Mein Mann und ich haben uns im Dezember 2008, einen Tag nach Weihnachten, in Tokyo kennengelernt. Am 4. Januar waren wir dann zusammen. Im Nachhinein betrachtet ging das sehr schnell, aber es ist nicht so, als hätte ich es bisher bereut. 😉
Nach sechs Monaten, Anfang Juli ging es für mich dann wieder zurück nach Deutschland. Zu dem Zeitpunkt war schon lange beschlossen, dass wir heiraten würden, sobald er die Uni abgeschlossen haben würde. Es war also uns beiden durchaus recht früh in der Beziehung sehr ernst, seine Familie hatte ich auch schon getroffen und trotzdem – Fernbeziehungen sind immer scheiße und selten einfach.
* Dank eines Missverständnisses dachte ich eines schönen Muttertages, dass er mich sofort heiraten wollen würde. Ich hätte zugesagt.
Während der zwei Jahre Fernbeziehung trafen wir uns vier Mal. Im Februar 2010 war ich für drei Wochen in Japan, im Juli desselben Jahres für zwei Wochen, im September kam er für zehn Tage nach Berlin. Von März bis Anfang April 2011 war ich dann noch einmal in Tokyo, um zu heiraten. Danach war ich für zwei Monate in Deutschland, bevor ich endgültig nach Japan gezogen bin.
Während natürlich alle Beziehungen so unterschiedlich sind wie die Menschen, die in ihnen leben, gibt es zwei Dinge, die für mich unglaublich wichtig waren. Auch immer noch sind.
Vertrauen
Ich wurde von jemandem, dem ich von der Fernbeziehung erzählte, gefragt, ob ich denn ernsthaft glauben würde, dass mein Freund mir nicht fremdgeht. Ääähm, ja. Mein Freund/Mann ist kein Idiot und auch kein triebgesteuertes Untier, das jedem Rock hinterherhechelt. Natürlich sollte man seinem Partner nicht jeden Mist abkaufen, aber ein gewisses Grundvertrauen sollte doch bestehen. Wenn bei jedem kleinen Pups eine riesige Diskussion über’s Fremdgehen entsteht, würde ich mir Sorgen machen.
Mein Mann brauchte auch einige Zeit um zu verstehen, dass ich mich nicht in unglaubliche Gefahr begehe, wenn ich in Berlin abends ausgehe – Japaner kennen oft nur die extreme Sicherheit ihrer Heimat, jedes andere Land klingt im Vergleich dazu grauenhaft. Er macht sich sowieso immer Sorgen um mich, durch die Distanz wurde das noch einmal unglaublich verstärkt. Dem Partner zuzutrauen sich nicht in Lebensgefahr zu begeben ist auch Vertrauen. 😉
Klar, Vertrauen muss man sich erarbeiten, aber das geht eher schlecht, wenn man die Welt des Partners nur durch seine Erzählungen kennt. Es hätte natürlich sein können, dass mein Mann nach den ersten sechs Monaten plötzlich Interesse an anderen Frauen gehabt und fünfzehn geschwängert hätte. Das ist alles möglich. Aber statt obsessiv über solchen Szenarien zu brüten, habe ich ihm einen Vertrauensvorschuss gegeben und es hat sich ausgezahlt. Soweit ich weiß zahlen wir an niemanden Alimente. 😉
Kommunikation
Ob man nun dieselbe Muttersprache spricht oder nicht, es kommt in jeder Beziehung mal zu Missverständnissen, vor allem wenn man per Text kommuniziert. Wenn man mehrere tausend Kilometer und Zeitzonen voneinander entfernt lebt kommt es auch vor, dass die Kommunikation zeitlich nicht so klappt wie man es sich wünscht. Ich hatte mehrmals Angst, dass meinem Mann irgendetwas zugestoßen sei, weil er nicht auf E-Mails geantwortet hat. Letztlich stellte sich immer heraus, dass er entweder einfach beschäftigt war oder mit einer Erkältung im Bett lag.
