Als Ausländer in Japan: Ich habe auch einen Nachnamen.

Japan ist eine Nachnamens-Gesellschaft. Namen werden mit dem Nachnamen zuerst geschrieben, z.B. 田中 花子 (Tanaka Hanako), statt wie in Deutschland und anderen westlichen Länern üblich mit dem Vornamen zuerst (Hanako Tanaka). Ansonsten ist es ähnlich wie in Deutschland: Sobald man erwachsen ist, ist man nicht mehr SabrinaMarianneKatja, sondern Frau MüllerMeyerSchulz. Ob auf Arbeit, beim Zahnarzt oder beim Einkaufen, man wird mit dem Nachnamen angesprochen. Der Vorname ist für Familie, Freunde und gute Bekannte.

Als Ausländer wird man trotzdem oft eben nicht mit dem Nachnamen angesprochen:

“Wo tut es Ihnen heute weh, Claudia-san?”

“Frau Watanabe war nicht erreichbar, deswegen habe ich Claudia-san angerufen.”

Das ist unhöflich, selbst wenn man “-san” dran hängt. Man spricht in Japan niemanden einfach mit dem Vornamen an, außer das Gegenüber hat sich selbst so vorgestellt. Außer scheinbar Ausländer.

Warum machen Japaner das?

Weil sie es gut meinen. Das japanische Wissen über westliche Kulturen kommt größtenteils aus Amerika, wo man sich schnell mit dem Vornamen anredet. Japaner glauben also, dass das für Ausländer* angenehmer ist, mit dem Vornamen angesprochen zu werden. Die Medien helfen dabei natürlich nicht, auch Ausländer im Fernsehen sind Vorname-san. Letztens sah ich in der Bahn eine Werbung für eine Sprachschule, auf ihr waren zwei Lehrer abgebildet: Jennifer-san und Mark-san. Es ist also ziemlich tief drin, Japaner wissen es also oft nicht besser. Und vor allem meinen sie es nicht böse.

* Nicht vergessen, wir sind alle Amerikaner.

Warum stört es mich trotzdem?

Weil ich eine erwachsene Frau bin, die sowohl auf Arbeit als auch beim Arzt ernstgenommen werden möchte. Für Deutsche ist das recht leicht verständlich zu machen: Stellt euch vor, jemand stellt eure Abteilung einem Kunden vor.

“Das ist Frau Müller, hier ist Herr Schulz, Herr Strunz, den kennen Sie ja schon, Frau Caspar, und Marianne.”

Wer wird hier am wenigsten wertgeschätzt?

Ich muss dazu sagen, dass es mir genau diese Situation auf Arbeit noch nicht wiederfahren ist. Man stellt mich Japanern immer mit dem Nachnamen vor** und auch intern bin ich nur für Leute Claudia-san, die ich auch mit dem Vornamen ansprechen kann.

** Sobald wir Englisch reden, verwenden wir Vornamen – das dann aber für alle.

Wenn man bei einer Firma arbeitet, in der generell alle mit Vornamen angesprochen werden, würde es mich übrigens auch nicht stören. Neben Satoshi, Aiko und Kanae bin ich gerne Claudia. Neben Saito-san, Kinoshita-san und Inoue-san nicht.

Was kann man tun wenn es einen stört?

Ganz einfach. Man sucht sich den Übeltäter und redet mit ihm oder ihr.

“Entschuldigen Sie, aber können Sie mich mit meinem Nachnamen ansprechen? Alle anderen werden auch mit ihrem Nachnamen angesprochen.”

Wie oben geschrieben, Japaner wissen es einfach oft nicht besser. Wenn man es einmal erklärt, sollte es hängen bleiben.

Falls irgendjemand vor hat zu kommentieren, dass es ihn/sie gar nicht stört mit dem Vornamen angesprochen zu werden: Gut für dich. 🙂 Zum Glück dürfen mich Dinge stören, die eine andere Person nicht ärgern.

Habt ihr eigentlich im Ausland Probleme mit euren Nachnamen? Mein Mädchenname hatte ein Ü und viele Konsonanten, außerhalb von deutschsprachigen Ländern war das ein Krampf!

