Lady Luck.

Der Mann und ich sind schon seit längerer Zeit volljährig, und dürfen damit vollkommen legal unser Geld für Glücksspiel aus dem Fenster werfen. Hatten wir aber beide noch nie gemacht, und als wir vor zwei Wochen viel Zeit totzuschlagen hatten, sahen wir einen Lotto-Bingo-Los-Laden und entschlossen uns, das Glück herauszufordern.

Aus dem gesamten Angebot entschieden wir uns für zehn 幸運の女神 (Kouun no Megami)-Lose zu je 200 Yen. Da gibt es im Bestfall 30 Millionen Yen (ca. 300,000€) zu gewinnen, Geld, dass wir gern hätten, aber wer nicht?

Jedes Los hat eine Gruppe und eine Ziffer, um wirklich zu gewinnen muss man also die richtige Losnummer in der richtigen Nummer haben. Die Lose werden entweder durcheinander oder alle aus derselben Gruppe verkauft, das kann man sich aussuchen. Wir haben willkürlich ein total zusammengewürfeltes Paket ausgesucht, in der Hoffnung, dass das irgendetwas bringen würde.

Letzten Donnerstag war die Bekanntgabe der Gewinnnummern, und wie erwartet sind wir nicht reich geworden. Schade ist’s, aber es ist halt Glücksspiel.

Ganz witzig war’s trotzdem.

Montag Morgen.

Kurz für fünf, der Handywecker summt. Der Göttergatte schleicht sich aus dem Zimmer, und macht sich fertig für die Arbeit. Seit die Sonne später aufgeht habe ich morgens nicht die Energie mit ihm aufzustehen. Also ziehe ich um in sein Bett, dort ist’s generell viel besser, ziehe die Vorhänge auf und schlafe weiter bis um sechs.

In dieser Stunde habe ich die eigenartigsten Träume, und eigentlich sollte ich dieses erneute Schlafen einfach sein lassen. Danach bin ich nicht erholter, aber dafür ist es draußen schon heller. Der Sonnenaufgang meldet sich auch immer später und morgens ist’s kalt. 15°C, na vielen Dank.

Trotzdem, die warme Decke beseite schieben, aufstehen, durchs Internet huschen. Es könnte ja irgendjemand irgendetwas geschrieben haben. Schnell überlegen, was ich die Woche auf Arbeit mit den Kindern machen will. Das Thema ist noch immer “Sport”, und ich überlege, ob ich nicht einfach ein allgemeines Herbstthema hineinmische.

Um 6.45 fange ich dann an zu lernen. Im Moment noch immer Kanji, die mir sonst beim JLPT das Genick brechen werden. Eine Kollegin gab mir auch den unnötigsten Tipp aller Zeiten.

Ein Freund von mir macht das schlau, der lernt jeden Tag ein Kanji.

Offensichtlich ist es besser, kontinuierlich zu lernen, als wie ich, drei Wochen vorm großen Test jeden Tag zwei Seiten mit Kanji abzuarbeiten, aber mit der “Ein Kanji pro Tag”-Methode braucht man über fünf Jahre für die 2000 verlangten Kanji. Warte ich mal noch ein bisschen…

Auf jeden Fall schreibe ich zwei Seiten aus dem Lehrbuch (falls es jemanden interessiert: 「日本語能力試験」対策 日本語総まとめN1 漢字) ab, und hoffe, dass die Lesungen irgendwo tief in meinem Kopf so gespeichert werden, dass ich beim eigentlichen Test zumindest “so ein Gefühl” habe, in welche Richtung es gehen könnte. Leider muss man in diesem Mal 70% richtig haben, um zu bestehen, das ist ein wenig mehr als Raten, da brauche ich auch Glück. Woher bekomme ich auf die Schnelle ein vierblättriges Kleeblatt, und darf ich das mit den in den Prüfungsraum nehmen?

Nach etwas über einer Stunde bin ich mit dem Lernen fertig, und mein Kopf brummt. Hätte ich mich doch bloß ans Lernen gewöhnt, als ich noch jung und frisch war!, würde er gern schreien, doch er hat keine Kraft mehr. Ich mache derweil den Haushalt, das geht auch auf Auto-Pilot, und dann muss ich auch schon raus. Raus, in die Kälte, raus, wo die kleinen Biester lauern, hoffen, dass die ganz anstrengenden Biester heute bei Mama zuhause bleiben.

