Kleiderordnung in japanischen Büros.

IMGP3080Als ich in meiner neuen Firma angefangen habe, war klar: Ich arbeite nicht mehr im Kindergarten, weg also mit den T-Shirts und her mit Business-Klamotten. Die erste Woche trug ich tatsächlich Stoffhose und Bluse. Dann war klar: Ich kann mich auch ein wenig legerer anziehen. Inzwischen gehe ich durchaus auch in Jeans und T-Shirt zur Arbeit. Es interessiert einfach niemanden. Unsere Mitarbeiter im Wholesale tragen natürlich Anzug. Der gemeine 営業マン (Eigyô-man; Geschäftsmann) trägt immer Anzug, auch bei einem Sportartikelhersteller.

Es ist also nicht nur von der Firma selbst, sondern auch von der Position abhängig. Und zum Glück haben Frauen oft ein wenig mehr Freiheiten als Männer! 🙂

Laut einer Umfrage von MyNavi Women, einer Seite für berufstätige Frauen, tragen nur 8% der Befragten auf Arbeit Anzug, 31.8% きれいめカジュアル (Kireime Kajuaru (Casual); hübsches Casual). Was die damit wohl meinen?

  1. Knielange* Röcke, lange Hosen oder Capri-Hosen, ohne schreiende Muster oder viel Klimmbimm. Röcke sieht man in Japan generell sehr viel. (* nicht über 7cm überm Knie)
  2. Keine T-Shirts, keine tiefausgeschnittenen Tops*, keine dünnen Träger, keine kreischenden Farben oder Prints. Inzwischen sind ärmellose Oberteile in einigen Firmen in Ordnung, wenn man denn etwas zum Überziehen hat. (* in Japan ist’s im Zweifelsfall immer lieber mehr Bein als mehr Brust)
  3. Ballerinas, Pumps ohne zu hohen Absatz, keine Sandalen. Immer mit Strumpfhosen. Nackte Beine sind zu sexy.

IMG_3473Als ich letzte Woche im Outfit links zur Arbeit kam, meinte meine Mitarbeiterin, dass ich aussähe, als würde ich in einer normalen Firma arbeiten. 😉 Wahrscheinlich würde ich nur bei recht strengen Firmen mit dem Outfit Probleme bekommen. Bei dem rechten ist der Rock eindeutig nicht nur 7cm überm Knie…

Tatsächlich sind bei uns einige Leute immer im hübschen Casual, aber es ist nicht in unseren Vorschriften. Einer meiner Kollegen kommt zwar in Turnschuhen, die er dann aber auf Arbeit sofort gegen Latschen austauscht. Solang er ordentliche Schuhe hat, wenn er mit jemandem von einer anderen Firma spricht, ist alles gut.

Wenn große Tiere von der Firma aus Deutschland im Haus sind, ziehen sich die Manager und Abteilungsleiter etwas schicker an, aber das ist sicher überall so. 😉

Hmm, bei welchem deutschen Sportartikelhersteller arbeite ich wohl?

Hmm, bei welchem deutschen Sportartikelhersteller arbeite ich wohl?

In der Umfrage geben 34.6% an, dass sie tragen können was sie wollen – was natürlich so sicher nicht zu 100% stimmt. Auch in Japan sollte man vielleicht nicht im Schlafanzug und mit Flipflops auf Arbeit erscheinen. Ein gewisses Maß an, wenn schon nicht Professionalität, dann doch zumindest angemessenem Kleidungsverhalten, muss schon da sein.

Die restlichen 25.6% haben eine Uniform. Uniformen sind in vielen Berufen durchaus üblich, ob man in einer Zahnarztpraxis arbeitet, auf der Baustelle oder im Restaurant. Wenn mein Mann nicht im Büro sondern auf der Baustelle ist, trägt er eine wunderschöne blaue Uniform. Uniformen sind aber auch super nervig, weil man sie nicht auf dem Weg zur oder von der Arbeit tragen soll. Man muss sich also erst einmal umziehen.

Bei vielen Firmen werdet ihr eine Kleiderordnung vorfinden, ob niedergeschrieben oder nicht. Zum Bewerbungsgespräch geht es eigentlich immer im Anzug, außer ihr wollt nur バイト (Baito; Minijobs) machen. Danach kann man ja den eigenen Kleidungsstil graduell anpassen. Ihr solltet aber wahrscheinlich nicht direkt am ersten Tag in T-Shirt, Jeans und Turnschuhen antanzen, auch wenn in der Jobbeschreibung steht, dass ihr anziehen könnt was ihr wollt. 🙂

Ist das großartig anders als in Deutschland? Was habt ihr für Kleidungsvorschriften auf Arbeit?

Erdbeben-Alarm? Nein, Erdrutsche und Überschwemmung!

