7:50, ich verlasse das Haus in Richtung Bahnhof. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern Raben krähen, und ich werde auch heute wieder erleben, wie wenig Platz und Abstand zu Anderen so ein Mensch eigentlich benötigt.
Oben auf dem Bahnsteig fährt die Bahn in Richtung Stadt ein. Eine Menge Menschen steigen aus, wir wohnen an einem Umsteigebahnhof, eine Menge Menschen steigen ein. Ich auch.
Direkt versuche ich einen der guten Plätze zu ergattern. Wer einfach einsteigt und in der Nähe der Türen stehenbleibt, hat es sich selbst zuzuschreiben, wenn er zu Tode gequetscht wird.
Die besten Plätze sind natürlich sämtliche Sitzplätze. Danach kommen die Stehplätze direkt davor. Danach die Stehplätze in der Mitte, also quasi in zweiter Reihe zu den Stehplätzen vor den Sitzplätzen. Je weiter weg man von den Türen kommt, umso besser. Außer man muss natürlich irgendwo aussteigen, wo niemand anders aussteigt. 😉
In den nächsten Stationen steigen nur immer mehr Menschen zu, kaum jemand aus. Die Bahn hat Verspätung, weil die Leute nicht in der vorgesehenen Zeit einsteigen. Sie sind so eng gepackt, dass die Türen wieder aufgehen. Mehrmals. Oder die Bahn ist zu spät, weil sie zu nah an der Vorhergehenden fährt, welche wiederum verspätet ist. Im Berufsverkehr fährt diese Linie alle drei Minuten.
Wenn es wirklich voll wird, werden auch die auf den zweitbesten Plätzen, also vor den Sitzplätzen, dermaßen von hinten geschubst, dass sie beinahe auf die Sitzenden fallen. Zu irgendeiner Zeit hat man mit Sicherheit den Ellenbogen eines Mitfahrers entweder in der Seite oder im Rücken, oder den Arm im Gesicht. Es ist, wie bei einem riesigen Konzert in der ersten Reihe zu stehen – nur, dass es keine Stars gibt und der Boden wackelt. Außerdem fährt man eigentlich grade zur Arbeit.
In 秋葉原 (Akihabara) steigen haufenweise Leute aus, dann heißt es einmal tief Luftholen, denn es werden genauso viele Menschen wieder einsteigen, bis es sich, genau eine Station vor meiner, endlich wirklich leert.
Diese Bahn fährt derzeit mit fünf Minuten Verspätung, wir entschuldigen uns für die Unanehmlichkeiten.
Mein Umsteigeweg ist nervig lang, 250m vom Obergeschoss ins vierte Untergeschoss, mit ständigem Gegenverkehr. Die Bahn in die ich als nächstes steige ist nicht so voll, wie die erste, aber weg von der Tür komme ich nicht wirklich. Nach fünf Stationen steigt zum Glück der Großteil der Passagiere mit mir zusammen aus, ich muss mich also nur von den Menschenwogen leiten lassen – bis man dann für die Treppe anstehen muss.
Es ist zwischen 8:40 und neun Uhr.
Immerhin habe ich im Büro viel Platz um mich auszubreiten. 😀
Ach ja, eine S-Bahn die alle 3 Minuten fährt und wahrscheinlich nie mehr als 5 Minuten Verspätung hat.
Manchmal auch 10! 🙂
Was soll ich als armer Berliner dazu nur sagen… ich werfe dir einfach virtuell hasserfüllte Blicke zu… das hast du jetzt davon! :p
Ich leide beim Lesen mit T.T Auch nach fast einem Jahr kann ich mich immer noch nicht an den taeglichen Bahnfahrts-Stress auf dem Weg zur Arbeit gewoehnen. Wie koennen die Tokyoter das nur bis zur Rente durchziehen..? O.o
Mein Mann sagt: Auch Japaner gewöhnen sich nie daran. 🙂
Na, das macht ja Hoffnung XD
Das mit den besten Plätzen ist Ansichtssache. Ich bevorzuge den Platz direkt neben der Tür – da rauscht die Brandung einfach vorbei, und man kommt schneller raus und muss damit nicht im Rudel zur nächsten Bahn mitdackeln. Leider wissen das auch andere zu schätzen — die beiden Türplätze sind entsprechend heiss begehrt.
Ich habe das Gefühl dass auch die Leute auf diesen beiden Plätzen oft mit rausgedrückt werden. Außerdem kann ich manchmal ab Akihabara sitzen.