Mädchenkrams: Japanische Frauenärzte.

Als Faultier in menschlicher Hülle halte ich mich nicht immer so ganz genau an die Empfehlungen für Routineuntersuchungen. “Wird schon nichts passieren” ist meine Devise, nur beim Gynäkologen mache ich mir Sorgen.

Als ich 2011 nach Japan zog, bekam ich meine Pille weiterhin aus Deutschland. Die beste Gynäkologin der Welt (oder zumindest Berlins) verschrieb sie mir weiter und so konnte ich den Besuch bei einem japanischen Frauenarzt weiter vor mich hin schieben. Schließlich hatte ich auch eigenartige Geschichten von Freundinnen gehört, die meine Motivation gehörig sinken ließen.

Da ich aber eigentlich plane hier zu bleiben, bezwang ich irgendwann den Schweinehund und machte mich auf die Suche. Problem Nummer eins: Eine Ärztin finden.

Die meisten Ärzte in Japan sind Männer, das ist auch bei Gynäkologen nicht anders. Bei Magenproblemen und Halsschmerzen kann das gern ein Mann diagnostizieren, wenn es um meine Geschlechtsteile geht lieber nicht. Es ist mir einfach unangenehm, egal wie egal dem jeweiligen Arzt meine Vagina ist und wie viele er am Tag sieht. Ich mag es nicht.

Also suchte ich im Internet nach “〇〇市 婦人科 女医” (〇〇-shi Fujinka Joi; XYZ*-Stadt Gynäkologie Ärztin). Ein paar Treffer gab es, und so setzte ich mich in die Bahn, fuhr eine Station, ging zur Klinik – und wurde von einem Mann untersucht. Die Ärztin kommt nur an bestimmten Tagen zu bestimmten Uhrzeiten, die absolut nicht mit meinem Kalender kompatibel sind. Leider passiert sowas immer wieder, nicht nur bei Gynäkologen.

* 〇〇 ist im Japanischen was in Deutschland der XYZ-Platzhalter, oder die ***-Sternchen sind.

Jetzt bin ich bei einer Ärztin eine Stadt weiter. In der gesamten Klink arbeiten nur Frauen, die Ärztin ist nett aber bestimmt**. Bei meinem ersten Besuch wurde alles mögliche abgefragt, ich zeigte die Packung meiner deutschen Anti-Baby-Pille und bekam eine ähnliche, nur mit Phasen, verschrieben. Die Minipille wird in Japan übrigens nicht von der Krankenversicherung teilfinanziert und je nach Produkt schwanken die Preise erheblich. Ich habe die アンジュ21 (Anju 21) und zahle für drei Monate 7,128Yen (ca. 52€).

** Ich mag es lieber wenn mir klipp und klar gesagt wird was Sache ist, als wenn, wie bei vielen anderen Ärzten, ewig um den heißen Brei herumgeredet wird.

Die Pille ist in Japan auch absolut nicht verbreitet und kaum jemand geht damit so enspannt um wie in Deutschland üblich. Kommentare von Japanerinnen, wenn ich erzählt habe, dass ich die Pille nehme:

“Warum?!” (Weil ich nicht schwanger werden möchte.)

“Für die Haut?” (Nein.)

“Hast du medizinische Probleme, dass du sie nehmen musst?” (Nein.)

“Kannst du dann später noch Kinder kriegen?” (Ja.)

“Wird dir davon nicht schwummrig und schlecht?” (Nein.)

“Ist das nicht total schlecht für deinen Körper?” (Sicher nicht ideal, aber weniger anstrengend als eine Schwangerschaft.)

Mein Mann hatte anfangs auch große Bedenken. Warum das so ist? Weil die Pille zur Verhütung erst seit 1998 zugelassen ist, zur Regulierung der Periode erst seit 2010. Die 日本医師会 (Nihon Ishi-kai; Japanische Ärzte-Gesellschaft) hatte sich davor 40 Jahre lang gegen eine Zulassung gesperrt, weil man die Langzeiteffekte nicht einschätzen könne und es zu einer geringeren Verbreitung von Kondomen führe (und der moralische Verfall erst…). Vierzig Jahre! Wenn es um Medizin geht, lebt man in Japan teils in der Vergangenheit.

