Das Hochzeitsvideo.

Am Sonntag hatte ich das große Vergnüngen den Tag großteils eingeklemmt auf der Rückbank eines Autos zu erleben.

Ein Freund meines Mannes heiratet und hat seine Studienfreunde beauftragt irgendetwas für die Hochzeitsfeier zu machen. Also traf sich mein Mann mit seinen Studienfreunden zum Trinken und Ideen wurden ausgetauscht. Irgendwann klingelte mein Handy.

Er: Sag mal, kannst du Videos schneiden?

Ich: Ich hab’s noch nie gemacht.

Er: Aber könntest du?

Ich: Warte kurz, ich ruf dich gleich zurück.

Schnell das Internet nach Schnittprogrammen durchforstet und zurückgerufen.

Ich: Also ich könnte es wahrscheinlich…

Er: Gut!

Und so, liebe Kinder, handelt man sich Ärger ein.

Es wird ein Video erstellt werden (von mir, natürlich, mit einem Programm (Adobe Premiere Pro), dass ich noch nie verwendet habe), in dem hauptsächlich mein Mann und seine Freunde zu diesem Lied tanzen. Wer darf den ersten Part mit dem weinenden Typen und dem genervten Mädel spielen? Mein Mann und ich, natürlich.

Fünf HerrenZum Drehen der Szenen sind wir am Sonntag zu verschiedenen Orten, die irgendwie Erinnerungen mit dem Bräutigam wecken, gefahren und die Herren haben getanzt. Erst nach Saitama, um vor der Grund- und der Mittelschule, und vor (und im Haus) des Bräutigams zu tanzen, dann nach Tokyo, um in der Umgebung der Uni (日本大学, Nihon Daigaku) zu filmen. Auf dem Weg dorthin wurde auch mehrmals ausgestiegen und getanzt, unter anderem in einem vollen Tempel. Man gönnt sich ja sonst nichts.

An der Uni kamen dann noch andere Freunde des Bräutigams dazu, und zur letzten Station ging es nach Chiba, wo ein weiterer Unicampus steht. Inzwischen war es dunkel und verdammt kalt. Kurz nach acht waren wir endlich fertig, nach zwölf Stunden.

Und nun darf ich schneiden. Wie gesagt, etwas, was ich noch niemals nie gemacht habe. Erst hatte ich überlegt, ob ich iMovie, dass beim Mac dabei ist, verwende, aber die ersten Versuche waren so frustrierend, dass ich mir die 30-Tage-Testversion von Adobe Premiere geladen habe – die ist zwar komplett auf Japanisch (yay…), aber immerhin nervt sie mich nicht nur an. Zumindest derzeit nicht. Wir reden in ein paar Wochen nochmal.

Ein Jahr später.

Vor etwas über einem Jahr ist mein Schwiegeropa gestorben. Über die Beerdigung schrieb ich damals schon.

Am Samstag war die 一回忌 (Ichikaiki, wird wohl auch 一周忌 (Isshûki) genannt) für ihn. Übersetzt heißt beides einfach “erster Todestag”, aber natürlich war es nicht nur das. Wir fuhren hinaus in den (buddhistischen*) Tempel, von dem wir schon den geistlichen Teil der Bestattung übernehmen lassen hatten. Bei unserer Ankunft regnete es ziemlich stark und der ganze Tempel war unglaublich kalt.

* Bei Japanern kann man einer einfachen Faustregel folgen: Alles was mit Leben (heiraten, Kinder segnen lassen, etc.) zu tun hat, wird in einem shintoistischen Schrein abgehalten, wenn jemand stirbt kümmert sich ein buddhistischer Tempel um alles.

Kurz nach unserer Ankunft wurden wir in den Hauptraum des Tempels geführt, wo ein Mönch Kontakt mit dem Totenreich aufnahm und wir für den Großvater beteten. Das war an sich recht unspektakulär, zumal der Ablauf des Betens (vor der Verwandtschaft verbeugen, vor dem Mönch verbeugen, hinsetzen und einmal die Hände zusammen und beten, dann drei Mal Asche mit den Fingern in Richtung Kopf führen und wieder ablegen, noch mal beten, aufstehen und vorm Mönch verbeugen, vor der Verwandtschaft verbeugen, setzen) genau wie bei der Beerdigung war.

Gekommen waren nur Onkel und Tante meines Mannes, meine Schwiegereltern, mein Mann und ich. Ich hätte gar nicht mitfahren müssen, aber warum nicht?

Nachdem wir uns wieder aufgewärmt hatten ging es weiter zum Familiengrab, das etwas vom Tempel entfernt liegt. Beim Tempel hatten wir zwei 卒塔婆 (Sotôba) bekommen. Das sind lange Holzbretter (wirklich mannshoch), auf dem der Name des Verstorbenen, der Name dessen, der das Sotôba bekommen hat (in unserem Fall der Name meines Schwiegervaters und seines großen Bruders) und das Jahr, in dem das Sotôba “ausgegeben” wurde, vermerkt ist. Die beiden entsprechenden Sotôba vom letzten Jahr wurden gegen die neuen gewechselt, während natürlich die der Leute, dir nur bei der Beerdigung anwesend waren, am Platz verblieben. Neue Blumen bekam er auch ans Grab gestellt, und letztendlich nahmen wir alle nacheinander Räucherstäbchen, beteten und legten sie an einem dafür vorgesehenen Platz ab.

Der ganze Ablauf nahm nicht einmal eine Stunde in Anspruch, auch wenn es sich viel länger anfühlte.

Übernächstes Jahr wird die ganze Zeremonie nochmal anstehen, aber meine Schwiegereltern haben sich wohl dafür entschlossen, dass es dann auch gut ist.

Sommerzeit ist Feuerwerkszeit!

