Onomatopoesie: Funkelfunkel, Glitzerglitzer.

無題Wer schon einmal Manga gelesen hat, kennt sie: Lautworte, überall Lautworte. Ob Glitzerglitzer, Schniefschnief oder Klopfklopf.

Onomatopoesie, oder auf Japanisch 擬音語・擬声語・擬態語 (Gi-on-go, gi-sei-go, gi-tai-go), ist wichtig, um die Sprache zu verstehen und unglaublich praktisch um sich auszudrücken ohne “echte” Adjektive zu lernen. 😉

擬音語 (Gi-on-go) und 擬声語 (Gi-sei-go) – Geräusche und Stimmen nachahmen

Das kennt ihr auch aus dem Deutschen, vor allem der Kindersprache: Wuffwuff (ワンワン wanwan), Miaumiau (ニャーニャー Nyânyâ), Muhmuh (モー Mô). Auf Japanisch geht es noch etwas weiter. Wie klingt z.B. Regen?

Ist er しとしと (Shitoshito; leichter, an sich kaum hörbarer Regen), ぽつぽつ (Potsupotsu; leicht tröpfelnd, wenn es z.B. anfägt zu regnen), ザーザー (Zâzâ; strömender Regen), びしょびしょ (Bishobisho; sehr starker Regen; wenn man vom Regen durchweicht ist, ist man auch Bishobisho), oder eines der anderen Lautworte?

Beispielsatz: ぽつぽつと降ってきたね。 (Potsupotsu to futte-kita ne.; Es hat angefangen leicht zu tröpfeln.)

擬態語 (Gi-tai-go) – Zustände nachzeichnen

Gitaigo ist etwas schwieriger zu verstehen, denn was bei Giongo und Giseigo Laute sind, sind bei Gitaigo Eindrücke und Beschaffenheit. Wie beschreibe ich Funkeln, weiche Haare, oder die rosarote Brille mit Lautworten? Gar kein Problem!

キラキラ (Kirakira) Funkeln
サラサラ (Sarasara) trocken und weich
めろめろ (Meromero) so verliebt sein, dass man ganz weich wird

Beispielsatz: 星がキラキラとしている! (Hoshi ga kirakira to shiteru! Die Sterne funkeln!)

Was einem Anfangs etwas eigenartig vorkommt ist übrigens nach einiger Zeit untrennbar miteinander verbunden: Natürlich ist じろじろ (jirojiro) unablässiges Starren, was denn sonst?!

Viele Lautworte werden auch gar nicht als solche erkannt: たっぷり (tappuri; viel) und すっきり (sukkiri; erfrischt) z.B.

Und grammatikalisch?

Lautworte baut man grammatikalisch korrekt mit と (to)* in Sätze ein. So wird aus

子供が泣いている (Kodomo ga naiteiru; Das Kind weint)

dank Lautworten z.B.

子供がシクシクと泣いている (Kodomo ga shikushiku to naiteiru; Das Kind weint schluchzend) oder

子供がぽろぽろと泣いている (Kodomo ga poroporo to naiteiru; Das Kind weint mit großen Tränen) oder

子供がおいおいと泣いている (Kodomo ga oioi to naiteiru; Das Kind weint laut)

Man kann seine Sätze also anschaulicher gestalten, vor allem weil diese Lautworte für Japaner nicht den Umweg übers Gehirn ins Herz machen. 😉

* Wenn ihr erst anfangt zu lernen, kennt ihr “to” wahrscheinlich nur als “und”. “To” hat aber auch noch andere Verwendungen, z.B. in der wörtlichen Rede: お母さんがダメと言った (Okâsan ga dame to itta; Mama hat “nein” gesagt).

Natürlich kann man es sich auch, dank する (suru; machen) und である (de aru; sein), einfacher machen.

