Falls sich jemand fragen sollte, ob wir etwa zwei Urlaube in einem Monat gemacht haben – Ja. 😉 Mein Mann hat derzeit frei, weil er den Arbeitsplatz wechselt und seine angesammelten Urlaubstage verbrauchen muss.
Letzten Donnerstag saßen wir also in einem Flugzeug von Haneda, dem innerstädtischen Flughafen Tokyos, nach Nagasaki. Der Flughafen dort liegt leider etwas außerhalb, aber mit dem Bus kommt man schnell in die Stadt.
Nagasaki ist im Ausland vielleicht hauptsächlich als Abwurfort einer Atombombe im zweiten Weltkrieg bekannt – das finde ich persönlich sehr schade, denn die Stadt hat kulturell so viel mehr zu bieten. Aber dazu später.
Kaum angekommen wurde ich in ein Restaurant geschleift, mein Mann musste dringend Saraudon (皿うどん) essen. Das sind harte Nudeln mit einer heißen Sauce, die die Nudeln nach und nach weich macht. Ich hatte es zwar schon einmal in Tokyo gegessen, es schmeckte aber in der Herkunftsstadt besonders gut. 😀
So gestärkt machten wir uns auf den Weg um ein paar Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Die Kraft brauchten wir aber auch, denn Nagasaki hat extrem viele Hügel. Am nächsten Tag hatten wir beide Muskelkater. 😉
Direkt am Oranda-zaka, dem Holland-Hügel, stehen sieben Häuser, die aus der Zeit gefallen zu sein scheinen. Die Higashi-Yamate Yō-fū Jutaku-gun (東山手洋風住宅群), Ansammlung westlicher Wohnhäuser in Ost-Yamate, wurde in den 1890ern erbaut. Die Häuser sehen aus, als hätte jemand ein japanisches Dach auf ein westliches Haus gesetzt. In einem der Gebäude befindet sich übrigens ein internationales Café. 🙂
Eines der Häuser beherbergte unter anderem die Gründerin des Kwassui-Instituts, Elizabeth Russel. Russel war Mitglied der Methodistenkirche und kam 1879 nach Nagasaki – nur 25 Jahre nachdem Japan sich nach über 200 Jahren wieder für das Ausland öffnete. Diese Abkapselung vom Rest der Welt nennt sich Sakoku (鎖国), abgeschlossenes Land, und wurde wohl aus zwei Gründen ausgerufen: Erstens machte sich westlicher Einfluss, vor allem das Christentum, bemerkbar, und außerdem versuchte die damals regierende Herzogsfamilie Tokugawa ihre aus dem Ausland Unterstützung erhaltenden Rivalen im Zaum zu halten.
Sakoku ist der größte Grund, warum Nagasaki so spannend ist: Während im Rest des Landes unter Androhung der Todesstrafe keine Ausländer erlaubt waren, gab es in Nagasaki eine Enklave: Dejima.
Ursprünglich im Meer auf aufgeschüttetem Land gebaut um die bösen christlichen Portugiesen wegzusperren, übernahmen später die Holländer die künstliche Insel und waren dort befugt Handel zwischen Japan und dem Ausland zu betreiben. Bis auf einige wenige Tage im Jahr waren sie jedoch auf der Insel eingesperrt. Nur während des Treks zum Kaiser alle vier Jahre konnten zumindest einige Ausländer weiter entfernte Orte besichtigen. Die Häuser sind wunderbar restauriert, auch wenn an einigen noch gewerkelt wird, und ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall!
Für 600Yen (ca. 4,75€) kann man die Häuser besichtigen und viel lernen – leider aber das meiste nur, wenn man Japanisch lesen kann. Am interessantesten fand ich, dass die Holländer keine Frauen mit nach Dejima nehmen konnten. Zum “Ausgleich” wurden Prostituierte auf die Insel gelassen, von denen wohl auch einige Kinder zur Welt brachten. Mich würde ja brennend interessieren, was mit diesen Kindern passierte. Sie konnten wahrscheinlich schlecht die Insel verlassen…
Ansonsten hatten die Holländer den Berichten zufolge wohl meist wenig zu tun, und vertrieben sich die Zeit mit Essen, Würfelspielen und den oben erwähnten Prostituierten. Was für ein Lotterleben. 😉 Aber sie hatten eben ein Monopol und machten einen riesigen Reibach.
Heute ist die Insel übrigens keine Insel mehr, sondern von Land umgeben.
Auch nach der Öffnung des Landes blieb Nagasaki ein Anzugspunkt für Ausländer – wie ihr auch im nächsten Eintrag lesen werdet, dieser hier wird nämlich zu lang. 😉
Hallo Claudia, meintest du mit dem einen Ausländer vielleicht Philipp Franz von Siebold, einen deutscher Arzt in holländischen Diensten? Über sein interessantes Leben findet man eine Menge im Netz. Im niederländischen Leiden steht sein ehemaliges Wohnhaus, das SieboldHuis. Heute Japanmuseum mit interessanten Ausstellungen.
Genau den meinte ich – das passiert, wenn man sich nicht so viel Zeit wie sonst lässt mit dem Schreiben. Habe nachgebessert, auch weil was ich schrieb faktisch falsch war. (Herrn Siebold erwähne ich im Text nicht namentlich, um ihn nicht noch mehr zu strecken…)
Nicht nur auf Dejima, sondern in ganz Nagasaki (und überhaupt Kyushu) fand ich kaum englische Infos bei den Sehenswürdigkeiten. Und das als historisch internationalste Stadt Japans! Aber auf Dejima war ein supernetter Guide, der sich auf mein lausiges Japanisch-Niveau eingestellt hat (totale Ausnahme, sonst verschraubt man sich vor Höflichkeit) und mir sehr viel anschaulich erklärt hat. Ich fand das eigentlich unscheinbare Tor, das Jahrhunderte lang der einzige Weg nach Japan war, sehr eindrucksvoll, wenn man sich das mal ausmalt.
Hoffentlich seit ihr auch in den Resten der Chinesenstadt gewesen? Die kannte ich vorher gar nicht, obwohl sie prinzipiell das Gleiche wie Dejima war.
Wir waren auch dort, allerdings war es nicht halb so schön aufgemacht.
Das stimmt, aber ich fand es deswegen noch etwas spannender/authentischer, obwohl die Tempel auch nicht ganz original mehr sind.
Nagasaki fetzt voll ein!
ja, Nagasaki würde ich mir gerne noch einmal anschauen, wir waren nur einen Tag da und da hatte mir meine Gastmama halt nur das wichtigste gezeigt, 😀