Schönschrift.

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In Deutschland haben sich die meisten nicht so mit ihrem Schriftbild. Natürlich haben einige Leute eine super hübsche und sehr leserliche Handschrift. Zur Schulzeit, zumindest nach den Jahren in denen die Handschrift mitbewertet wurde, lautete das Credo für mich “Solange der Lehrer es lesen kann, ist alles gut” – und so sah und sieht meine Handschrift auch aus.

Im Japanischen ist es wichtiger, schön zu schreiben. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass vor allem Kanji dann doch ein klein wenig komplexer sind als unser Alphabet. Mit der richtigen Strichfolge und Balance sehen Kanji sehr schön aus – und ganz schrecklich, wenn es nicht ganz so klappt. Außerdem ist die Handschrift bei Japanern mal wieder etwas, woraus man den Charakter ableiten kann. Wozu jemanden kennenlernen, wenn man einfach seine Handschrift analysieren kann? 😉

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Ich habe natürlich eine schreckliche japanische Handschrift. Das hängt neben meiner generellen Schluderigkeit auch damit zusammen, dass ich 1. Linkshänder bin und 2. nicht jahrelang in der Schule Japanisch geschrieben habe. Linshänder haben es teils einfach schwerer Linien in die richtige Richtung zu ziehen, bzw. zu schieben, und dann ist da noch unsere generell eigenartige Handhaltung beim Schreiben – kein Wunder, dass das nicht ganz so hübsch ist.

Leider bringen alle Ausreden nichts, die machen meine Handschrift auch nicht schöner. Mein Mann, auch Linkshänder, mag seine Handschrift übrigens auch nicht, weswegen wir jetzt tatsächlich in Angriff genommen haben etwas zu tun.

Also suchten wir einen Buchladen auf, wühlten uns durch die gefühlt 300 verschiedenen Übungshefte für Schönschrift, und nahmen zwei Ausgaben von einem mit, dass eine schöne Handschrift in 30 Tagen verspricht. Die Methode ist ganz einfach: Für jedes Zeichen wird erklärt, worauf man achten muss, damit es hübsch aussieht. Dann kann man das Zeichen einmal über einer Vorlage nachschreiben, dann in einem Kästchen mit Linien zur Orientierung noch einmal und letztendlich Freihand.

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Wir haben gerade erst angefangen und sind deswegen noch bei Hiragana und Katakana, aber es läuft ganz gut. 🙂 Nur ist es ziemlich anstrengend mit höchster Konzentration Schriftzeichen zu kopieren und sich zu merken, worauf jetzt genau geachtet werden muss. Wir hoffen natürlich auf zumindest eine kleine Verbesserung unserer Sauklauen. 😉

Wenn das mit diesem Heft nicht funktionieren sollte, keine Sorge – es gibt noch viele andere. 😀

Schreibt ihr eigentlich im Alltag mit der Hand? Ich nämlich eher nicht…

Japanische Dialekte mit der Eiskönigin.

Ich mag Dialekte sehr gern, auch wenn ich deutsche kaum verstehe. Bairisch ist und bleibt eine Fremdsprache, die ich mir nicht über die mir bekannten Sprachen ableiten kann.

Auf Japanisch heißt Dialekt 方言 (Hōgen) und für spezifische Dialekte wird 弁 (ben) als Suffix an Ortsnamen gehängt, wie bei 大阪弁 (Osaka-Dialekt). Als vor einigen Jahren “Frozen” so unglaublich beliebt war, stellten YouTuber Versionen des Liedes “生まれて初めて リプライズ” (“Umarete Hajimete Reprise”/”For the First Time in Forever Reprise”) in ihrem Heimatdialekt ins Internet.

Für mich natürlich super spannend, weil man damit lokale Dialekte hervorragend vergleichen kann. 😀

Das Tokyoter Japanisch ist als Standardsprache (標準語) festgelegt, offiziell sprechen wir also keinen Dialekt. Inoffiziell ist das etwas anders, in etwa wie wenn ein Berliner … nicht berlinert. Die Betonung ist etwas anders, und ein paar besondere Worte haben wir. Letztendlich ist Tokyoter Japanisch aber super langweilig. 🙁

Ganz anders die folgenden Dialekte! Die Standard-Version des Liedes findet ihr hier.

Und als nächstes im wahrscheinlich bekanntesten Dialekt, dem oben erwähnten Osaka-Dialekt:

Den Dialekt kennen alle in Japan, er wird vor allem in Comedy viel verwendet, und manchmal benutzen Leute ihn, um cool zu wirken. Was neben offensichtlichen Unterschieden (や (ya) statt じゃ (ja) und よ (yo)) auffällt, ist, dass alle Laute gesprochen werden. Wenn Ana in Osaka-ben 残して (nokoshite; zurücklassen) singt, ist das “i” betont. In Tokyo sind wir etwas mundfauler, es würde wie “nokoshte” gesprochen werden.

Aber wir reden noch immer deutlicher als die Leute aus dem hohen Norden. 八戸弁 (Hachinohe-Dialekt) wird oft als Dialekt für Bauern und Leute vom Lande verwendet:

Aus harten Lauten werden weiche, aus 生まれて初めて (umarete hajimete) 生まれで初めで (umarede hajimede).

