Claudia trifft die Hosts.

Meine Lieblingskollegin geht oft in Host Clubs. Ich war noch nie in einem. Weil ich aber zumindest einmal in meinem Leben hingehen wollte, sind wir am Samstag nach unserem Sportfest nach 歌舞伎町 (Kabukichô, der Rotlichtbezirk in Shinjiku) gefahren und in ihren Stammclub gegangen.

Aber was ist eigentlich ein Host Club? Ähem, ähem. Trinken mit Männern, für viel Geld. Also, die Frauen zahlen. Dafür bekommt man nette Gesellschaft und Komplimente. Mehr kann ich dazu eigentlich gar nicht sagen.

Wenn man das erste Mal geht, ist es noch recht günstig, 2,000Yen (ca. 15€) für zwei Stunden trinken. Danach wird es teuer, 7,000Yen (52,50€) für zwei Stunden, plus 3,000Yen (22,50€), damit man “seinen” Host bei sich sitzen hat. Dazu kommen komplett überteuerte Getränke.

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So viel Photoshop…

Wenn man sich nicht vorm 初回 (Shokai; ersten Mal) für einen Host entschieden hat, hat man zwei Stunden lang eine Auswahl von Hosts, die zum Tisch kommen und sich vorstellen und sich je etwa zehn Minuten um einen bemühen. Von jedem bekommt man eine Visitenkarte, damit man zum Schluss sagen kann, welchen man am besten fand. Ich habe den neusten Host genommen, weil ich davon ausging, dass er sich drüber freut. Er durfte mich dann am Fahrstuhl verabschieden.

Ich bin kein großer Fan von Host Clubs, einfach weil mir diese ganze “Geld gegen Aufmerksamkeit”-Masche nicht gefällt, aber es hat Spaß gemacht. Noch einmal werde ich nicht hingehen, aber zwei Stunden lang von jemandem Getränke nachgeschenkt und das Glas abgewischt zu bekommen ist schon ganz nett. Einige der Typen waren aber einfach nur anstrengend und haben “lustig sein” mit “laut sein” verwechselt. Generell war es im Club unglaublich laut, jedes Mal, wenn eine neue Kundin hineinkam wurde sie von allen laut begrüßt, und nach den Showeinlagen zwischendurch hatte ich Probleme irgendetwas zu hören.

Was ich persönlich amüsant fand, war, dass man die Typen alles fragen kann. Es gibt Fragen, auf die sie nicht antworten**, und ich weiß natürlich nicht, wie viel stimmt, aber dass man einfach fragen und sagen kann, was einem im Kopf herumschwirrt ist lustig. Am Anfang habe ich immer noch meine Kollegin auf Englisch gefragt, ob ich etwas Bestimmtes sagen kann, aber da scheinbar alles OK ist… Ich bin einfach generell kein besonders netter ein direkter Mensch, das nicht zurückhalten zu müssen macht Spaß. Und ja, das ist deren Arbeit. Ich bezahle Geld. Auf Arbeit kann ich den Eltern auch nicht sagen, dass sie komplett bescheuert sind. Glaubt mir, manchmal ist das gar nicht so einfach. 😉

**

“Wie hoch ist euer Stundenlohn?” “Weiß ich nicht”

Ja klar.

“Wie viele Kunden hast du?” “Nur [deine Kollegin].” “Nein, im Ernst.” “Das darf ich dir nicht sagen, Anweisung von oben.”

Mit meinem Mann war die ganze Aktion natürlich abgesprochen und ich hatte auch meinen Ehering auf dem Finger. Wenn einer der Hosts versucht hat mich anzufassen, habe ich gesagt, dass ich das nicht will. Außerdem hatten meine Kollegin und ich die ganze Nacht über Spaß mit folgendem kleinen Spiel.

90% der Typen: Auf was für Männer stehst du? (どんな男はタイプ?)

Ich: Ehemann/Ehemänner. (旦那, Im Japanischen muss ich nicht zwingend “Mein Ehemann” sagen)

Typ: Dann lass uns heiraten!

Ich: Nein, im Ernst, ich bin verheiratet. (Funkelfunkel, sieh auf meinen Ring!)

Typ: Eeeeeeeh. (Fragen über Fragen über Fragen.)