Missverständnisse sind vor allem in einer Fernbeziehung manchmal gefährlich, weil durch die Verzögerung in der Kommunikation gern auf beiden Seiten das Kopfkino angeht. Ist er jetzt eingeschnappt, weil ich etwas gesagt habe, oder hat er einfach keinen Handy-Empfang? Klingt die Nachricht nur in meinem Kopf so gemein, oder ist die Intonation eigentlich ganz anders gemeint? Gibt es Leute, die sich immer den bestmöglichen Ausgang zu einem Szenario vorstellen? Wir sind nicht so. Ganz kleine Dinge können einfach durch die Zeit zwischen den Nachrichten plötzlich zu riesigen Problemen werden. Und wäre man nicht durch Kontinente und Meere voneinander getrennt, würde man einfach “Oh, das hast du falsch verstanden” sagen und den Partner umarmen. Geht nicht. Man muss einfach mehr und/oder besser kommunizieren und ich glaube, dass uns diese Erfahrung auch jetzt noch weiterhilft.
Neben digitaler Kommunkation haben wir auch manchmal Briefe geschrieben. Handgeschriebene Zeilen auf echtem Papier sind einfach schön und eine nette Überraschung. 🙂 Mein Mann hat mir auch einen Teddy gestrickt, damit ich etwas habe, wenn ich einsam bin. Er hat extra Stricken gelernt, saß ewig dran und der Teddy ist formmäßig etwas eigenartig, aber es war das beste Geschenk aller Zeiten. 🙂
Fernbeziehungen sind oft auch zeitaufwendig. Wir haben damals täglich mehrmals E-Mails geschrieben und hatten einen privaten Blog mit Passwort, in dem wir über alles mögliche geschrieben haben während der Partner im Bett schlummerte. Weil mein damaliges Smartphone super nervig war, war ich zum E-Mail-schreiben am liebsten zuhause, es war also ein Bestandteil meines Tages zu einer bestimmten Zeit zuhause zu hocken. Würde ich jetzt eine Fernbeziehung führen, würde ich übrigens auf Line oder ähnliche Apps zurückgreifen, weil sie einfacher zu handhaben sind als normale E-Mails. Über Skype haben wir übrigens eher selten gesprochen, der Zeitunterschied war da schon ein Problem.
Letztendlich haben wir beide wirklich viel Zeit investiert, aber es hat sich absolut gelohnt! 😀
Kommunikation und Vertrauen sind keine Garanten für erfolgreiche Fernbeziehungen, aber es schadet ganz sicher nicht. 😉 Es scheint genug Leute zu geben, die jede gescheiterte Fernbeziehung als Beweis dafür ansehen, dass das niemals nie klappt und jede Fernbeziehung von Anfang an dem Untergang geweiht ist. Stimmt nicht. 🙂
Ich bin eigentlich eine stille Leserin (schon eine ganze Weile und immer sehr begeistert). Heute möchte ich einfach mal kurz kommentieren 🙂
Meinen absoluten Respekt, eine Fernbeziehung über solch eine Distanz und Dauer zu meistern. Toll!
Ich persönlich fand ein halbes Jahr auf 500km schon wahnsinnig anstrengend 😉
Ich glaube, jede Fernbeziehung bei der man sich nicht ständig treffen kann, ist doof. 🙂 Zu sagen, dass eine Fernbeziehung über 500km gegen eine über 5000km ein Klacks ist stimmt nicht! 😀 Ihr schafft das schon!
Wenn man sich früh sicher ist, was man will… Aber dennoch, Glück gehabt! Gleich den richtigen Partner fürs Leben zu finden, das ist schon klasse.
Was mich ja interessieren würde, ist was eure jeweiligen Eltern dazu so gesagt haben. 🙂
Mein Vater hat weiter unten kommentiert! 😀
Ich bin ja eigentlich stiller Mitleser, aber eines muss mal gesagt werden: Ihr seht ultrasympathisch aus.
Haha, danke! 😀
Kann deine Zeilen voll und ganz unterschreiben! Aber: Hut ab! 2 Jahre haette ich das nicht ausgehalten!! Bei uns war es ein halbes Jahr, und das kam mir schon ewig vor. Wir haben ueberigens nur 1x pro Tag eine Mail geschrieben und Skype war meinem PC damals auch noch nicht bekannt. Kann alles funktionieren, wenn sich beide sicher sind!
