Es gibt viele Gründe, warum man einen Japaner heiraten sollte. Sie sind großzügig und liebevoll, zielstrebig und intelligent, können wunderbar kochen und haben einen Sinn für Mode. Japanische Männer können einem nie lange böse sein, und Auseinandersetzungen sind meist nach kurzer Zeit vorbei. Außerdem haben sie alle wunderbare Familien, die einen mit offenen Armen empfangen, und putzige Hunde, die einen nach einer ersten Phase des Fremdelns akzeptieren. Moment…
Oft werde ich gefragt, wie das so ist, mit einem Japaner verheiratet zu sein. Gibt es da keine Reibungspunkte? Keinen Kulturschock? Und was denken seine Eltern darüber?
Das Ding ist, dass ich genau einen (1) Japaner geheiratet habe. Mein Stichprobenumfang ist also eher mangelhaft, und ich habe eh oft das Gefühl, dass ich in Japan besser zurechtkomme und weniger Opfer von problematischem Verhalten werde, als andere. Warum ich manchmal in einem anderen Land zu leben scheine als andere Ausländer, weiß ich nicht – und ich werde hier sicher keine Versuche anstellen zu erklären, warum die ganze Sache mit der transnationalen Ehe bei manchen nicht so gut funktioniert. Das maße ich mir einfach nicht an. Ich kan euch also von genau einer (1) Ehe berichten – meiner.
Hinter jeder Frau in einem weißen Monstertüllkleid steht ein starker Ehemann. 😉 Entschuldigt meine Körperhaltung.
Mein Mann und ich, wir unterscheiden uns natürlich. Das hängt sicher auch mit unserer Erziehung und unserem kulturellen Hintergrund zusammen. Erzählt es nicht meinem Mann, aber er kann allem, dass von der Norm abweicht, gegenüber sehr ablehnend sein – ein recht typisch japanisches Verhalten, das deswegen noch lange nicht alle Japaner an den Tag legen. 出る杭は打たれる (Deru Kui ha utareru, Der herausstehende Nagel wird kleingeklopft.) heißt “Kopf runter, bloß nicht auffallen”. Wo mein Mann recht feste Meinungen hat, versuche ich eher mich in andersdenkende Menschen hineinzufühlen – eine Qualität, die mein Mann an mir schätzt.
奥さんは、心が大きいから。 (Okusan ha, kokoro ga ōkī kara. Weil meine Frau ein großes Herz hat.)
Dafür schafft es mein Mann viel besser, sich zu motivieren. Ich habe es bisher nicht erwähnt, aber es hat einen Grund, warum wir in letzter Zet vergleichsweise wenig unterwegs sind: Seit dem Frühjahr büffelt mein Mann für zwei Examen. Jeden Tag. Jeden Sonntag ist er den ganzen Tag in einer Vorbereitungsschule. Er steht auf, lernt in der Bahn, lernt vor der Arbeit, arbeitet, lernt in der Bahn, und lernt zuhause teils bis nachts um eins. Das ist zwar weder gesund noch nachahmenswert – aber ganz im Ernst, wie viele von euch würden das über Monate hinweg durchhalten? Ich wäre wahrscheinlich nach zwei Tagen nicht mehr arbeitsfähig.
Ich las übrigens letztens, dass asiatischen Kindern eher gesagt wird, dass sie etwas gut machen, weil sie viel gelernt und sich angestrengt haben, während westlichen Kindern eher erklärt wird, dass sie Erfolg haben weil sie schlau sind. In Asien glaubt man eher an Erfolg durch Anstrengung, im Westen eher daran, dass Erfolg nicht anstrengend sein sollte – entweder man hat es, oder eben nicht. Ich schiebe also sämtliche Schuld auf meine westlichen Eltern (Hallo Mama und Papa!).
Und das sind die großen Streitpunkte: Ich meckere, weil mein Mann Minderheiten gegenüber nicht aufgeschlossen genug ist, er meckert, weil ich viel mehr aus mir machen könnte, würde ich mich nur anstrengen. Das sind Bereiche, an denen wir beide arbeiten müssen. Ansonsten sind wir auf derselben Seite. Wir haben vor unserer Hochzeit über viele Dinge geredet. Darüber, wie wir uns die Zukunft vorstellen, was unsere Träume sind, und wie wir unsere Kinder erziehen möchten. Das passt bei uns. Natürlich ändern sich solche Dinge über die Zeit, aber solang die Kommunikation nicht abreißt, sehe ich da keine Gefahr.
Ich hatte nämlich super viel Glück mit meinem Mann. Auf Facebook bin ich in einer Gruppe für ausländische Frauen von Japanern, und manchmal lese ich dort Dinge, die mich dazu bringen meinen Mann umarmen und “Ein Glück, dass du nicht so bist” sagen zu wollen. Japaner können Arschlöcher sein. Japaner sind durchaus in der Lage ihre Partner zu mißbrauchen – auch emotional. Aber manche Japaner sind eben auch total lieb und nennen einen 美ら姫 (Churahime*) und gehen mit einem unter der Woche trinken, wenn man einfach mal eine Pause braucht. So einer ist mein Mann. Nicht “weil” oder “obwohl” er Japaner ist. Mein Mann ist er selbst, und ich würde ihn jeden Tag wieder heiraten. ♡
* Eine Abkürzung meines Namens ist クラ (kura), was ähnlich wie 美ら (chura; “schön” im Okinawa-Dialeket) klingt. 姫 (Hime) heißt “Prinzessin. 美ら姫 (Churahime) ist folglich “schöne Prinzessin”. 🙂
Die meisten Partnerschaften fordern Kompromisse von beiden Seiten und den ständigen Willen, zusammen besser zu werden. Das ist bei transnationalen Ehen nicht anders, nur manchmal schwerer. Bei uns funktioniert es ausgezeichnet. 🙂
Kommentar Mann: もう離婚寸前だよ! (Mō Rikon-sunzen da yo! Wir stehen direkt vor der Scheidung!)
Soll noch mal einer sagen, Japaner verstünden keinen Sarkasmus. 😉