Fast die Hälfte der Hosts an dem Abend waren übrigens noch nicht einmal volljährig, sondern erst 19, und durften deswegen noch nicht trinken. Auf Nachfragen gaben die meisten auch an, dass das einfacher ist, als sich jeden Abend abfüllen lassen zu müssen. Alkohol bringt nämlich das wirkliche Geld, ungefähr die Hälfte davon geht direkt an die Hosts. Sie müssen also mittrinken.

Meine Kollegin wurde von “ihrem” Host den ganzen Abend belagert, dass sie doch etwas trinken solle. Stelle ich mir äußerst nervig vor, aber je mehr man trinkt umso mehr zahlt man natürlich, auch weil man irgendwann nicht mehr viel nachdenkt. Sie hat dann auch Champagner bestellt, was einen Champagne Call provoziert hat. Dabei kommt der ganze Club zu einem und macht Radau, bevor die Flasche geöffnet wird. Ich fand es beängstigend…

Generell hatte ich nicht das Gefühl, dass es den normalen Kundinnen unglaublichen Spaß macht, dort zu sein. Viele sahen kaum von ihren Smartphones auf und waren eher genervt. Scheinbar wird es auch erst richtig nett für meine Kollegin, wenn sie schon ziemlich betrunken ist und sie anfängt “ihren” Host zu umarmen. Ich habe kein Interesse an den Hosts, ich habe zuhause (kostenlos!) den besten Mann aller Zeiten, der mich nicht nur mit Komplimenten eindeckt, weil ich Geld zahle. Kuschlig ist er auch.

Aber wie gesagt, es hat Spaß gemacht, man sollte sich aber im Klaren darüber sein, dass es ein Geschäft ist. In normalen Clubs jemanden kennenzulernen kommt auf jeden Fall günstiger 😉

17 Gedanken zu „Claudia trifft die Hosts.

  1. zoomingjapan sagt:

    Ich war noch nie in einem Host Club, interessiert mich auch überhaupt nicht.
    Was du beschreibst ist genau das, was ich auch gehört habe.
    Für mich wäre es nichts, aber wenn man bedenkt, dass Japan zur Singlenation mutiert, gerade in einer Großstadt wie Tokio, kann ich schon verstehen, dass das für manche Mädels eine gute Lösung ist.

    Das mit dem Alkohol finde ich auch dämlich. Die sollten wenigstens mal einen Host Club eröffnen, wo es statt um den Alkohol ums Essen oder … irgendwas anderes GESÜNDERES geht. Vielleicht könnten sie dann mehr Kundinnen anlocken. Aber ist schon klar, dass sich mit Alkohol mehr Geld verdienen lässt – v.a. bist du nach einer Weile so betrunken, dass man dir noch mehr Geld aufschwatzen kann.

    • Claudia sagt:

      Aber japanische Frauen können doch vor Männern nicht essen, weißt du das denn nicht? 😉
      Ich finde dieses ganze Host Club / Kyabakura-Ding traurig. Da haben wir ein Land mit 120 Millionen Einwohnern, den riesigen Ballungsraum Tokyo, aber Menschen die so einsam sind, dass sie für Gesellschaft Geld ausgeben. Zumal das ja in den seltensten Fällen zu irgendetwas führen dürfte… da wirst du quasi mit Zuneigung bombardiert, und sobald du kein Geld mehr ausgibst, bist du auf kaltem Entzug.
      Im Blog habe ich auch schon mal darüber geschrieben, dass es mir nicht einfach fällt Freunde zu treffen, aber bevor ich dann ernsthaft zu solchen Methoden greife, bleibe ich lieber allein.

