Das Wort zum Mittwoch: もったいない精神.

mittwoch

Ich komme in letzter Zeit nicht viel aus dem Haus, weswegen ich die Anzahl der Posts drastisch gesenkt habe. Wo es früher jeden zweiten Tag einen neuen Eintrag gab, veröffentliche ich derzeit nur montags und freitags. Damit sich das wieder etwas ändert, werde ich ab jetzt immer mal mittwochs das „Wort zum Mittwoch“ schreiben. Es geht um – Überraschung – Worte.

Dieses Mal um:

mottainai seishin

 

もったいない (mottainai) ist ein Adjektiv, das am leichtesten als „verschwenderisch“ übersetzt werden kann. Es hat aber auch noch eine andere Konnotation, „mehr als jemand verdient“. Das Wort kommt von 勿体 (Mottai), dem buddhistischen Konzept, dass jede materielle Einheit eine innewohnende Würde hat. Durch Verschwendung wird diese Würde verletzt.

 彼女は私にはもったいない (Kanojo ha watashi ni ha mottainai; Sie ist mehr als ich verdiene)

ごはんを捨てるなんてもったいない (Gohan wo suteru nante mottainai; Was für eine Verschwendung, das Essen wegzuschmeißen)

精神 (Seishin) bedeutet „Herz“, „Seele“, „Geist“ und „Intention“.

Die もったいない精神 (mottainai seishin) ist die Intention, nichts zu verschwenden. Während es einige Dinge gibt, wo es Japanern scheinbar nichts ausmacht, Dinge zu verschwenden (Plastiktüten!!), gibt es genug Dinge, wo die Mottainai Seishin durchscheint. Dachte ich. Und dann fiel mir nichts ein. Und dann fragte ich meinen Mann.

今の日本人は、もったいない精神がない。かつての日本のことだよ。
(Ima no nihonjin ha, mottainai seishin ga nai. Katsute no nihon no koto dayo.)
(Die heutigen Japaner haben keine Mottainai Seishin mehr. Das ist etwas vom damaligen Japan.)

Okay. 🙁

Aber damals, da wurden 着物 (Kimono) für Generationen getragen, und wenn sie nicht mehr schön aussahen, wurden sie in Kissenbezüge und ähnliches verwandelt. Damals machten die Leute noch ihr eigenes お漬物 (O-Tsukemono; Eingelegtes), damit nichts schlecht wurde.

Heute produziert laut Statistik jeder Japaner fast 1kg Müll pro Tag. Damit sind sie immernoch besser als die Deutschen – dort sind es in etwa 1,7kg.

Achtet ihr eigentlich darauf, Müll zu vermeiden?

Das Kanji mit den meisten Lesungen.

Wie ihr vielleicht wisst, haben die meisten Kanji verschiedene Lesungen. Es gibt im großen und ganzen zwei verschiedene Lesungsarten*: On-yomi (音読み), das ist die sinojapanische Lesung, und Kun-yomi (訓読み), die reinjapanische Lesung. Wenn wir die Kanji 山 und 登 nehmen, sieht das so aus:

BergKun-yomiYama
On-yomiSanSen
BesteigenKun-yomiNobo(ru)
On-yomiTo

“Einen Berg besteigen” ist “山を登る” (Yama wo noboru), mit beiden Kanji in der Kun-yomi. “Bergsteigen” hingegen ist 登山 (Tozan**), mit beiden Kanji in der On-yomi.

* Es gibt natürlich noch mehr. Kanji halt.
** In diesem Fall wird さん (san) zu ざん (zan).

Soweit so gut, aber welches Kanji hat eigentlich die meisten verschiedenen Lesungen? Das hier:

生

生 (Leben, etc.) hat zwölf gewöhnliche Lesungen, die Kinder schon in der ersten Klasse lernen. Insgesamt gibt es aber 158! Von den gewöhnlichen Lesungen sind nur zwei sinojapanische On-yomi, der Rest sind reinjapanische Kun-yomi.

