entgegen anderslautender Gerüchte kann man tatsächlich Japaner werden, bzw. zumindest die japanische Staatsbürgerschaft annehmen. Das nennt sich entweder Kika (帰化), Einbürgerung, oder Kokuseki Shutoku (国籍取得), Erwerb der Staatsbürgerschaft. Im Jahr 2012 haben sich 9.940 Personen um die japanische Staatsbürgerschaft beworben, nur etwa 4% wurden abgelehnt. Das hängt auch damit zusammen, dass nur die, die eine Chance haben, überhaupt bis zur offiziellen Bewerbung vorgelassen werden.

Der Großteil der Bewerber ist koreanischem oder chinesischem Ursprungs, doch während deren Antragszahlen  stetig schrumpfen bleibt die Zahl der “weiteren” Ausländer stabil.

Warum Japaner werden?

Das kann die verschiedensten Gründe haben, aber der größte Vorteil ist, dass man mit japanischer Staatsbürgerschaft nie wieder aus dem Land geworfen werden kann. Das ewige Aufenthaltsrecht, wie ich es habe, kann im Ernstfall entzogen werden. Außerdem kann man natürlich wählen oder sich auch zur Wahl stellen. Wusstet ihr, dass es in Japan einen in Finland geborenen Politiker gibt? Er hat 1979 die Staatsbürgerschaft angenommen. Auch im öffentlichen Dienst braucht man die japanische Staatsbürgerschaft.

Für viele ist der japanische Pass auch praktischer, weil man eine größere Reisefreiheit genießt. Wir erinnern uns: Mit einem japanischen Pass muss man für Vietnam kein Visum beantragen, bei anderen Ländern sind die Unterschiede wahrscheinlich noch viel gravierender.

Was für Voraussetzungen muss man erfüllen?

  1.  Man muss seit mindestens fünf Jahren durchgehend in Japan leben. Wenn man verheiratet ist geht es, wie immer, noch schneller.
  2.  Man muss mindestens 20 Jahre alt sein.
  3. Man darf natürlich keine Vorstrafen haben oder ähnlich negativ aufgefallen sein.
  4. Man muss entweder genug Kapital oder Können mitbringen, um sich zu versorgen oder jemanden in der Familie haben, der einen versorgen kann.
  5. Man muss entweder staatenlos oder bereit sein, seine bisherige Staatsbürgerschaft abzutreten.
  6. Man darf nichts mit Organisationen zu tun haben die die Regierung mit Gewalt stürzen wollen. Falls ihr das geplant hattet.

Nummer 5 ist natürlich der große Haken: Bis auf einige Ausnahmen* darf man keine Staatsbürgerschaften neben der japanischen haben. Ich wette, wenn es diese Regel nicht gäbe, wäre die Anzahl der Anträge sehr viel höher, ich würde mich dann auch einreihen. 😉 Aber dazu später mehr.

* Ausnahme 1: Man ist unter 20 und hat z.B. durch Geburt zwei Staatsbürgerschaften. Ausnahme 2: Man ist z.B. im Iran durch Heirat gezwungen eine weitere Staatsbürgerschaft anzunehmen. Ausnahme 3: Die ursprüngliche Staatsbürgerschaft ist entweder unmöglich oder mit enormem Aufwand ablegbar.

Wie läuft der Prozess ab?

Es ist wohl von Ort zu Ort unterschiedlich, warum sollte man so etwas auch normen, aber meist sieht es wohl so aus:

  • Antragsschreiben
  • Informationen über die Familie (das musste ich auch bei der Niederlassungserlaubnis machen)
  • Lebenslauf
  • Motivationsschreiben (“Warum willst du dich einbürgern lassen?”)
  • Schriftlicher Eid über die abgegebenen Informationen
  • Nachweise über Einkommen und Kapital, Mietvertrag
  • Eine handgezeichnete Karte von der Umgebung der Wohnung und des Arbeitsplatzes (musste ich auch bei der Niederlassungserlaubnis machen, ist lächerlich)

Später gibt es auch ein Interview, bei dem man beweisen muss, dass man mindestens genauso gut Japanisch spricht wie ein Achtjähriger. 😉

Die ganze Prozedur dauert mindestens ein Jahr.

