Aufs Dorf: Vier Tage in Sakuho-Machi.

Manchmal – ach was, meistens – geht mir Tokyo schrecklich auf die Nerven. Zu viele Leute, zu wenig Platz, zu viel Lärm, zu wenig Grün.

Meinen Urlaub verbringen wir deswegen schon seit einiger Zeit bevorzugt an Orten, an denen es nicht so stressig zugeht. Das ist in Japan gar kein Problem, denn schlimmer als in Tokyo ist es eigentlich nirgends.

Anfang September haben wir aber noch einen draufgesetzt und sind nach Sakuho-Machi in Nagano gefahren. Das ist mit 10 000 Einwohnern schon fast ein Dorf.

Der Ausgangspunkt war, dass wir seit einigen Jahren im Sommer mal in einem alten japanischen Haus, einem sogenannten Kominka (古民家), Urlaub machen wollten. Einfach mal ein entspannter Urlaub, ohne große Planung, ohne großen Druck. Wer diesen Blog verfolgt, weiß vielleicht, wie schwer uns das fällt.

So machten wir uns auf die Suche nach schönen alten Häusern, in denen man übernachten könnte. Tatsächlich fanden wir auch einiges, aber die Empfehlung einer Freundin besiegelte unsere Urlaubspläne. Wir haben uns sofort in die ehemalige Seidenwurmhütte von Sanson Terrace in der Präfektur Nagano verliebt.

Vom Shinkansen-Bahnhof Sakudaira aus mieteten wir uns ein Auto und kauften im Michi no Eki (道の駅) Gemüse und andere leckere Dinge aus der Umgebung ein, bevor wir dreißig Minuten bis nach Sakuho-Machi fuhren.

Michi no Eki ist eine Art Laden, den es an vielen Orten gibt und ein Besuch lohnt sich eigentlich immer, besonders, wenn man nach saisonalen und lokalen Lebensmitteln sucht. In unserer Unterkunft gab es eine Küche, wir hatten uns also vorgenommen jeden Tag zu kochen und zogen das dann auch durch. 🙂

Am Haus angekommen wurden wir vom Eigentümer empfangen, der direkt nebenan wohnt und uns nicht nur erklärte, wie ein Tontopf zum Reiskochen funktioniert (wir waren so begeistert, dass wir gestern einen eigenen Donabe bestellt haben), sondern auch gute Tipps zu Geschäften und Ausflugszielen in der Umgebung gab.

Am Tag unserer Ankunft raste ein starker Taifun auf Tokyo zu und verursachte vor allem in Chiba, unserer Präfektur, schwere Schäden und langandauernde Stromausfälle. In Sakuho bekamen wir davon außer des starken Regens nachts nichts mit.

Vor unserer Reise hatten wir uns wegen des Wetters große Sorgen gemacht, die aber zum Glück unbegründet waren. Wir hatten fantastisches Wetter, tagsüber zwar heiß, aber dafür kühlte es abends ab. Zuerst hatten wir uns etwas Sorgen gemacht, weil es in dem Haus keine Klimaanlage gibt, aber wir brauchten auch keine. Das Klima ist einfach ganz anders als in Tokyo am Meer.

Generell ist so einiges anders als zuhause: Neben dem Haus befindet sich eine Imkerei, deren herumschwirrenden Bienen man bei der Arbeit zusehen kann. Nur wenige Schritte weiter beginnt der Wald. Es ist ruhig und zumindest wir hatten das Gefühl, dass die Zeit langsamer verging.

Die schmusigste Katze aller Zeiten, Tora-chan.

Sakuho-Machi ist nicht unbedingt ein Touristenmagnet, aber ein wenig etwas zu sehen gibt es natürlich, worum es beim nächsten Mal gehen wird.

Könntet ihr euch vorstellen in Japan aufs Land zu reisen oder habt ihr es sogar schon einmal gemacht?

7 Gedanken zu „Aufs Dorf: Vier Tage in Sakuho-Machi.

    • Claudia sagt:

      Der Fußboden war lackiert. 🙂 Das Haus ist, wenn ich mich recht entsinne, von vor dem 2. Weltkrieg. Damals war es halt wirklich für Seidenraupen. In der Gegend gibt es durch den Bevölkerungswandel viele alte leerstehende Häuser.

  1. Markus Hauser sagt:

    Das ist aber ein luxuriöses Kominka! Ich war gerade 3 Wochen in einem im Hayakawa Tal bei Itoigawa das von den Vorbesitzern vor 5 Jahren altershalber verlassen wurde. Kein fliessendes Warmwasser, uralte japanische Toilette, Tatami überall. Alles wirklich ursprünglich und einfach.

    Das Tal ist am aussterben. Durchschnittsalter 70 und drüber. Reisfelder überall, je weiter oben im Tal, desto mehr verlassen und überwuchert. So sieht es in ganz Japan aus. Städte wachsen, Land schrumpft und immer mehr Kominkas stehen leer.

    Kommt aufs Land! Verbringt so wenig Zeit wie möglich in den Großstädten und unterstützt das ländliche, ursprüngliche Japan indem ihr es besucht und Zeit dort verbringt.

    Das Hayakawa Tal, bei dem ich mithelfe einen ländlichen, ursprünglich-japanischen Tourismus aufzubauen, ist eins von vielen Tälern dass dem Untergang geweiht ist.

    Viele Grüsse
    Markus

    Viele Grüsse
    Markus

    • Claudia sagt:

      Hey, etwas spät und ich weiß nicht, ob du meine Antwort siehst, aber dieser Kommentar war im Spam-Filter hängen geblieben. Warum weiß ich aber auch nicht.

  2. Lennart sagt:

    “Das Land” ist doch das eigentliche Highlight in Japan! Nur hier werden die Traditionen noch aktiv bewahrt und geschätzt, während der Fortschritt bereits seit Jahrzehnten da ist. In anderen Ländern gibt es entweder den Fortschritt ncoh nicht oder man zwingt ihn auch dem Rest des Landes auf. Bräuche, Sprache und Kulturgüter werden dann zunehmend als veraltet betrachtet und verkommen.

    Wenn uns Delhi auf die Nerven geht, dann sehnen wir uns auch nach “dem Land” – und zwar dem japanischen.

  3. Tom sagt:

    Ich war im April diesen Jahres das erste Mal in Japan, nur für sieben Tage, zum ansehen und Meinung bilden. Nachdem ich sehr viele Blogs über Japan lese und auch diesen hier wollte ich das Land mal ein klein wenig kennenlernen. Ich wollte allerdings nicht in die bekannten Städte, also habe ich eine Unterkunft gesucht, die alt ist. Ich habe dann ein 150 Jahre altes Haus in Nabari gefunden, mit Shoji und Tatami,- Holzboden und einen wahnsinnig netten Gastgeber. Nabari hat ca. 78.000 Einwohner, für meine Verhältnisse von Bayern her viel, für Japan fand ich es super angenehm. Ich habe nur gutes erfahren und kennengelernt, auch mit wenig japanisch Kenntnissen ain der Sprache. In zwei Jahren werde ich wieder nach Nabari reisen, dann um einiges länger und von da dann Ausflüge in noch ländlichere Gegenden machen. Für mich bedeutet es sehr viel die Menschen abseits zu erfahren und neues zu lernen, denke das geht eher auf dem Land.

    Mit freundlichen Grüßen

    Tom

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