Wasserfälle in Yamanashi.

Derzeit ist Golden Week, eine Ansammlung von Feiertagen. Zu Golden Week groß zu verreisen ist meist verdammt teuer, weswegen wir beschlossen haben, nur für einen Tag kurz wegzufahren. Tagesausflug heißt übrigens Higaeri (日帰り), “am Tag zurückkehren”.

So fuhren wir am frühen Morgen mit dem Super Azusa (スーパーあずさ) nach Kōfu (甲府) in der Präfektur Yamanashi (山梨県). Von dort aus ging es mit dem Auto in die Berge, zur Nishizawa-Schlucht (西沢渓谷).

Die ist Teil des Chichibu-Tama-Kai-Nationalparks (秩父多摩甲斐国立公園), und für ihre Wasserfälle bekannt. Durch die Schlucht führt ein etwa zehn Kilometer langer Wanderweg – laut Internet “auch für Anfänger geeignet”. Das traf sich natürlich gut, wir sind schließlich blutige Anfänger. Selbst unsere Schuhwahl war nur marginal besser als letztes Jahr in Kamikōchi. 😉

nishizawa3

Woran wir nicht gedacht hatten, war, dass Wasserfälle von irgendwo fallen müssen – wir verbrachten ziemlich viel Zeit damit auf recht steilen Wegen nach oben zu klettern. Der Hinweg, der unten direkt am Wasser vorbeiführt, ist zwar machbar, aber wirklich anstrengend. Zum Glück kann man sich immer wieder am kalten Wasser erfrischen. Es ist wirklich so blau, wie auf den Fotos! 🙂

Zumindest am Montag Vormittag war es auch nicht halb so überrannt wie eben Kamikôchi oder unser kleiner tokyoter Berg Takao. Zwar trafen wir ein paar andere Gruppen, aber wir kamen einander kaum in den Weg.

Am Nanatsugama-Godan-no-Taki (七ツ釜五段の滝), dem Sieben-Töpfe-Fünf-Stufen-Wasserfall, gelangt man über eine Brücke auf die andere Seite der Schlucht um den Heimweg anzutreten. Dort geht es zwar erst sehr steil nach oben, doch der Rest des Rückwegs gestaltet sich sehr viel entspannter.

nishizawa2

Damals wurden Karren über Schienen auf den Berg gezogen, um Holz zu transportieren. Die Schienen sind teils noch vorhanden. 🙂 Auch wenn der Abstieg recht sanft ist, ist es noch immer eine Schlucht – es geht gefährlich weit nach unten.

Gleich zwei Brücken sind nach Leuten benannt, die mit ihren Pferden in die Tiefe gestürzt sind, was nicht unbedingt beruhigend ist. Insgesamt ist es zwar weniger anstrengend als der Weg nach oben, aber auch etwas langweiliger. Die ganzen Highlights hat man eben schon auf dem Hinweg bestaunt.

Nach etwa drei Stunden kamen wir wieder bei unserem Leihwagen an, und fuhren als Belohnung für unsere harte Arbeit zum Fruits Onsen Pukupuku (フルーツ温泉 ぷくぷく). Um den herum stehen Felder, Yamanashi ist für seine Trauben und Pfirsiche bekannt. Leider ist aber noch nicht Erntezeit. 🙂 Vom Onsen tiefenentspannt fuhren wir wieder nach Hause.

Heute stellt sich für mich die Frage, ob man eigentlich von Muskelkater sterben kann… 😉

Mehr Fotos findet ihr auf der Facebook-Seite! 🙂

Gleicher Name – andere Kanji.

name kanji

In Deutschland haben wir Maier, Meyer, Meier und Schulz, Schultz und Bäcker, Becker. In Japan ist die Schreibweise der meisten Worte sofort klar*, zumindest wenn es um die Silbenschriften (Hiragana und Katakana) geht. Dummerweise haben wir aber auch Kanji.