0 Gedanken zu „Als Ausländer in Japan: Ich habe auch einen Nachnamen.

  1. Yoko-chan sagt:

    Hach ja, das übliche Problem. Aber sollte es Japaner nicht ausfallen, wenn du einen japanischen Nachnamen hast, dass sie dich auch damit ansprechen? Das ist natürlich doof 🙁

    Ich selbst habe auch einen für Japaner ziemlich doofen deutschen Nachnamen (auch mit Ü und W und viel drum herum). Wir haben ihn zwar inzwischen in Katakana halbwegs umgebastelt, trotzdem ist es für Japaner schwer. Daher bin ich meist freiwillig Claudia-san *lach* Termin beim Nagelstudio habe ich als Claudia gemacht, oder wenn ich in irgendwelchen kleineren Hostels bin, ist auch ein “クラウディアです” hilfreicher als wenn sie versuchen aus dem “キューレウィンドです” irgendwas herzuleiten xD Trotzdem würde ich dann, wenn ich einen japanischen Nachnamen habe, den die Japaner vor keine Probleme stellt, auch auf meinen Nachnamen bestehen. Wenn das bei allen so ist, möchte ich auch so behandelt werden!

    Bei meinem Job in Japan hatte ich das Problem zum Glück nicht. Da waren wir alle Mako-san, Seiiko-san, Misato-san und eben auch Claudia-san. Kumi-chan, die erst nach mir in die Bäckerei kam, hatte mir am Ende auch noch das “先輩” verpasst (笑)

    • Claudia sagt:

      Wenn ich noch meinen alten Nachnamen hätte, würde ich es niemandem übelnehmen. Damals war ich öfter フュル、フユル、クラウディアさん, aber mit dem japanischen Namen… Zumal der ja auch wirklich nicht lang oder kompliziert oder irgendetwas ist.
      Zum Glück kann man die meisten drauf hinweisen, und meine Firma ist ganz gut damit.

  2. sigga og Alexogalex sagt:

    Sprachtechnisch sind damit die Bayern die Japaner Deutschlands 🙂
    Es ist eine der Besonderheiten der bairischen Sprache, dass man hier den Namen vor den Vornamen stellt und nicht, wie im restlichen deutschen Sprachraum, den Vornamen vor den Nachnamen. Und es spielt keine Rolle, ob man über andere spricht oder von sich selbst, immer kommt erst der Familienname und dann der Vorname. Das passiert auch dann, wenn es ein Name ist, der nicht aus Bayern bzw. Deutschland kommt. Jenni Gillespie wird also genauso zur Gillespie Jenni, wie Maria Huber die Huber Maria ist. Nur wenn uns ein Name begegnet, bei dem wir Vor- und Nachnamen nicht gleich feststellen können, übernehmen wir den Namen so, wie er uns vorgegeben wird und wenn wir ihn ein paarmal benutzt haben, bevor wir erfahren, was Vor- und Nachname ist, dann hat er eine Chance, dass er auch weiterhin in der Reihenfolge verwendet wird, wie wir uns an ihn gewöhnt haben.

    Nachdem Dialektsprecher mehr oder weniger zweisprachig sind, verwenden wir (ich denke, den anderen Bayern geht es da auch so) den Vornamen vor den Namen dann, wenn wir wirklich streng schriftdeutsch sprechen. Aber wirklich nur dann, solange wir nur aufpassen, dass wir nicht zu sehr Dialekt sprechen, damit uns unser Gegenüber verstehen kann, bleibt es immer noch beim Familiennamen vor dem Vornamen. Und in einer anderen, einer wirklichen Fremdsprache, sprechen wir natürlich auch in dem Namensystem, das in dieser jeweiligen Sprache üblich ist. Das heißt, dass die Gillespie Jenni automatisch wieder Jenni Gillespie wird, wenn ich englisch spreche.

