Nagano, Teil 1: Bahnfahrt, Affen und Onsen.

Nagano: Reisfelder und Berge, Berge und Reisfelder.

Nagano: Reisfelder und Berge, Berge und Reisfelder.

Wie angekündigt fuhren wir letzten Mittwoch, zur Sommerreisezeit, in den Urlaub. Also, nach deutschem Verständnis vielleicht eher eine Kurzreise, schließlich waren wir nur für drei Tage weg.

Aus Gründen waren wir die letzten Jahre immer entweder mit dem Auto oder dem Flugzeug unterwegs. Tatsächlich hatte ich, bis auf eine Ausnahme, fast vier Jahre lang keinen Shinkansen mehr betreten. Seit diesem Jahr fährt ein neuer Shinkansen bis nach Kanazawa, und weil wir zu viel Geld zu spät gebucht haben, fuhren wir sogar im Green Car, einem ein wenig luxuriöseren Abteil.

Die Fahrt war wunderbar unanstrengend, weniger als zwei Stunden dauerte es bis nach Nagano (長野)*. Bei unserer Ankunft stellten wir fest, was wir eigentlich schon wussten: Nagano ist ziemliche Pampa. Zwar hat man den neuen Shinkansen als Anlass genommen den Bahnhof auszubauen, aber ringsherum ist nichts. Für unseren ersten großen Programmpunkt fuhren wir noch eine weitere Stunde mit dem Auto in den noch ländlicheren Teil der Präfektur: Affen gucken. 😀

* Sowohl die Präfektur als auch die Hauptstadt der Präfektur heißen Nagano.

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Der Jigokudani Wildaffenpark (地獄谷野猿公苑) ist vor allem dafür bekannt, dass im Winter Affen in den heißen Quellen baden. Nachdem man durch die Landschaft gegurkt und eine gefährlich enge und sich windende Straße erklommen hat, stellt man fest, dass man vom Parkplatz aus laufen muss. Zwanzig Minuten. Die Hälfe davon bergauf. Aber wir sind ja jung und stark, außerdem warten am Ende der Tortur wilde Tiere.

Japanmakkaken (ニホンザル) sind in der Gegend tatsächlich heimisch. Weil es im Winter recht kalt wird, Nagano war 1998 Austragungsort der olympischen Winterspiele, sind die ausgewachsenen Tiere im Vergleich zu z.B. Totenkopfäffchen sehr groß und stämmig. Auch fehlen ihnen die langen Schwänze für die Balance, das würde im Winter wahrscheinlich zu viel Energie stehlen.

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Die Affen sehen natürlich unglaublich flauschig aus, trotzdem darf man nie vergessen, dass sie wild sind. Sie übernachten in den Wäldern, und die Pfleger sind hauptsächlich dafür da Affenexkrement wegzuräumen.

Direkt am Eingang gibt es deswegen ein Schild mit einfachen Regeln: Den Affen nicht in die Augen schauen, nicht versuchen den Affen gut zuzureden**, nicht anfassen und vor allem kein Futter geben oder in ihrer Gegenwart essen.

** Sehr schön erklärt mit “Affen verstehen keine Menschensprache und sehen es als Provokation.”

Ein recht bekanntes Bild zeigt einen Affen mit iPhone. Ein Besucher nervte einen Affen mit dem Fotografieren, dieser nahm das iPhone an sich und ertränkte es. Also: Nicht zu nah ran gehen und nicht zu aufdringlich sein. Ein Teleobjektiv lohnt sich. 🙂 Ich mag Affen sehr gern als Motiv, weil ihre Emotionen für Menschen sehr offensichtlich lesbar sind. Außerdem sehen sie alle ein wenig aus wie alte Männer. 😉

Im Sommer gehen die Affen übrigens nicht gern ins heiße Wasser. Zum Glück gibt es direkt neben den heißen Quellen auch noch einen kühlen Fluss, an dem sie die Zeit verbringen.

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Auf unserem Rückweg nach Nagano lag die heiße Quelle Shibu-Onsen (渋温泉). Der Ort ist tatsächlich sehr 渋い (shibui**). Die kleinen öffentlichen Bäder und traditionellen Gasthäuser erinnern irgendwie an den Ghibli Anime Chihiros Reise ins Zauberland. 🙂 Sehr liebenswert auf jeden Fall.