Aber zurück zum Frauenarzt. Was für viele am mysteriösesten ist, ist der Vorhang zwischen Arzt und Patient bei Unterleibsuntersuchungen. Japanerinnen scheinen damit keine Probleme zu haben, vielleicht ist es ihnen peinlich zu sehen, wie jemand an ihren Genitalien hantiert. Ausländerinnen haben oft lieber die Übersicht darüber, was jemand an ihren Genitalien macht. Ich persönlich frage einfach immer, ob man den Vorhang nicht offen lassen könne.

Insgesamt habe ich das Gefühl, dass die Untersuchungen in Japan nicht so ausführlich sind wie in Deutschland. Hier wird einiges erst untersucht, wenn man älter wird, während es in Deutschland standardmäßig dazu gehört. Ultraschall von innen hatte ich zum Beispiel hier noch nicht. Den Test für Gebärmutterhalskrebs (子宮頸癌 shikyûkeigan) musste ich extra erfragen, im kostenlosen Testpaket für unsere Stadt*** ist er erst, wenn man älter wird. Mir wurde auch mehrmals erzählt, dass ich viel zu jung für Krebs sei. Dummerweise scheint sich der Krebs nicht darum zu scheren und eine Freundin von mir hatte letztes Jahr Gebärmutterhalskrebs im Frühstadium…

*** Wir bekommen einmal im Jahr einen Zettel, auf dem steht, welche Krebsvorsorgeuntersuchungen wir kostenlos machen lassen können. Wie ich das verstanden habe bedeutet das leider auch, dass ich den Test nur bei einem Arzt in meiner Stadt machen lassen kann – meine Ärztin ist aber eine Stadt weiter.

Als ich Brustschmerzen hatte und wegen Brustkrebs anfragte, wurde mir gesagt, dass man das nicht beim Gynäkologen machen lassen würde, da müsste ich zu einem anderen Arzt gehen, der das anbietet. Meine Ärztin in Deutschland hat jedes Mal meine Brüste abgetastet, mehr erwartete ich gar nicht – und bekam eine Mammographie und Ultraschall. Nun ja, wieder was gelernt.

Bei einer Klinik, die auf Ausländer eingestellt ist, mag das alles etwas anders aussehen, aber die gibt es in meiner Ecke nicht und so lerne ich weitere wichtige Vokabeln. 😉

0 Gedanken zu „Mädchenkrams: Japanische Frauenärzte.

      • Chi sagt:

        In Deutschland sind Faxe ebenfalls üblich. Allerdings hat das was mit dem Recht zu tun. Irgendetwas gilt nämlich als *schriftlich* geschickt und rechtsverbindlich, wenn es per Snail Mail oder per Fax (WTF?) geschickt wird. Die Empfangsbestätigung per Fax gilt dann als echte, rechtskräftige Empfangsbestätigung (WTF^2). Wenn man alles per eMail schickt, ist es nicht mehr rechtsverbindlich. Pervers wird es, wenn der Empfänger (! nicht der Sender!) den Fax über einen Server als eMail weiterleitet… Das ist dann sehr … grau.

        • Claudia sagt:

          Eben! Mein Vater hatte damals schon immer eine Software, die Faxe auf den PC weiterleitete, ich bezweifle dass das bei den großen Firmen anders ist.
          Eine riesige Papierverschwendung.