キッチンがピカピカしてる (Kicchin (Kitchen) ga pikapika shiteru; die Küche glänzt)

もう二日酔いでへろへろだよ (Mô futsukayoi de herohero da yo; Wegen meines Katers habe ich gar keine Kraft)

あー、ドキドキしてる (Â, dokidoki shiteru; Oh man, mein Herz klopft)

Meine liebsten Lautworte sind übrigens ダラダラ (daradara), のびのび (nobinobi) und ごろごろ (gorogoro), die alle in etwa dieselbe Bedeutung haben: Faullenzen und nichts tun. 😉

Habt ihr Lieblingslautworte? 😀 Schreibt sie gern in die Kommentare.

Die verflixte Sieben.

無題Vor einigen Jahren spielte ich ゼルダの伝説 夢幻の砂時計 (Zeruda no Densetsu Mugen no Sunadokei; The Legend of Zelda: Phantom Hourglass) auf meinem Nintendo DS. Eines der ersten Rätsel im Spiel ist ganz simpel: Mann muss lediglich zählen wie viele Palmen auf einer kleinen Insel sind und die Zahl auf den Touchscreen schreiben.

Ich lief also als Link über die Insel und zählte sieben Palmen. Auf den Touchscreen schrieb ich:

deutsche 7Falsche Antwort. Ich lief noch einmal über die Insel. Es waren noch immer sieben Palmen. Ich versuchte es noch einmal. Noch immer die falsche Antwort. Ich schrieb sechs und acht, doch auch diese Antworten waren falsch. Nach einigen Minuten gab ich den Nintendo DS meinem Mann.

Ich glaube ich bin zu blöd für dieses Spiel. Ich sehe sieben Palmen, aber wenn ich 7 schreibe wird das nicht angenommen.

Mein Mann nahm das Gerät, zählte die Palmen und schrieb:

japanische 7Das Rätsel war gelöst.

Japaner, und auch Koreaner, schreiben die Zahl sieben einfach anders.

In Europa und an anderen Orten wird die sieben so geschrieben, wie ich sie schrieb. Das hängt damit zusammen, dass man sonst leicht eins und sieben verwechseln kann. In Japan gibt es aber das Katakana (Silbenzeichen) ヌ (nu), das man leicht mit der deutschen Sieben verwechseln könnte. Also gibt es stattdessen einen kleinen Strich.

Sehr mysteriös, aber ich habe mich angepasst und schreibe das jetzt auch so. Die verflixte Sieben. 🙂

Kennt ihr solche Beispiele, wo an sich universelle Zeichen in einem bestimmten Land anders geschrieben werden?

Blau, blau, blau sind alle meine Ampeln.

IMGP8661Bei manchen Dingen könnte man meinen, sie wären überall so. Ampeln zum Beispiel: Grün, Gelb, Rot. Das ist international so festgelegt, daran ist nichts zu rütteln. Oder etwa doch? In Japan sagt man nämlich nicht “Es ist grün!” (緑です! Midori desu!), sondern “Es ist blau!” (青です! Ao desu!).

青 (Ao; Blau) hat eine sehr viel längere Geschichte als 緑 (Midori; Grün)*. Die Farben im alten Japanisch waren Rot, Weiß, Schwarz und Blau. Die ersten drei Farben sind übrigens nicht untypisch: Wenn eine Sprache zwei Farben kennt, sind es meist Weiß und Schwarz. Kennt sie drei kommt Rot dazu. Danach kommt oft entweder Gelb oder Grün; in Japan war es Blau, 青 (Ao).

* Erst seit Ende des zweiten Weltkriegs wird in Lehrmaterialien für Kinder zwischen Grün und Blau unterschieden. Noch früher waren kalte Grüntöne blau und warme Grüntöne gelb.

Aber was ist eigentlich alles blau, wenn man kein Wort für Grün hat? Blätter sind blau – 青葉 (Aoba; frische Blätter). Grünes Gemüse ist blau – 青野菜 (Aoyasai; grünes Gemüse). Äpfel sind blau – 青りんご (Aoringo; grüner Apfel). Auch heute noch.