    Viele Grüße aus dem tiefen Süden Deutschlands, ich lese sehr gerne in Deinen Blog und freue mich über jeden neuen Post

  3. Anika sagt:

    Manchmal herrlich zu sehen woher du deine Inspirationen hast ^_-
    Mich hat es tierisch genervt im beruflichen Umfeld mit Anika (vom Chef auch gerne ohne -san, was sich andere dann abgucken..) angesprochen zu werden, wo ich oft noch nicht mal den Vornamen der Geschäftspartner kannte. Mich rächen konnte ich also auch nicht..
    Blieb nur Tacheles reden! Vor Geschäftspartnern nun Nachname, vor netten Kunden gerne weiterhin Anika, man möchte ja einen freundlichen Eindruck machen und es wirkt so abweisend wenn man einen Ausländer mit Nachnamen vorstellt.. *augenroll*

    • Claudia sagt:

      Dieser eine Kommentar hat mich soooo aufgeregt, da musste ich.
      Im Kindergarten hatten alle nur Vornamen, und ich habe mich selbst sich dementsprechend vorgestellt. Jetzt im Büro klappt es bei den meisten aber ganz gut mit dem Nachnamen, ich habe es öfter bei Ärzten oder wirklich externen Leuten auf Arbeit. Geht gar nicht 🙁

  4. Shaoshi sagt:

    Mit meinem Nachnamen haben die Chinesen auch große Probleme (mit Ä und SCHL und vier Silben und auch für die meisten Online-Formulare zu lang …), deshalb bin ich dann meistens einfach (freiwillig) Tanja. Da denken dann aber auch einige, dass Tan mein Nachname und Ja mein Vorname ist 😉

    In deinem Fall finde ich das aber auch irgendwie doof, so als einziger ungefragt nur mit Vornamen erwähnt zu werden …

    • Claudia sagt:

      Mein Vorname ist auch immer mal für japanische Formulare zu lang, 6 Zeichen. Dann bin ich Kuraude oder Kuraudi…
      Ich glaube echt viele deutsche Nachnamen sind super gemein und für nicht-deutsche nervig auszusprechen. So viele Konsonanten!

  5. Sidonie sagt:

    Bei meinem Nachnamen ist es glaube ich ganz gut, dass die Japaner mich mit Vornamen ansprechen. Aber selbst mein Amerikanischer Kollege hat sich am Telefon (Japanern gegenüber) immer mit Vornamen vorgestellt und wird von seinen Kollegen auch am liebsten “Matt”(-san) genannt.

    Der Boss hat die meisten Frauen sowieso bei Vornamen genannt (mit -san dran). Die “jüngeren” Männer hat er dann Nachname-kun genannt. Aber das ist der Boss. Einen Kollegen (mit dem er aber schon lange befreundet ist) nennt er auch nur “Hage” ;D

    • Claudia sagt:

      Wenn man sich selbst so vorstellt ist das denke ich gar kein Problem. 🙂 Ich stelle mich allerdings immer mit meinem Nachnamen vor und schreibe auch ausschließlich den unter E-Mails.
      Frauen sind bei uns auch oft Vorname-san, aber wenn dann nur firmenintern. Nach außen hin haben wir alle Nachnamen. 😉

  6. Daniela sagt:

    Ach, das Thema Namen. Dein Artikel ist toll. Endlich mal ein klares Statement. Ich habe mir da nie Gedanken gemacht. Als ich in Japan lebte war ich in der Kleinstadt unter meinem Vornamen ダニエラ bekannt. Mein deutscher Nachname war dem Original in japanisch zu fern. Ich habe einen Japaner geheiratet aber NICHT seinen Namen angenommen. Offiziell. Manchmal war ich dann aber doch 二階堂さん.
    Ich habe nie in einer Firma gearbeitet. In Zukunft überlege ich mir genau, mit welchem Namen ich mich vorstellen werde. Ein paar mal war ich im Fernsehen in Japan aber immer mit meinem Vorname. War mir lieber, als mein Nachname.

