Die meisten von euch haben wahrscheinlich schon einmal einen Daruma gesehen. Die runden roten Figuren mit dem eindringlichen Gesicht sind ein beliebtes Motiv und Souvenir. Sehen ja auch irgendwie putzig aus.
Heute erzähle ich euch, warum Daruma eigentlich ziemlich hardcore sind und man nicht davon ausgehen sollte, dass man es im Daruma-Schrein in Gunma ruhig angehen lässt.
Daruma (達磨) ist der japanische Name für Bodhidharma, den buddhistischen Mönch, der den Zen-Buddhismus im 5. oder 6. Jahrhundert nach China gebracht hat. Um ihn ranken sich viele Legenden, die natürlich nicht verifizierbar sind. Die Legende, auf der die japanischen Daruma basieren, ist folgende:
Bodhidharma lebte in einer Höhle in der Nähe eines Shaolin-Klosters und starrte unentwegt an eine Wand. Nach sieben Jahren durchgängigen Starrens schlief er ein, worüber er so erbost war, dass er sich die Augenlider abschnitt. Logische Schlussfolgerung, oder? Erklärt auf jeden Fall die weit aufgerissenen Augen der Daruma-Figuren. Während der neun Jahre des an-die-Wand-Starrens verkümmerten wohl außerdem seine Beine, weswegen Daruma-Figuren keine Beine haben. Von wegen niedlich. 😉
Auf jeden Fall sind Daruma ein Zeichen für Anstrengung und Durchhaltevermögen. Bei den Figuren füllt man erst das (von sich aus) rechte Auge aus und setzt sich somit sein Ziel, und wenn das Ziel erreicht wurde, wird auch das linke Auge ausgefüllt. Letztendlich helfen solche Rituale bei der Umsetzung, weil man das Ziel einmal konkret formuliert und weil man außerdem eine ständige Erinnerung auf dem Schreibtisch (oder wo man ihn sonst hinstellt) stehen hat.
Der Tempel Shorinzan Daruma-ji (少林山達磨寺) liegt auf einem Berg in Takasaki in der Präfektur Gunma. Vom Tempel-Eingang geht es über eine zwei Treppen zum Tempel-Hauptgebäude. Wer nicht laufen möchte, kann auch einfach mit dem Auto bis nach oben fahren und dort parken, aber das ist wahrscheinlich nicht sehr im Sinne des Darumas.
Also: Anstrengen und bis oben durchhalten!
Neben dem Tempel-Hauptgebäude, welches natürlich vor Darumafiguren nur so überquillt, gibt es einen Tempelladen, in dem man – natürlich – Daruma kaufen kann. Große Daruma, kleine Daruma, Daruma in allen Farben. Der Mönch dort sagte uns übrigens, dass die verschiedenen Farben keine Bedeutung hätten – auch wenn ich schon Gegenteiliges gehört habe. Aber er muss es ja wissen. 😉
Ich kaufte ein Shuinchō (朱印帳), ein Buch in dem Tempel- und Schreinbesuche festgehalten werden. Zwar hatte ich bereits eines für Schreine am Izumo Taisha gekauft, aber jetzt wollte ich noch eines für Tempel. Irgendwann hörte ich einmal, dass Schreine und Tempel es lieber haben, wenn man die Bücher trennt, wie viel Wahrheit daran ist, weiß ich aber um ehrlich zu sein auch nicht.
Mehr: Shimane, Teil 2: Zwischen Matsue und dem großen Schrein von Izumo.
Genau genommen habe ich auch kein Shuinchō, sondern ein Nōkyōchō (納経帳) gekauft. In dieses bekommt man seinen Stempel nur, wenn man ein Sutra entweder aufgesagt oder geschrieben hat. Nachdem ich also eine Zeile eines Sutras in meiner schrecklichen Handschrift abgeschrieben und mir die Seite meiner Hand eingesaut hatte (Linkshänder-Handicap) bekam ich neben einem sehr schönen Stempel mit Kalligraphie auch einen kleinen Vortrag darüber, dass die plötzliche Popularität von Goshuin (den Stempeln) nicht im Sinne der Sache sei. Goshuin seien keine Stempel, die man wie in einem Spiel nach dem Thema “je mehr umso besser” einsammeln solle.
Dass ich das sowieso nicht so handhabe, habe ich mal nicht eingeworfen, ich wollte den Vortrag nicht noch länger machen, als er sowieso war. Außerdem nicht gesagt habe ich, wie scheinheilig ich es finde, die Kommerzialisierung von Stempeln anzuprangern, während der Tempel gleichzeitig wahrscheinlich sehr gutes Geld mit seinen Daruma-Figuren macht. Das ist wahrscheinlich etwas ganz anderes.
Natürlich hatte der Mönch recht: Auch bei Goshuin sollte der Schrein- oder Tempelbesuch an sich im Vordergrund stehen. Es sind eben keine Duplo-Sticker. Dass man ein Sutra oder zumindest eine Zeile eines Sutras schreiben soll, finde ich auch nicht übertrieben. Nur der Vortrag hätte gern etwas kürzer ausfallen können.
Ich gehe dann mal meine Sutras üben. 😉
Das ist alles so spannend! Ich finde es großartig, von Dir jedes Detail der japanischen Kultur erklärt zu bekommen. Dankeschön!