* Das bekannteste Gegenbeispiel ist wahrscheinlich 雰囲気 (ふんいき fun’iki; Atmosphäre), was ふいんき (fuinki) gesprochen wird.

Es gibt für viele Namen eine oft verwendete Schreibweise: Suzuki ist 鈴木 (Glockenbaum), Nakamura ist 中村 (Mitteldorf), Ôtani ist 大谷 (Großtal). Wenn jemand diese Namen hört, wird er zuerst davon ausgehen, dass sie in der üblichen Schreibweise geschrieben werden. Allerdings gibt gleich zwei Gründe, warum das eventuell nicht hinhaut:

Alte Kanji

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde eine Liste mit “Kanji für den allgemeinen Gebrauch” (当用漢字 Tôyo-Kanji) erstellt. In diesem Zuge wurden einige Kanji vereinfacht – allerdings nicht immer auch in Namen.

In einer anderen Abteilung arbeitet eine Frau Okuni (Kleinland). Nach jetziger Schreibweise wäre das 小国 – sie schreibt sich aber 小國, mit dem alten Kanji.

Mit mir direkt zusammen arbeitet Herr Watanabe. Watanabe wird allgemein 渡辺 geschrieben, er schreibt sich aber 渡邉. Dummerweise gibt es für das kompliziertere Kanji keine billigen Namensstempel (シャチハタ shachihata) überall zu kaufen – er benutzt einfach einen mit 渡辺. Das ist als würde Herr Meier mit Mayer unterschreiben. 😉

Übrigens wurden zwar auch in China die Schriftzeichen vereinfacht, aber oft anders oder andere Schriftzeichen. Während in China aus wurde, wird es in Japan 経 geschrieben.

Homophone

Die meisten Kanji haben verschiedene Lesungen, und für viele Lesungen gibt es die verschiedensten Kanji. Wenn der Name in diesem Fall von der “Norm” abweicht, ändern sich nicht nur die Kanji selbst, sondern auch die Bedeutung des Namens.

“Hasegawa” ist für gewöhnlich 長谷川 (Lang-Tal-Fluss) – und selten 沙魚川 (Sand-Fisch-Fluss).

荒川 und 新川 werden beide “Arakawa” gelesen, aber ersteres ist “rauher Fluss” und letzteres “neuer Fluss”.

Wir haben auch so einen Namen, aber unserer taucht für gewöhnlich nicht einmal in der Kanji-Liste auf, wenn man ihn eintippt.

Apropos “eintippen”: Wenn man mit verschiedenen Leute mit demselben Nachnamen aber verschiedenen Schreibweisen zu tun hat, muss man immer etwas aufpassen. Der Computer merkt sich, was man öfter oder zuletzt verwendet hat, und wandelt zuerst dahin um. Kann halt keine Gedanken lesen. 😉

Projekt Haus: Bad und Küche.

bad und kueche

Am Sonntag Morgen fuhren mein Mann, meine Schwiegereltern und ich nach 新宿 (Shinjuku), um uns Küchen, Bäder und natürlich Toiletten bei TOTO anzusehen. Nicht so aus Spaß, sondern um auszusuchen, was wir dann später wirklich in unserem Haus haben werden.

Nun hätten wir natürlich alle gern sehr opulente Einrichtung, aber irgendwie sind Küchen, Bäder und sogar Toiletten super super teuer. Da unser Kostenvoranschlag eh über dem, was wir uns leisten können, lag, muss kräftig gespart werden. Das heißt natürlich nicht, dass wir nur das günstigste nehmen, wir wollen uns ja nicht ewig ärgern, aber einiger Schnickschnack muss wegfallen. Für mich ist das kein Problem, meine Schwiegermutter hatte aber etwas damit zu kämpfen.

“Aber schau, das wäre doch so toll!”

Meine Schwiegermutter braucht nämlich jeglichen Schnickschnack erstmal ganz dringend. Wir bezahlen den Spaß übrigens*… Zum Glück hat mein Schwiegervater sie immer wieder zurück auf den Boden der Tatsachen gebracht. Niemand braucht einen ausfahrbaren Küchenschrank.