    Ich fühle mich nicht wohl mit einem japanischen Namen, weil ich definitiv nicht japanisch aussehe. Am wohlsten fühle ich mich mit ダニエラ. Mit meinem Vornamen.
    Deine Position als Angestellte in einer Firma kann ich sehr gut nachvollziehen.
    Also immer darauf achten, wie man sich vorstellt!

    Ich mag die Einstellung, wenn man über seine Probleme redet, kann man sie lösen – auch in Japan. Japaner meinen es ja wirklich nicht böse! LG Daniela

    P.S. Ich habe eine hanko, einen Namensstempel mit ダニエラund finde es eigentlich ganz cool. Mein Nachname ランカンプ ist doof.
    P.P.S. Mein japanischer Mann hätte sehr gerne meinen Namen angenommen, aber das war aus traditionellen Gründen – ältester Sohn und so – nicht möglich. Schon mal einen japanischen Mann getroffen, der den Namen seiner Frau annimmt?

    • Claudia sagt:

      Hallo Daniela, mein Mann hätte meinen Namen angenommen wären wir nach Deutschland gezogen. Aber in Japan war er dann doch zu nervig. Ich hatte einen Hanko mit meinem Mädchennamen, aber mein 2-Kanji-Name sieht dann doch besser aus. 😉
      Auf Arbeit habe ich anfangs durchaus Kommentare bekommen “Du siehst aber gar nicht aus wie eine TanabeInoueIwama!” oder “Bist du Halbjapanerin?” aber der Hinweis, dass mein Mann Japaner ist hat geholfen. Wir haben auf Arbeit übrigens eine Japanerin mit komplett deutschem Namen (in etwa wie Lisa Schulz), was die Geschichte dahinter ist interessiert mich dann doch. 😉
      Im Fernsehen würde ich wenn dann auch nur unter meinem Vornamen erscheinen, der Nachname ist dann doch zu selten. Aber eigentlich hatte ich eh nicht vor in den Medien zu erscheinen. 🙂

      • Anika sagt:

        Mein Mann meinte auch, er hätte meinen Namen angenommen, wenn wir in Deutschland leben würden. Wie bei Claudia.
        In den Medien waere ich auch nur Anika oder ich würde versuchen ein Pseudonym zu bekommen..
        Die meisten unserer Kunden sind nicht auf den Kopf gefallen.. Sie sehen meinen japanischen Namen und fragen dann von selbst ob ich mit einem Japaner verheiratet bin.
        Hier tun uns die Medien ja mal was Gutes, internationale Ehen sind ja irgendwo grad in..

  7. Caro sagt:

    Danke für diesen Artikel 🙂 Ich bin seit September als Austauschstudentin in Japan (leider im Rahmen eines amerikanischen All-Inclusive-Programms) und werde hier dauernd von Leuten mit Vornamen angesprochen, die ich mit Nachnamen anzusprechen habe, was mich auch ziemlich nervt. Ich bin das aus Deutschland nicht gewöhnt; an der Uni siezen mich alle (und reden mich entsprechend mit Nachnamen an), die ich auch zu siezen habe. Die SprachkurslehrerInnen benutzen zum Glück meistens Nachnamen und wenn denen mal mein Vorname rausrutscht, dann sage ich ihnen, dass sie bitte meinen Nachnamen benutzen sollen.
    Lustigerweise hatte ich beim Arzt in dieser Hinsicht eine recht positive Erfahrung 🙂 Er hat mich am Anfang gefragt, wie er mich nennen soll: Vorname-san, Nachname-san, oder Nachname-Vorname-san. Ich hab mich für Nachname-san entschieden 😉 Das war ein japanischer Arzt, der allerdings ein bisschen Englisch konnte und insofern vermutlich öfter mal ausländische Patienten hat.
    Eine Deutschlehrerin hier an der Uni (eine Deutsche, die mit einem Japaner verheiratet ist), hat mir von einem weiteren Problem mit Nachnamen erzählt. Obwohl sie den japanischen Nachnamen ihres Mannes hat, wird ihr Name dauernd, wie eben die Namen aller AusländerInnen, in Katakana geschrieben. So oft sie sich auch beschwert, dass sie auch einen Namen mit Kanji hat… alle bleiben bei Katakana. Hast du dieses Probleme auch?

