Endlich ist diese Aneinanderreihung von spaßigen Dingen vorbei. Es hat zwar wirklich viel Spaß gemacht andere Blogger zu treffen, neue Sachen zu sehen, an Events teilzunehmen, nach Sendai zu fahren und ein Wochenende lang Tennis zu spielen – aber anstrengend war es schon. 😉
Letztes Wochenende hatte ich endlich mal wieder ein echtes Wochenende. Weil wir aber nicht untätig zuhause rumhängen wollten, fuhren mein Mann und ich in den nahen Bezirk Katsushika (葛飾), in die Shitamachi (下町).
Tokyo ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Yamanote (山手), die Bergseite, und Shitamachi, die Unterstadt. Die Begriffe sind schnell erklärt, damals wurden den einflussreichen Familien die höherliegende Gebiete zugesprochen, weil es dort im Sommer kühler war – Händler und Arbeiter lebten hingegen in den flachen Gebieten auf geringerer Höhe. In Deutschland würde man statt Shitamachi Kiez sagen. 😉 Es sind die (ehemaligen) Arbeiter- und Händlersiedlungen, in denen man sich noch Hallo sagt und die Nachbarn kennt.
Derzeit blühen im Mizumoto-Park (水元公園) die Schwertlilien (花菖蒲 Hanashōbu). Ich mag Blumen ganz gerne, und brauchte sowieso eine Ausrede um die Yukata-Saison einzuläuten, also bequemten wir uns nach Katsushika.
Der Park dort ist wirklich sehr groß, und kann mit einem Fluss, einem Grillplatz, einem kleinen Vogelschutzgebiet und mehr aufwarten. Der Eintritt ist kostenlos*. 🙂 Wahrscheinlich auch deswegen waren trotz der recht frühen Uhrzeit viele Leute unterwegs. Ich bin ja ein großer Freund des Menschenbeobachtens, und nirgendwo findet man solche Charaktere wie in der Shitamachi. 😉
* Faustregel dazu: Teien (庭園), Gärten, kosten für gewöhnlich, Kōen (公園), öffentliche Parks, nicht.
Wir hatten nach unserem kurzen Spaziergang noch keine Lust wieder nach Hause zu fahren, also ging es einige wenige Kilometer weiter nach Shibamata (柴又). Dort steht der Shibamata-Tempel (柴又帝釈天**), eine der 100 Heisei-Landschaften (平成百景). Im Gebiet um den Tempel findet man kleine Geschäfte und leckeres Essen. 🙂 Auch hier sind hauptsächlich Leute aus der Umgebung unterwegs, und es ist bei weitem nicht so überfüllt wie beispielsweise der Sensō-Tempel (浅草寺) in Asakusa.
** 帝釈天 (Taishakuten) ist eigentlich eine buddhistisch-hinduistische Gottheit, wird hier aber anders verwendet.
Auch Asakusa gehört zwar zur Shitamachi, aber eben zur touristisch gut erschlossenen. 😉 Dann vielleicht lieber nach Yanesen (谷根千), und nebenbei beim Kayaba Kissa (カヤバ喫茶) vorbei. Dort kann man noch recht entspannt viel sehen, und lernt auch mal Tokyo abseits des Trubels kennen. Es ist zum Glück nicht überall busy busy busy. 🙂
Ich weiß nicht, wie sehr man es als Tourist mitbekommt, aber Tokyoter sind generell ziemlich unterkühlt. Die meisten leben in ihrer kleinen Blase, und machen absolut keine Anstalten mit den Fremden um sie herum zu interagieren. Das ist natürlich unglaublich schade – Shitamachi bietet einen schönen Kontrast dazu und zeigt, dass Tokyo nicht einfach “schon immer so war”. 😉 Auch Tokyoter können herzlich sein. Wirklich!
Welchen eher unbekannten Ort schätzt ihr an eurer Stadt ganz besonders? 🙂
Ich weiß was du mit dem unterkühlten Tokyo meinst. Zwar War ich nur bisher einmal im Urlaub dort, jedoch musste ich feststellen das sehr viele in ihrer kleinen blase leben. Das ist sehr schade aber bei so vielen Einwohnern vielleicht auch nicht ganz verdenklich 😉
Oh, den Artikel hätte ich gerne gelesen, als ich noch in Tokio gewohnt habe. Da wäre ich gerne mal hingegangen.
Der Yukata ist übrigens super schön und steht dir auch gut.
Tu mir einen Gefallen und verbreite nicht den umgangssprachlichen Begriff für Schwertlilien..
Shōbu ist eine ganz andere Pflanze als Hanashōbu und wird am 5. Mai verwendet ^_-
Viele Japaner kennen den Unterschied selbst nicht, da können wenigstens wir Ausländer glänzen!
Ist geändert. 🙂
Danke 🙂
“Ich weiß nicht, wie sehr man es als Tourist mitbekommt, aber Tokyoter sind generell ziemlich unterkühlt”
Hab ich deutlich gemerkt, als ich in anderen Städten/Regionen unterwegs war. Schon in Shizuoka, grad mal 2 Stunden von Tokyo entfernt, sind die Leute viel lockerer drauf. Selbst im sonst recht hässlichen Nagoya geht es auf Straßen und in der Bahn deutlich lebendiger und fröhlicher zu, fand ich.
Ja, Tokyoter sind in der Hinsicht leider echt unangenehm. 🙁