* Die Schwiegereltern zahlen das Grundstück.

bad

Letztendlich wird es ziemlicher Standard: Ein ganz normales japanisches Bad**, mit einer ganz normalen Badewanne. Eine ganz normale Toilette ohne 50 Zusatzfunktionen, dafür aber mit einem beheizbaren Sitz – meinem Mann ist das irgendwie wichtig.

** Aber ein recht großes, für japanische Verhältnisse! 1坪 (1 Tsubo, 3.3m²)!

Was ich ganz süß fand war das Modell, dass man sich von seinem Bad zusammenstecken konnte. Wand- und Bodenfarben kann man sich so zusammenstellen, und bekommt eine ungefähre Vorstellung davon, wie das aussehen wird. 🙂

IMG_6071

Wir wurden von einer sehr freundlichen Dame herumgelotst, die uns tatsächlich bei vielen Dingen auch gesagt hat, dass man es nicht unbedingt braucht. Fand ich sehr angenehm, dass sie nicht versucht hat uns teurere Dinge schmackhaft zu machen. 🙂 Bei vielen Dingen hat sie uns auch ganz konkret gesagt, wo man am effektivsten Geld sparen kann.

So langsam nimmt das alles mehr und mehr Form an. Es ist natürlich spannend, aber auch ziemlich anstrengend. Ich bin nach Treffen um irgendetwas zu entscheiden immer ganz ausgelaugt… In fünf Monaten soll es übrigens losgehen. 🙂 Bis dahin ist noch viel auszusuchen.

Mal ganz im Ernst, würdet ihr euch eine Toilette mit beheiztem Sitz anschaffen? Ich verstehe nämlich nicht ganz genau, warum mein Mann das unbedingt braucht.

Und worauf habt ihr bei der Küchen- und Badwahl geachtet?

“Ich will unbedingt nach Japan ziehen…

einzeilig

… wie schaffe ich das?”

Das ist eine Frage, die im Internet unglaublich oft gestellt wird, vor allem von sehr jungen Menschen.

Überraschung: Ich bin auch mal ausgewandert. 😉 Außerdem habe ich in meinen inzwischen insgesamt sechs Jahren in Japan viele andere Auswanderer getroffen. Ich könnte im deutschen Nachmittagsfernsehen als Auswanderer-Coach arbeiten. 😉 Hier ein paar Dinge, die ich jedem raten würde.

Lernt Japan vorher kennen!

Für immer in ein anderes Land zu ziehen bedeutet viel Vorbereitung, ihr wollt schließlich nicht wie bei Goodbye Deutschland enden. Das erfordert viel Energie. Auswandern ist nicht für Faule. Außer ihr heiratet einen Japaner. 😉

Kommt deswegen erst mal her, bevor ihr euer ganzes Leben auf den Kopf stellt. Schaut euch an, wie Japan wirklich ist. Ich mag Japan und komme mit dem Leben hier wunderbar zurecht, aber das gilt längst nicht für alle. Leider trifft man auch immer mal auf Leute, die voller Erwartungen ins Land gekommen sind und inzwischen der Meinung sind, Japan sei an allem Übel in ihrem Leben schuld.

Aber ich weiß doch, dass es mir gefallen wird!

Japan ist nicht so, wie es in den Medien gezeigt wird. Nicht jeder in Japan liebt Manga und Anime, nicht jeder trägt abgedrehte Mode, nicht alles ist immer voll かわいい (kawaii; süß). Jedes Land hat schlechte Seiten, dieses hier auch. Selbst in Tokyo gibt es nur etwa 2,5% Ausländer – und zu denen gehört ihr dann auch. Außerdem, solltet ihr vorhaben für immer in Japan zu leben, werdet ihr immer 8900km von eurer Familie in Deutschland entfernt sein.