    • Claudia sagt:

      Hallo Caro,
      Zum Problem der Deutschlehrerin: Es gibt Situationen, in denen die Namen aller Leute in Katakana geschrieben werden. Manche Namen haben verschiedene Lesungen oder sind ungewöhnlich, da ist es manchmal einfacher direkt alles auf Katakana zu haben, dann aber auch タナカ ハナコ. Mein Name ist z.B. ganz gewöhnlich, wird aber komisch geschrieben. Es kann kaum jemand von meinen Kanji auf die richtige Lesung schließen, und noch weniger von meinem Namen auf die Kanji.
      In allen anderen Situationen sollte sie aber die Kanji ihres Mannes verwenden dürfen, sofern sie denn als ihr 通称 (Tsûshô) eingetragen sind. Ansonsten kann es da im Ernstfall zu Problemen kommen, denn westliche Ausländer haben nicht automatisch Kanji, ihr Kanj-Name ist also offiziell nicht mit ihrem Namen gleichzusetzen (ihr Katakana-Name aber auch nicht). Ein sehr eigenartiges System…

      • Anika sagt:

        Genau.
        Ausländische Namen werden im japanischen System grundsätzlich in Romaji geschrieben, auch wenn man mit einem Japaner verheiratet ist.
        Auf meinen Bankkarten oder Arztkarten steht mein kompletter Name in Katakana, obwohl mein offizieller Tsûshô eine Kombination aus Kanji und Katakana ist. Einfach, weil viele Namen nicht einfach zu lesen sind.
        Wenn Leute meine Kanji sehen, wissen sie ohne Hilfe nicht wie er auszusprechen ist. (Deshalb stehen auf meiner Visitenkarte Hiragana über meinen Kanji.)
        Wenn die Deutschlehrerin einen offiziellen Tsûshô mit Kanji hat, aber innerhalb der Uni nur mit Katakana geschrieben wird, kann sie mit einer Juminhyo, auf der das deutlich steht, ordentlich Stunk machen. Es ist ihr Recht ihren Tsûshô zu benutzen.

      • Caro sagt:

        Danke fuer die Antworten! Die Deutschlehrerin, mit der ich gesprochen habe, hat sich vor allem deswegen geaergert, dass ihr Name oft in Katakana geschrieben wird, wenn der Name der japanischen KollegInnen in Kanji geschrieben sind. Zum Beispiel haben die LehrerInnen im Lehrerzimmer wohl alle ein kleines Fach, auf dem ihr Name steht – auf einer Seite alle Namen mit Kanji und daneben die Faecher der LehrerInnen mit auslaendischem Nachnamen in Katakana – darunter ihr japanischer Name in Katakana. Sie hat sich wohl auch schon mehrmals beschwert, aber es hat sich nichts geaendert.
        Vielleicht sind die Leute in Tokyo einfach mehr an AuslaenderInnen gewoehnt? Oder ihr habt Glueck mit euren ArbeitgeberInnen 🙂

  8. Marie sagt:

    Hallo Claudia (san ;D ),
    ich kann dich sehr gut verstehen. Das hat nichts mit Pingeligkeit zu tun, sondern mit Respekt und die eigenen Grenzen zu definieren.
    Als ich im Oktober am Flughafen in Köln war, wurde ich vom Zollbeamten mit “Hey Marie, wohin geht’s denn?” begrüßt. Solche Situationen zeigen leider, wie man von außen wahrgenommen wird. Ich wirke anscheinend wie ein sehr offener, freundlicher Mensch, werde aber nicht besonders ernst genommen. 🙁
    In Taiwan wurde ich mit Vornamen angesprochen. In meinem Ausweis stand gar kein Nachname. Das ist also dort üblich, dass man als Ausländer nur den Vornamen besitzt. Auf meiner Arbeit, war es aber allgemein normal sich mit Vornamen anzusprechen.

