Die Sache mit den getrennten Betten.

Derzeit schlafe ich im Wohnzimmer. Nicht, weil wir uns gestritten hätten, sondern weil ich derzeit im Schlaf abwechselnd röchle, krächze und wie ein Schweinchen grunze. Ich bin schließlich noch immer krank.

Nun könnte man meinen, dass mein Mann da ja ruhig mal ein Auge zudrücken könnte, schließlich sei ich seine Ehefrau und für die Liebe müsse man halt Opfer bringen. Sieht er anders. Ich auch.

Denn erstens arbeitet er viel mehr als ich. Also auch an mehr Tagen. Zur Zeit hat er einen Tag in der Woche frei, meist Sonntags. Wenn er arbeitet, wird zwischen halb sechs und zehn vor sechs aufgestanden. Schlafmangel durch nächtliche Schweinestallgeräuschkulisse ist also gar nicht cool.

Zweitens schlafen in Japan Ehepaare eh oft nicht im gleichen Bett und manchmal nicht einmal im gleichen Zimmer. Auch wir haben zwei getrennte Matratzen, mit ca. zehn Zentimeter Abstand, also nicht ganz so weit entfernt. Kuscheln kann man zwar, wenn man in das Bett des Partners hüpft, aber ich kann mich nicht auf seiner Matratze breitmachen oder seine Decke stehlen – Dinge, die er mir vorwirft zu tun, wenn wir aus irgendwelchen Gründen doch mal in einem Doppelbett schlafen.

Eigentlich spräche sogar einiges dafür, dass wir gar nicht in einem Zimmer schlafen. Er wurde als Kleinkind nämlich offenbar mit Samthandschuhen angefasst und kann deswegen nur in beinahe absoluter Dunkelheit und Stille schlafen. Ich würde auch nicht aufwachen, wenn im grellsten Sonnenschein eine Granate neben mir explodiert. Ob Auto, Bahn, Bus, Flugzeug, ich kann überall schlafen.

Man könnte annehmen, dass es für mich kein Problem sei in vollkommener Dunkelheit und Ruhe zu schlafen, wie mein Mann es mag. Ist es aber doch! Weil wir die Rolladen jeden Abend zumachen kann ich morgens kaum erkennen, ob es schon Zeit zum aufstehen oder zwei Uhr nachts ist, was meine innere Uhr verunsichert und mich ärgert. Ich würde gern von strahlendem Sonnenschein geweckt werden, vielen Dank. Die Lärmphobie bedeutet auch, dass wir oft nicht bei offenem Fenster schlafen können. Stattdessen wird dann die Klimaanlage bemüht, es findet kein Luftaustausch statt und jeden Morgen reiße ich die Rolladen hoch und das Fenster auf um mich nicht wie in einem U-Boot zu fühlen. Sauerstoff ist wichtig!

Es bringt nichts um den heißen Brei herumzureden: Wir sind schlaftechnisch nicht kompatibel. Wir würden sehr davon profitieren hätten wir noch ein Zimmer, damit wir getrennt und unserem jeweiligen Naturell entsprechend schlafen können. Das macht uns nicht zu einem weniger liebevollen Ehepaar, wie ein sehr bescheuerter früherer Kollege annahm, schließlich sind wir nicht nur abends vorm Schlafengehen nett zueinander. Immer aufeinander hocken ist auch keine Lösung, also basteln wir uns Freiräume. Wie zwei Individuen halt. 🙂

Sonderbare Ausführungen zum Schlafverhalten des Ehepaares O., Ende.

Ein leises Krächzen.

Meine Stimme ist weg. Einfach so weg. Des Nachts durch das Fenster getürmt.

Wenn ich den Mund aufmache, kommt nur ein leises Winseln heraus. Heute habe ich mich damit noch durch einen Tag mit den kleinen Monstern gequält, weil unsere Geburtstagsfeier anstand, aber das ist kein Zustand.

