Tokyo Café Tour: Fuglen Tokyo.

IMGP3112Wenn man in 原宿 (Harajuku) einmal in eine andere Richtung geht, als die meisten Touristen – weg von der 表参道 (Omotesandô) und der 竹下通り (Takeshitadôri), am 代々木公園 (Yoyogi-kôen; Yoyogi-Park) vorbei, trifft man unerwartet auf hübsche Cafés, in denen sich stylische junge Leute tummeln.

Das Café Fuglen ist genau so eines. Das ursprüngliche Café Fuglen steht in Oslo, zwischen Museen und in der Nähe des königlichen Schlosses. Ganz so repräsentativ ist die Gegend des tokyoter Standortes dann zwar nicht, aber das Café selbst gleicht das aus.

IMGP3100Neben skandinavischen Backspezialitäten* gibt es vielerlei Sorten Kaffee, Limonade und Tee. Ich habe überhaupt keine Ahnung von Kaffee und war auch nicht müde, weswegen ich mich an meiner Limonade festgehalten habe. Dafür traf ich aber auf Eric von Tokyo Coffee, einem neuen Blog über … nun ja, Cafés in Tokyo. Falls ihr mal von jemandem lesen wollt, der tatsächlich Ahnung von Kaffee hat. 😀

* Steht Brød dran, ist sicher original. 😉

Der Laden ist natürlich genau so eingerichtet, wie wir unsere Wohnung einrichten würden, wären wir denn reich. 😀 Skandinavische Vintage-Möbel aus den 50ern und 60ern, super gemütlich ohne überladen zu wirken. Es ist aber trotzdem etwas eng, was aber bei Cafés in Tokyo nichts Neues ist. Wenn man möchte, kann man auch draußen sitzen, dort sind dann aber auch die rauchenden Gäste.

IMGP3105Viele Dinge kann man auch kaufen, aber wir erinnern uns – so tief sind meine Taschen dann doch nicht. Bei 200€ für eine Vase kaufe ich dann lieber die günstigen Nachbildungen. 😉

Um ehrlich zu sein, fühlte ich mich in dem Café aber auch etwas verloren. Vielleicht, weil ich mir aus Platzmangel einen Sitz am Counter ausgesucht hatte und mich nicht richtig entspannen konnte, vielleicht weil ich alleine dort war. Wir stellen fest: In Cafés immer mit Begleitung gehen und quatschen. 😀 Falls jemand von euch Nasen in Tokyo Lust hat, ich habe eine ganze Liste von Cafés, in die ich gehen möchte.

Zusammenfassend ist zu sagen: Das Fuglen ist wirklich verdammt nett ausgestattet, und ich kann mir gut vorstellen, dass es total Spaß macht dort mit Freunden zu quatschen. Allein war es dann doch etwas einsam.

Fuglen Tokyo
〒151-0063 東京都渋谷区富ヶ谷1−16−11
151-0063 Tokyo, Shibuya-ku, Tomigaya 1-16-11

Examen bestehen mit Hilfe der Götter.

Das ist die perfekte Gelegenheit für euch um über meine krepelige Handschrift zu lachen!

Das ist die perfekte Gelegenheit für euch um über meine krepelige Handschrift zu lachen!

Am Sonntag hatte mein Mann das 公務員試験 (Kômuin-shiken; Examen für den Eintritt in den Staatsdienst). Der Test ist der erste Schritt in der Bewerbung um eine Beamtenstelle, und ein wichtiger.

Um dem Erfolg ein wenig auf die Sprünge zu helfen, fuhren wir zum 神田明神 (Kanda-Myôjin; Kanda-Schrein). Japaner sind zwar laut Eigenangabe großteils Atheisten, so auch meine japanische Familie, aber vor allem der Shintoismus gehört eben auch zur Kultur. Überall überschneiden Kultur und Religion sich irgendwo, in Japan ganz besonders. Immerhin verlangen die Schreine keine Mitgliedsgebühr. 😉IMG_3398_editedMan geht also zum Schrein um z.B. für Erfolg, Liebe, Gesundheit oder eine problemfreie Schwangerschaft zu beten. Je nachdem welchen 神 (Kami) ein Schrein beherbergt, ist er mehr oder weniger gut für bestimmte Wünsche geeignet. Bei 八百万の神 (Yaoyarozu no Kami; 8.000.000 Kami*) findet sich sicher auch einer für genau das Problem, das man hat.