    • Claudia sagt:

      Ich finde es einfach super frech, vor allem wenn man sich nicht wehren kann – das ist bei Zollbeamten wie auch Kunden ähnlich, letztendlich sitzen die am längeren Hebel. 🙁 Zum Glück ist mein Gesicht nicht grund-freundlich, sondern eher … resting sad face? 😉

  9. hanayagi sagt:

    Hah! Genau.

    Ich habe das auch ein paar mal hinter mir und lege deshalb viel Wert darauf, dass Japaner, denen ich zum ersten Mal begegne mich mit meinem Nachnamen ansprechen. Gluecklicherweise ist mein Name auch noch Japaner-kompatibel.

    Wenn man neu in eine japanische Firma oder andere Organisation kommt, sollte man ganz am Anfang freundlich aber bestimmt festlegen, wie man angesprochen wird. Hat sich erst einmal der Vorname eingebuergert, ist es sehr anstrengend, das wieder zu aendern.

    Eine kleine, verwandte Geschichte habe ich auch noch: In meiner Firma reden sich generall alle mit OO-san an. Bei offiziellen Veranstaltungen auch gerne einmal der offizielle Titel.
    Es gibt aber eine Abteilung hier in der Zentrale in der der Kacho seine Untergebenen gerne oft ohne -san anspricht, also nur mit dem Nachnahmen. So etwas nennt man im Japanischen “yobisute” (Anrede-wegwerfen) und das ist normalerweise nur guten Freunden / romantischen Partnern vorbehalten – oder aber von oben nach unten. (Unser gehobenes Management “yobisute”t auch ab und zu, aber nicht staendig.
    Aber, um zum Punkt zu kommen, ein Untergebener des obengenannten Kacho sprach mich auch ein paar Mal mit Nachname ohne -san an. Ich habe ihm erklaert, dass mir das nicht passt, wollte aber auch wisse, was er damit bezweckt. Er meinte, er taete es, weil ich “kohai” bin und er wolle damit keinen Disrespekt ausdruecken. Interessant. Ich hab’s ihm trotzdem verboten 🙂

    • Claudia sagt:

      Yobisute fände ich auch gar nicht lustig, habe aber das Gefühl, dass das eher Männern passiert. Dafür werden Frauen öfter einfach beim Vornamen genannt. Und aus der Claudia (oder gleich Kurachan!!!)-Falle herauszukommen ist wirklich gar nicht einfach.

  10. YabanJim sagt:

    Wow, so viel Response zu dem Thema, da hast du ins Schwarze getroffen!

    Da ich nicht in Japan lebe oder arbeite, sondern nur hin und wieder mit japanischen Firmen zu tun habe, ist mir die Problematik noch nie so bewusst geworden. Allerdings geht es in unserer Branche sehr kollegial zu und ich bin schon lange dabei. Man kennt sich halt oder hat schon voneinander gehört. Selbst beim Treffen mit Yamaha vornamten wir uns alle. Zudem verwende ich generell meinen Vornamen auch hierzulande, alle Publikationen sind mit meinem Autoren-(vor)-namen erschienen. Ist allerdings auch persönlich begründet. Von daher hab ich bei Japan-Reisen dann auch kein Problem damit.
    Mein Hanko heißt übrigens auch nur Jim, aber in Hiragana (war ein Geschenk). Ich hab damit aber letztens einen Arbeitsvertrag in Deutschland gesiegelt. Spaß muss sein.

    Für meine neue Tätigkeit habe ich mein neues Pseudonym “YabanJim”, womit ich sowieso jeder Verunglimpfung gleich den Wind aus den Segeln nehme 😉 Ich finde es super lustig wie verdattert einige Leute darauf reagieren, wenn sich ein Barbar mit Höflichkeitsfloskel vorstellt. Wer hierbei lacht, mit dem komme ich auch dann weiter gut aus. Beim Online-Sprachlernchat hatte ich damit auch niedliche Erlebnisse, man wusste halt nicht, was für ein Verrückter (O-Ton) sich dort meldet. Ich hab mit der lieben Frau aber immer noch Kontakt. 😉
    Wie du siehst, ich nehm es von der lockeren Seite. Kann aber auch deine Sicht sehr gut verstehen, speziell wenn es in der Firma sonst eher konservativ zugeht.