IMG_3464 (2)Am Mittwoch im Büro klingelte plötzlich ein Handy super laut. “Wer hat denn sein Handy nicht auf stumm?”, dachte ich mir, bis plötzlich ein wenig Aufregung herrschte, weil auch andere Handys anfingen zu klingeln.

緊急速報 (Kinkyû-sokuhô; Frühwarnungen) bekommen alle in Japan automatisch aufs Handy geschickt, allerdings nur auf Japanisch. Den Klingelton dazu kann man nicht abschalten, schließlich ist es ein Alarm. Warum uns nicht gleich auffiel, dass es eine Frühwarnung war, ist auch klar: Das System kennen wir in Tokyo eigentlich nur von Erdbeben, und da ist der Klingelton anders (ein wunderbares Whoop-Whoop-Whoop).

Aber diesmal ging es um etwas anderes: Erdrutschgefahr. In den letzten Wochen hat es exhorbitant viel geregnet, und gestern traf ein Taifun Tokyo. In der Nachricht stand, dass man sich bitte auf die Evakuierung vorbereiten sollte. Zum Glück ging es nur um andere Teile des Bezirks. Wir wurden trotzdem früher nach Hause geschickt.

IMG_3462Am Donnerstag Morgen um fünf wurden wir dann auch von dem Klang der großen Lautsprecher in unserer Umgebung geweckt. Und dann gingen unsere Handys los. Mehrmals.

Angefangen bei 避難準備 (Hinan-Junbi; Evakuierungs-Vorbereitung), über 避難勧告 (Hinan-Kankoku; Evakuierungs-Empfehlung) zu 避難指示 (Hinan-Shiji; Evakuierungs-Anweisung). Zum Glück nicht bei uns, sondern in anderen Teilen unserer Stadt*. Das ständige Klingeln der Handys war aber weiterführendem Schlaf nicht unbedingt zuträglich, wir blieben also wach.

* Ich wohne nicht direkt in Tokyo, sondern an einer direkt angrenzenden Stadt. Also eigentlich noch immer Tokyo, in Wirklichkeit aber schon eine andere Präfektur.

Von der Brücke über unseren Fluss aus sah ich dann auch das Ausmaß des Taifuns: Wo sonst Fußball- und Baseballfelder sind, stand das Wasser meterhoch. Ein Glück, dass wir Deiche haben… Ein anderer Fluss in unserer Nähe war auch ziemlich angeschwollen.

Dabei war der Taifun gar nicht so laut und der Regen gar nicht so stark – dummerweise hat es aber die letzten zwei Wochen fast durchgehend geregnet. In anderen Teilen des Landes sind die Überflutungen viel schlimmer. Die Deiche am 鬼怒川 (Kinugawa) in 栃木県 (Tochigi-ken; der Präfektur Tochigi) haben nicht gehalten, und die gesamte Region steht unter Wasser.

Sind eben nicht nur Erdbeben, die einem das Leben in Japan schwer machen. 🙁

Peinliche Geschichten ums Essen.

Es ist mitten in der Woche, in Tokyo ist es kalt und regnerisch. Wir könnten also alle ein wenig Aufheiterung vertragen, weswegen ich euch zwei Geschichten erzählen werde, bei denen ich mich zum Affen gemacht habe. 😀

Popo-Rettich

Während meines Working Holidays habe ich zuerst bei einem deutschen Restaurant gearbeitet. Das Restaurant gibt es heute nicht mehr, aber das ist um ehrlich zu sein auch nicht besonders traurig. Auf jeden Fall hatten wir jeden Tag ein anderes Mittagessen des Tages (日替わりランチ; Higawari Ranchi/Lunch), das wir am Morgen auswendig lernen mussten.

Ich weiß nicht mehr, was genau es gab, aber hier ist in etwa, was ich den Gästen erzählte:

日替わりランチはハンバーグとおしり大根 (Higawari Ranchi ha Hanbâgu to Oshiri Daikon)

Woraufhin die Leute mich komisch ansahen. Ich wiederholte die Ansage natürlich, mir war nicht klar, was ich falsch gemacht haben könnte. Bis mein Kollege meinte:

おろし (oroshi), nicht おしり (oshiri)!

Ich versank spontan im Boden. Während oroshi nämlich “gerieben” heißt, ist oshiri… der Hintern. Seit ich die Geschichte einmal meinem Mann erzählt habe, zieht er mich immer mal damit auf… Hmpf.

Kühle Nudeln

Vor viereinhalb Jahren heirateten mein Mann und ich, und im Sommer zogen wir zusammen in eine kleine Wohnung. Erst nach eineinhalb oder zwei Monaten hatte ich einen Job, davor war ich quasi ständig zuhause.