Warum Japan?

Eine finnische Bekannte, die nächstes Jahr wahrscheinlich heiraten und nach Japan ziehen wird, bekam letztens von einer Fremden im Internet folgendes an den Kopf geworfen:

Es ist interessant, dass es immer die Frau ist, die umzieht um mit dem Mann zu sein, nie anders herum. Und die Frau sagt immer, dass es das ist, was sie machen will, weil sie versteht, dass sie die Rolle der sich opfernden Frau einzunehmen hat.

Also abgesehen davon, dass es genug Männer gibt, die ins Land der Frau ziehen, unsere Gründe, warum wir in Japan leben:

  1. Der Göttergatte hat hier studiert und hier einen Beruf, während ich von Vertrag zu Vertrag arbeite. In Deutschland hätten wir ein viel geringeres Einkommen, auch wegen dem nächsten Grund. In meinem derzeitigen Beruf verdiene ich als Teilzeitkraft mehr als als Vollzeitkraft zum Schluss in Deutschland.
  2. Ich spreche Japanisch – der Göttergatte kaum Englisch. Sollte er in Deutschland leben müssen, obwohl er sich nicht verständigen könnte, während ich in der Richtung kaum Probleme habe? Das fände ich persönlich arg egoistisch.
  3. Deutschland finde ich eh nicht so superklasse, es ist für mich, bis auf die Entfernung zu Freunden und Verwandten, angenehmer in Japan zu leben. Der Mann sieht das anders, aber er hat sich auch noch nie mit deutschen Behörden herumschlagen müssen.

Ich sehe das nicht als großes Opfer, sondern schlimmstenfalls als nötiges Übel, wenn nicht sogar als positiven Nebeneffekt. Das Land kannte ich vor meinem Mann, vielleicht gab es deswegen auch nicht den Schock, den einige Leute zu haben scheinen, die das Land kaum kannten und noch nie hier waren, bevor sie ehebedingt hergezogen sind. Wenn man das Land nicht mag, und hier nur lebt, weil der Mann das so möchte, kann ich mir vorstellen, dass es sich auf die Ehe auswirkt – tut’s bei uns aber nicht.

Ob wir irgendwann in ein anderes Land ziehen ist noch nicht klar, aber erstmal geht es mir hier gut. Ich werde nicht gegen meinen Willen festgehalten (Bitte rettet mich!).

Basteln.

Ich bin kein großer Bastler. Ich würde sogar sagen, dass ich mit den Händen recht ungeschickt bin. Leider bin ich auch ein Mensch, der schnell aufgibt, wenn er etwas nicht kann, weswegen ich, nachdem ich festgestellt hatte, dass ich kein großer Bastler bin, nicht mehr viel gebastelt habe.

Leider bräuchte ich jetzt ein Bastelbuch in meinem Kopf, denn ich soll den Kindern Grob- und Feinmotorik näherbringen. Die Kinder sind zwischen zwei und drei Jahren alt, können also selbst noch nicht ganz so viel machen – aber doch mehr, als ständig Bilder auszumalen. Letzten Monat, als das Thema Halloween war, und nächsten Monat, wo das Thema Weihnachten sein wird, war das kein Problem, zu den Themen finden sich genug Dinge im Internet und in Fachzeitschriften, die wir auf Arbeit en masse haben.

Diesen Monat ist das Thema “Sport”. Was kann man da denn bitte basteln? Die meisten Ideen im Internet sind nicht umsetzbar, weil die Kinder zu klein und zu viele (jeden Tag ca. 13) sind, ich selbst bin nicht sonderlich sportaffin, ich habe keine Ahnung. Wenn irgendjemand etwas in der Hinterhand haben sollte – immer her damit.

Im Dezember wird aber alles besser. Origami-Weihnachtsmänner und Rentiere. Die Rentiere sind für die Kinder zu schwer, aber der Weihnachtsmann (der dank Augenbrauenmissplatzierung sauer aussieht) dürfte mit viel Hilfe zu schaffen sein. Origami-Weihnachtsbäume habe ich auch. Und tolle Weihnachtskartenideen, niedliche Rentiere, die aus wenigen Teilen zusammengesetzt werden können, alles da – nur nichts zum Thema Sport.

Egal, noch drei Wochen durchhalten und alles wird gut. Bis dahin, die Google-Ergebnisse für “Baseball Coloring Pages” sind noch nicht ausgeschöpft…