Mit 15 Kindern kann man nicht auf lange Sicht leise sein. Wenn die spielen und Krach machen dringt das eigene dünne Stimmchen nicht bis zu ihnen vor und man muss anders auf sich aufmerksam machen. Ich stupse gerne mit dem Zeigefinger gegen Hinterköpfe.

Ansonsten verstehen die ganz gut, was ich ihnen mitteilen will, auch mit sehr wenigen Worten. Und zum Schluss waren sie sogar gaaaanz leise, damit sie hören konnten, was ich sage.

Beim Arzt bekam ich nach über einer Stunde Warten Medikamente und da ich mir morgen freinehmen werde und am Montag ein Feiertag (Geburtstag des Kaisers) ist, habe ich ganze vier Tage Zeit um meine Stimme zu schonen.

Seit dem letzten Mal habe ich übrigens den HNO-Arzt gewechselt, der jetzt war um einiges freundlicher. 🙂

Unverschämtheit.

In vielen japanischen Bahnen gibt es 優先席 (Yûsenseki; Vorzugssitzplatz?). Diese sind für ältere Mitbürger, Schwangere oder Leute mit körperlichen Einschränkungen gedacht. Also für Leute, die wirklich ein größeres Bedürfnis nach einem Sitzplatz haben als der Rest. Für gewöhnlich wird das auch sehr gut eingehalten. Entweder man setzt sich gar nicht erst auf einen solchen Platz (in fast jedem Abteil gibt es mindestens sechs) oder man bewegt seinen Hintern wenn jemand, der den Sitzplatz offensichtlich dringender braucht, vor einem erscheint. Ein ganz simples System.

Anmerkung: Nach all den Kommentaren fühle ich mich gezwungen anzumerken, dass das System scheinbar nicht immer funktioniert und die Plätze oft nicht abgegeben werden. Ich persönlich habe das noch nicht so sehr gemerkt, aber ich benötige die Sitze weder selbst noch sitze ich für gewöhnlich auf ihnen.

Auf meinem Weg nach Hause habe ich ungelogen das erste Mal gesehen, dass es damit Probleme gab. Zwei Jugendliche, und hier fangen meine Vorurteile an, in Schlabberklamotten, die zweieinhalb Sitze von drei Vorzugssitzen einnahmen, weil sie offensichtlich nicht gerade sitzen konnten. Daraufhin beschwerte sich eine ältere Frau auf dem dritten Sitz, dass sie nur sehr wenig Sitzfläche habe.

Das Gespräch lief dann auf folgendes hinaus:

Ältere Frau: Warum sitzt ihr hier überhaupt? Ihr seid jung.

Jugendliche: Warum sitzen Sie denn hier?

Ältere Frau: Ich habe Bein!*

Jugendliche: Sie (die andere Jugendliche) hat Bauch, deswegen kann sie nicht richtig sitzen.

Ältere Frau: Aber schau mal, du nimmst so viel Platz ein!

Jugendliche: Wenn Sie ein Problem haben, können Sie ja im Green Car fahren!

Ältere Frau: Du Göre, das machst du nur zum Spaß und ich habe wirklich Probleme mit dem Laufen!

Usw. usf.

* Das war auch das erste Mal, dass ich jemanden das sagen gehört habe. Sie sagte “私は足です”, was “Ich bin Bein” heißt, aber wahrscheinlich analog zum deutschen “Ich habe Bein” ist.

Das ist für mich erwähnenswert, weil es ziemlich selten vorkommt, dass sich hier jemand in der Öffentlichkeit streitet. Außerdem sind hier ältere Leute eigentlich noch besser angesehen als in Deutschland, ich habe hier noch nie Teenager mit ihnen streiten gesehen. Natürlich sind Teenager hier sonst auch nicht viel besser als in Deutschland und durchaus nervig, aber sowas…

Und an solchen Einträgen merkt ihr, in was für einer Blase ich hier lebe. 😉 Da sind rotzige Teenager noch etwas, worüber man sich aufregen kann.