Bekomme ich einen japanischen Namen?

Man darf sich seinen Namen frei aussuchen, er muss nur in einer japanischen Schrift geschrieben sein. Ich persönlich würde einfach denselben Namen verwenden wie jetzt, aber wenn man sich Kuranosuke (蔵之介), das ist ein alter Männername, der sicher auch einem Samurai gut stehen würde, nennen möchte, kann man das tun. Man kann sich auch einfach Kanji für seinen nicht-japanischen Namen aussuchen. 🙂

Mein persönliches Wider

An sich ist so eine Einbürgerung natürlich keine schlechte Sache, wie gesagt: Könnte ich meine deutsche Staatsbürgerschaft behalten, hätte ich mich schon beworben. Neben dem diffusen Gefühl, dass so ein EU-Pass voll cool ist, gibt es vor allem ein Argument für den deutschen Pass: Ich möchte, dass unser Kind doppelte Staatsbürgerschaft bekommt. Einfach als Möglichkeit, falls es sich in 25 Jahren entscheiden sollte, in Europa leben zu wollen. Würde ich meine Staatsbürgerschaft abgeben, wäre das ziemlich kompliziert. Ansonsten muss ich nämlich zugeben, dass ich von meiner deutschen Staatsbürgerschaft auch nicht unbedingt Gebrauch mache, es würde in meinem Leben also nicht unbedingt etwas ändern.

Vielleicht, irgendwann… statt Claudia dann Kuranosuke… Ich sehe mich schon in voller Rüstung und mit Katana im Sonnenuntergang stehen…

31 Gedanken zu „Kann man eigentlich Japaner werden?

  1. lea sagt:

    Hey ich finde den Beitrag voll gut :3
    Nur verstehe ich dass nicht so mit dem Namen 😀 kann man sich einen kompletten Namen neu ausdenken (ausgesprochen) oder nur die kanji?

    • Claudia sagt:

      Du kannst dir komplett einen neuen Namen aussuchen. Es gab wohl eine Zeit, in der es obligatorisch war sich einen japanischen Namen zuzulegen, heutzutage kann man sich da selbst entscheiden.

    • Rumpelstilzchen sagt:

      Hallo Claudia san,
      wie immer, Sie schreiben Ihre Beitraege mit “Herz”.
      Bezueglich der doppelten Staatsbuergerschaft gibt es leider auch Nachteile, vor allem, wenn diese Person sehr gern reisen. Z.B. wenn Sie in Suedamerika oder in Nahost gekidnappt werden oder Ihr Flugzeug wird entfuehrt, fuehlen sich weder Japan noch Deutschland fuer Die zustaendig. Die Deutschen sagen, Sie sind Japanerin, wir sind nicht zustaendig, die Japanische Behoerde wuerde auch sagen, wenden Sie sich bitte an die dt. Auslandsvertretung.
      Au3erdem, koennen wir heutzutage immer davon ausgehen, da3 die Ehe stets fuer die Ewigkeit ist? Japanerin/Japaner werden koennte auch hei3en, da3 diese Person eine Aufenthaltserlaubnis fuer das Heimatland beantragen muessen etc. , wenn sie nach der Scheidung wieder zurueck moechte oder die dt. Staatsbuergerschaft neu beantragen etc.. Vorteil von 帰化 ist, die Person wird nicht aus Japan rausgeschmissen.
      Herzliche Grue3e
      Rumpelstilzchen

  2. rham.xam sagt:

    Ich finde diesen Beitrag mega. Ein Schulfreund und ich wollen während eines Informatik-Studiums nach Japan und dort dann auch weiterhin leben. Und im Voraus wollte ich mal schauen was für Kriterien existieren und was erfüllt werden muss. Ein sehr verständlicher Text,alles gut erklärt. Danke
    (Namen kann man einfach random wählen, oder? z.B. etwas wie Shinya Hiiragi?)

