Zur dunklen Seite der Macht.

Mein Mann und ich machten uns am Sonntag im etwas angetrunkenen Zustand* auf zu Docomo, unserem Handy-Anbieter. Eigentlich wollten wir nur nachfragen, wann wir denn endlich kostenlos aus unserem Vertrag aussteigen können. Wir wollten wieder zurück zu au (englisch ausgesprochen A-U).

* Erkennt hier jemand ein Muster? 😉

via au

Kurz vorweg: Ich habe keine Ahnung von Handyverträgen in Deutschland. 2009 bis 2011 hatte ich zwar ein deutsches Handy mit Vertrag, aber bis auf “Versatel ist scheiße” ist da nicht viel hängengeblieben.

Die Handyanbieter in Japan haben ein ganz großes Problem: Der Markt ist gesättigt. Kinder werden quasi automatisch in die Verträge ihrer Eltern aufgenommen, so dass für gewöhnlich eine ganze Familie bei einem Anbieter ist. Wie bekommt man neue Kunden? Indem man sie voneinander abwirbt. So ist es in Japan eigentlich immer günstiger von einem anderen Anbieter zu wechseln (他社から乗り換えTasha kara Norikae) als einfach so einen neuen Vertrag (新規契約 Shinki Keiyaku) abzuschließen.

Was kann man als Anbieter dagegen tun, dass einem die Leute bei jeder Aktion eines Mitbewerbers abspringen? Man macht es unglaublich teuer aus einem Vertrag auszusteigen**. Bisher hing es immer davon ab, wie viel Laufzeit der Vertrag noch hatte. 6 Monate vor Auslaufen des Vertrags auszusteigen war also teurer, als wenn man es einen Monat vorher tat. Das ist leider nicht mehr so.

** Kann man das in Deutschland überhaupt?

Inzwischen muss man seinen zwei-Jahres-Vertrag im 25. Monat kündigen, um nichts zahlen zu müssen. Bei Docomo werden ansonsten ca. 10,200yen (ca. 70€) fällig, plus Bearbeitungsgebühren, wenn man seine Nummer mitnehmen möchte, von ca. 3000yen (ca. 20€) – Pro Gerät. Die Verträge für unsere Handys liefen zwar beide auf meinen Namen, der eine wurde aber im Dezember und der andere im Juni abgeschlossen – eigentlich hatten wir keine Lust mehr zu warten.

Wir haben einfach in den sauren Apfel gebissen, uns eine MNP予約番号 (MNP Yoyaku Bangô; MNP Auftragsbestätigungsnummer) geben lassen und sind am Montag, dem 勤労感謝の日 (Kinrô Kansha no Hi; Tag des Dankes für die Arbeit) gleich morgens zu au (dem Netzanbieter) gelaufen.

Irgendwie hatte ich erwartet, dass sich au ein bisschen damit haben könnte, dass ich Ausländerin bin, und sie fragten tatsächlich nicht nur nach meiner 在留カード (Zairyû Card; Residence Card), sondern auch nach meinem Pass. Anders als meiner Erfahrung nach in Deutschland, wird in Japan jeder Vertrag langatmig durchgegangen, damit man auch wirklich versteht, was man da unterschreibt. Nach rund einer Stunde hatten wir neue Handys in der Hand.

iphoneZwei iPhone 6 mit 128GB. Ja, wir sind jetzt auf der dunklen Seite der Macht, aber es ist schon ziemlich chic hier. 😉 Was ich festgestellt habe: Letztendlich ist es nicht schwieriger von einem Android zu einem iPhone umzusteigen, als seine Daten von einem alten Android auf ein neues zu bekommen. Was mir nur noch etwas fehlt ist die “Zurück”-Taste…

Gleich daraufhin fuhren wir zu Yodobashi Camera nach Akihabara und fanden uns vor einem vollkommen neuen Problem: Mit den Samsung-Handys hatten wir immer eine extrem kleine Auswahl an Hüllen, beim iPhone gibt es so viele, dass man sich gar nicht entscheiden kann. 😉 Letztendlich ist es eine rote Hülle von der schwedischen Firma Krusell geworden.