Claudia lernt kochen.

Hab ich’s doch gewusst, da schreibe ich darüber, dass nichts passiert und dann geht’s plötzlich wieder volle Kraft nach vorn. Von einigen Dingen erzähle ich noch nichts, weil nichts sicher ist, aber es gibt auch kleinere Nachrichten.

IMGP9634Am Dienstag war ich mit meiner Freundin Kathrin Katzen streicheln, was an sich natürlich schon ziemlich gut ist, aber als wir uns danach zum Plauschen in ein echtes Café zurückgezogen hatten, erzählte sie mir von Meetup.com.

Noch immer habe ich nämlich das Problem nur wenige Freunde in Japan zu haben. Das darf man nicht nur auf die äußeren Umstände schieben, ich bin da nicht ganz unschuldig dran. 😉 Es fiel mir auch in Deutschland nicht total einfach, Freunde zu finden. Immer geholfen hat mir aber das Internet, meine besten Freundinnen in Berlin habe ich über im Netz organisierte Treffen kennengelernt.

MeetUp bietet genau das, eine Plattform um Leute zu finden, mit denen man etwas organisieren kann. Weil das eigentlich nicht sehr japanisch ist*, sind die meisten Gruppen fremdsprachig, es nehmen aber auch interessierte Japaner teil. Derzeit bin ich sieben Gruppen Mitglied: Zwei Kochgruppen, zwei Buchclubs, ein Filmtreff und zwei weitere Gruppen.

* Oder doch? Meinen Erfahrungen nach sind Japaner dem Internet gegenüber etwas ängstlich, als würden sich hier nur Massenmörder tummeln.

IMG_20131207_151753Bei einem Treffen einer Kochgruppe haben meine Mitarbeiterin Lucie und ich am Samstag teilgenommen. Gekocht wurden vier Gerichte, alle von der japanisch-chinesischen Sorte: 餃子 (Gyôza), 焼売 (Shûmai), チャーハン (Châhan), 茶碗蒸し (Chawanmushi, aber in einer chinesischen Variation). Vor allem Gyôza und Shûmai gehören zu meinen Lieblingsgerichten, aber sind in der Herstellung für meine Verhältnisse sehr aufwendig.

Die Veranstaltung fand in einem 教育会館 (Kyôikukaikan; ein bisschen wie eine Volkshochschule? Man kann dort verschiedene Räume für Clubs mieten) statt, in einer Lehrküche. Alles wurde von einer Köchin auf Japanisch erklärt und dann übersetzt. Etwa die Hälfte der Teilnehmer waren Ausländer, pro Tisch fanden sich vier Leute zusammen und dann wurde gekocht.

20131207_145743Vier Stunden lang. Ich hatte ja gedacht, dass vielleicht bis zwei Uhr gekocht wird und hatte deswegen auf ein Mittagessen verzichtet. Also wurde ich unglaublich hungrig und es gab nichts, was man einfach so hätte naschen können. Gemein! Um halb vier fingen wir dann endlich an zu essen und, ohne mich jetzt loben zu wollen, es hat wirklich gut geschmeckt. 🙂

Letztendlich konnten wir gar nicht alles essen, zu viel und zu erschöpft. Leider hat man an sich nur mit den Leute am eigenen Tisch geredet, das waren außer mir und Lucie eine Amerikanerin aus Chicago, die mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Tokyo ist, und ein Japaner, der kein Englisch sprach. Die beiden waren wirklich nett und ich hoffe sie bei einem anderen Treffen noch einmal zu sehen.

Im Januar gibt es zu zwei weiteren Treffen von anderen Gruppen, einmal ein Deutsch-Japanischer Stammtisch und dann ein Buchgruppentreffen zu Jonas Jonassons “Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand”. Ich freu mich drauf und bedanke mich ganz herzlich für den Hinweis. 🙂