Während in Deutschland zu Neujahr alle Feuerwerk in die Luft schießen, finden in Japan Feuerwerke im Sommer statt. Letztes Jahr wäre es unangebracht gewesen nach der großen Katastrophe in Ost-Japan groß zu feiern, weswegen so gut wie alle Feuerwerke abgesagt wurden. Dieses Jahr dann aber wieder!

Als eine meiner Freundinnen aus Berlin für eine Woche hier war, machten wir uns eines Samstagabends auf, um vom Fluss ein Feuerwerk im tokyoter Bezirk Sumida (墨田区) zu sehen. Das war zwar leider etwas weit weg und nur vom Fußgängerweg aus zu sehen, aber trotzdem schön. Zu dem Anlass hatte ich mich sogar in meinen Yukata geworfen, der aber nur in der Nähe des Flusses mit Wind erträglich war – ansonsten war es viel zu heiß dafür.

Letzten Samstag war das große Feuerwerk in  Ichikawa (市川市), dem besucherreichsten Feuerwerk Japans. Jedes Jahr reservieren sich viele Leute schon am Vortag einen guten Platz. Als wir am Morgen des Feuerwerks woanders hinfuhren, sahen wir am Bahnhof so einige Menschen in Yukata, und es war viel voller als normalerweise. Auf dem Rückweg zu meinen Schwiegereltern hatten schon einige ansässige Läden ihre Stände aufgebaut und versuchten Essen und alkoholische Getränke an den Mann zu bringen. Zum Glück können wir den größten Teil aber vom Balkon der Schwiegereltern verfolgen, nur ein Dach stört ein wenig und aus dem zweiten Stock (erstes Obergeschoss*) hat man natürlich nicht die Bombenaussicht. Trotzdem auf jeden Fall besser als sich zwischen schwitzende Menschen zu drängeln.

* Es gibt in Japan die Bezeichnung “Erdgeschoss” nicht. Was im Deutschen das Erdgeschoss wäre, ist hier schon der erste Stock.

Also standen mein Schwiegervater und ich auf dem Balkon und machten Fotos vom Feuerwerk. Die ersten dreißig Minuten zumindest, danach war es ziemlich eintönig, und wir haben uns wieder ins Haus bewegt. Aus mir unerfindlichen Gründen dauern die Feuerwerke hier alle mindestens eine Stunde, in der sich der Aaaah!- und Ooooh!-Effekt dann doch etwas abnutzt.

Deswegen haben wir dann leider auch das herzförmige Feuerwerk komplett verpasst, das wären sicher auch schöne Fotos geworden.

Wenn man Japan im Sommer besucht, und somit in der absolut schrecklichsten Jahreszeit ins Land kommt, sollte man sich zumindest mit einem schönen Feuerwerk trösten. Feuerwerke finden typischerweise im Juli und August statt, nähere Informationen gibt es bei Walkerplus (Japanisch).

Für nächstes Jahr kaufe ich meinem Mann auch einen Yukata, an Männern sehen die nämlich gar nicht schlecht aus. Wann auch immer er den dann tragen wird…

Sonne, scheine!

Wir machen morgen auf Arbeit kleine てるてる坊主 (Teruteru Bôzu), und weil ich dafür schon einen zuhause vorgebastelt habe, wollte ich kurz drüber schreiben.

Teruteru Bôzu ist eine kleine Figur, die aussieht wie ein Geist, und die für gutes Wetter sorgen soll. “Teru” heißt “scheinen” und ein Bôzu ist ein Mönch (oder auch nur jemand, der kurzgeschorene Haare hat).

Eigentlich ist der Teruteru Bôzu weiß und aus Papier, aber wir werden sie morgen in gelb und blau produzieren. Das hat auch, aber nicht nur, damit zu tun, dass es das Material nicht in weiß gab… 😉

Auch wenn im oben verlinkten Wikipedia-Artikel steht, dass ein Teruteru Bôzu mit Gesicht Regen bringt, habe ich hier im Gegenteil kaum mal welche ohne Gesicht gesehen – das wäre einfach nicht niedlich genug.

Es gibt natürlich auch ein Teruteru Bôzu-Lied, von dem die meisten aber nur die ersten zwei Zeilen kennen.

てるてる坊主 てる坊主 (Teruteru Bôzu, Teru Bôzu)
あした天気に しておくれ  (Ashita tenki ni shiteokure; Mach dass das Wetter morgen gut ist)
いつかの夢の 空のよに 晴れたら (itsuka no yume no sora no yô ni haretara; Wenn die Sonne so sehr scheint, wie in meinen Träumen)
金の鈴あげよ (kane no suzu ageyo; Gebe ich dir ein goldenes Glöckchen)

Die ersten beiden Zeilen werden in den nächsten zwei Strophen beigehalten und nur durch entweder

私の願いを 聞いたなら (Watashi no negai wo kiitara; Wenn du meinen Wunsch hörst/erfüllst)
あまいお酒を たんと飲ましょ (Amai osake wo tanto nomasho; gebe ich dir viel süßen Alkohol zu trinken)

oder

それでも曇って 泣いてたら (sore demo kumotte naitetara; Wenn es trotzdem wolkig und regnerisch* sein sollte)
そなたの首を チョンと切るぞ (Sonata no kubi wo chinto kiruzo; schneide ich dir den Hals durch)

ergänzt.
Jaja, die friedlebenden Japaner…

* 泣いてたら (naitetara) heißt eigentlich “wenn (jemand) weint”, ich bin mir nicht sicher, ob es darum geht, dass “die Wolken weinen” (und ich weiß gar nicht, ob diese Ausdrucksweise im Japanischen gebräuchlich ist), oder dass der Sprecher weint. Regen erschien mir logischer.