Das sind Dinge, von denen man vorher nicht wissen kann, wie sie sich anfühlen oder wie man damit klar kommt, und Prioritäten verschieben sich auch gern noch einmal. Deswegen würde ich wirklich jedem nahelegen, entweder ein Working Holiday zu machen, oder über die Uni ein Semester an einer japanischen Partneruni zu studieren*, oder für die Sprachschule nach Japan zu kommen. Dann wisst ihr, woran ihr hier seid, und habt gleichzeitig für zukünftige Übersiedlungspläne wertvolle Erfahrungen gesammelt.

* Das geht durchaus auch, wenn ihr nicht Japanologie studiert.

Ich habe einige Bekannte, die Japan zwar lieben und gern für einen Urlaub herkommen – aber hier leben? Nein danke.

Wenn ihr den großen Schritt wirklich wagen wollt…

Schaut euch die verschiedenen Visa-Typen an. Man kann nicht einfach nach Japan hineinschneien und anfangen zu arbeiten. Ihr braucht Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, sonst ist das illegal. Wenn so etwas auffliegt verhängt Japan auch gern mal Einreisesperren. Das schlauste wäre es, sich in Deutschland einen Job bei einer Firma zu angeln, die Niederlassungen in Japan hat. Oder bei der deutschen Niederlassung einer japanischen Firma. 😉 Dann besorgt euch die Firma das Visum.

Es gibt natürlich auch Arbeit für Deutsche in Japan, aber für Firmen ist es ein ziemlicher Aufwand jemandem ein Visum zu besorgen – da muss auf Arbeitgeberseite genug Motivation da sein. Generell ist es immer besser ein abgeschlossenes Studium oder eine Ausbildung zu haben.

Man kann natürlich auch in Japan studieren oder auf eine 専門学校 (Senmon-gakkô; berufsvorbereitende Schule) gehen und dann danach nach einem Job hier suchen. Die meisten Studiengänge in Japan sind allerdings nicht auf Englisch, sondern komplett auf Japanisch. Dafür sollte man schon seinen JLPT N2 in der Tasche haben.

Generell kommt man in Japan zwar auch ohne Sprachkenntnisse irgendwie klar, aber die Leute in Geschäften oder auf Ämtern verstehen oft kaum Englisch. Man kommuniziert also entweder mit Händen und Füßen, oder beißt in den sauren Apfel und lernt Japanisch.

(Oder ihr heiratet…)

Japan ist nicht die Rettung

Stellt keine zu großen Erwartungen. Es wird nicht alles besser, sobald ihr in Japan ankommt. Nach tatsächlich recht kurzer Zeit ist Japan nicht mehr besonders, sondern “nur noch” normal. Die Euphorie, die man am Anfang hatte, verblasst. Wenn man dann keinen Plan hat, wie es in diesem normalen Japan weitergehen soll, kann man sich schon mal die Frage stellen, ob es das nun wirklich wert war.

Für mich war es das, ich lebe gerne hier. Leider habe ich Jahre gebraucht, um überhaupt anzufangen zu überlegen, was ich mit meinem Leben hier machen will. Und selbst obwohl ich inzwischen recht fließend Japanisch spreche, gibt es Dinge, in denen ich mir nicht sicher bin und mit denen ich Hilfe brauche. Das würde mir in meiner Muttersprache nicht passieren. Manchmal komme ich auch in doofe Situationen, weil meine Denke doch teils recht Deutsch ist. Ein Hoch auf den Ausländerbonus. 😉

Ich weiß, dass hier einige Auswanderer mitlesen, ob sie nun nach Japan oder in ein anderes Land gegangen sind: Was würdet ihr Leuten raten, die auswandern wollen?

Und für die Leute, die nach Japan ziehen wollen: Warum? 🙂 Das interessiert mich persönlich sehr, weil ich nach meinem Working Holiday eigentlich nicht unbedingt nach Japan wollte – sondern zu meinem Mann.