Von den öffentlichen Badehäusern gibt es übrigens neun; wenn man in allen neun badet, bringt es wohl Glück. Wenn man aber weder dort wohnt noch im Ort übernachtet, kann man nur in dreien Baden. Ob man dann wenigstens ein Drittel Glück bekommt, weiß ich aber auch nicht. Wenn man sowieso in der Nähe ist, sollte man Shibu-onsen auf jeden Fall besuchen, es lohnt sich allein für die Atmosphäre. 🙂

** Der Wikipedia-Artikel nimmt das natürlich viel ernster als der Volksmund. “Shibui” ist simpel, etwas älter, irgendwie nostalgisch und wirkt so, als wäre die Zeit stehengeblieben. Ein altes Café ist vielleicht shibui, ein alter Thronsaal eher nicht. Nicht zu verwechseln mit しょぼい (shoboi; heruntergekommen oder schäbig).

Für uns ging es wieder zurück nach Nagano um mit dem Expresszug nach Matsumoto (松本) zu tuckern. Darüber dann mehr in zwei Tagen!

Hokuriku Tag 4: Fukui.

An unserem letzten Tag in Hokuriku fing es schon am Vormittag an zu schütten, weswegen wir mit dem Auto von Noto aus in die Präfektur Fukui (福井県) fuhren. Dort gibt es nicht besonders viel, vor allem nicht für Regentage, aber weder mein Mann und ich waren vorher in Fukui gewesen, und wollten die Präfektur einfach abhaken.

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Wir haben uns ins Dinosauriermuseum Fukui (福井県立恐竜博物館) begeben, dem wohl drittgrößten Dinosauriermuseum der Welt. Das war soweit recht spannend, ich wusste zum Beispiel nicht, dass in Japan Dinosaurierknochen gefunden wurden (bei genauerer Überlegung stellt sich natürlich die Frage “Warum eigentlich nicht?”), und Dinosaurier sind generell immer spannend. Es gibt im Museum wirklich viel zu sehen und zu bestaunen, an einem regnerischen Sonntag ist es aber recht voll. Was mich am Museum wirklich gestört hat war die Akkustik. Die Decke überträgt Stimmen dermaßen gut, dass man sich ständig in einem Stimmengewirr wiederfindet, und ich mag viele Geräusche auf einmal nicht.

Im Museum finden sich nicht nur Dinosaurier sondern auch andere urzeitliche Tiere.

Der Eintritt war mit 500Yen (ca. 5€) nicht allzu teuer, wenn man Zeit oder Kinder im richtigen Alter hat, kann man es sich auf jeden Fall anschauen.

Weil wir bis zu unserem Flug* noch ewig viel Zeit hatten fuhren wir zu einem Onsen, hinterher war der Uhrzeiger leider noch immer nicht signifikant vorgerückt. Nach dem Essen noch immer nicht. Wir dachten uns also “Dann fahren wir doch schon zum Flughafen, kaufen was zu lesen und setzen uns in die ANA-Lounge.” Super Idee. ANA-Lounge befand sich im Urlaub und der Flughafen Komatsu ist so klein und fitzelig, dass es genau einen Zeitschriftenladen gibt, der nur uninteressante Zeitschriften im Angebot hatte. Kann halt nicht über Tokyo Haneda / Narita sein. Wir quälten uns durch die Stunden, sahen uns Prospekte für Reisen ins Tokyo Disney Land an und stiegen irgendwann in unser natürlich verspätetes Flugzeug.

So ist das eben manchmal im Urlaub. Drei tolle Tage, dann einer ein wenig “Naja”. Urlaub Ende!

* Mein Mann hatte beim Buchen einfach nach dem letzten Flug von Komatsu nach Tokyo gefragt. So rächt sich das dann.

Hokuriku Tag 3: Noto.

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Am dritten Tag unsererReise ging es in den oberen Zipfel der Präfektur Ishikawa, nach Noto (能登). Dort befindet sich der einzige Strand Japans, der gleichzeitig auch eine reguläre Straße ist. Der Sand dort ist so beschaffen, dass Autos nicht absinken. Das ganze nennt sich Chirihama Nagisa Drive Way (千里浜なぎさドライブウェイ), und drauf zu fahren macht wirklich Spaß. Falls man also mal mit dem Auto in der Gegend unterwegs sein sollte… 😉

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Weiter ging es zum Ganmon (巌門), auf dem Foto nur von oben zu sehen. Im Felsen rechts im Bild hat das Meer über die Jahre ein großes Loch gefressen. Wenn man der Straße etwas weiter nach unten folgt erreicht man ein Tourismuzentrum, von dem aus man das Wasser per Treppe erreichen kann. Außerdem gibt e die Möglichkeit auf einem Boot in der Gegend herumzuschippern, aber da waren uns zu viele Reisegruppen unterwegs. Bei schlechtem Wetter ist der Weg nach unten geschlossen, auf dass man nicht von den Wellen weggespült wird.