Selbst als 緑 (Midori; grün) eingeführt wurde, wurde es erst nur als Abstufung von blau wahrgenommen. Als dann um 1930 die ersten Ampeln aufgestellt wurden, hieß das Grüne Licht 緑色信号 (Midori-iro Shingô; grünfarbenes Signal). War ja schließlich so festgelegt.

Aber irgendwie setzte sich das nicht durch. Die Ampeln waren grün, die Menschen nannten sie blau. 青信号 (Aoshingô; blaues Signal) geht auch viel einfacher über die Lippen. Man hätte natürlich versuchen können es durchzusetzen. Eine Marketingkampagne für das grüne Licht entwerfen, mit Kinderbüchern und Liedern. Anpassen an den internationalen Standard, keine Farbsonderregelungen für Japan!

IMGP7999Japan hat sich letztendlich für den Weg des geringeren Widerstands entschieden: Japanische Ampeln sind blau. Also natürlich sind sie nicht komplett blau, an internationale Regeln hält man sich hier schon, aber sie sind so bläulich wie es unter den Bestimmungen irgend möglich ist.

Vergleicht einmal das Titelbild mit dem Ampelmännchen in Berlin. Das Ampelmännchen in Berlin ist nicht nur stylischer als sein japanisches Gegenstück, sondern auch viel viel grüner.

Sprachen sind schon etwas Schönes. 🙂

Auf Japanisch fluchen.

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Baka – Idiot.

Wegen großer Nachfrage, und weil es sicher hilft meinen Blog als so familienfreundlich darzustellen, wie er ist: Schimpfwörter. Kurz vorweg: Ich habe vier Jahre lang ich einem Kindergarten gearbeitet. Ich arbeite jetzt in einer großen Firma. Ich fluche im Alltag nicht wirklich. Aber ich kann zumindest versuchen ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Also, wie flucht man auf Japanisch?

Das ist natürlich eine Frage, die man ganz einfach googlen kann, es gibt haufenweise Listen. Aber wie exakt die sind und ob nun wirklich so geflucht wird – naja.

Arschloch, Motherfucker und co.

In japanischen Beleidigungen haben Mütter und Arschlöcher wenig zu suchen. 貴様 (Kisama) und 手前 (Temê) sind sehr sehr unhöfliche Arten “Du” zu sagen. Das lässt sich natürlich nicht ins Englische übertragen.

Es gibt in Japan etwa fünfzig Millionen Versionen von “Du”, die alle in ihrem Höflichkeitsgrad unterschiedlich sind. Während man Kisama und Temê eigentlich zu niemandem ungestraft sagen kann, sind andere “Du”s davon abhängig, wer man ist und mit wem man spricht. Ich werde kaum zu jemandem お前 (omae) sagen ohne ihn zu beleidigen, aber wenn mein Schwiegervater mit meinem Mann redet ist es komplett normal – und oft auch wenn ein Mann mit seiner Frau redet. Omae ist bei uns zuhause übrigens verboten. 😉

アホか?! (Aho ka?!), was oft als “What the fuck?” aufgeführt heißt einfach nur “Bist du ein Idiot/bescheuert?!”.

Der Ton macht die Musik

しつけーんだよ (Shitsukên da yo), in einigen Listen als “Leave me the fuck alone” übersetzt, ist letztendlich nur eine unfreundliche Art um “du bist aufdringlich” zu sagen. Die “ei”, “ai”, “oi” und “ui”-Laute eines Wortes werden vor allem von jungen Männern oft mit “ee” ersetzt. Das klingt super unhöflich, aber die Worte selbst sind letztendlich absolut harmlos. しつけー (Shitsukê) ist しつこい (Shitsukoi; aufdringlich)), うっせんだよ (Ussen da yo; als “Shut the fuck up” übersetzt) kommt von うるさい (urusai; laut). Es ist jedem selbst überlassen, wie krass man es übersetzt. Man kann es von “Du bist laut.” bis “Halt deine verfickte Fresse.” als alles übersetzen, weil es eben so unspezifisch ist. So kann man alles ganz einfach unhöflich klingen lassen. イチゴケーキ食べたい!(Ichigo-kêki tabetai!; Ich will Erdbeerkuchen essen!) klingt gleich ganz anders, wenn man イチゴケーキ食べてーんだよ!(Ichigo-kêki tabetên da yo!) sagt. “Shitsukên da yo” und Konsorten sind tatsächlich beleidigend, aber nicht wegen bestimmter Worte sondern wegen des Tons.