Kann absolut funktionieren! Fernbeziehungen sind für jeden Zeitraum Käse. 🙂
Wir waren glaube ich etwas exzessiv, was die Mails anging…
Michelle, wir brautseitigen Eltern haben dazu gar nichts gesagt, wir haben einfach nur die genetischen Grundlagen gelegt. Wir haben ebenso eine Fernbeziehung vor der Hochzeit geführt, und der Abstand Rumänien – DDR war damals mindestens genausogroß wie der Abstand Japan – Deutschland heute ist. Und wir hatten kein Emailskypesmswhatsappfacebook. Briefe jedoch massenweise und ab und zu ein TELEGRAMM. Dieses ist, für Spätgeborene, SMS per Post. Man geht zur Post, sagt der Schalterbeamtin ein paar Zeilen Text. Der wird per Fernschreiber (so eine Art Morsegerät mit Tastatur) zum Empfänger geschickt und vom dortigen Fernschreiber ausgedruckt. Sodann begibt sich ein Postzusteller zum Empfänger und übergibt ihm einen Zettel mit dem Text. Der ganze Vorgang dauerte vielleicht 6 Stunden, also deutlich schneller als ein Brief. Dies mußte jetzt einfach mal in aller Ausführlichkeit beschrieben werden.
Da wollte ich doch gleich schreiben, dass Michelle ja einfach bei meinen Eltern nachfragen kann… 😉
Meine Schwiegereltern mochten mich von anfang an sehr, das war also auch absolut kein Problem!
Es ist sehr interessant sich in deinem Bericht zum Teil selber wieder zu finden. Lustig dass sich meine Japan-Trips fast monatsgleich decken 😀 Dank deines Eintrags werden gerade sehr viele Erinnerungen wieder hochgespült. 🙂
Das mit dem privaten Blog finde ich klasse, auf Idee sind wir aber nicht gekommen. Hat zum Glück auch ohne geklappt.
Freut mich für euch, dass ihr jetzt an dem Punkt seid, wo ihr heute seid!
Na dann freue ich mich doch gleich mal für euch zurück! 😀
Also ich bin ja normalerweise nicht so die Romantische, aber Dein Bericht war sehr sehr schön!
Wie Ihr es über die Zeit (und die Entfernung) so “tapfer” ausgehalten habt, dafür habt Ihr meinen vollsten Respekt! 🙂
Ich wünsche Euch, das Ihr in Eurer Ehe immer alles so gut meistern werdet und zusammen sehr sehr glücklich bleibt!!
LG,
Viola
Wir sind auch nicht romantisch. 😉
Bisher sind wir sehr glücklich, ich hoffe einfach, dass das so weitergeht. 🙂
Vielen lieben Dank für das Teilen deiner Erfahrungen in einer Fernbeziehung. Ich bin selber gerade in einer, seit ein wenig mehr als 2 Monaten. Unsere Entfernung ist ca. 6000 km, was wir auch sehr zu spüren bekommen. Skypen schaffen wir auch höchstens einmal in der Woche, was für mich persönlich sehr frustrierend ist. Glücklicherweise lebe ich einer Generationen bei der so gut wie jeder und jede ein Smartphone hat, somit kommunizieren wir grössten Teils mit Whatsapp. Er kommt mich bald besuchen für zwei Wochen. Ich freue mich sehr darauf, bin mir aber auch schon sehr lange am überlegen, ob ich diese Beziehung weiterführen kann, möchten tue ich es ganz sicher. Ich möchte mich bei dir bedanken, deine Worte haben mir wieder Mut gemacht, nicht so leicht aufzugeben.
Ich wünsche dir und deinem Mann alles Gute! Ich hoffe, ich kann euch zwei ein wenig als Vorbilder nehmen.
Alles liebe,
Meriel
Vielen Dank für die lieben Worte!
Habt ihr denn konkrete Pläne euch bald wieder zu sehen? Ich fand es immer leichter, wenn man sich wenigstens sagen konnte “Noch zwei Monate, dann sehen wir uns wieder”. 🙂
Meiner Erfahrung nach sind Fernbeziehungen übrigens vor allem am Anfang richtig schmerzhaft, je länger man voneinander getrennt ist, umso mehr gewöhnt man sich dran. Halte durch!
Wir sehen uns wieder in genau drei Tagen. Er kommt mich für zwei Wochen besuchen. Und ja, ich mache die gleiche Erfahrung. Am Anfang war es richtig hart auch wenn ich wusste, er kommt mich in zwei Monaten besuchen. Mitlerweilen ist es nicht mehr so schmerzhaft, dafür habe ich aber das Gefühl man lebt sich ausseinander. Jedesmal wenn wir Skypen fragen wir uns, was ist passiert, doch wir finden immer wieder schnell zu einander. Ich möchte halt nur nicht so recht über die Zukunft nach denken. Nach seinem Besuch ist noch nichts geplant. Wir werden danach beide am studieren sein und so warscheinlich keine Zeit mehr haben. Bis jetzt war er am studieren und ich am arbeiten, somit hatte ich immer Zeit für ihn, er aber nicht für mich. An schlechten Tag denke ich dann, was bringt es zusammen zu sein, wenn beide ihr eigenes Leben leben. Darum denke ich ein anderer wichtiger Faktor in Fernbeziehen ist auch, dass beide gleich viel zu tun haben und beben auch gleich viel Zeit füreinander haben, denn wenn einer immer zu Hause sitzt und zuviel Zeit zum nachdenken hat, kommt das gar nicht gut.