Insgesamt ein ziemlich teures Unterfangen, aber wir hatten ja eh nicht vor dieses Jahr noch in den Urlaub zu fahren…

0 Gedanken zu „Zur dunklen Seite der Macht.

  1. CKaden sagt:

    Handyfirmen sind für mich die Repräsentanten schlechthin für japanisches Geschäftsgebären im negativen Sinne und hat mich schon immer gestört. In den letzten zwei bis drei Jahren gab es zwar positive Tendenzen mit dem Entstehen kleinerer Firmen, die nicht mehr das Komplettpaket für ~50 Euro im Monat verkauft haben, aber angenehm oder gar einfach ist es für Ausländer in Japan immer noch nicht. 2009 hatte ich noch ein Prepaidhandy, aber ab 2010 beschränke ich mich auf Smartphone + mobilen Internetrouter.

    In Deutschland ist die Situation viel besser. Es gibt hier zwar auch die großen Firmen mit saftigen Preisen (wenn auch immer noch deutlich billiger als in Japan), aber auch zahlreiche Anbieter von Modultarifen, die zudem monatlich kündbar sind. Und keiner macht mehr Aufwand aufgrund der Herkunft: Adresse und gut ist.

    • Claudia sagt:

      Aber auch nur, wenn man in Deutschland lebt. Ohne Perso geht da meines Erachtens nach gar nichts.
      Im japanischen Denken ist es leider immer noch fest verankert, dass Ausländer irgendwann wieder nach Hause gehen, und wer zahlt dann die Raten fürs Handy? Frag mal in Berlin einen “Ausländer”, wann er wieder zurück geht, und danach kannst du deine verbleibenden Zähne an einer Hand abzählen. 😉 Das Ding ist natürlich, dass sie oftmals ja recht haben. Natürlich gibt es auch viele (nicht-asiatische) Ausländer, die wirklich lange in Japan leben und für immer hier bleiben, aber die Anzahl an Working-Holiday-Machern/Studenten/entsandten Firmenmenschen ist auch nicht zu verachten. Ich bin ja der festen Überzeugung, dass sich das ändert, wenn erst einmal mehr Ausländer hier auch alt werden. Dann fragt hoffentlich auch niemand mehr meine Schwiegermutter, ob ich ihre Austauschschülerin bin.

      • CKaden sagt:

        “Aber auch nur, wenn man in Deutschland lebt. Ohne Perso geht da meines Erachtens nach gar nichts.”
        Da muss ich widersprechen: meine (jap.) Freundin hat sich online ihre Simkarte bestellt und musste sich nur gegenüber dem Postboten identifizieren, Reisepass hat da gereicht. Ging alles ohne Probleme.

        Du hast natürlich recht, dass viele Ausländer in Japan eher nur kurzfristig dort sind, aber das rechtfertigt nicht dieses unprofessionelle Geschäftsgebaren. Zum Beispiel wenn man neben seiner ARC noch unbedingt (!) seinen Reisepass vorzeigen muss (der durch die ARC ja eigentlich überflüssig sein sollte), dann fragt man sich, was das soll.
        Aber auch auf Japaner bezogen finde ich die Handytarife in Japan eher zum abgewöhnen. Ich mag da nicht mehr ganz aktuell sein, aber bis vor drei Jahren war noch völlig normal, dass es entweder den Kompletttarif mit sämtlich Schnickschnack für ~5000 Yen oder alternativ Nischentarife mit scheinbar willkürlich festgelegten Zahlen für zB Volumen etc, bei denen man nur noch den Kopf gegen die Wand schlagen wollte. Aber wie schon gesagt, in den letzten Jahren gab es etwas frischen Wind, der hoffentlich anhält.

        • Claudia sagt:

          Die Tarife sind immer noch unter aller Sau. “Also entweder Sie nehmen die Telefonflat mit dem günstigen Internet, wo Sie entscheiden können wie viel sie brauchen (2, 3, 5, 8, 10, 13GB glaube ich) ODER Sie nehmen nur die Internet Flatrate für 7GB. Dazwischen gibt’s nichts.” Wir haben jetzt 7GB pro Monat, die wir verballern können…
          Wozu die den Pass brauchten weiß ich auch nicht, das war aber bei Docomo und Softbank zB nicht nötig.

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