Reisen in Zeiten von Corona: Darf man das?

Wer hier schon ein wenig mitliest weiß, dass wir eigentlich jedes Jahr ziemlich viel verreisen. Letztes Jahr war ich in, und jetzt muss ich einmal luftholen, Neuseeland, Shanghai, Yamaguchi, Shimane, Nagano und Hiroshima.

Ende Januar waren wir dann noch einmal mit den Schwiegereltern in Kagawa, doch dann kam Corona. Eigentlich hatten wir geplant als letzte Reise vor der Geburt unseres Sohns nach Niigata im Norden zu fahren, doch dann wurde uns mit Hinweis auf die Situation in unserer Präfektur die Übernachtungsmöglichkeit storniert.

Es juckt uns also in den Füßen. Aber ist es überhaupt vertretbar jetzt in den Urlaub zu fahren?

Die japanische Zentralregierung sagt “Ja”.

Um der sehr gebeutelten Tourismusindustrie unter die Arme zu greifen hat sie die Kampagnen “Go To Travel” und “Go To Eat” – keine japanische Amtshandlung kommt ohne komisches Englisch aus – ins Leben gerufen. Bei beiden Kampagnen werden Teile der Rechnung vom Staat getragen, um es für die Bürger attraktiver zu machen zu reisen oder auswärts zu essen. Für letzteres haben sich bisher nicht viele Restaurants registriert und ich werde in diesem Beitrag nicht näher darauf eingehen.

Wer über die Seiten der großen Reiseanbieter eine Reise oder auch nur eine Übernachtungsmöglichkeit bei teilnehmenden Unternehmen bucht, zahlt dank “Go To Travel” direkt einen stark vergünstigten Preis.

Eine große Ausnahme gibt es aber: Tokyo. Da sich die Corona-Fälle in Tokyo häufen, kann man mit der “Go To Travel”-Kampagne weder nach Tokyo reisen, noch können Tokyoter die Kampagne in Anspruch nehmen. Wo wir schon bei der großen Frage sind: Ist es denn für mich okay zu verreisen, obwohl es von meinem Haus bis nach Tokyo nur 600 Meter Luftlinie sind?

Dieses Jahr wurden die Menschen in den Ballungsgebieten aufgefordert im Sommer nicht nach Hause aufs Land zurückzukehren, um eine Ausbreitung von Corona dort zu vermeiden. Autos mit Tokyoter Nummernschildern werden derzeit auch sonst nicht gerade freudig empfangen. Hier steht also der Wunsch vieler Einwohner, möglichst isoliert zu bleiben um die Pandemie einzudämmen, gegen den gleichzeitigen Wunsch, wieder finanziell vom Tourismus profitieren zu können.

Wir haben uns letztendlich entschieden, die Kampagne zu nutzen. Nicht nur tut es uns wirklich im Herzen weh zu sehen, wie wunderschöne Hotels ihre Pforten schließen müssen weil die Besucher ausbleiben, wir brauchen einfach auch eine Auszeit.

Um das ganze aber für uns akzeptabel zu gestalten, haben wir auf einige Dinge geachtet:

  • Wir bleiben in unserer Präfektur, auch weil eine weite Reise mit Baby gar nicht so einfach ist
  • Wir nutzen keine öffentlichen Verkehrsmittel, sondern fahren mit dem Auto
  • Wir haben ein Hotel gesucht, in dem wir abgeschirmt von anderen Gästen essen können

Letztendlich sind wir bei einem traditionell japanischen Hotel, einem Ryokan (旅館), gelandet. Normalerweise sind gute Ryokans sehr teuer, aber dank Go To Travel bewegen sich die Kosten in einem für uns akzeptablen Rahmen.

Wir werden sehen, wie gut das Reisen während der Pandemie funktioniert. Eigentlich denke ich aber, dass man mit ein wenig Verstand (Maske auf, Hände waschen, möglichst wenig mit Fremden interagieren) das Risiko für sich selbst und andere so gering halten kann, dass es vertretbar ist.

Was meint ihr: Ist es in Ordnung trotz Corona zu verreisen?

8 Gedanken zu „Reisen in Zeiten von Corona: Darf man das?

  1. Yoko LiJ sagt:

    Bei uns ist es genau anders rum: keine 200 Meter Luftlinie nach Kanagawa rüber und wir können die Go To Kampagne nicht nutzen… An unserem nächst-gelegenen Bahnhof, der in Kanagawa liegt, wird für Go To geworben. Kommt man sich schon etwas verarscht vor.

  2. Maike sagt:

    Ich plane nach wie vor im Oktober nach Malta zu fliegen. Ich habe die Reise im Januar gebucht. Da ich mit Freunden fahre und wir uns selber versorgen ist das für mich vertretbar.
    Ich wünsche Euch viel Freude beim ersten Familienurlaub !

  3. Anika sagt:

    Kommt drauf an. Bin ich oft in einer stark befallenen Region wie zum Beispiel Tokyo oder besteht ein Risiko dass ich es irgendwie haben kann (z.B. über Dritte aus der Kita) dann würde ich vom Reisen absehen solange die Zahlen höher sind.

    Wenn dann höchstens so wie ihr mit Auto und für sich bleiben, also auch nicht zig Restaurants besuchen etc.

