Am Morgen des zweiten Tages machten wir uns auf nach Tongdaemun (동대문), dem Bezirk Seouls, der für seine vielen Bekleidungsläden bekannt ist. In riesigen Kaufhäusern wird fast rund um die Uhr Ware an den interessierten Käufer gebracht – oftmals Einkäufer für andere Läden im Land oder im Ausland.
Weil wir uns nicht durch Marktstände wühlen wollten, zog es uns zum Doota, einem auf ausländische Touristen ausgelegten, hübschen, Einkaufszentrum. Die Preise sind, eben weil viele Touristen und ausländische Großeinkäufer kommen, in Tongdaemun höher als in anderen Gegenden, aber wenn man sich wie wir in Seoul nicht auskennt ist es ein einfacher Anlaufpunkt.
Erstes Untergeschoss bis zweites Obergeschoss (wie in Japan gibt es kein Erdgeschoss) bietet Mode, Schuhe und Taschen für Frauen, im dritten Obergeschoss finden sich internationale Firmen (Rimowa, z.B., die in Korea noch immer teurer sind als in Deutschland) und im vierten Obergeschoss wird endlich an die Herren gedacht. Durchaus hübsche Klamotten, durchaus gute Qualität und günstiger als in Japan (das ist nicht schwer). Die drei weiteren Stockwerke haben wir uns nicht angesehen, denn wir wurden von unseren grummelnden Mägen abgelenkt.
Bereits am ersten Tag in Seoul war mir aufgefallen, wie unglaublich viele Cafés es in der Stadt gibt und meine Koreanischlehrerin hatte explizit BeansBins empfohlen. Die Kette ist für koreanische Verhältnisse zwar eher teuer, aber für unser, von Japan komplett degeneriertes, Preisgefühl komplett im Rahmen. Bei BeansBins gibt es nicht nur gewöhnlichen Kaffee, sondern auch Waffeln! Große, warme, belegte Waffeln! Wir entschieden uns für die günstigste, bestellten noch zwei Getränke dazu und ruhten uns aus.
Der ständige Wechsel zwischen extremen kaltem Wetter und stark geheizen Innenräumen war für uns sehr anstrengend, weswegen unsere Energie regelmäßig neu aufgetankt werden musste, um nicht Gefahr zu laufen einfach mitten auf der Straße umzufallen. Kältetod, keine besonders schöne Art zu sterben. Beim Essen kann man auch wunderbar nachdenken, und so fasste ich den Entschluss, dass ich ein Kleid, dass ich gesehen hatte, doch kaufen würde. Die Ladenbesitzerin redete die ganze Zeit auf Koreanisch auf mich ein, wovon ich schätzungsweise 10% Verstand, und letztendlich hatte ich für 90,000Won (65€) ein wunderschönes langärmliges Kleid und einen neuen Gürtel in einer unnötig großen Einkaufstüte.
Vor unserem Urlaub hatte man uns gesagt, dass man in Seoul quasi überall feilschen könne, aber… ich kann das einfach nicht. 😳 Mir wird das sofort peinlich, deswegen habe ich nicht einmal einen Versuch unternommen.
Im Changdeokgung
Unser nächster Halt war Jongmyo (종묘), ein Schrein, der den Zeremonien für die verstorbenen Könige und Königinnen der Joseon-Dynastie verschrieben ist. Leider hatten wir nicht richtig gelesen, denn ohne Führung kann man den Schrein nur am Samsta besuchen. Wegen der Kälte wollten wir nicht von der Geschwindigkeit eines Führers abhängig sein und entschlossen uns weiter in Richtung Norden, zum Changdeokgung (창덕궁), zu laufen.
Dabei handelt es sich um einen alten Königspalast, den man, bis auf den Geheimgarten, für läppische 3,000Won (2,15€) besichtigen kann. Mit Schnee bedeckt macht der auch ziemlich etwas her und im Souvenirshop konnten wir so lange so tun, als wären wir interessiert, bis wir zwischendurch wieder aufgetaut waren.
Während die Architektur der in vergleichbaren Gebäuden in Japan ähnelt, gibt es doch auch in der Farbwahl und den Symbolen Unterschiede, die ganz spannend anzusehen sind. Außerdem find ich alte Bauwerke einfach schön. 😉
Danach mussten wir uns erstmal in einem nahegelegenen Café mit Tee wieder aufwärmen und den weiteren Schlachtplan überlegen. Um 19 Uhr hatten wir einen Termin in Gangnam (강남, die mit dem Style) und davor noch viel Zeit zu füllen.