  1. Goya sagt:

    Das klingt wirklich gewöhnungsbedürftig. Vor allem der Vorhang würde mich stark irritieren.
    Auch verrückt, dass die Brust nicht abgetastet wird, ob das mit einem verschrobenen Moralbild zusammenhängt? Was meinst du?
    Im Ausland war ich noch nie beim Frauenarzt, aber bei Gesprächen mit anderen Frauen über die Unbekanntheit der Pille kann ich mich noch gut erinnern.
    Mir ist es passiert, dass mir bei meinem ersten Aufenthalt in Taiwan, die Pillenpackung ausging, so dass ich ungeplant die Pille abgesetzt habe. (seitdem nehme ich sie nicht mehr)

    • Claudia sagt:

      Ich denke gar nicht, dass das irgendwas mit Moral zu tun hat, die Mammographie durfte ja dann ein männlicher Röntgentechniker übernehmen (das Echo hat eine weibliche Ärztin gemacht – die nur vormittags da ist, weil.). Es ist wohl einfach anders aufgeteilt.

      Mach dir keine Gedanken wegen dem Totenfest! 🙂

  2. zoomingjapan sagt:

    Tja, willkommen im Club. Ich geh jetzt seit 7 Jahren in Japan zum Frauenarzt. Ich hatte nur einmal eine Frau, hab aber auch mit Männern keine Probleme.
    Du bekommst die gleiche Pille, die ich nehme. Komme mir der sehr gut klar. 🙂

    Der Vorhang nervt und auch, dass da noch Krankenschwestern anwesend sind. Das hilft zwar gegen Missbrauch (z.B. heimliche Videos), aber ich brauch da nicht unbedingt so viele Zuschauer.
    Man kann den Vorhang auch weglassen. Musst nur sagen, dass du den Vorhang nicht brauchst / willst. 😉

    Ja, das mit der Extrauntersuchung für die Brust nervt so dermaßen. Wie du ja weißt, wohn ich in der Pampa. Das nächste Krankenhaus, wo ich all die Untersuchungen machen lassen kann, ist ca. 20km entfernt. Und meist lässt sich das nicht alles an einem Tag machen. Und wie teuer das alles ist.

    Und ja, wenn du denen nicht klipp und klar sagst, welche Vorsorgeuntersuchungen du willst, wird gar nichts gemacht. In Deutschland (zumindest war das zu meiner Zeit noch so) muss man sich ja regelmäßig untersuchen lassen um überhaupt an die Pille ranzukommen. In Japan nicht. Nicht sehr gewissenhaft. 🙁

    • Claudia sagt:

      Es gibt wohl alle zwei Jahre einen Bluttest, wo ich dann letztes Mal darum bat, dass man den doch bitte vorziehen solle. Kostet zwar wieder ein Schweinegeld, aber immerhin wird irgendetwas untersucht…

  3. Anika sagt:

    Ich war bis jetzt einmal hier bei einer Frauenärztin.
    Sehr genial, sie hat ihre Webseite auch auf Englisch, aber die Leistungen, die sie anbietet, variieren je nach Sprache.
    Ich war nicht wegen Englisch dort, sondern weil es eine ÄrztIN war…
    Abtasten auf Brustkrebs hat sie anstandslos gemacht und unterschied sich nicht sonderlich von Deutschland.
    Ich werde mir aber trotzdem eine andere Praxis suchen, diese war einfach nicht angenehm..
    Ein Auszug aus den Leistungen:
    Englisch: Pille danach
    Japanisch: Bridal check

    • Claudia sagt:

      Als ich Brustschmerzen hatte fragte ich sie wegen Brustkrebs: “Wenn Sie sich da Sorgen machen, müssen sie zur Brustkrebsvorsorge gehen, soll ich Ihnen einen Arzt in der Nähe heraussuchen?” …
      Den Bridal Check finde ich an sich eigentlich gar nicht so schlecht, solang es auch einen Groom Check gibt. 🙂

      • Anika sagt:

        Ja, das ist doch mal Service!

        Allerdings hatte die Ärztin, bei der ich war, auch auf der Webseite unter “Leistungen” Krebs stehen.. Vielleicht war das bei deinem nicht der Fall?

