Art Deco inmitten von Tokyo: Das Tokyo Metropolitan Teien Art Museum

Tokyo hat sich über die letzten 100 Jahre in beinahe unvorstellbarem Ausmaß verändert. Wo vor einem Jahrhundert noch Reishalme im Wind wogen, stehen heute Hochhäuser. Der Tokyo Tower, heute von so vielen Hochhäusern umgeben, dass man einen neuen Fernsehturm brauchte, stand einst inmitten von Holzhütten.

Was in großen Teilen erhalten geblieben ist, sind die Anwesen der Adeligen und Reichen.

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Wir haben letztens die ehemaligen Residenz des Prinzen Asaka (旧朝香宮邸 Kyū-Asaka-no-miya-tei) in Meguro besucht, die jetzt das Tokyo Metropolitan Teien Art Museum beherbergt.

Wie ein Art Deco-Anwesen nach Tokyo kam

Prinz Asaka (朝香宮鳩彦王 Asaka-no-miya Yasuhiko-Ō) gehörte zu einem Zweig der kaiserlichen Familie, der nach dem zweiten Weltkrieg gestutzt wurde. Die Art Deco-Residenz in Tokyo ließ er erbauen, nachdem er mit illustren Freunden in Frankreich gegen einen Baum gedonnert war, und während seiner Genesung von der Kunstweltausstellung in Paris 1925 (Exposition internationale des arts décoratifs et industriels modernes) fasziniert war.

Während das zweigeschossige Stahlbetongebäude von japanischen Baufirmen erbaut wurde, wurde der Großteil des Innenausbaus des ausladenden Anwesens den Franzosen Henri Rapin und René Lalique überlassen.

Dass ein Prinz über mehr finanzielle Mittel als der durchschnittliche Bürger verfügt, überrascht sicher keinen. Beim Bau des Anwesens wurden natürlich weder Kosten noch Mühen gescheut. Allein zwanzig verschiedene importierte und seltene japanische Gesteine wurden für Böden und Verkleidungen verwendet.

Die Liebe zum Detail und zur Handwerkskunst ist in jedem Raum spürbar. Auch Prinz Asakas Frau, Prinzessin Nobuko, war stark im Bau des Anwesen involviert – Sie verstarb leider nur ein halbes Jahr, nachdem ihre Familie es bezogen hatte.

Das Asaka-no-miya-tei nach dem Krieg

Nach dem zweiten Weltkrieg, während dessen Prinz Asaka mutmaßlich ein Verantwortlicher eines der schlimmsten Massaker an der Zivilbevölkerung Chinas wurde, ging das Gebäude in den Staatsbesitz über.

Von 1949 an nutzen verschiedene Premierminister und Außenminister das Haus als Büro, Anwesen oder beides. Als Premierminister Yoshida Shigeru (吉田 茂) 1951 nach der Unterzeichnung des Friedensvertrags mit 49 Nationen aus den Vereinigten Staaten nach Japan zurückkehrte, wartete das Volk vor dem Anwesen in Meguro auf ihn.

Ab 1955 wurde das Anwesen an eine private Firma verkauft und von dieser im Namen der Regierung für hochrangige Staatsgäste unter dem Namen “Shirokane Guest House” geöffnet. Vor dem Krieg war die Unterbringung und Versorgung von Staatsgästen Aufgabe der Adelsfamilien gewesen, Prinz Asaka war für die Delegation aus Polen verantwortlich gewesen. In den 50er bis 70er Jahren kamen Gäste aus der ganzen Welt in das Haus.

Während einer Übergangszeit wurde das Anwesen für Veranstaltungen genutzt, 1981 kaufte es die Stadt Tokyo und wandelte es in ein Museum um. Seit 2014 steht neben dem historischen Haus der Annex, in dem sich eine Gallerie, ein Café und ein Museumsladen befinden. Einmal jährlich findet eine Ausstellung zum Kyū-Asaka-no-miya-tei selbst statt, dieses Jahr zum Wandel der Nutzung des Gebäudes.

Von dem Anwesen blickt man auf einen großen Garten, der in einen westlichen und einen japanischen Bereich unterteilt ist. Im japanischen Garten kann man in einem Teehaus eine Pause machen – auch auf Stühlen, falls es einem schwerfällt auf dem Boden zu sitzen.

Im Herbst färbt sich der japanische Garten rot, im Frühling blühen im westlichen Garten die Kirschbäume – Es lohnt sich also sicher, das Museum und den Garten noch einmal zu besuchen.

Im Sommer hat das Anwesen aber auch einen großen Vorteil: Es ist ganz entgegen der historischen Genauigkeit klimatisiert. 😀

Veröffentlicht in: Tokyo

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