    • Claudia sagt:

      Natürlich kannst du deinen Namen einfach so wählen, aber du bleibst trotzdem vom Aussehen her ein Westler… Ist halt wie ein Japaner, der Hans Meier heißt.

  3. Ulrich sagt:

    Sehr geehrte Frau Claudia!

    Ich habe in dem Sinne, eine Japanerin zu heiraten, die sich derzeit in meinem Heimatlande Österreich aufhält. Die Japanische Sprache beherrsche ich nur zu kleinem Teile, bin jedoch gewillt, mir diese besser anzueignen. (Vermutend behauptet befinde ich mich keinesfalls auf dem Level eines/einer 8-jährigen.) Da ich gegenwärtig ohnehin junge 17 Jahre zähle, müsste ich warten und hätte für das Erlernen noch Zeit. Ich frage mich jetzt, wie lange in Japan zu leben ist, um als Verheirateter die Staatsbürgerschaft zu beantragen.

    Da es sich hier um einen Kommentar handeln soll, füge ich einen meiner Frage hinzu.
    Ihr Artikel wurde sehr anmutend verfasst und schildert den Sachverhalt leicht verstehbar.
    Ich stimme zu, dass so eine EU-Mitgliedschaft etwas Feines ist. Man denke an den Schengenraum und das bescheinigte Reisen zwischen den Mitgliedsstaaten.

    Überdies wünsche ich noch fröhlich Ostern, falls Sie das feiern und einen schönen Wochenbeginn.

    • Claudia sagt:

      Hallo Ulrich,
      Die magische Zahl wenn es um Ehepartnergeschichten geht ist 3. Nach drei Jahren kann man die Niederlassungserlaubnis beantragen (wenn man denn vorher ein 3-Jahres-Visum hatte) und nach drei Jahren kann man sich auch um die Staatsbürgerschaft bewerben.

  4. Isa sagt:

    Ich bin Halb-Japanerin mütterlicherseits und hatte auch einen japanischen Pass, weil ich zwar in Deutschland geboren bin allerdings eine Zeit lang in Japan zur Schule ging. Jetzt lebe ich allerdings schon viele Jahre wieder in Deutschland und hatte es versäumt meinen japanischen Pass beim Konsulat zu verlängern. Zudem darf man ja offiziell mit 22 (bin bereits darüber hinaus) keine doppelte Staatsbürgerschaft haben, was aber wohl toleriert wird wenn man durchweg zwei Pässe führt.

    Aktuell stelle ich mir also die Frage wie ich es hinbiegen könnte wieder einen japanischen Pass zu erhalten, da ich auch sehr gerne den Nachnamen meiner Mutter darin stehen hätte (in meinem deutschen Pass steht der Nachname meiner deutschen Familienseite, aber meine Mutter hat nie die DE-Staatsbürgerschaft angenommen, hat also „lediglich“ eine reine uneingeschränkte Aufenthaltserlaubnis für die BRD und trägt in Japan weiterhin ihren Mädchennamen).
    Wenn ich in DE auf’s jap. Konsulat gehe verweigern die mir sicher den damaligen Pass wieder aufzufrischen weil sie sich ja denken können dass ich einen Deutschen Personalausweis habe.

    Wenn ich nach Japan fliege und dort den Pass erneuern will werde ich sicherlich gefragt wieso ich den habe so lange nicht erneuern lassen. Und dann muss ich sicherlich auch nachweisen dass ich dort lebe, was nicht durchweg der Fall ist.

    Vielleicht hat jemand einen (Insider)Tipp? ((-:

    glg, Isa

    • Claudia sagt:

      Hallo Isa,
      Du bist auch ohne Pass Japanerin, weil du im Koseki deiner Mutter stehst. Die Beamten können zwar darauf hinarbeiten, dass du eine Staatsbürgerschaft ablegen solltest, aber eigentlich können sie keinem Staatsbürger die Herausgabe eines Passes verweigern und sie können dir die Staatsbürgerschaft auch nicht einfach wegnehmen. Es gibt es auf dem Wisch für die Entscheidung über die Staatsbürgerschaft (選択宣言) auch einen Punkt, namens “外国籍の離脱に努める”. Versuchen kann man viel. 😉 Hier ein ausführlicherer Text (auf Japanisch).
      Ich hoffe, das hilft ein wenig!

