Heute vor zehn Jahren kam ich das erste Mal nach Japan. Seitdem hat sich natürlich einiges geändert, ich wollte euch trotzdem an meinen Gedanken von damals teilhaben lassen. 😉 Wir erinnern uns, ich war 18 und hatte Jetlag. Und beim Schreiben sah ich das erste Mal original japanisches Fernsehen…
Kategorie: Damals: Working Holiday
Reinigen lassen.
Wir sind bekanntermaßen Großverdiener*, weswegen wir gestern Morgen eine unserer Klimaanlagen haben reinigen lassen. In Wirklichkeit hat das weniger mit übermäßig viel Geld zu tun, sondern damit, dass man Klimaanlagen nur ganz schlecht alleine säubern kann. Den Filter kann man reinigen, und sollte das auch tun, denn sonst ist es plötzlich im Winter bitter kalt.
* In Wirklichkeit sind wir absoluter Durchschnitt.
Das Aussterben (m)einer Jugendkultur.
Da auch weiterhin nichts Spannendes geschieht, schreibe ich heute wieder etwas aus meinem Alltag. 🙂
Ich gehe jeden Morgen um etwa dieselbe Zeit zur Arbeit. An manchen Tagen begegnet mir dann eine Gothic Lolita. Sie wohnt näher am Fluss als wir, sonst würde sie nicht diesen Weg zum Bahnhof wählen, aber sonst weiß ich nichts von ihr. Nur, dass sie noch immer Gothic Lolita trägt.
Warum “noch immer”? Weil diese Jugendmode sich, zumindest in Japan, im Aussterben befindet. Dieses Jahr wurde das Magazin “Gothic & Lolita Bible” eingestellt, und auf der Straße sehe ich immer weniger Mädchen oder Frauen, die diese Mode tragen. Natürlich, es gibt sie noch, aber ich habe das Gefühl, dass wenige junge neue Leute hinzukommen, die den Rüschen und der Spitze fröhnen. Die Gothic Lolita aus meinem Viertel ist auch nicht mehr ganz so jung, sie geht wahrscheinlich so zur Arbeit.
Als ich 2008 das erste Mal nach Japan kam, sah ich immer wieder Lolitas auf der Straße, und neben den Läden in Harajuku (原宿) gab es auch in Shinjuku (新宿) ein Marui-Kaufhaus nur für die Mode. Irgendwann zog es um, weiter weg von der Bahnstation, und die Anzahl der Läden darin verringerte sich. Die Lolita in meiner Nachbarschaft ist oft wochen- und monatelang die einzige, die ich sehe.
Ich finde das natürlich schade. Die Mode, die auch für mich lange Zeit recht wichtig war, über die ich wirklich gute Freundinnen kennengelernt habe, versinkt in den Annalen der Geschichte. Nicht, dass ich dem etwas entgegensetzen würde – ich trage die Kleidung seit Jahren nicht mehr.
Letztendlich hat sicher jeder einmal das Verschwinden von etwas erlebt, das ihm früher wichtig war. Jugendkultur ist nun einmal für die Jugend, und während es natürlich jedem freisteht, der Jugendkultur auch im Erwachsenenleben zu fröhnen, sucht die neue Jugend nach neuen Dingen. Das ist er dann, der Kreis des Lebens, oder halt der Jugendmode.
Dennoch freue ich mich jedes Mal, wenn ich diese Frau morgens sehe. Die zieht das durch. 🙂
Warum eigentlich Japan?
Relativ oft werde ich von Japanern ungläubig gefragt, warum ich mir denn ausgerechnet Japan als Wohnort ausgesucht habe. Das wäre wahrscheinlich bei einem Japaner in Deutschland recht ähnlich: “Warum bist du in Deutschland? Es gibt doch viel schönere Länder?”