Ehwa Womans University (이화여자대학교)
Unser erster Zeitausfüller brachte uns nach Idae (이대) , vor allem bekannt wegen der großen Frauenuniversität und einiger Shoppingstraßen. Mein Plan war, Ballerinas zu kaufen, was aber natürlich wegen des Wetters nicht ganz so einfach war. Auch Koreaner scheuen sich vor all zu leichtem Schuhwerk in der kalten Jahreszeit. Alle Modelle die wir finden konnten entsprachen nicht ganz meinen Vorstellungen, und so zogen wir wieder ab.
Man merkt, es war ein sehr kurzer Besuch, aber wegen der Kälte war einfach nicht viel mehr drin. Später hörte ich, dass Idae wohl derzeit eine Gegend ist, in der Trends geschaffen werden, aber weil wir nur nach Schuhen suchten (und uns kalt war), konnten wir das nicht für uns bestätigen.
Kurz darauf ging es wieder zurück zum Hotel, um unsere Geschenke für den Abend abzuholen. Der weitere Weg wurde also mit zwei großen Tüten bestritten, gar nicht so einfach, denn Seoul ist voller Menschen. Gefühlt sind es noch mehr als in Tokyo, und das würde ich unter normalen Umständen kaum für möglich halten.
Auf unserem Weg nach Gangnam (강남) machten wir einen Abstecher nach Abgujeong (압구정), einer Gegend, in der sich angeblich viele teure Geschäfte angesiedelt haben. Ich sage angeblich, weil wir vom Bahnhofsausgang aus in die falsche Richtung gelaufen sind und dann keine Zeit mehr hatten um unseren Kurs zu korrigieren ohne zu spät zur Verabredung zu kommen.
Fleisch!
Mein Schwiegervater arbeitet in einer Firma, die auch im Ausland Zweigstellen hat, unter anderem in Korea. Deswegen war er früher mehrmals im Jahr in Korea und kennt dort viele koreanische Mitarbeiter. Einer dieser Mitarbeiter ist quasi in die Familie aufgenommen worden, und kennt meinen Mann noch aus einer Zeit, als er nur ein Männchen war. Als er hörte, dass wir nach Korea kommen, wollte er unbedingt mit uns Essen gehen, und so trafen wir uns in Gangnam mit ihm und seiner (unglaublich hübschen und großen) Frau um Bulgogi (불고기) zu essen.
Während die beiden Herren sich gegenseitig immer wieder Soju (소주) nachschenkten, redete ich mit der Frau und hatte unglaublich viel Spaß. Sie hat zwei Kinder, eines ist gerade ein Jahr alt geworden, das andere ist neun, war schon in vielen Ländern und so haben wir viel geredet und viele Witze gemacht. Bezahlen durften wir natürlich nicht, und mein Mann musste versprechen, wieder nach Korea zu kommen – zu einer besseren Jahreszeit.
Zurück zum Hotel sind wir mit dem Taxi über den Hangang (한강), den Fluss, der durch Seoul fließt, gefahren, und hätte ich die Energie gehabt, den Fahrer zu bitten anzuhalten um ein paar Fotos schießen zu können, ich hätte es gemacht. So aber konnte ich mir nur daran erfreuen, bevor wir im Hotel in unsere viel zu warmen und harten Betten fielen.
Korea ist eben nicht nur schrecklich. 😉
Dazu auch eine andere kurze Geschichte: Weil das Hotel so laut war, wollten wir Ohrstöpsel kaufen. Leider wussten wir nicht, wie die auf Koreanisch heißen und im Conbini lagen keine herum*, weswegen wir in eine Apotheke gingen. Dort versuchte ich der Frau folgendes zu sagen: “Weil es in unserem Hotel laut ist, suchen wir etwas, das man in die Ohren stecken kann.” Die Verstand mich aber gar nicht, und quasselte auf meinen Mann ein, der versuchte zu gestikulieren, dass er kein Wort verstand. Daraufhin gab die Dame mir einen Block und einen Stift, vielleicht sollte ich zeichnen, ich schrieb aber stattdessen in meinem wunderbaren Koreanisch “Weil unser Hotel laut ist” – weiter kam ich nicht, denn plötzlich rief die Frau aus “Gwimage!” (Worte, die ich nie vergessen werde…), nahm den Telefonhörer, wählte eine Nummer und zauberte uns zwei Sets Ohrstöpsel herbei. Ich fand’s total lieb, zumal ich es in Japan eher kenne, dass Leute, die kein gutes Japanisch sprechen, einfach ignoriert werden.
* Generell waren die Conbinis schlechter ausgestattet als hier in Japan.
Und so war der zweite Tag in Seoul gerettet. Mit Bulgogi, guten neuen Bekanntschaften und Ohrstöpseln.