Am Samstag Vormittag gehen wir, wie so oft, zum Fitnessstudio. Wir versuchen derzeit einmal in der Woche und einmal am Wochenende zu gehen, um zumindest etwas Bewegung abzubekommen. Meine Schwiegereltern sind bei demselben Studio angemeldet, und so treffen wir sie manchmal dort. Am Samstag erspähen wir meinen Schwiegervater, der uns fragt, ob wir nicht in der Nacht Sterne gucken gehen wollen würden. Wollen wir.
Also machen wir uns um zwei Uhr nachts auf den Weg. In Tokyo und der näheren Umgebung wird es nie dunkel genug, als dass man Sterne sehen könnte. Die Beleuchtung, die auf Fotos immer so schön japanisch aussieht, zerstört einem das. Lichtverschmutzung vom Feinsten.
Auf jeden Fall fahren wir, nicht sonderlich schnell, denn das Auto ist alt, über die Autobahn in Richtung Meer. Wir öffnen die Abdeckklappe des Fensters gen Himmel, und kommentieren die Dicke der Wolkendecke. Als wir die ersten Sterne sehen, ist das Ah und Oh groß.
Um etwa halb vier halten wir an, um Fotos zu machen. Der Himmel ist voller Sterne. Wenn man in der Stadt wohnt, hat man oft das Gefühl, dass es gar nicht so viele Sterne gäbe. Wenn man den Sternenhimmel aber endlich mal wieder richtig sieht, merkt man schnell, dass sich ein Stern an den nächsten reiht.
Nie fühle ich mich so klein, wie wenn ich einen vollen Sternenhimmel sehe. Und nie fühle ich mich der ganzen Erde so verbunden – Wir sind nämlich gemeinsam auf diesem kleinen Planeten und rücken, zumindest für den Augenblick, näher zusammen. Gegen die Entfernung zwischen uns und den Sternen sind die 8900 Kilometer zwischen Tokyo und Berlin ein Katzensprung.
Eingemummelt in fünf Lagen Kleidung, einen dicken Schal, eine Mütze und die Handschuhe meines Mannes baue ich mein Kamerastativ auf, stelle alles richtig ein, drücke ab und achte für die nächsten zehn bis 20 Sekunden darauf, dass der eisige Wind meine Kamera nicht umwirft. Als es doch passiert, sieht es fast so aus, als hätte ich Sternschnuppen fotografiert.
Ich beschließe kurzerhand, unser zukünftiges Kind zu den Pfadfindern zu schicken, damit es sich, anders als wir, an den Sternen orientieren kann.
Um sieben Uhr sind wir wieder zuhause. Die Sterne sind schon lange nicht mehr zu sehen. Die Erde ist wieder groß und Berlin weit weg, als wir uns erneut ins Bett legen.
Kann man von eurem Zuhause aus die Sterne sehen?
Oh, so ein schöner Text 🙂
Tatsächlich macht Sterne gucken auch für mich diese verdammte Fernbeziehungs-Entfernung erträglicher. Zu wissen, dass der andere genau die gleichen Sterne, den gleichen Mond sehen kann wie ich, fühlt sich ziemlich gut an.
Es wird einem wirklich mal wieder klar, wie nah wir einander doch alle sind. 🙂
Diesen Spontaniausflug hätte ich gern mitgemacht!
Das glaube ich dir. Dann wären wir noch viel länger in der Kälte draußen gewesen. 😉
Nicht immer, aber hin und wieder kann man sie schon sehen. Zum Glück ist es hier noch nicht so krass mit der Lichtverschmutzung wie in Großstädten. Besonders interessant finde ich das 2. Foto, die Linse in der Mitte wurde von dir mitgebracht?
Nein, das ist ein Spiegel für die Autofahrer, damit sie um die Ecke sehen können. 😀 Sieht auf dem Foto nicht schlecht aus, oder?
Stimmt. Das zweite Foto ist besonders schön. Mit diesem Spiegel der einen “anderen” Himmel zeigt. Ausdrucken und aufhängen! So hast du ein Andenken das ziemlich toll aussieht und du jeden Tag dran vorbeiläufst.
Wenn nicht gerade der Novembernebel den Himmel bedeckt, sind am Stadtrand vom Berlin auch die Sterne zusehen,aber längst nicht so viele.
Wenn ich in Berlin spät abends nach Hause gelaufen bin, habe ich einige Sterne sehen können, das fehlt mir in Tokyo. 🙂 Liebe Grüße!!