Ich bin weder in den falschen Flieger gestiegen, noch hat mein Mann mich aus Berlin gekidnappt und verschleppt. Indianerehrenwort! 😉
Angefangen hat alles wahrscheinlich mit Pokémon und Digimon. Heute weiß ich natürlich nicht mehr, ob ich damals realisierte das beides aus Japan kommt. Die Namen der meisten Charaktere wurden für die deutsche Version geändert, und “Ash Ketchum” ist nun wirklich kein typisch japanischer Name. 😉
Irgendwann zwischen dem letzten Jahr in der Grund- und dem ersten Jahr in der Oberschule begann ich, Manga zu lesen. Am ehesten erinnere ich mich an X/1999, Nana, Ayashi no Ceres und Chobits. Tatsächlich las ich aber noch viel mehr. Fast zeitgleich eröffnete das Neo Tokyo, ein Laden für Manga, Anime und japanische Musik, in Berlin. Für mich war der erste Besuch dort absolut umwerfend und faszinierend!
In diesem Laden versammelten sich damals viele Mädchen wie ich, obwohl ich sicher eine der jüngeren war. Und eine der sorgloseren. Viele hatten Probleme mit ihrem Elternhaus, einige wohnten in betreuten WGs. Allen gemein war die Liebe für Visual Kei, vor allem Dir en Grey. Rückblickend muss ich sagen, dass ich nicht mehr verstehe, was ich an der Musik so toll fand – die Texte verstand ich schon mal nicht. 😉 Aber ich hatte Freunde gefunden, die dieselben Interessen hatten wie ich. Success!
Von da an war mir Japan unglaublich wichtig. Ich begann an der Volkshochschule Japanisch zu lernen, und in dieser Zeit lernte ich über das Internet einen in Berlin geborenen Japaner kennen, mit dem ich über die nächsten vier Jahre stark freundschaftlich verbunden war. Ebenjener japanischer Kumpel brachte mich dem echten Japan, abseits von Anime und Manga, natürlich um einiges näher. Sowohl すき焼き (Sukiyaki) als auch japanisches Curry aß ich zum ersten Mal mit ihm zusammen, und sie sind noch immer meine Lieblingsgerichte.
An die genauen Umstände erinnere ich mich leider nicht mehr, aber ich begann schließlich japanische Gothic Lolita-Mode zu tragen. Ein Glück, dass die Fotos davon alle verschwunden sind. 😀 Es gibt Leute, die das tragen können und super gut aussehen – ich gehöre nicht dazu. Über Animexx fand ich andere junge Frauen in Berlin, die dieselbe Mode trugen, und mit einigen stehe ich noch immer in Kontakt. Zu Konzerten ging ich auch, z.B. zu Miyavi in Bonn, wo meine Freundin Melissa (die jetzt einen YouTube-Kanal und Fans hat – super eigenartig!) ohnmächtig umfiel.
Tatsächlich wurde ich sogar einmal in der Schule im Unterricht von meiner Lehrerin gefragt, ob ich über nichts anderes als Japan reden könne. Ja, ich war diese Person. Es gibt sicher schlimmere Japanfans als ich es damals war, aber so ganz harmlos war ich auch nicht.
Nach der Schule wollte ich unbedingt Working Holiday in Japan machen. 🙂 Also habe ich gejobbt, und bekam den Flug zum 18. Geburtstag geschenkt. Ende Juli 2008 landete ich in Tokyo.
Heute bin ich natürlich nicht mehr so sehr nach Japan verrückt, wie damals. Zwar wusste ich schon vor meinem Working Holiday, dass auch Japan nur ein ganz normales Land ist, aber fasziniert war ich natürlich trotzdem. Es gibt auch heute noch Situationen, in denen ich merke, wie anders – und ja, manchmal auch besser – Japan ist. Nur ist anders jetzt normal.
Trotzdem erinnere ich mich nicht nur mit einem peinlich berührten Gefühl an meine Zeit als Japan-Fan. Die Freundschaften, die darüber entstanden sind, sind großartig. Meine Ehe auch, und die verdanke ich ja wohl auch ein wenig meinem komischen Teenager-Ich, oder? 😉
Liebe japanbegeisterte Leser: Warum? 😀