Das Wort zum Mittwoch: 気絶.

wortzummittwochAus gegebenem Anlass mal ausnahmsweise ein Wort, das nichts mit speziell Japan zu tun hat. 🙂

Ich bin in letzter Zeit etwas kränklich. Letzte Woche hatte ich mir schon den Mittwoch freigenommen, weil ich mich erkältet hatte. Langsam ging es mir auch wieder besser, bis gestern. Am Morgen ging es mir noch relativ gut, als ich in die Bahn zur Arbeit stieg.

Nach den ersten paar Stationen ging es mir immer schlechter, und wollte nur noch sitzen. Leider wurde aber einfach kein Sitz frei. Fünf Stationen nach dem Anfang meiner Reise wurde mir plötzlich schwarz vor Augen, ich hatte ein Dröhnen in den Ohren und konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten.

気絶気絶 (Kizetsu) bedeutet “Ohnmacht”. Es besteht aus 気 (ki; Geist, Gefühl, Laune, etc.) und 絶 (zetsu; durchtrennen, jenseits, unterbrechen). Als Verb wird es mit する (suru; machen) gebildet, lautet demnach 気絶(を)する (kizetsu (wo) suru; ohnmächtig werden). Gebräuchlicher ist aber 気を失う (ki wo ushinau; wörtl. den Geist verlieren).

Ich wurde also kurz ohnmächtig. Irgendwie bugsierten mich aber meine Mitfahrer auf einen hastig freigemachten Platz – voll der Life Hack. Wenn man im Berufsverkehr sitzen will, muss man einfach nur ohnmächtig werden. 😀 *

* Scherz! Offensichtlich!

Wie genau das funktionierte, weiß ich nicht mehr. Nach dem Hinsetzen ging es mir langsam wieder besser, aber die Erinnerung an das ganze Geschehen wirkte mehr wie ein Traum.

Am Zielbahnhof angekommen ging ich erst einmal zum Arzt, war dann zwei Stunden auf Arbeit und ging wieder nach Hause. Der Arzt bescheinigte mir sehr niedrigen Blutdruck im Stehen, und ging davon aus, dass das zusammen mit der Hitze und den ganzen Menschen dazu geführt hat, dass ich umgefallen bin.

Aber immerhin, das war mein erstes Mal ohnmächtig werden. Mit schon 26 ist das doch gar nicht so schlecht?

Noch mal Ghibli.

Im Juli waren mein Mann und ich in der großen Ghibli-Ausstellung (ジブリ大博覧会). Die Ausstellung fand ich zwar dort auch schon toll, allerdings hatte ich dank der Menschenmassen kaum Spaß daran. 🙁

Doch manchmal habe ich Glück! 😀 Am Dienstag bekam ich eine E-Mail, dass man sich bewerben könne um am Freitag Morgen vor den Öffnungszeiten kostenlos und mit Führung die Ausstellung zu besuchen. Dieses Angebot bekamen alle in unserer Firma, wir arbeiten nämlich in einem Mori Building (森ビル), das sind großteils Hochhäuser von der gleichnamigen Entwickler-Firma. Die Ausstellung ist auch in einem von deren Gebäuden.

flugzeuge

Um acht Uhr morgens ging es los, mit einer kleinen Gruppe von etwa zehn Leuten, alle von meiner Firma, und drei Mitarbeitern des Museums.

Einer von denen hatte die Ausstellung zusammen mit dem Studio Ghibli konzipiert und erzählte uns viele spannende und lustige Geschichten. 45 Minuten lang wurden wir so durch die Ausstellung geführt, und hatten wirklich Zeit uns alles anzusehen.

Was ein riesiger Unterschied zu meinem ersten Besuch!

Kein Anstehen, man wurde nicht weitergeschubst, obwohl man noch einen Brief lesen wollte, und ein Foto im Katzenbus kam auch zustande.

Nach der Stunde, die wir in der Ausstellung verbringen durften, waren wir alle ziemlich aufgedreht. So schön kommt man in Tokyo normalerweise in gar keine Museum. 🙂 Ich hoffe, dass dieses Modell auch in Zukunft zur Anwendung kommt, auch wenn natürlich nicht alle davon profitieren können. Alternativ könnte man auch generelle Voranmeldungen einführen, überall. Fände ich um ehrlich zu sein gar nicht so schlecht.

Apropos Voranmeldung, in 17 Tagen sind wir im Ghibli-Museum in Mitaka. Wie man sich dafür anmelden kann, lest ihr hier.

Ice, Ice Baby.

IMG_6453Letzten Sonntag wurden in Tokyo 35°C gemessen. Der Sommer ist da, mit voller Kraft. Bereits am Samstag sahen wir Leute, deren Kreislauf einfach zusammenklappte. Mit  Luftfeuchtigkeit von nahe 100% ist der Körper einfach überfordert, egal ob es sich in 夏バテ (Natsu-Bate; Sommererschöpfung) oder 熱中症 (Necchûshô; Hitzeschlag) ausdrückt.

Bei solch hohen Temperaturen, werden natürlich die Klimaanlagen in Bahnen und Gebäuden volle Kanne aufgedreht – was für den Körper auch nur bedingt gut ist. Außerdem ist es für die japanische Klimabilanz eher suboptimal – Kyoto-Protokoll usw.