* 八百万 (Yaoyarozu bzw. Happyakuman) ist zwar wortwörtlich 8 Millionen, bedeutet aber “Myriaden” oder auch “verdammt viel”. 😉

Im Kanda-Myôjin sind drei Kami heimisch – 大己貴命 (Ônamuchi no Mikoto), 少彦名命 (Sukunabikona no Mikoto) und 平将門命 (Taira no Masakado no Mikoto). Keiner davon ist ausdrücklich für Wissen verantwortlich, aber mein Mann glaubt, dass es trotzdem funktioniert. 🙂

Ema sind nicht immer so künstlerisch wertvoll, aber 秋葉原 (Akihabara), das Mekka für Anime- und Mangafans, ist gleich in der Nähe.

Ema sind nicht immer so künstlerisch wertvoll, aber 秋葉原 (Akihabara), das Mekka für Anime- und Mangafans, ist gleich in der Nähe.

Wir haben also beide für das Bestehen des Examens gebetet und 絵馬 (Ema) geschrieben und aufgehängt. Ema sind Holztafeln, auf die man seinen Wunsch schreibt. Danach hängt man sie am Schrein auf. 🙂 Ich finde sie super spannend, weil man ein Bild davon bekommt, was andere sich so wünschen. Während Touristen oft irgendetwas von Weltfrieden schreiben, wünschen sich Japaner kleinere Dinge: “Dieses Jahr will ich meine Lieblingsband live sehen!”, “Ich möchte an dieser Uni aufgenommen werden!”, “Auf dass dieses Jahr besser wird als letztes”, etc. etc.

Mein Mann schrieb:

今年、公務員試験・建築士に合格できますように!! (Kotoshi, Kômuin-shiken ・ Kenchiku-shi ni Gôkaku dekimasu yô ni!!; Auf dass ich dieses Jahr den Kômuin-shiken und Kenchiku-shi bestehe!!)

Ich schrieb:

礼人が合格しますように (満点でもOK!) (Ayato ga Gôkaku shimasu yô ni (Manten demo OK!); Auf dass Ayato [seine Examen] besteht (Auch gerne mit voller Punktzahl!))

Soweit sieht es aus, als wäre es gut gelaufen, wenn nicht schieben wir es darauf, dass er kein KitKat gegessen hat. 😉

Zurück in die 60er: Hotel Okura Tokyo.

IMG_3321_editedVom Bürofenster aus kann ich über den nordöstlichen Teil der Stadt sehen, von den Botschaften Schwedens, Spaniens und der Vereinigten Staaten, über den Kaisergarten bis zum Tokyo Skytree.

IMG_3285_editedLetzten Freitag redete ich mit einer Mitarbeiterin über die Gebäude in unserer Nähe, als das Thema aufs Hotel Okura Tokyo kam, und darauf, dass das Hauptgebäude (本館 honkan) demnächst abgerissen und neu errichtet wird. Nach kurzer Recherche im Internet war klar, dass wir nicht mehr viel Zeit haben würden um das legendäre Hotel in seiner jetzigen Form von Innen zu bestaunen. Kurzentschlossen statteten wir dem Hotel also einen Besuch ab.

Das Hotel Okura Tokyo wurde 1962 eröffnet und gehört neben dem 帝国ホテル東京 (Teikoku Hoteru Tôkyô; kaiserlichen Hotel Tokyo) und dem Hotel New Otani zu den drei großen Häusern Japans. Als 1964 die olympischen Spiele in Japan stattfanden, wurde die Verpflegung der Athleten dem Hotel Okura überlassen. Im selben Jahr wurde bei einer Konferenz im Hotel das erste Mal in Japan ein drahtloses System zum Simultanübersetzen verwendet. Alle amerikanischen Präsidenten seit Nixon haben im Hotel Okura übernachtet, genau wie die Staatsoberhäupter anderer Nationen. Tatsächlich wurde auch der erste VHS-Rekorder im Hotel Okura präsentiert.

Neben dem Hauptgebäude gibt es auch einen South Wing (auf Japanisch 別館 bekkan; anderes Gebäude), der während der Erneuerung des Hauptgebäudes für Reisegäste geöffnet ist.

Nun war das Hotel natürlich immer Luxus, weswegen wir beiden, in Jeans und Turnschuhen, durchaus aus dem Rahmen fielen. Allerdings waren viele der Besucher offensichtlich dort, um dem Hotel auf Wiedersehen zu sagen, und es hat sich keiner für uns interessiert. Als wir die Preise für die Restaurants und Bars im Hotel sahen, mussten wir allerdings ziemlich schlucken. 😉

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Eine Weltzeituhr, wenn man auf die Knöpfe unten drückt wird einem die Zeit an dem jeweiligen Ort angezeigt.

