Projekt Haus: Mit Siegel.

Vor über zwei Wochen waren wir am Donnerstag Abend bei meinen Schwiegereltern. Natürlich nicht einfach so – wir sollten endlich den Vertrag für den Hausumbau unterschreiben.

In Japan ist scheinbar gesetzlich festgelegt, dass solche Verträge laut vorgelesen werden müssen, um zu garantieren, dass auch wirklich jeder weiß, was drin steht. Eine ziemliche Tortur, wenn ich ehrlich sein darf. So großartig spannend ist das dann doch nicht.

Nachdem alles durchgesprochen war, schrieb mein Mann unsere jetzige Adresse und drückte seinen Hanko, seinen Stempel auf die beiden Vertragskopien. So einfach verschuldet man sich. 😀

Aber es heißt natürlich auch, dass es jetzt endlich los geht. Anfang Oktober werden meine Schwiegereltern temporär ausziehen, der Umbau soll nur drei Monate dauern. Bei solchen Projekten bin ich mir aber nicht ganz so sicher, wie viel sich letztendlich nach hinten verschiebt – selbst im sonst recht pünktlichen Japan.

In den nächsten Wochen und Monaten werden wir viele Dinge aussuchen. Soll es wirklich die Küche sein? Welchen Fußbodenbelag nehmen wir? Welche Türklinken? Auch das klingt für mich weniger nach Spaß und mehr nach Frustration. Solche Aussuch-Sessions rauben mir immer sämtliche Energie, auch wenn mein Mann und ich uns sehr gut einigen können.

Wenn wir dann frühstens zu Neujahr und spätestens im neuen Jahr einziehen können, wird das sicher total toll sein. Endlich ein Schlafzimmer, in das tatsächlich Betten passen! Nicht mehr auf Futons schlafen!* Ein großes, schönes Bad! Mehr Abstellmöglichkeiten! Erst einmal noch ein ganzes Abstellzimmer, das irgendwann mal Kinderzimmer wird!

* Für Leute die sich ob des Plurals wundern.

Drückt uns die Daumen, dass das alles gut klappt. 🙂

Falls ihr irgendwelche Tipps zum Aussuchen habt, immer her damit!

 

Ice, Ice Baby.

IMG_6453Letzten Sonntag wurden in Tokyo 35°C gemessen. Der Sommer ist da, mit voller Kraft. Bereits am Samstag sahen wir Leute, deren Kreislauf einfach zusammenklappte. Mit  Luftfeuchtigkeit von nahe 100% ist der Körper einfach überfordert, egal ob es sich in 夏バテ (Natsu-Bate; Sommererschöpfung) oder 熱中症 (Necchûshô; Hitzeschlag) ausdrückt.

Bei solch hohen Temperaturen, werden natürlich die Klimaanlagen in Bahnen und Gebäuden volle Kanne aufgedreht – was für den Körper auch nur bedingt gut ist. Außerdem ist es für die japanische Klimabilanz eher suboptimal – Kyoto-Protokoll usw.

Damit die Klimaanlagen in japanischen Büros nicht ständig auf Volldampf laufen müssen, wurde 2005 beschlossen, dass die Arbeiter nicht mehr im Anzug mit Krawatte erscheinen müssen. Sie müssen nicht einmal mehr den obersten Knopf ihrer Hemden schließen oder überhaupt langärmelige Hemden tragen! Welche Revolution!

Diese Aktion nennt sich クールビズ (Kûru Bizu; Cool Biz), und läuft jedes Jahr mindestens vom ersten Juni bis zum 30. September, meist aber noch länger: Bei meinem Mann von 1. Mai bis zum 31. Oktober. Das bedeutet ein halbes Jahr in kurzen Hemden und ohne Reinigungsgebühren*. 😀 Im Gegenzug wird die Klimaanlage bei ihm aber auch auf 28°C gestellt, nicht unbedingt eine angenehme Arbeitstemperatur.

* Die kurzen Hemden, die mein Mann hat, kann man ohne zu große Falten zu verursachen in der Waschmaschine waschen.

IMG_7150Als 2011 und 2012 in Verbindung mit dem Tohoku-Erdbeben nicht genug Elektrizität zur Verfügung stand, gab es kurzzeitig sogar スーパークールビズ (Sûpâ Kûru Bizu; Super Cool Biz). Da durften dann kurze Hosen und Polohemden getragen werden.

Dazu muss man vielleicht wissen, dass wirklich viele japanische Büroarbeiter jeden Tag Anzug tragen, auch wenn sie nicht ständig Kundenkontakt haben. Frauen haben da zum Glück mehr Freiheiten am Arbeitsplatz, mit Röcken usw.

