Die nördlichste der japanischen Präfekturen, Hokkaidō, hatten wir bisher nur einmal besucht – dabei ist sie die beliebteste Präfektur der Japaner (die unbeliebteste ist Tochigi).
Die Go To Travel-Aktion der Regierung, bei der man 35% der Reisegebühren erstattet bekommt, gab uns endlich einen guten Grund, das zu berichtigen. Außerdem wollten wir einmal versuchsweise mit Bocchan fliegen, bevor es dann diesen Monat nach Deutschland ging.
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Hakodate ist die südlichste Stadt der nördlichsten Präfektur. Sie hängt wie ein Zipfel unten an Hokkaidō. Lange Zeit gab es eine Fährverbindung nach Aomori, doch seit 1988 nach fast 27 Jahren Bauzeit ein knapp 54km langer Tunnel zwischen der Hauptinsel und Hokkaidō eröffnet wurde, werden die Schiffe nur noch als Museen genutzt. Seit einigen Jahren kann man auch mit dem Shinkansen, der japanischen Superschnellbahn, nach Hokkaidō fahren.
Den Charme einer Hafenstadt hat Hakodate aber natürlich behalten.
In der recht kompakten und auch zu Fuß gut erkundbaren Altstadt stehen alte Backsteingebäude und andere Häuser, die eher westlich als japanisch geprägt sind. In den alten Lagerhäusern, Kanemori Sōko (金森倉庫), befinden sich jetzt Geschäfte und Restaurants, um Besucher anzulocken. Sowohl tagsüber als auch abends sind sie wirklich hübsch anzusehen und wenn das Wetter mal schlecht sein sollte, kann man dort auch einige Stunden totschlagen.
Wer noch ein wenig weiterläuft, trifft auf den wahrscheinlich meistfotografierten Hügel Japans: Den Hachimanzaka (八幡坂). Wer ihn bis nach ganz oben läuft wird mit einer wunderschönen Aussicht auf den Hafen belohnt. In den kalten Monaten wird er mit Lichtern geschmückt, die den Besuch am Abend besonders lohnenswert machen.
Auch die benachbarten Straßen bieten einen schönen Ausblick, ich persönlich fand den Daisanzaka (大三坂), auf dem unteren Bild zu sehen, sogar noch fotogener.
Außerdem befinden sich auf dem Hügel noch weitere Relikte einer internationalen Vergangenheit: Kirchen. Gleich drei stehen nah beieinander: Die katholische Katorikku Motomachi Kyōkai (カトリック元町教会), die anglikanische Hakodate Sei-Yohane Kyōkai (函館聖ヨハネ教会) und die russisch-orthodoxe Hakodate Harisutosu Seikyōkai (函館ハリストス正教会).
Im normalen japanischen Stadtbild haben Kirchen natürlich keinen festen Platz, weswegen diese Ansammlung etwas Besonderes ist.
Zwischen den 1630ern und 1853 war Japan auch als Reaktion auf ein sehr aggressives von Spanien und Portugal ausgehendes Christentum für Ausländer geschlossen. Wer es trotzdem bis nach Japan schaffte, musste mit der Todesstrafe oder lebenslanger Inhaftierung rechnen. Direkt nachdem sich das Land wieder geöffnet hatte, kamen dann auch Kirchen wie diese in Hakodate in die Hafenstädte – das Christentum konnte sich zwar nicht mehr durchsetzen, aber tatsächlich sind in diesen Hafenstädten anteilig die meisten Christen zu verzeichnen. Im gesamten Land sind aber nicht einmal 2% der Einwohner christlich.
Wenn es in Japan eine übergreifende Religion gibt, dann die der Feinschmecker. Auf dem Weg vom Hügel nach unten kommt man am Würstchenladen von Carl Raymon vorbei.
Carl Raymon wurde Ende des 19. Jahrhunderts in Karlsbad, heute Teil Tschechiens, damals Österreich-Ungarn, als Sohn eines Metzgermeisters geboren. Im Rahmen seiner eigenen Ausbildung zum Metzger reiste er um die Welt und traf in Hakodate auf die Japanerin Kō Katsuta, die er 1922 in Karlsbad heiratete bevor die beiden zwei Jahre später wieder nach Hakodate umsiedelten.
Dort bauten sie eine Fleischerei auf, die seit seinem Tod 1987 von Lehrlingen von Raymon geführt wird.
Leider muss ich berichten, dass die Würstchen nichts Besonderes sind. Klar, sie sind nicht schlecht, aber vom Hocker gehauen haben sie uns nicht. Natürlich haben wir immer den Vergleich zu echten deutschen Würstchen, vielleicht sind sie im Vergleich zur japanischen Standardwurst hervorragend.
Nach einem kleinen Mittagschlaf schlossen wir den Tag mit einem touristischen Must-Do ab: Die Lichter von Hakodate gelten als eine der schönsten Nacht-Aussichten in Japan. Die Seilbahn war zwar gerade geschlossen, aber man kommt auch mit einem Taxi bequem nach oben.
Da es am Morgen ein wenig geregnet hatte, war die Luft klar und wir konnten die Aussicht wirklich wertschätzen.
Die funkelnde Stadt war wirklich ein schöner Anblick, auch wenn wir bereits ein wenig zitterten. Hakodate ist eben eine Hafenstadt im Norden Japans.
Weitere Hafenstädte:
Mehr: Kōbe, Teil 1: Nankinmachi und der Hafen.
Mehr: Kyushu, Teil 1: Nagasaki
Mehr: Ein Abend in Yokohama.
Liebe Claudia,
vielen Dank für deinen informativen und schönen Bericht über Hakodate. Hat mir sehr gefallen wie fast alles auf deinem Blog.
Dir und deinem kleinen Sohn eine schöne vorweihnachtliche Zeit in Berlin…… 🙂
Liebe Grüße,
Marika
In Hakodate waren wir vor zwei Jahren im Jänner – schöne Erinnerungen 🙂 Einzig die zentimeterdicke Eisschicht auf jedwedem Untergrund hat uns etwas zugesetzt, während die Einheimischen teilweise in Stöckelschuhen oder im Laufschritt unterwegs waren. PS: Freut mich, dass wir jetzt auf Instagram vernetzt sind! Dir und Bocchan noch eine schöne Zeit in Deutschland!