Aber immerhin versteht man diese Dialekte noch. Okinawa war eine Zeit lang sein eigenes Königreich und war auch sonst immer weit genug vom Rest Japans entfernt um einen absolut unverständlichen Dialekt zu entwickeln:

Über den Kanji stehen hier die Lesungen, weil man sonst überhaupt keinen Plan hätte. Im Dialekt liest man Kanji komplett anders… Allerdings weiß ich nicht, ob junge Menschen diesen Dialekt noch aktiv sprechen. Es wäre schade wenn nicht.

Der Teil des Landes, aus dem mein Lieblingsdialekt stammt, war auch lange sehr abgeschnitten vom Rest des Landes, auf einer Seite das Meer, auf der anderen Berge: 津軽弁 (Tsugaru-Dialekt) aus dem hohen Norden! Wenn ich jemals einen Dialekt aktiv lernen sollte, dann diesen. Leider gibt es nur “Let it Go” (ありのままで ari no mama de) auf Tsugaru-ben, die normale Version findet ihr hier. Hier die… andere:

Glaubt mir, auch die meisten Japaner verstehen höchstens 10% von dem, was er da singt. 😉

Ich finde es um ehrlich zu sein etwas schade, dass wir hier keinen wirklichen Dialekt haben. Klar, es gibt Edo-Kotoba (江戸言葉), aber wer spricht das schon noch? Auf der Wikipedia-Liste von 首都圏方言 (Shutoken-Hōgen; Dialektwörtern aus Tokyo, Chiba, Saitama und Kanagawa), habe ich nur vier gefunden, die wir zuhause tatsächlich verwenden. Und die ersten drei davon kommen aus Hokkaido…

かったるい  kattarui → körperlich erschöpft sein
くっちゃべる kucchaberu → quatschen, höchstwahrscheinlich laut und nervig
青たん Aotan → blauer Fleck (sagen echt alle anderen 青あざ Aoaza?!)
かたす katasu → aufräumen (Standarsprache: 片づける katadsukeru)

Der bei Männern am beliebteste Dialekt ist übrigens wohl 京都弁 (Kyoto-Dialekt), dicht gefolgt von 博多弁 (Hakata-Dialekt). Welche Dialekte Frauen toll finden interessiert leider scheinbar niemanden, falls jemand eine Liste hat, immer her damit.

Habt ihr einen Lieblingsdialekt, im Deutschen oder einer anderen Sprache? Sprecht ihr mit Dialekt? Und was ist ein Wort, dass “Außenseiter” nicht verstehen?

(Ich weiß, ihr wolltet diese Lieder alle vergessen. Man kann halt nicht alles haben. ;))

Vokabelnlernen mit Reibung.

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猛威 (Môi; Bedrohung, Raserei) und 豪快 (Gôkai; famos, aufregend)

Seit ich 2011 den JLPT N1 abgelegt, und dann wundersamerweise auch bestanden habe, lerne ich nicht mehr aktiv japanische Vokabeln. Ich kann mich problemslos verständlich machen, was mehr brauche ich? Wortgewandtheit. Präzision. Deutsch ist eine sehr präzise Sprache, auf Japanisch kann ich mich aber nicht halb so gut ausdrücken. Und trotzdem werde ich gefragt, ob ich nicht vielleicht in Japan aufgewachsen oder zur Schule gegangen sei, oder ob ich vielleicht Halbjapanerin wäre. Mit der Nase?!

Wo lernt man neue Worte? In Büchern! Im Englischen geht das ganz gut, man liest ein Wort mehrere Male in verschiedenen Zusammenhängen und irgendwann weiß man, was es heißt. Auf Japanisch ist das Problem, dass ich erst einmal lesen können muss, was da steht. Selbst wenn ich die Zeichen kenne, erschließt sich mir die Aussprache oft nicht. (Japanisch hat verschiedene Lesungen für ein und dasselbe Schriftzeichen.)

Aber beim Lesen Zeiche nachzuschlagen stört den Lesefluss. Aufschreiben kann ich sie oft auch nicht, meist lese ich nämlich in der Bahn. Es wäre ganz wunderbar, die Worte irgendwie zu markieren, damit ich sie später gesammelt heraussuchen kann – aber in Bücher zu kritzeln ist babarisch.

IMG_3764Deswegen habe ich mir vor einigen Tagen endlich Frixon-Marker zugelegt. Frixon wird in der Silbenschrift Katakana genauso geschrieben wie Friction (Reibung), und das ist das Besondere: Sie sind komplett wegradierbar, nur durch Reibung. Also letztendlich natürlich durch die Hitze, die durch die Reibung entsteht. Selbst wenn ich etwas im Buch markiere, kann ich es später also wieder ungeschehen machen. Strg + Z fürs echte Leben. 😀 Frixon gibt es auch als Stifte, auch in Deutschland, und wenn ihr gern Fehler ungeschehen machen wollt und nicht oft heißen Tee auf euren Unterlagen abstellt oder selbige auf eure Heizung legt, kann ich sie euch wärmstens empfehlen. 🙂 Wie Tintenkiller, nur besser und mehrfach radierbar.