Um ehrlich zu sein weiß ich gar nicht, wie die Klimaanlage bei mir auf Arbeit eingestellt ist, aber mir ist oft eher etwas kühl als heiß. Vielleicht hängt das aber auch eher mit unserer hohen Lage (45. Stock) und meinen zwei X-Chromosomen zusammen. 😉

Alt aber gut: Kekkon dekinai Otoko.

 

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©関西テレビ

Heute vor zehn Jahren wurde die erste Folge einer unserer liebsten japanischen Serien zum ersten Mal ausgestrahlt. 🙂 In 結婚できない男 (Kekkon dekinai Otoko) geht es genau darum, wonach es klingt: Um einen Mann, der nicht heiraten kann.

 

Also er könnte schon, er will nur nicht, sagt er zumindest selbst. 阿部寛 (Abe Hiroshi) spielt 桑野信介 (Kuwano Shinsuke), einen 40-jährigen Architekten, der in seiner Philosophie und seiner Weltansicht so verbissen ist, dass es niemand länger mit ihm aushält. Seine Familie versucht ihn zu verkuppeln, doch er wehrt sich standhaft.

In der Serie treten neben ihm noch die Mitarbeiter seines Architekturbüros, seine Familie, seine Nachbarin, eine Ärztin und diverse andere Charaktere auf. Irgendwie haben alle etwas miteinander zu tun. Doch keine Sorge: Es ist zum Glück keines dieser Dramen, bei denen plötzlich alle miteinander verwandt sind. 😉

Es gibt nur eine Staffel, mit 12 Folgen. In jeder geht es letztendlich um eine von Kuwanos Eigenarten. Von seinen sehr fleischlastigen Essgewohnheiten (好きなものを食って悪いか!! Suki na mono wo kutte warui ka!!; Ist es so schlecht, die Dinge zu essen, die ich mag?!!), über seine in Stein gemeißelte Einstellung zu Dingen (融通きかなくて悪いか!! Yûzu kikanakute warui ka!!; Ist es so schlecht, dass ich unflexibel bin?!!) zum schlechten Verhältnis mit seiner Familie (親戚づきあいが嫌いで悪いか!! Shinseki-zukiai ga kirai de warui ka!!; Ist es so schlecht, wenn ich es hasse mit meinen Verwandten zusammen zu sein?!!).

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©関西テレビ

Die Serie ist voller Humor, und  zeigt auch ganz gut, was in Japan als “normal” und was als “eigenartig” empfunden wird. Natürlich ist vieles überspitzt dargestellt, aber es stimmt schon irgendwie mit dem, was ich so erlebe, überein. 😉

Man kann sich “Kekkon dekinai Otoko” im Internet ansehen, nur leider sind die englischen Untertitel nicht so ganz genau. Es gibt auch eine koreanische Fassung (결혼 못하는 남자 gyeolhon moshaneun namja), ich bevorzuge aber die japanische.

Fukiware no Taki.

Da wir am vorherigen Wochenende eindeutig zu wenig Action hatten, fuhren wir kurzentschlossen am Samstag in die Präfektur Gunma. Gunma gehört zwar zum Haupstadtradius oder Shutoken (首都圏), wird aber immer etwas stiefmütterlich behandelt – auch von mir. Dann frage ich mich:

“Was gibt es in Guma schon?”

Wir stellen fest: So einiges.

Nach einer recht langen Autofahrt kamen wir am ersten unserer Ausflugspunkte an: Dem Fukiware-Wasserfall (吹割の滝). Den haben wir einer Naturkatastrophe vor neun Millionen Jahren zu verdanken. Damals brach ein Vulkan aus, dessen Nachspiel die gesamte Landschaft veränderte und die V-Form, durch die heute das Wasser stürzt, schuf.

Was mich etwas verwunderte, war, wie flach das Wasser im Fluss fließt, an vielen Stellen keine zehn Zentimeter hoch. Der Effekt ist dennoch beachtlich. 🙂 Die Besucherwege sind nicht mit Zäunen vom Wasserfall getrennt, sondern nur mit weißen Linien, die man nicht übertreten darf – was einem per Durchsage auf Japanisch, Englisch und Chinesisch gesagt wird. Es sind leider schon so einige Leute zu nah rangegangen und in die Tiefe gestürzt.

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Wenn man Lust hat, kann man den Rückweg auf der anderen Seite des Flusses fortsetzen. Dort geht es durch den Wald, inklusive Bär-Warnschildern. In letzter Zeit wurden leider mehrere Menschen von Kragenbären getötet. Zum Glück nicht in Gunma, wir haben trotzdem die Bärenabschreckungsklingeln betätigt.

Die Wasserfälle sind nicht so unglaublich groß oder toll, dass man extra für sie nach Gunma fahren müsste, aber wenn man sowieso z.B. in Nikkō unterwegs ist und Zeit hat, kann man mal vorbeischauen. 🙂