    • Claudia sagt:

      Es ist eben auch die Frage in welchem Kontext etwas geschieht. Wenn ich unter Freunden bin, oder eben in lockerer Stimmung, stelle ich mich auch als Claudia vor. 🙂 Auch auf Arbeit nennen mich manche Mitarbeiter auch auf Japanisch Claudia, aber mit denen habe ich eben ein freundschaftliches Verhältnis, und sie würden mich nie nur als Claudia vorstellen.
      Unsere Firma ist für japanische Verhältnisse super locker, bei meinem Mann werden im Email-Verkehr auch firmenintern alle -Sama genannt…

  11. ufloot sagt:

    Ich hab da nie so doll drüber nachgedacht, aber komisch ist es auf jeden Fall immer mal wieder gewesen. “Das ist Nachmame, Nachname, Nachname und Sarah!” – äääh. Wie so ein Haustier. 😐

    Im Beruf würde mich das auf jeden Fall auch sehr stören. Bei mir gab’s bisher selten konstanten professionellen Kontext wo es störend war. Meist waren das so einmalige Gelegenheiten, die zwar komisch, aber nicht zwingend störend waren.

    • Claudia sagt:

      Der Ausländer an der Leine… 😉
      Es ist für mich persönlich auch kein großes Problem, aber ich weiß von anderen, dass ihr japanischer Nachname konsequent ignoriert wird, deswegen habe ich darüber geschrieben. 🙂

  12. misterprinz sagt:

    Ich erfahre wegen des ß in meinem Nachnamen schon Benachteiligung, wenn ich im Ausland bestelle. Meist wird dann auf dem Paket ein VoB draus oder gar ein Voãh%s und dann bleibt der Kram wochenlang beim Zoll hängen. Mein Mitbewohner und ich haben immer beim selben UK-Shop bestellt und nur ich mit meiner Nachnamensbehinderung wurde zolldiskriminiert. 🙁

  13. mame sagt:

    danke für den artikel!
    mich beschäftigt das namenstema schon sehr lange. das erste mal als austauschstudentin in japan – mit meinem sehr kurzen und leicht mit katakana zu schreibendem geburtsnamen. bei ärzten, post und ämtern etc. wurde er oft ignoriert da ich einen vornamen habe den es auch im japanischen gibt. den kann also jeder ohne probleme aussprechen. ich habe mich jedes mal beschwert. diskutiert (also jetzt nicht auf der post sondern mit freunden 😉 bin wütend geworden. hat alles nix gebracht. einmal habe ich bei einem arzt bei der anmeldung bereits gesagt, dass ich mit nachnamen angesprochen werden möchte. wurde ich nicht!

    diesmal bin ich mit dem namen meines mannes hier der mit 10(!) katakanazeichen geschrieben wird. ich habe erbarmen und lasse mich von allen leuten im umfeld (andere mütter im kiga meiner töchter, nachbarn, bekannte etc.) beim vornamen nennen. ich möchte sozialen kontakt und weiss dass es so leichter geht. auch wenn alle anderen tanaka-san sind.

    doch ich lasse mich nicht “bevornamen” bei offiziellen situationen, arzt etc.!
    bei der assistentin meines hausarztes habe ich das gleich am anfang klargestellt.”sie rufen eine andere patientin doch auch nicht mit “michiko-san” auf!” sie hat es eingesehen.

    vor einigen wochen hatte ich jedoch eine unschöne situation. mein mann war wegen einer augeninfektion beim augenarzt und ganz begeistert: ” und alle haben mich sogar ohne probleme von sich aus beim familiennamen genannt!” (eine leistung bei 10 zeichen!). ich bekam leider auch die infektion und musste hin. wurde mit vornamen-san aufgerufen! ich war so geschockt und traurig. hab die dame auch gleich zur rede gestellt und von meinem mann erzählt. warum? hab ich sie gefragt. “aber ihr nachname ist so lange..” mein einwand dass der meines mannes doch der gleiche – gleichlange sei.. “entschuldigung”

    naja. das nächste mal wird die eine dame wohl jeden ausländer mit nachnamen aufrufen. aber ich muss wieder mal zu einem neuen arzt.. und es ist immer das gleiche. ich unterstelle den leuten die mich beim vornamen rufen einfach pure bequemlichkeit als grund!