    Ich frage mich ob man es wirklich muss oder ob es nur ein Luxusproblem ist.. Es gibt so viele Menschen die sich nie Urlaub leisten können weil sie kein Geld haben.
    Zu sagen man braucht es, man hat es sich verdient, jetzt, egal wie es grade mit den Zahlen aussieht finde ich vor dem Hintergrund ziemlich komisch.
    Ich glaube nicht dass man kein schönes Leben haben kann oder dass man aufhört zu funktionieren weil man mal nicht zu der Zeit zu der man will in den Urlaub fahren kann..

    Auch wenn ich gerne weg fahren möchte, habe ich gemerkt dass ich es nicht brauche. Es gibt in meiner Umgebung super viel das ich machen und noch entdecken kann. Ohne grossen Menschenkontakt. Ich glaube, mein Lütter wird aus diesem Sommer einige schöne Erinnerungen behalten, weil wir echt viel Spass hatten. Vielleicht mehr als wir gehabt hätten wären wir irgendwo stundenlang mit dem Auto hingefahren.

    Montag geht es aber auch für uns nach langer Zeit mal wieder unter Menschen, auch wenn ich hoffe dass Toshimaen morgens um 9h noch nicht so voll ist.
    Ich möchte einmal gerne noch hin bevor er am 31. für dieses dämliche Harry Potter Ding schließt.

  4. zoomingjapan sagt:

    Also in Japan sind die Zahlen ja vergleichsweise gering und es geht ums Reisen im eigenen Land.
    Fast alle meiner Arbeitskollegen waren dieses Jahr schon im Ausland, viele natürlich in Italien, Kroatien, Österreich, Tunesien usw.

    Ich selbst war noch nirgendwo. Ich habe 2 große Urlaube gebucht im Februar bevor es mit Corona losging. Der erste hat nicht stattgefunden, wäre USA / Kanada im Juli gewesen. Der zweite wird wohl auch vom Veranstalter demnächst storniert (wäre Frankreich im September). Selber werde ich sicher nicht stornieren, das kann ich mir finanziell nicht leisten. Ich hab noch nicht mal mein Geld von der Lufthansa zurück für den USA-Flug …. :/

    Also ich denke, sofern man sich an gewisse Regeln hält und sich entsprechend verhält, sollte es definitiv okay sein.

    Hier sollte man sich ja nach Rückkehr aus dem Urlaub testen lassen. Direkt danach und am besten später dann nochmal. Aber das macht nicht jeder und dann dauern die Ergebnisse zu lange bzw. werden verschlampt …. ^^;

  5. Irene sagt:

    Mein Mann und ich haben uns auf folgende Rahmenbedingungen geeinigt beim Verreisen:
    – eigenes Land (wobei wir noch nicht darüber geredet haben, ob und wenn ja wie weit über die Landesgrenze auch noch okay wäre, ich glaube, das kommt nächstes Jahr… – ich denke, das Ziel darf nicht mehr als ein paar Stunden Fahrt von der Landesgrenze liegen).
    – Anreise im eigenen Auto (das gilt momentan auch für meine Besuche bei meiner Mutter – Distanz 700 km, normalerweise 30 Minuten im RE und 5 Stunden im ICE, jetzt Autofahrt von 8-10 Stunden)
    – Ferienwohnung mit Selbstversorgung
    – Ausflüge vor Ort zu Fuss, per Rad oder notfalls mal mit dem Auto
    – keine Indoor-Aktivitäten, also auch keine Museen, kein Kino, kein Essen gehen im Innenbereich

  6. Vinni sagt:

    Fliegen ist im Moment ein No-go für mich und große Menschenmengen möchte ich auch vermeiden. Wir haben uns daher im Sommer eine Ferienwohnung gesucht, wo wir mit dem Auto hinkonnten und waren nur Essen, wenn wir draußen sitzen konnten. Und haben viel Natur angeschaut. Das war für uns okay .

  7. Jacqueline sagt:

    Also wir unternehmen schon immer viel in unserer Region und waren dieses Jahr im Thüringer Wald wandern. Gerne wäre wir nach Südfrankreich oder Italien, aber mit Maske im Freien macht Urlaub keinen Spaß und so warten wir auf bessere, maskenfreie Zeiten .

    Ich verstehe auch jeden gut, der reisen will, besonders nach den langen stressigen Corona-Monaten.

    Die Reiselust an sich lassen wir uns nicht nehmen, die ist irgendwie in unserem Blut, da können wir gar nicht dagegen tun 🙂

  8. Kristina sagt:

    Nachdem wir es kaum lange daheim aushalten, sind wir trotz Corona ziemlich viel unterwegs.
    Allerdings nur mit dem Auto, Raststationen werden ausser in dringenden Faellen gemieden, wir nehmen nur Hotels, die Massnahmen treffen (Essen im Familienkreis etc). Wir fahren nur, wenn nicht ganz Japan frei hat, wir besuchen nur Orte im Freien und halten Abstand zu anderen.
    Dadurch haben wir schon wirklich viele schoene neue Orte kennen gelernt!

    Die Kinder werden so schnell gross, und wir Eltern brauchen auch mal Abwechslung vom Alltagstrott 😉
    Viel Spass!

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