Fäkalien

Im Deutschen ist man den Fäkalien zugeneigt, wenn’s ums Fluchen geht. Alles Scheiße. くそくらえ (Kuso Kurae; Friss Scheiße) habe ich noch nie in echt gehört. Dafür höre ich くそ (kuso; scheiße) manchmal, aber meist eher zu sich selbst geflüstert. “あっ、くそ!” (Ah, kuso!; Ach scheiße!)

Aber wie fluchen Japaner (= mein Mann) denn nun wirklich?

Generell höre ich im Alltag viel weniger Schimpfworte als in Deutschland. Mein Mann hat natürlich trotzdem Frustrationen. Was macht er dann? Er wünscht Leuten den Tod. 死ね (shine; stirb) ist auf der Liste, die ich mir für diesen Beitrag angesehen habe, als “Go to hell” aufgeführt. ああいう人、死んだほうがいい (Â iu hito, shinda hô ga ii; Es wäre besser wenn solche Leute sterben würden) oder auch das handliche 死ねばいいのに (Shineba ii no ni; Dabei wäre es gut, wenn er/sie/es sterben würde), oder noch handlicher 死んじまえ (Shinjimae; Stirb), sind die Standardsprüche meines liebevollen Ehemanns. Wenn alle Leute, denen er den Tod wünscht, sterben würden, hätte Japan ein noch weitaus größeres Bevölkerungsschwundproblem als sowieso.

Ansonsten gibt es natürlich noch den やろう (oder 野郎 Yarô; Kerl). Wobei “Kerl” zu nett ist, Yarô ist der Catch-All-Begriff für Arschlöcher, Bastarde und Hurensöhne. くそやろう (Kusoyarô; Scheißkerl), バカやろう (Bakayarô; Idiot-Kerl bzw. Volltrottel) oder auch einfach こんなやろう (konna Yarô; so ein Bastard). Nur die Implikatonen, die man im Deutschen oder Englischen hat, fallen weg.

Aber ganz ehrlich: Wie oft höre ich jemanden fluchen? Unglaublich selten. Ich habe noch nie jemandem im echten Leben 貴様 (Kisama) oder くそ食らえ (Kuso kurae) sagen gehört. Es gibt wirklich nur unglaublich wenige öffentliche lautstarke Auseinandersetzungen*, und es wird einen auch niemand im Alltag mit Schimpfworten bewerfen. Das machen die Japaner alles ganz fein in ihren Köpfen. 😉 Wenn ich im Deutschen einen Satz mit Schimpfworten sprenkeln würde, lasse ich das im Japanischen. Es würde einfach bescheuert klingen. Außerdem: Ohne Schimpfworte zu beleidigen ist eh eine viel höhere Kunst. 😀

* Tagsüber. Vielleicht ist das nachts anders.

Zusammenfassend: Insgesamt hat die japanisch Sprache selbst viel weniger designierte Schimpfworte als die deutsche Sprache. Es werden oft an sich recht harmlose Worte, die man durchaus auch vor kleinen Kindern sagen könnte, einfach unhöflich ausgesprochen. Ansonsten wünscht zumindest mein Mann anderen gern den Tod. Anime und Filme stellen mal wieder nicht die ganze Realität dar. 😉

(Übrigens ist generell ist es ziemlich uncool mit Schimpfworten um sich zu schmeißen, wenn man die Sprache nicht beherrscht. Wirklich.)

Für die Blogleser in Japan: Fallen euch sonst noch Ausdrücke ein, die im Alltag tatsächlich verwendet werden?