LesungsartKanjiLesungÜbersetzung
OnSei人生 (Jinsei) Leben
OnShô誕生日 (Tanjôbi) Geburtstag
Kun生きるi(kiru)leben
Kun生かすi(kasu)etw. ausschöpfen; jmd. wiederbeleben
Kun生けるi(keru)etw. Pflanzen; leben
Kun生まれるu(mareru)geboren werden
Kun生むu(mu)gebären
Kun生うo(u)wachsen
Kun生えるha(eru)wachsen
Kun生やすha(yasu)etw. wachsen lassen
Kunkipur, roh
Kunnamafrisch, roh, natürlich

Aber zurück zu den 158 Lesungen. 生 kann man als fast jede einzelne japanische Silbe lesen, dazu kommen dann noch Silbenverbindungen.

Vielleicht kennen hier einige Leser Yayoi Kusama. Das “yoi” in ihrem Vornamen wird 生 geschrieben: 草間 弥. In 憎 (ainiku), “leider”, wird es “ai” gelesen. Eine vollständige, japanische, Liste findet ihr hier. Dazu muss man sagen, dass es für viele der enthaltenen Worte auch Lesungen mit den 生-Standardlesungen gibt. Eben weil sich keiner 158 Lesungen für ein einzelnes Kanji merken kann. 😉

In unserem Nachnamen ist das Kanji auch – auch nicht in einer der typischen Lesungen. Weil es eben so viele andere Lesungen gibt, weiß eigentlich niemand auf Anhieb, wie wir heißen. Zum Glück gibt es Furigana, die anzeigen, wie ein Kanji gelesen wird. 😀

ふりがな

So sehen Furigana aus.

Übrigens hat im kompletten Gegensatz zum Kanji für “leben” das für “sterben” nur eine Lesung: Ob On- oder Kun-yomi, es ist 死 (Shi).

Habt ihr eigentlich ein Lieblingskanji oder gleich eine Lieblingslesung? 🙂

Gleicher Name – andere Kanji.

name kanji

In Deutschland haben wir Maier, Meyer, Meier und Schulz, Schultz und Bäcker, Becker. In Japan ist die Schreibweise der meisten Worte sofort klar*, zumindest wenn es um die Silbenschriften (Hiragana und Katakana) geht. Dummerweise haben wir aber auch Kanji.

* Das bekannteste Gegenbeispiel ist wahrscheinlich 雰囲気 (ふんいき fun’iki; Atmosphäre), was ふいんき (fuinki) gesprochen wird.

Es gibt für viele Namen eine oft verwendete Schreibweise: Suzuki ist 鈴木 (Glockenbaum), Nakamura ist 中村 (Mitteldorf), Ôtani ist 大谷 (Großtal). Wenn jemand diese Namen hört, wird er zuerst davon ausgehen, dass sie in der üblichen Schreibweise geschrieben werden. Allerdings gibt gleich zwei Gründe, warum das eventuell nicht hinhaut:

Alte Kanji

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde eine Liste mit “Kanji für den allgemeinen Gebrauch” (当用漢字 Tôyo-Kanji) erstellt. In diesem Zuge wurden einige Kanji vereinfacht – allerdings nicht immer auch in Namen.

In einer anderen Abteilung arbeitet eine Frau Okuni (Kleinland). Nach jetziger Schreibweise wäre das 小国 – sie schreibt sich aber 小國, mit dem alten Kanji.

Mit mir direkt zusammen arbeitet Herr Watanabe. Watanabe wird allgemein 渡辺 geschrieben, er schreibt sich aber 渡邉. Dummerweise gibt es für das kompliziertere Kanji keine billigen Namensstempel (シャチハタ shachihata) überall zu kaufen – er benutzt einfach einen mit 渡辺. Das ist als würde Herr Meier mit Mayer unterschreiben. 😉

Übrigens wurden zwar auch in China die Schriftzeichen vereinfacht, aber oft anders oder andere Schriftzeichen. Während in China aus wurde, wird es in Japan 経 geschrieben.

Homophone

Die meisten Kanji haben verschiedene Lesungen, und für viele Lesungen gibt es die verschiedensten Kanji. Wenn der Name in diesem Fall von der “Norm” abweicht, ändern sich nicht nur die Kanji selbst, sondern auch die Bedeutung des Namens.

