Bevor ich in Japan lebte, habe ich japanische Filme quasi eingeatmet. Was auch immer in Deutschland auf DVD erschien – ich guckte es mir an. Was auch immer man im Internet bekam – ich lud es mir herunter (ein Hoch auf die Verjährungsfrist).
Nur einige wenige japanische Filme schaffen es in die regulären deutschen Kinos, im Moment etwa “Godzilla -1.0” und “Der Junge und der Reiher“. Umso schöner, dass das Nippon Connection Filmfestival seit dem Jahr 2000 in Frankfurt am Main ein Forum für japanische Filme schafft.
2024 wird das Festival, für das man bereits seit dem 4. Mai Tickets kaufen kann, vom 28. Mai bis 2. Juni stattfinden. Während dieser sechs Tage werden 100 Kurz- und Langfilme gezeigt werden, zwei davon möchte ich euch kurz vorstellen.
Dieser Artikel ist eine Zusammenarbeit mit dem Filmfestival Nippon Connection.
カラオケ行こ! Let’s Go Karaoke (2024) (Trailer)
Basierend auf dem gleichnamigen Manga von Wayama Yama
Regisseur: Yamashita Nobuhiro
Darsteller: Ayano Gō, Saitō Jun
Der leitende Schüler eines Mittelschulchors wird nach einem Gesangswettbewerb vom Yakuza Narita abgefangen, der ihn zum Karaoke einlädt. Der Grund ist abstrus: Jedes Jahr zum Geburtstag des Yakuza-Chefs veranstaltet dieser einen Karaoke-Wettbewerb, dessen Verlierer mit einem hässlichen Tattoo gebrandmarkt wird. Narita sucht verzweifelt nach jemandem, der seinen schrecklichen Gesang aufpolieren kann.
Obwohl die ganze Prämisse natürlich absurd ist und die Charaktere überzeichnet sind, sind sie doch im Rahmen der Geschichte und in ihren Interaktionen glaubhaft und liebenswert. Vor allem der Mittelschüler, der mitten in der Pubertät steckt und eigentlich so gar keinen Bock aufs Gesangslehrerdasein hat, hat es mir angetan.
Außerdem charmant: Im Film wird kein Standardjapanisch gesprochen, sondern durchgängig im Osaka-Dialekt.
missing (2024) (Trailer)
Regisseurin: Sebu Hiroko
Darsteller: Ishihara Satomi, Aoki Munetaka, Mori Yusaku
Die kleine Tochter eines Ehepaares ist vor drei Monaten verschwunden, und obwohl sie noch nicht wieder aufgetaucht ist, wird immer weniger über den Fall berichtet. Um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu halten, wendet sich die Mutter an einen Reporter eines Lokalsenders, doch die mediale Aufmerksamkeit hat auch unangenehme Auswirkungen auf das Leben der Familie.
Wie wahrscheinlich allen Eltern, gehen mir Filme, in denen Kindern etwas zustößt, unglaublich nahe. “missing” habe ich nur mit vielen Taschentüchern überstanden. Der Film wirft nicht nur ein Licht auf das Leben nach einem solchen Schicksalsschlag, sondern auch auf die Verantwortung von Journalisten, Fernsehsendern und letztendlich uns Zuschauern. Auf der einen Seite ist die Familie auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen und würde alles machen, um ihr Kind wieder in die Arme schließen zu können. Auf der anderen Seite werden solche Schicksale von den Verantwortlichen in den Medien oft nach ihrer Attraktivität für die Zuschauer, ergo der Einschaltquote bewertet. Es tut weh, die Folgen dessen auf die Hinterbliebenen anzusehen, aber ich glaube daran liegt die Stärke des Films.
Neben diesen beiden und anderen neuen Filmen, sowohl Realverfilmungen als auch Animationsfilmen, wird es auch eine Retrospektive zu japanischen Vertretern des Film Noir-Genres geben.
Für alle, denen Filme nicht reichen, bietet das Festival auch ein umfangreiches Rahmenprogramm. Neben Auftritten von japanischen Bands, DIY-Workshops und Vorträgen kann man sich auch richtig den Bauch vollschlagen. Dieses Jahr gibt es Essensstände mit Crêpes, Yakisoba, Takoyaki, Okonomiyaki, Karaage und Onigiri, und für die heißen Temperaturen japanisches Eis. Kultur geht eben (auch) durch den Magen. 🙂
Habt ihr eigentlich einen japanischen Lieblingsfilm? Kommentare würden mich sehr freuen!
Natürlich die Filme von Ozu Yasujiro mit Chishu Ryu, Hara Setsuko etc., ich verstehe, warum Wenders, Kaurismaki etc. ihn, Ozu, bewundern.
Nippon Connection empfehle ich Euch auch, außerdem ist Frankfurt/Main mein Lieblingsstadt in Deutschland.