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Im Örtchen Monzenmachi (門前町), steht der Tempel Sōjijiso-in (總持寺祖院). 2007 wurden große Teile des Gebäudes in einem großen Erdbeben zerstört, ist aber dennoch sehr hübsch. Die Besichtigungsgebühr beträgt 400Yen (4€), wenn man sich telefonisch anmeldet, kann man auch eine Stunde lang Zazen (坐禅) erleben. Heißt, im Schneidersitz sitzen, meditieren, und bloß an nichts denken. Nach Auskunft meines Mannes wird man geschlagen, wenn man doch an etwas denkt – ob das stimmt und ob Touristen das auch abbekommen, weiß ich natürlich nicht 😉 Im ganzen Tempel waren recht viele Mönche unterwegs. Von buddhistischen Mönchen weiß ich nicht allzu viel, aber ich habe gelernt, dass sie heiraten dürfen und viel Geld haben. Irgendwie geht das gegen meine Vorstellung des Mönchtums (was wahrscheinlich auch zeigt, wie viel ich bisher mit Mönchen zu tun hatte).

Wenn man etwas weiter in den Ort fährt findet man übrigens recht schnell einen kostenlosen Touristenparkplatz, von dem aus man bequem zum Tempel laufen kann.

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Das Hotel Kagaya

Unser Hotel für die Nacht war ein traditioneller Ryokan in Wakura (和倉) mit Abendessen und Frühstück auf dem Zimmer und Onsen im Erdgeschoss. Nach kurzem Ausruhen sahen wir uns im Ort um und waren im Kagaya (加賀屋), einem berühmten Hotel in der Gegend. Mein Mann wollte es einfach mal sehen, ich fühle mich immer ein wenig fehl am Platze in einem Hotel, in dem ich nicht übernachte.

Im Kagaya sieht es aus wie in einem Freizeitpark, mit Geschäften, Bars, Restaurants und einem eigenen Theater. Ganz spannend mal zu sehen, eine Nacht würde ich da sicher gern mal übernachten (wie auch im Disney Resort Hotel), aber nicht für den gesamten Urlaub. Zu viele Leute.

Wir haben übrigens im Ryotei Hamanasu (旅亭はまなす) genächtigt, und vor allem über das Essen kann ich nichts Schlechtes sagen. Es war nur ziemlich viel und ich habe zum Schluss einige Dinge an meinen Mann herübergeschoben. Am Morgen gab es Nattō, fermentierte Sojabohnen. Ich mag Nattō nicht.

Ich: Was ist das? Ist das Nattō?

Er: Nein nein, das sind nur Bohnen.

(Ich rühre sie nicht an.)

Er: Willst du deine Bohnen nicht essen?

(Ich esse erstmal was anderes.)

Er: Warum isst du deine Bohnen nicht?

Ich: … Es ist Nattō, oder?

Er: Ja… Aber du musst es wenigstens probieren!

Also probierte ich und fand es noch immer schrecklich. Nattō wird nie mein Freund.

Soweit zum dritten Tag, der vierte folgt demnächst. Mit viel Regen.

Hokuriku Tag 2: Kanazawa.

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Am frühen Morgen des zweiten Tages unserer Reise machten wir uns auf zum Kenrokuen (兼六園). Der Kenrokuen gilt als einer der drei wichtigen Gärten in Japan und wurde in der Mitte des 17. Jahrhunderts auf Geheiß des Kaga-Clans angelegt. Er ist wirklich sehr groß, so dass man, wenn man gemütlich läuft, gut und gerne über eine Stunde dort verbringen kann. Wie die meisten Gärten in Japan ist er absolut gepflegt und nichts stört beim Genießen. Wenn man es früh aus den Federn schafft, kann man von fünf bis sieben Uhr 45* kostenlos hineinkommen, wenn auch nur über zwei Eingänge (蓮池門口 (Hasuike-Mon Eingang) und 随身坂口 (Zuishinsaka Eingang)). Ansonsten kostet der Eintritt 300Yen (3€).