      • Thuruk sagt:

        Finde ich allerdings traurig. Kann man so einsam sein, dass man sogar für belanglose Gespräche zahlen muss? Ein, zwei Freunde zu finden ist doch wirklich nicht schwer, egal was man macht…

  2. Yoko-chan sagt:

    Ein Besuch im HostClub würde mich auch interessieren und für 2,000 Yen könnte man glatt mal drüber nachdenken. Ich finde diese gespielte Freundlichkeit und die aufgesetzten Komplimente aber eigentlich auch grässlich, vor allem, wenn man dann noch so viel Geld bezahlen muss, wenn man öfter hingeht. Aber so rein aus Interesse, würde ich irgendwann schon gern mal in einen gehen. Nur muss ich, glaub ich, noch ein bissel besser im Japanisch werden, sonst kann ich wohl nicht viel kommunizieren… |D

    Ich habe vor ein paar Jahren mal eine Reportage gesehen über einen HostClub in Osaka. Dort wurde mit den Host und den Kundinnen gesprochen. War wirklich sehr interessant.
    ( http://hanabisekai.blogspot.jp/2011/04/j-movie-great-happiness-space-tales-of.html )

    PS: Ich schätze mich in dieser Hinsicht auch glücklich mit meinem Freund meinen persönlichen Host zu haben ♡ Der natürlich um einiges besser ist als ein Kerl, der dich gar nicht kennt, und seine Komplimente auch wenigstens ehrlich meint, ne (^_~)

  3. nagarazoku sagt:

    Das Erlebnis eines Hostclubs habe ich bisher auch noch nicht gehabt, und ich bin auch gar nicht so sicher, ob ich es nicht lieber dabei belassen will ^^; Genauso wie du es beschrieben hast, habe ich es mir nämlich vorgestellt und das ist jetzt nicht unbedingt so mein Ding. Außerdem sind die alle immer so jung, da würde ich mich mit meinen fast 30 echt arg fehl am Platz fühlen, denke ich mal XD Aber danke für den Artikel, so habe ich eine besser Vorstellung davon, ohne dass ich unbedingt mal selbst hin muss ;D

    • Claudia sagt:

      Einer der Hosts war 31, aber er war glaube ich der älteste.
      Für mich war es auf derselben Liste wie “In ein Maidcafé gehen” (reicht mir mit Touri-Freunden) und “in ein Katzencafé gehen” (KATZEN!!!), ich wollte es einfach mal erleben, weil es so etwas in Deutschland nicht gibt.
      Wie gesagt, für einmal ist es ok, aber alles was darüber hinausgeht – nah.

      • nagarazoku sagt:

        Oh, die gibt es auch in älter, das wusste ich gar nicht O_o Komischerweise hab ich gar kein Problem damit Tiere für ihre Gesellschaft zu bezahlen XD Wenn die Katzencafés keine Tierquälerei betreiben, versteht sich! Ich will unbedingt einmal das besuchen, das du hier auf deinem Blog empfohlen hast 😉 Ich glaube mit tierischer Aufmerksamkeit komm ich auch besser klar als mit Hosts, ich werd immer so leicht ausfallend, wenn Männer mich ungefragt anfassen :9 Zur “Feldforschung” wäre ein Besuch in einem Hostclub dann aber doch wieder intressant … hmmmmmmmmmm XD

        • Claudia sagt:

          Tiere sind sich ja selbst nicht bewusst, wie sie dich dazu bringen wiederzukommen. Katzen sind nicht für ihren Geschäftssinn bekannt 😉
          Ich wollte nach den ganzen Geschichten meiner Kollegin einfach mal hin um mir selbst ein Bild zu machen.

  4. Anika sagt:

    Oh man, ich glaube, das ist genau das, womit man mich verjagen würde o.O
    Männer, die mir auf die Pelle rücken…
    Ne danke^^
    Mal davon abgesehen, dass ich vorher ca. 5 Abende eine ellenlange Diskussion darüber führen müsste ob ich gehen darf oder nicht.
    Dein Mann ist mir sympathisch ^_-
    Jetzt weiß ich definitiv, dass ich um solche Clubs einen Bogen machen werde! Danke für den Artikel!

    • Claudia sagt:

      Ich musste wirklich nur zwei oder drei Typen sagen, dass sie mich nicht anfassen dürfen (und einem, dass ich ihn nicht anfassen werde), der Rest hat wahrscheinlich darauf gewartet, dass ich sie zuerst anfasse (?).
      Mein Mann hat sich natürlich nicht gefreut, dass ich zu einem Host Club gehe. Aber er hat genug Vertrauen, als dass er mich dann einfach hat machen lassen. Außerdem geht er ja auch mit der Arbeit in den Kyabakura!! 😉 Nicht, dass ihm das Spaß machen würde…

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