Damit die Klimaanlagen in japanischen Büros nicht ständig auf Volldampf laufen müssen, wurde 2005 beschlossen, dass die Arbeiter nicht mehr im Anzug mit Krawatte erscheinen müssen. Sie müssen nicht einmal mehr den obersten Knopf ihrer Hemden schließen oder überhaupt langärmelige Hemden tragen! Welche Revolution!

Diese Aktion nennt sich クールビズ (Kûru Bizu; Cool Biz), und läuft jedes Jahr mindestens vom ersten Juni bis zum 30. September, meist aber noch länger: Bei meinem Mann von 1. Mai bis zum 31. Oktober. Das bedeutet ein halbes Jahr in kurzen Hemden und ohne Reinigungsgebühren*. 😀 Im Gegenzug wird die Klimaanlage bei ihm aber auch auf 28°C gestellt, nicht unbedingt eine angenehme Arbeitstemperatur.

* Die kurzen Hemden, die mein Mann hat, kann man ohne zu große Falten zu verursachen in der Waschmaschine waschen.

IMG_7150Als 2011 und 2012 in Verbindung mit dem Tohoku-Erdbeben nicht genug Elektrizität zur Verfügung stand, gab es kurzzeitig sogar スーパークールビズ (Sûpâ Kûru Bizu; Super Cool Biz). Da durften dann kurze Hosen und Polohemden getragen werden.

Dazu muss man vielleicht wissen, dass wirklich viele japanische Büroarbeiter jeden Tag Anzug tragen, auch wenn sie nicht ständig Kundenkontakt haben. Frauen haben da zum Glück mehr Freiheiten am Arbeitsplatz, mit Röcken usw.

Um ehrlich zu sein weiß ich gar nicht, wie die Klimaanlage bei mir auf Arbeit eingestellt ist, aber mir ist oft eher etwas kühl als heiß. Vielleicht hängt das aber auch eher mit unserer hohen Lage (45. Stock) und meinen zwei X-Chromosomen zusammen. 😉

Arbeit in echt.

In den letzten Wochen und Monaten habe ich immer mal das Thema “Arbeiten in Japan” angesprochen. Dabei habe ich euch glaube ich noch nie genauer geschildert, was ich mache. Von den Fotos auf Instagram sieht es wahrscheinlich so aus, als würde ich ständig Kaffee trinken und den Tokyo Tower bestaunen. 😉 Aber nein! Manchmal arbeite ich auch.

Ich bin Assistentin der IT in der Firma, deren Sneaker ich an den Füßen trage. 🙂 Ohne IT liefe wahrscheinlich gar nichts – Kassen, Lager, etc. läuft alles über IT. Könnte man sicher auch handschriftlich machen, aber Menschen sind dann doch etwas zu fehleranfällig.

Ich mache hauptsächlich allgemeine Aufgaben für die Mitarbeiter meiner Abteilung: Bestellungen aufgeben, Rechnungen bearbeiten, Kostenrückerstattungen einleiten, Anträge stellen, Geschäftsreisen vorbereiten, Kuchen kaufen, Meetings planen, usw. Ganz selten übersetze ich auch mal. Außerdem helfe ich ausländischen Mitarbeitern, wenn sie z.B. etwas in der Post haben, was sie nicht lesen können oder sie privat einen Urlaub planen.

IT-spezifische Aufgaben habe ich auch. Ich bin u.a. für alle mobilen Geräte, ergo iPhones und mobile Router, der Firma zuständig, bin in Kontakt mit den Anbietern, kaufe ein, beende Verträge und analysiere Kosten und Auslastung. Abgesehen davon schreibe ich Anleitungen und aktualisiere unsere Seite im firmeneigenen Netzwerk.

Kurz und knapp: Ich sitze den ganzen Tag vorm PC und starre den Bildschirm an. Das macht sich für Instagram-Bilder nicht ganz so gut. 😉

Natürlich ist das nicht immer super spannend, und ich würde gern näher mit den Produkten arbeiten, aber es ist für mich auf jeden Fall interessanter als meine alte Arbeit. Zwar möchte ich nicht für immer und ewig Assistentin bleiben, aber erst einmal ist es ok – wenn ich doch nur einen festen, unbefristeten Vertrag bekäme.

Leider gibt es in der Firma durchaus unterschiedliche Standards für Festangestellte und Leute wie mich, weswegen ich mich manchmal fühle als würde ich gegen Windmühlen kämpfen. Dinge, die eigentlich gar nicht so schwer sein können, werden unglaublich kompliziert gemacht, weil ich eben nicht 100% zu der Firma gehöre. Kein besonders schönes Gefühl. Zum Glück setzt sich mein Chef sehr für mich ein. 🙂

Es geht mir viel besser als vielen Leute, die in rein japanischen Firmen arbeiten. Ich mache nur sehr selten Überstunden. Meine Mitarbeiter sind alle super. Vor zwei Wochen stand ich mit Stan Smith im Fahrstuhl. Ich habe den besten Ausblick der ganzen Stadt.

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Aber letztendlich ist es ein ganz normaler Job. 😉

Was macht ihr so? Starrt ihr auch auf Excel-Tabellen?