    zumindest beim einschreiben in die wartelisten bei restaurants und bei bestellungen per telefon etc. habe ich eine gute lösung für mich gefunden. ich verwende einfach nur die ersten zwei katakana unseres namens – und das klingt dann wie ein japanischer name! 😉

  14. sunny720 sagt:

    hahaha, ja in so einer Situation war ich bis jetzt in Japan noch nicht, vor allem, wenn ich jemanden dort kennen lerne, stelle ich mich immer nur mit アレックス vor, hahaha,
    wobei das den Japanern schon genügend Probleme bereitet, wenn sie versuchen ihn mit lateinischen Buchstaben zu schreiben,
    da ich ja Aleks und nicht Alex geschrieben werde, meistens kommt dann Alexs raus 😀

  15. Fabian sagt:

    Hi Claudia,

    vielen Dank für deine Beiträge – dein Blog lese ich unter all meinen Japan-Blogs am liebsten. Einfach immer sehr sorgfältig und unterhaltsam geschrieben. Danke!

    Ich bin ebenfalls 1989 geboren, meine Freundin ist Japanerin, wir leben zusammen in Deutschland – also quasi alles “spiegelverkehrt” 😀

    Da du das Thema Nachname ansprichst: Welche Möglicheiten gibt es denn da eigentlich? Es ist ja irgendwie so, dass wenn eine Person einen Doppelnamen nimmt (also deutscher und japanischer Nachname), der japanische Staat die Ehe nicht anerkennt. Habe ich das richtig verstanden?

    Wie ist es denn, wenn meine Freundin meinen deutschen Nachnamen annimmt? Erwachsen ihr da irgendwelche Nachteile in Japan?

    Bzw. was wäre denn, wenn ich ihren japanischen Nachnamen annehme? Hätte das für mich irgendwelche Auswirkungen in Japan?

    Ich denke, du hast da doch einen etwas besseren Einblick als ich und da meine Internet-Recherche recht Widersprüchliches zu Tage förderte, wollte ich mal eine “Expertenmeinung” einholen 😉

    Danke dir und liebe Grüße,
    Fabian

    • Claudia sagt:

      Mit Doppelnamen kenne ich mich nicht aus, aber auf Arbeit gibt es eine Japanerin mit Doppelnamen – es geht also irgendwie.
      Ansonsten ist die Frage, ob der deutsche Nachname ins Familienregister kommt. Ich habe schon öfters von Leuten gehört, die in Japan und Deutschland verschiedene Nachnamen führen. In Deutschland sind sie dann Akiko Schulz und in Japan Akiko Yamamoto. Wie das genau gemacht wird weiß ich leider auch nicht, weil Japan von mir verlangte meinen Nachnamen erst in Deutschland zu ändern, bevor er in Japan geändert werden konnte.
      Für dich hätte der japanische Nachname keine Auswirkungen, es würden sich nur wahrscheinlich alle fragen, welcher deiner Elternteile Japanisch ist. 😉
      Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, dass ihr beide euren Nachnamen behaltet. Das haben meine Eltern, sobald es möglich war, so gemacht, und gestört hat es mich als Kind nie.
      Wie du siehst kenne ich mich leider nicht mit dem japanischen Recht in Sachen Namensführung aus, ich kann dir nur berichten, was ich in meinem Umfeld so sehe. 🙂

      • Fabian sagt:

        Hi Claudia,

        vielen Dank für die Antwort. Das mit den verschiedenen Nachnamen in Deutschland und Japan klingt ja wild… So ein Reisepass muss dann interessant aussehen 😉

        Nun gut, muss ich nochmal etwa weiter recherchieren.

        Gute Woche dir und bis dann.

        Liebe Grüße,
        Fabian

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