  5. Hiromi Ulrich sagt:

    Hallo Claudia 🙂

    Ich bin 32J Halb-Japaner Mütterlicherseits und in der Schweiz geboren & aufgewachsen. Hatte bisher noch nie einen JP-Pass.
    Meine Mutter hatten Ihren JP-Pass nach der Heirat in den 70ern abgegeben und den Schweizerpass angenommen.

    Vor 5-Jahren hat Sie aber wieder den JP-Pass bekommen & hat jetzt beide Pässe.

    Zudem bin ich im Koseki nicht aufgeführt.

    Was denken Sie welche Möglichkeiten habe ich?
    Kann meine Mutter mich Rückwirkend im Koseki noch aufführen?

    Mit freundlichen Grüßen
    Hiromi Ulrich

    • Claudia sagt:

      Hallo Hiromi,

      Eigentlich geht es bei solchen Geschichten immer um die Staatsbürgerschaft der Eltern zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes – Und in deinem Fall war deine Mutter nicht Japanerin. Ich weiß nicht, wie sie jetzt beide Pässe hat, weil Japan eigentlich keine doppelte Staatsbürgerschaft anerkennt (außer du hast beide seit deiner Geburt), aber ich würde deine Chancen als sehr gering einschätzen. Am Besten wäre es wahrscheinlich einfach mal bei eurer japanischen Botschaft anzufragen, im Zweifelsfall auch per E-Mail von einer Adresse, die du eigentlich nicht verwendest.

      Mit liebem Gruß
      Claudia

  6. Yuzu sagt:

    Super interessanter Beitrag! Ich habe lange nach Informationen gesucht, und hier wurde alles super erklärt. Vielen Dank dafür 🙂

    Wie ist das denn mit der Wahl des japanischen Namens wenn man heiratet (und den Nachnamen des Mannes an nimmt), und anschließend die japanische Staatsbürgerschaft beantragt – kann ich mir dann nur einen japanischen Vornamen aussuchen? Oder kann ich mir sozusagen einen japanischen “Mädchennamen” dazu suchen? Denn wenn die Ehe nicht hält, dann ist der Nachname meines Mannes ja auch futsch.

    • Claudia sagt:

      Das ist eine sehr gute Frage. Über diese Situation hatte ich noch gar nicht nachgedacht, und um ehrlich zu sein weiß ich auch nicht, wie das dann funktioniert.

  7. Alexander Behrens sagt:

    Hi ich finde den Beitrag sehr gut.
    Ich habe nähmlich vor nach meinem Abitur oder Studium nach Japan zu ziehen. Deshalb ist der Beitrag echt hilfreich. Ich freue mich jetzt schon.

  8. Jasmin sagt:

    Hi Claudia :),
    Eine Frage wegen den 5 Jahren die man in Japan leben muss. Wie könnte ich diese 5 Jahre nachweisen? Und wie überhaupt die 5 Jahre dort erst einmal leben? Ich möchte später einmal unbedingt in Japan leben, ich weiß nur nicht ob dort Zoll-Beamtinnen im hohen Dienst benötigt werden. Wenn nicht will ich dann doch erst als Rentnerin nach Japan ziehen :). Aber mich würde das mit den 5 Jahren echt interessieren 🙂
    Danke im Voraus für eine Antwort 🙂

    • Claudia sagt:

      Du weist die Zeit nach, indem du fünf Jahre lang ein gültiges Visum hattest. Das weiß die japanische Einwanderungsbehörde dann ja. 😉
      Japan hat kein Retirement-Visum, generell kommt man nur als Schülerin/Studentin, Angestellte oder Partnerin eines Japaners ins Land. Für Deutsche unter 30 (glaube ich) gibt es noch die Möglichkeit des Working Holiday-Visums, aber das gilt nur für ein Jahr.

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