Vom Kochen hatte ich nicht so wirklich den Plan, als mein Mann sich zum Abendessen 冷やしうどん (Hiyashi Udon; gekühlte Udon-Nudeln) wünschte, ging ich brav Udon und つゆ (Tsuyu; Soße für japanische Nudeln) kaufen. Bevor mein Mann nach Hause kam, bereitete ich die Nudeln vor und stellte sie in den Kühlschrank. Sind ja schließlich gekühlte Nudeln, oder?

… Ehm, nein, so funktionieren kalte Nudelgerichte nicht, wie mir mein Mann ganz verblüfft erklärte. Ich musste ihm erst meinen Gedankengang erklären, bevor er verstand, was genau ich versucht hatte.

Bei kalten japanischen Nudelgerichten kocht man die Nudeln, wäscht sie dann mit kaltem Wasser und benutzt kalten Tsuyu. Meine Kühlschrankkreation war nicht wirklich essbar, aber mein Mann hatte etwas zu lachen. Immerhin etwas. 😉

Erzählt mir von euren Küchenkatastrophen oder peinlichen Wortverwechslungen! Dann fühle ich mich nicht so allein. 😀

Examen bestehen mit Hilfe der Götter.

Das ist die perfekte Gelegenheit für euch um über meine krepelige Handschrift zu lachen!

Das ist die perfekte Gelegenheit für euch um über meine krepelige Handschrift zu lachen!

Am Sonntag hatte mein Mann das 公務員試験 (Kômuin-shiken; Examen für den Eintritt in den Staatsdienst). Der Test ist der erste Schritt in der Bewerbung um eine Beamtenstelle, und ein wichtiger.

Um dem Erfolg ein wenig auf die Sprünge zu helfen, fuhren wir zum 神田明神 (Kanda-Myôjin; Kanda-Schrein). Japaner sind zwar laut Eigenangabe großteils Atheisten, so auch meine japanische Familie, aber vor allem der Shintoismus gehört eben auch zur Kultur. Überall überschneiden Kultur und Religion sich irgendwo, in Japan ganz besonders. Immerhin verlangen die Schreine keine Mitgliedsgebühr. 😉IMG_3398_editedMan geht also zum Schrein um z.B. für Erfolg, Liebe, Gesundheit oder eine problemfreie Schwangerschaft zu beten. Je nachdem welchen 神 (Kami) ein Schrein beherbergt, ist er mehr oder weniger gut für bestimmte Wünsche geeignet. Bei 八百万の神 (Yaoyarozu no Kami; 8.000.000 Kami*) findet sich sicher auch einer für genau das Problem, das man hat.

* 八百万 (Yaoyarozu bzw. Happyakuman) ist zwar wortwörtlich 8 Millionen, bedeutet aber “Myriaden” oder auch “verdammt viel”. 😉

Im Kanda-Myôjin sind drei Kami heimisch – 大己貴命 (Ônamuchi no Mikoto), 少彦名命 (Sukunabikona no Mikoto) und 平将門命 (Taira no Masakado no Mikoto). Keiner davon ist ausdrücklich für Wissen verantwortlich, aber mein Mann glaubt, dass es trotzdem funktioniert. 🙂

Ema sind nicht immer so künstlerisch wertvoll, aber 秋葉原 (Akihabara), das Mekka für Anime- und Mangafans, ist gleich in der Nähe.

Ema sind nicht immer so künstlerisch wertvoll, aber 秋葉原 (Akihabara), das Mekka für Anime- und Mangafans, ist gleich in der Nähe.

Wir haben also beide für das Bestehen des Examens gebetet und 絵馬 (Ema) geschrieben und aufgehängt. Ema sind Holztafeln, auf die man seinen Wunsch schreibt. Danach hängt man sie am Schrein auf. 🙂 Ich finde sie super spannend, weil man ein Bild davon bekommt, was andere sich so wünschen. Während Touristen oft irgendetwas von Weltfrieden schreiben, wünschen sich Japaner kleinere Dinge: “Dieses Jahr will ich meine Lieblingsband live sehen!”, “Ich möchte an dieser Uni aufgenommen werden!”, “Auf dass dieses Jahr besser wird als letztes”, etc. etc.

Mein Mann schrieb:

今年、公務員試験・建築士に合格できますように!! (Kotoshi, Kômuin-shiken ・ Kenchiku-shi ni Gôkaku dekimasu yô ni!!; Auf dass ich dieses Jahr den Kômuin-shiken und Kenchiku-shi bestehe!!)

Ich schrieb:

礼人が合格しますように (満点でもOK!) (Ayato ga Gôkaku shimasu yô ni (Manten demo OK!); Auf dass Ayato [seine Examen] besteht (Auch gerne mit voller Punktzahl!))

Soweit sieht es aus, als wäre es gut gelaufen, wenn nicht schieben wir es darauf, dass er kein KitKat gegessen hat. 😉