Jetzt muss ich nur noch die Vokabeln irgendwo hin übertragen, damit es wirklich etwas bringt. 🙂

Im Moment lese ich übrigens 望遠ニッポン見聞録 (Bôen Nippon Kenbunroku; Memoiren von Japan aus der Ferne) von ヤマザキマリ (Yamazaki Mari), ihres Zeichens seit Jahrzenten nicht mehr in Japan lebende Mangazeichnerin, unter anderem von Thermae Romae. 🙂

Onomatopoesie: Funkelfunkel, Glitzerglitzer.

無題Wer schon einmal Manga gelesen hat, kennt sie: Lautworte, überall Lautworte. Ob Glitzerglitzer, Schniefschnief oder Klopfklopf.

Onomatopoesie, oder auf Japanisch 擬音語・擬声語・擬態語 (Gi-on-go, gi-sei-go, gi-tai-go), ist wichtig, um die Sprache zu verstehen und unglaublich praktisch um sich auszudrücken ohne “echte” Adjektive zu lernen. 😉

擬音語 (Gi-on-go) und 擬声語 (Gi-sei-go) – Geräusche und Stimmen nachahmen

Das kennt ihr auch aus dem Deutschen, vor allem der Kindersprache: Wuffwuff (ワンワン wanwan), Miaumiau (ニャーニャー Nyânyâ), Muhmuh (モー Mô). Auf Japanisch geht es noch etwas weiter. Wie klingt z.B. Regen?

Ist er しとしと (Shitoshito; leichter, an sich kaum hörbarer Regen), ぽつぽつ (Potsupotsu; leicht tröpfelnd, wenn es z.B. anfägt zu regnen), ザーザー (Zâzâ; strömender Regen), びしょびしょ (Bishobisho; sehr starker Regen; wenn man vom Regen durchweicht ist, ist man auch Bishobisho), oder eines der anderen Lautworte?

Beispielsatz: ぽつぽつと降ってきたね。 (Potsupotsu to futte-kita ne.; Es hat angefangen leicht zu tröpfeln.)

擬態語 (Gi-tai-go) – Zustände nachzeichnen

Gitaigo ist etwas schwieriger zu verstehen, denn was bei Giongo und Giseigo Laute sind, sind bei Gitaigo Eindrücke und Beschaffenheit. Wie beschreibe ich Funkeln, weiche Haare, oder die rosarote Brille mit Lautworten? Gar kein Problem!

キラキラ (Kirakira) Funkeln
サラサラ (Sarasara) trocken und weich
めろめろ (Meromero) so verliebt sein, dass man ganz weich wird

Beispielsatz: 星がキラキラとしている! (Hoshi ga kirakira to shiteru! Die Sterne funkeln!)

Was einem Anfangs etwas eigenartig vorkommt ist übrigens nach einiger Zeit untrennbar miteinander verbunden: Natürlich ist じろじろ (jirojiro) unablässiges Starren, was denn sonst?!

Viele Lautworte werden auch gar nicht als solche erkannt: たっぷり (tappuri; viel) und すっきり (sukkiri; erfrischt) z.B.

Und grammatikalisch?

Lautworte baut man grammatikalisch korrekt mit と (to)* in Sätze ein. So wird aus

子供が泣いている (Kodomo ga naiteiru; Das Kind weint)

dank Lautworten z.B.

子供がシクシクと泣いている (Kodomo ga shikushiku to naiteiru; Das Kind weint schluchzend) oder

子供がぽろぽろと泣いている (Kodomo ga poroporo to naiteiru; Das Kind weint mit großen Tränen) oder

子供がおいおいと泣いている (Kodomo ga oioi to naiteiru; Das Kind weint laut)

Man kann seine Sätze also anschaulicher gestalten, vor allem weil diese Lautworte für Japaner nicht den Umweg übers Gehirn ins Herz machen. 😉

* Wenn ihr erst anfangt zu lernen, kennt ihr “to” wahrscheinlich nur als “und”. “To” hat aber auch noch andere Verwendungen, z.B. in der wörtlichen Rede: お母さんがダメと言った (Okâsan ga dame to itta; Mama hat “nein” gesagt).

Natürlich kann man es sich auch, dank する (suru; machen) und である (de aru; sein), einfacher machen.

キッチンがピカピカしてる (Kicchin (Kitchen) ga pikapika shiteru; die Küche glänzt)

もう二日酔いでへろへろだよ (Mô futsukayoi de herohero da yo; Wegen meines Katers habe ich gar keine Kraft)

あー、ドキドキしてる (Â, dokidoki shiteru; Oh man, mein Herz klopft)

Meine liebsten Lautworte sind übrigens ダラダラ (daradara), のびのび (nobinobi) und ごろごろ (gorogoro), die alle in etwa dieselbe Bedeutung haben: Faullenzen und nichts tun. 😉

Habt ihr Lieblingslautworte? 😀 Schreibt sie gern in die Kommentare.