Danke nochmals für deine Worte. Es ist wirklich schön sich mit jemanden auszutauschen. 🙂
Hallo, danke dass Ihr eure schöne Geschichte mit uns geteilt hast, das gibt mir Motivation weiter zu glauben das es klappen wird, ich bin seit 6 Monate mit eine Japanerin zusammen, wir haben uns in Deutschland kennengelernt und 4 Monate zusammen verbracht war echt eine schöne Zeit, und jetzt seit 2 Monate ist sie wieder nach Kyoto gezogen, und ich finde es echt nicht leicht, 2-3 Mal pro Woche skypen wir, Chatten tun wir sehr selten, naja am Dezember werde ich nach Japan fliegen und danach hat sie noch 1 Jahr den Studium abzuschließen !!
Ich wünsche euch alles Gute! 🙂
Liebe Claudia,
ich habe gerade deinen Blog entdeckt und bin ganz hibbelig, weil ich jemanden gefunden zu haben scheine, der in der gleichen Situation vor ein paar Jahren war, in der ich mich gerade befinde! Ich kenne leider nicht so viele junge deutsche Frauen, die mit einem Japaner zusammen sind und in Japan leben und bin daher begeistert, dass ich in deinem Blog so viel wiederfinde, womit ich mich identifizieren kann!
Ich habe meinen Freund während meines Austauschjahres 2014/2015 in Tokyo kennengelernt und bin seit über einem Jahr in einer glücklichen Beziehung mit ihm (*^_^*). In vielen Charaktereigenschaften wie du deinen Mann im Blog beschreibst, finde ich auch in meinen Freund wieder. Im September 2015 bin ich dann leider wieder zurück nach Deutschland und seitdem sind wir in einer Fernbeziehung. Wir schreiben uns jeden Tag viel über LINE und skypen einmal die Woche, aber es ist nicht sehr einfach, weil ich ihn unglaublich vermisse. Im März kommt er mich für 10 Tage besuchen und ich flieg wahrscheinlich im Sommer wieder rüber. Leider wird das noch 2 Jahre so gehen, weil ich erst noch meinen Master in Deutschland fertig machen möchte. Danach ist die Planung aber wieder nach Japan zu gehen und wahrscheinlich auch zu heiraten (^_~).
Deswegen finde ich es so spannend deinen Blog mit deinen Erfahrungen zu lesen und bin einfach nur sehr begeistert gerade! haha 😀 Vielen Dank und mach weiter so!
Ich werde weiterhin fleißig deinen Blog lesen, aber vielleicht können wir auch so weiter in Kontakt bleiben, sei es E-Mail oder Facebook, schreib mir doch einfach, ich würde mich super freuen dich kennen zu lernen! (*^-^*)
Eine Frage hab ich noch: Ich hab meinem Freund von deinem Blog aufgeregt erzählt und er wollte ihn auch gerne lesen, allerdings versteht er kein Deutsch (noch nicht) 😉 . Hast du vielleicht auch einen Blog auf Japanisch oder auch Englisch?
Viele liebe Grüße,
Melanie
Hallo Melanie, vielen Dank für deinen Kommentar. 😀 Fernbeziehungen, aber letztendlich lohnt es sich. Wenn du mir schreiben möchtest, mach das einfach über die Facebookseite zum Blog (gleicher Name), dann sehe ich es sofort. Ich drücke euch auf jeden Fall die Däumchen. 🙂
Obwohl schon vor ein paar Tagen gelesen, nochmal: gaaaanz viele <3
Ich finde ihr seht schon auf den Fotos nach einem unglaublich glücklichen Paar aus. Und wow, mittlerweile seid ihr schon fast 8 Jahre zusammen! Einfach wundervoll, wie ihr die Fernbeziehung und auch euer Leben danach in Japan gemeistert habt. (und es ja immer noch tut, haha :D)
Das kann man sich wirklich nur zum Vorbild nehmen – mir zumindest hilft es total, eure Geschichte zu lesen. Das gibt Kraft 🙂