“Hasegawa” ist für gewöhnlich 長谷川 (Lang-Tal-Fluss) – und selten 沙魚川 (Sand-Fisch-Fluss).

荒川 und 新川 werden beide “Arakawa” gelesen, aber ersteres ist “rauher Fluss” und letzteres “neuer Fluss”.

Wir haben auch so einen Namen, aber unserer taucht für gewöhnlich nicht einmal in der Kanji-Liste auf, wenn man ihn eintippt.

Apropos “eintippen”: Wenn man mit verschiedenen Leute mit demselben Nachnamen aber verschiedenen Schreibweisen zu tun hat, muss man immer etwas aufpassen. Der Computer merkt sich, was man öfter oder zuletzt verwendet hat, und wandelt zuerst dahin um. Kann halt keine Gedanken lesen. 😉

Japanische Zahlen sind gemein.

2

Auf Japanisch zu zählen ist eigentlich super einfach. Anders als im Deutschen gibt es keine einzelnen Wörter für Zehnereinheiten und die Zahlen werden auch nicht falschherum benannt. Es jemanden beizubringen ist also auch recht schmerzlos. Probieren wir es einmal 😀

zahlen

Zahlen von zehn bis 99 bildet man wie in den folgenden Beispielen: 14 = 10+4 (Juu-yon), 25 = 2×10+5 (Ni-juu-go), 67 = 6×10+7 (Roku-juu-nana). Wenn man das einmal drin hat ist es wirklich einfach. 🙂

Der Zähler für Hunderter ist 百 (hyaku), der für Tausender 千 (sen), und das System gleich: 2743 = 2×1000+7×100+4×10+3 (ni-sen-nana-hyaku-yon-juu-san), 9826 = 9×1000+8×100+2×10+6 (Kyuu-sen-happyaku*-ni-juu-roku)

* 100, 300, 600 und 800 lassen sich in der “logischen” (aber falschen) Lesung schlecht aussprechen und werden deswegen respektive ippyaku, sanbyaku, roppyaku und happyaku gesprochen.

Und dann wird es kompliziert. Während im Deutschen nämlich bis 100,000 derselbe Zähler (Tausend) verwendet wird, sind im Japanischen 10,000 1万 (ichi-man). Demzufolge sind 32,325 = 3×10000+2×1000+3×100+2×10+5 (san-man-ni-sen-sanbyaku-ni-juu-go). “Man” wird für bis zu siebenstellige Beträge (eintausend x zehntausend, sen-man) verwendet, also bis 99,999,999 (kyuu-sen-kyuu-hyaku-kyuu-juu-kyuu-man-kyuu-sen-kyuu-hyaku-kyuu-juu-kyuu). Ab 100,000,000 ist dann 億 (oku) der neue Zähler, ab einer Trillion 兆 (chô).

Mein Kopf kann nicht so richtig mit Man, vor allem, wenn es in die höheren Beträge geht. Ich muss dann oft Nullerstellen nachzählen um zu begreifen, ob eine Zahl nun noch in den Tausendern oder schon über eine Millon ist, auch weil wir auf Arbeit oft zeitgleich mit den japanischen und englischen Begriffen hantieren.

Was ich ganz am Anfang beim Einkaufen auch nie so ganz gerafft habe waren übrigens solche Schilder:

wari

Alle Produkte im Laden 7-Dings reduziert?! Sieben Prozent Rabatt sind aber nicht so dicke…

Tatsächlich ist das Dings, 割 (wari), 10%. In dem Laden ist also also um 70% heruntergesetzt. 🙂 Wenn es um 10%-Schritte geht, nimmt man das Wörtchen gern. Ansonsten verwendet man in Japan auch Percentage (パーセンテージ Pâsentêji), gern zu パー (pâ) abgekürzt.

Andere praktische Worte fürs Sale-Shoppen:

半額 (hangaku) – halber Preis
割引 (waribiki) – Rabatt
100円引き (Hyaku-en-biki) – 100-Yen-Rabatt
税込 (zeikomi) – inklusive MwSt.
税抜 (zeinuki) – ohne MwSt. (die MwSt. ist derzeit 8%)

Aber immerhin zählen wir hier nicht wie die Franzosen… 😉