* Die Zeiten gelten für März, September und Oktober. Von April bis Ende August kommt man ab vier Uhr, von November bis Ende Februar ab sechs Uhr hinein.

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Nach einem kurzen Frühstück ging es weiter zur Burg Kanazawa (金沢城). Dort wird derzeit ein Teil des alten Schlosses wiederaufgebaut und andere Teile werden renoviert, weswegen wir Teile der Anlage nicht sehen konnten. Die ist natürlich trotzdem sehr beeindruckend, zumal die meisten Bereiche kostenlos einsehbar sind.

Leider fielen zwischendurch Unmengen von Schülern auf Klassenfahrt ein, um Gruppenfotos zu machen, weswegen wir keine Fotos vom selben Punkt aus machen konnten.

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Samurai-Rüstung im Nomura-Haus

Unser nächster Programmpunkt war Nagamachi (長町), ein Bereich der Stadt, in dem viele alte Häuser und Gassen noch erhalten sind. Dort steht auch das Nomura-Haus (野村家), ein altes Samurai-Haus, das man sich für 500Yen (5€) ansehen kann. Im Inneren sind handbemalte Türen und goldene Verzierungen noch erhalten, am schönsten ist aber der Garten, der zum Ausruhen einlädt.

Wenn einem das noch nicht reicht, kann man im zweiten Stock gegen ein Entgeld Matcha trinken, oder in einem anderen Teil des Hauses altes japanisches Geld und Waffen bestaunen.

Die ganze Gegend lädt zum spazieren ein und wartet auch mit einigen hübschen Läden auf, es lohnt sich also definitiv, um ein bisschen altes Japan zu spüren.

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Nach einem etwas weiteren Fußweg kamen wir am Oyama-Schrein (尾山神社) an. Dessen Schreintor (auf dem Foto) ist nicht nur dafür bekannt, japanische, chinesische und westliche Elemente aufzugreifen, sondern hat auch den ältesten Blitzableiter Japans auf seinem Dach stecken. Als wir den Schrein besuchten, warne gerade einige Grundschüler dort, die für den Kunstunterricht Bilder des Schreins malen mussten, weswegen wir uns an einen kleinen Teich auf dem Gelände zurückzogen um uns ein wenig auszuruhen.

Wir kauften auch mal wieder Omikuji, und ich hatte mal wieder besseres Glück als mein Mann. Es geht hier nicht um Glück, das ist ein Wettkampf 😉

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Meine geschundenen Füße (mit mir dran) wurden weiter gescheucht zur Higashi-Chaya-Gai (東茶屋街; Östliche Teeladenstraße), die um einiges größer ist als die Nishi-Chaya-Gai (西茶屋街; Westliche Teeladenstraße) vom Vortag. Die Läden im Osten lassen tatsächlich auch Normalsterbliche hinein, und so gönnten wir uns Matcha und japanische Süßigkeiten.

Für die richtig “authentischen” Läden mit Geishas und japanischer Musik waren wir natürlich viel zu früh dran, aber das hindert einen ja nicht daran, die Atmosphäre einzusaugen! Geishas haben wir übrigens in unserer ganzen Zeit in Kanazawa nicht gesehen, aber selbst wenn, sollte man sie während der Arbeit eh nicht fotografieren.

Higashi-Chaya-Gai ist natürlich eine absolute Touristengegend, und wahrscheinlich am Wochenende und Abends (wir waren an einem Freitag Nachmittag dort) gefüllter. Wir sahen zumindest einige Leute mit dem gleichen Reiseführer wie wir durch die Gegend irren 😉

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Nach dem Abendessen und einem kleinen Shoppingtrip um mein Energielevel wieder auf verträgliche Werte zu bekommen nahmen wir ein Taxi zur dritten Teeladenstraße, der Kazue-Machi-Chaya-Gai (主計町茶屋街). Diese liegt in der Nähe der Higashi-Chaya-Gai, ist aber so klein wie die Nishi-Chaya-Gai und genauso exklusiv. Es ertönt Musik aus den Läden, aber die Straße selbst ist kaum beleuchtet und in die Läden kommt man auch nicht hinein.

Eigentlich waren wir nur dort, um alle drei Teeladenstraßen gesehen zu haben, und während es schon eine nette Atmosphäre hat, ist es auch ein wenig… langweilig.

Nach dieser letzten kleinen Entäuschung ging es ins Hotel zum Schlafen. Wir mussten am nächsten Tag nämlich mal wieder früh austehen. Das ist unser Urlaub 😉