Sobald man das Hotel betritt, ist man in einer anderen Welt. Der dicke Teppich ist weich wie Moos, das Licht warm und auch wenn man merkt, dass das Hotel alt ist – staubig ist es deswegen noch lange nicht. Alles ist im exzellenten Zustand.

Dennoch kann man sicher hervorragend vorstellen, wie einer der Charaktere von Mad Men im Hotel Okura seinen Whisky trinkt oder Frauen in ihren Bleistiftkleidern durch Foyer wandeln. Es wäre total retro, wenn es denn nicht original wäre. Sehr schade, dass man das jetzt für die Olympischen Spiele 2020 erneuern will, mit mehr Stockwerken, mehr Gästezimmern, einer Kapelle und Büroräumen.

Mir ist klar, dass die Welt sich weiterdreht, aber manche Dinge können meinetwegen gern so bleiben wie sie sind. Ich hoffe nur, dass sich das neue Hotel Okura Tokyo seiner Geschichte bewusst ist und sie auch gestalterisch umsetzt. Noch ein modernes Hotel braucht in Tokyo nämlich nun wirklich keiner.

IMG_3300_editedAm Freitag Abend wurde eine Sendung live aus dem Hotel Okura übertragen, um es zu verabschieden. Nachmittags waren die Lampen und Kameras schon da.

Eine letzte Sause für eines der schönsten Hotels in Japan.

Blau, blau, blau sind alle meine Ampeln.

IMGP8661Bei manchen Dingen könnte man meinen, sie wären überall so. Ampeln zum Beispiel: Grün, Gelb, Rot. Das ist international so festgelegt, daran ist nichts zu rütteln. Oder etwa doch? In Japan sagt man nämlich nicht “Es ist grün!” (緑です! Midori desu!), sondern “Es ist blau!” (青です! Ao desu!).

青 (Ao; Blau) hat eine sehr viel längere Geschichte als 緑 (Midori; Grün)*. Die Farben im alten Japanisch waren Rot, Weiß, Schwarz und Blau. Die ersten drei Farben sind übrigens nicht untypisch: Wenn eine Sprache zwei Farben kennt, sind es meist Weiß und Schwarz. Kennt sie drei kommt Rot dazu. Danach kommt oft entweder Gelb oder Grün; in Japan war es Blau, 青 (Ao).

* Erst seit Ende des zweiten Weltkriegs wird in Lehrmaterialien für Kinder zwischen Grün und Blau unterschieden. Noch früher waren kalte Grüntöne blau und warme Grüntöne gelb.

Aber was ist eigentlich alles blau, wenn man kein Wort für Grün hat? Blätter sind blau – 青葉 (Aoba; frische Blätter). Grünes Gemüse ist blau – 青野菜 (Aoyasai; grünes Gemüse). Äpfel sind blau – 青りんご (Aoringo; grüner Apfel). Auch heute noch.

Selbst als 緑 (Midori; grün) eingeführt wurde, wurde es erst nur als Abstufung von blau wahrgenommen. Als dann um 1930 die ersten Ampeln aufgestellt wurden, hieß das Grüne Licht 緑色信号 (Midori-iro Shingô; grünfarbenes Signal). War ja schließlich so festgelegt.

Aber irgendwie setzte sich das nicht durch. Die Ampeln waren grün, die Menschen nannten sie blau. 青信号 (Aoshingô; blaues Signal) geht auch viel einfacher über die Lippen. Man hätte natürlich versuchen können es durchzusetzen. Eine Marketingkampagne für das grüne Licht entwerfen, mit Kinderbüchern und Liedern. Anpassen an den internationalen Standard, keine Farbsonderregelungen für Japan!

IMGP7999Japan hat sich letztendlich für den Weg des geringeren Widerstands entschieden: Japanische Ampeln sind blau. Also natürlich sind sie nicht komplett blau, an internationale Regeln hält man sich hier schon, aber sie sind so bläulich wie es unter den Bestimmungen irgend möglich ist.

Vergleicht einmal das Titelbild mit dem Ampelmännchen in Berlin. Das Ampelmännchen in Berlin ist nicht nur stylischer als sein japanisches Gegenstück, sondern auch viel viel grüner.

Sprachen sind schon etwas Schönes. 🙂