        Bridal Check.. Ich habe keine Ahnung was das genau sein soll, aber in meinem Kopf taucht da auf, dass die Frau auf Fruchtbarkeit untersucht wird. Ob sie in der Lage ist einen Stammhalter zu produzieren..
        Und ganz ehrlich… Sowas finde ich vor der Heirat irgendwie abstoßend.. Stell sich einer mal vor, ein Paar möchte heiraten, sie geht zum Bridal Check, dabei kommt raus, dass sie unfruchtbar ist und der Mann lässt sie daraufhin fallen… (Anders rum genauso doof..) Ich bin romantisch. Heiraten sollte man aus Liebe. Wenn hinterher raus kommt, dass Kinderkriegen nicht klappt, sollte man das gemeinsam durchstehen und eine andere Lösung finden..

        • Claudia sagt:

          Neben der Fruchtbarkeit wird man wohl auch auf haufenweise Krankheiten untersucht, das finde ich schon gar nicht so schlecht. Wir haben es zwar nicht gemacht, aber letztendlich ist es glaube ich weniger eine Absicherung als ein Auskundschaften der Lage, genau wie du vor der Hochzeit die Eltern und Freunde triffst, wahrscheinlich weißt wie viel Geld zur Verfügung steht, und mal drüber geredet hast, wie sich der Partner die gemeinsame Zukunft vorstellt. (Oder aber auch nicht die Katze im Sack heiratest. 😉 )
          Wenn man vor der Hochzeit weiß, dass es Probleme beim Kinderkriegen geben könnte, ist man zumindest vorbereitet und kann sich überlegen, was man tun wird. 🙂 Wenn sich jemand trennt, weil die Wahrscheinlichkeit einen Stammhalter zu produzieren, gering ist, stimmt vielleicht generell etwas nicht…
          Außerdem habe ich manchmal das Gefühl, dass vor der Heirat eher nicht zum Frauenarzt gegangen wird – ich sehe auf jeden Fall bei meinen Besuchen ausschließlich Frauen, die älter als ich wirken.

          • Anika sagt:

            Naja.. Wenn Japaner vor der Ehe nicht zum Arzt gehen.. o.O
            Also bei mir hätte nur noch die Frage nach Fruchtbarkeit ausgestanden..

            Ich bin mir auch fast sicher, dass beim Feststellen von Unfruchtbarkeit vor der Hochzeit die Trennungsrate höher ist als längere Zeit nach der Hochzeit.
            Klar kann man sagen, dass der Partner, wenn er sich wegen sowas trennt, eh nicht die beste Wahl war. Aber eben dieses “Erbe produzieren müssen” bei den Männern, lässt mich schütteln..

  4. Bibi sagt:

    Wow, das macht mir echt Angst @.@
    Ich mein, in meinem einen Jahr in Japan werd ich nicht zum Frauenarzt müssen, hab hier noch alle Vorsorgeuntersuchungen machen lassen. Aber falls ich später wirklich mal da wohnen sollte, is das ja nicht so schön, dass es mit den Vorsorgeuntersuchungen so schwierig ist. Ich bin halt auch Risikopatient und brauch dringend meine Untersuchungen.
    Gibt es wirklich Kliniken für Ausländer? Dann beruhigt mich das etwas 😀
    Vielleicht wissen die da etwas besser mit “Spezialfällen” umzugehen XD Oder zumindest ich kann es ihnen im Zweifelsfall besser erklären.

    • Claudia sagt:

      Die Kliniken in Gegenden, in denen mehr Ausländer leben (Roppongi, Aoyama, etc.) haben oft ein englischsprachiges Angebot und sind glaube ich eher darauf eingestellt, was die ausländischen Patienten erwarten. 🙂

  5. Rebecca sagt:

    Hallo !
    Vill. Kannst du mir helfen!
    Mein Mann und ich reisen gerade in Kyoto / Japan!
    Ich bin in der 27 ssw und müsste wahrscheinlich zum Gynäkologen!
    Könntest du mir eine Adresse geben? Wo ich am besten und schnellsten behandelt werde?

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