Auf letzter Fahrt.

Nach 17 Jahren wird der TÜV für das Auto meiner Schwiegereltern nicht mehr erneuert, weswegen wir am Samstag eine kleine Abschiedsfahrt durch unsere Präfektur, Chiba, unternahmen.

Viele Japanbesucher werden von Chiba nicht viel mehr als den Flughafen Narita kennenlernen, aber natürlich gibt es noch viel mehr zu sehen und zu entdecken. Diesmal saß mein Schwiegervater wortwörtlich und im übertragenen Sinne am Steuer und bestimmte, wohin die Reise uns führen würde.

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Chōshi: Der Vortag des Meeres.

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Am Montag war der Tag des Meeres, 海の日 Umi no Hi. Mein Mann und ich fuhren also am Sonntag ans Meer – man will sich ja nicht am Tag vor der Arbeit zu sehr verausgaben. Glücklicherweise hat Japan viel Meer, tatsächlich ist das ganze Land davon umgeben. Von 47 Präfekturen haben nur acht keine Anbindung ans Meer.

In Chiba, wo wir wohnen, ist man nie weit vom Meer entfernt. Wir wollten aber natürlich nicht irgendwo ans Meer, sondern hatten uns einen Ort ausgesucht: Chōshi (銚子).

Am frühen Morgen fuhren wir los, um kurz nach sieben Uhr am Strand von Byōbugaura (屏風ヶ浦) zu sein. Das Gestein dort wurde von den Wellen so sehr bearbeitet, dass es wie mit einem Messer ausgeschnitten wirkt. Jedes Jahr wurde das Gestein um bis zu einen Meter abgetragen, weswegen man in den sechziger Jahren beschloss, einen schützenden Wall zu bauen. Das funktioniert zwar ganz hervorragend, sieht aber nicht sonderlich schön aus.

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Am Strand sitzend aßen wir belegte Brote und schauten den Leuten zu. Noch waren kaum Besucher dort, aber am Strandhaus war man schon fleißig dabei, Schwimmringe und Schlauchboote aufzupusten. Als Kind und Jugendliche habe ich viele Sommertage am Strand verbracht, ob zuhause am Müggelsee oder bei meiner Großmutter in Halbe, und an Sommertagen kann ich mir noch immer wenig Besseres vorstellen, als Schwimmen zu gehen. Leider hatte ich keine Schwimmsachen dabei.

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In Chōshi wird viel Fisch gefangen, dementsprechend liegen dort viele Fischkutter. Um die Leute fischen zu sehen, waren wir wahrscheinlich am falschen Tag dort, oder bereits zu spät. Eine Gruppe älterer Herren sahen wir, die sich an ihrem Boot zu schaffen machten, aber das war wahrscheinlich mehr Spaß als Arbeit.

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Zehn Minuten vom Strand entfernt steht der Leuchtturm von Inubōsaki (犬吠埼灯台). Vor fast 150 Jahren wurde er, von einem Engländer entworfen, erbaut, und seitdem weist er der Booten und Schiffen den Weg.

Für 200 Yen pro Person kann man die 99 Stufen bis zur Aussichtsplattform hochlaufen – Ein Angebot, das wir natürlich nicht ausschlagen konnten.

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Wieder unten angekommen, sahen wir uns die alte Linse des Leuchtturms an, und saßen ein wenig am Strand. Am Tag des Meeres soll man schließlich das Meer wertschätzen. 🙂

Wir hatten noch ziemlich viel Zeit, bevor wir unseren letzten Programmpunkt begehen können würden, und machten deswegen einen kleinen Abstecher an einen alten Dorfbahnhof.

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Der Bahnhof Tokawa (外川駅) wirkt wie aus der Zeit gefallen. Keine Schranken, wie sie sonst in Bahnhöfen in den Städten Standard sind, nicht viel Verkehr, und ein Wartebereich. Das mag ich an den Dorfbahnhöfen sowieso am liebsten: Da dort nicht alle fünf Minuten eine Bahn hält, und die Zahl der Besucher überschaubar ist, leistet man sich einen Warteraum mit Bänken und Kissen.

Die Zeiten und Fahrkartenpreise sind auf großen Tafeln handschriftlich festgehalten. Ziemlich charmant, doch scheinbar fehlt der Bahngesellschaft in Chōshi tatsächlich das Geld, um die Bahnhöfe zu modernisieren.

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Zum Abschluss dieses sehr schönen Vormittags, und um noch einmal dem Meer zu danken, besuchten wir eine heiße Quelle. Neben mehreren Innenbädern hatte diese auch drei Außenbäder mit hervorragendem Ausblick aufs Meer. 🙂 Falls sich irgendjemand mal in Chōshi wiederfinden sollte: Das Taiyō no Sato (太陽の里) verfügt über ein hervorragendes Bad und einen schönen Pool, auch wenn wir letzteren nicht getestet haben.

Wir hatten auf jeden Fall einen wunderschönen Tag voller Sommerferien-Gefühl. 😀

Nokogiriyama: In die Hölle gucken.

Gestern Morgen machten wir uns in aller Frühe auf den Weg zum Nokogiriyama (鋸山), dem Sägenberg. Er liegt in Chiba, an der Meeresbucht von Tokyo, und bietet einen fantastischen Ausblick. 🙂

Nach oben auf den Berg ging es mit dem Auto, mit dem kommt man fast bis zum Gipfel. Wir hatten um ehrlich zu sein einfach keine Lust, bis nach oben zu laufen. Wie das nach hinten losging, lest ihr weiter unten. 😀 Manchmal macht man sich mehr Arbeit, wenn man sie eigentlich vermeiden will.

Der Berg ist für verschiedene Dinge bekannt, unter anderem für den Blick in die Hölle (地獄のぞき). Der Aussichtspunkt für die Hölle befindet sich, wie viele der Sehenswürdigkeiten, auf dem Gelände des Nihon-Tempels (日本寺), für den man Eintritt bezahlt. Von der Aussichtsplattform, die ihr im Foto oben sehen könnt, guckt man gut 100 Meter in die Tiefe, was durchaus Angst bereitet, auch weil man weiß, dass man auf einer Klippe steht.

Die Berglandschaft sieht etwas speziell aus, weil früher die Steine von dort abgebaut und für den Bau verwendet wurden. Das Fundament des Schlosses von Tokyo besteht laut meinem Mann aus Steinen vom Nokogiriyama. Man hat also gerade Felswände, die viele Meter in die Höhe reichen, und durchaus befremdlich aussehen.

Wenn man viele Treppen nach unten steigt, erreicht man den großen Buddha (大仏 Daibutsu). Dieser hier wurde im 18. Jahrhundert von 27 Leuten drei Jahre lang aus dem Gestein gemeißelt. Er erreicht eine Höhe von etwa 31 Metern, und ist damit der größte Steinbuddha in Japan.

Er ist natürlich durchaus beeindruckend, aber ich finde den großen Buddha in Nara dann doch hübscher. 🙂 Hat eben jeder seine Vorlieben.

Nachdem wir den Steinbuddha gesichtet hatten, wollte mein Mann weiter nach unten, zu einem Teich. Zu diesem Zeitpunkt taten mir die Beine schon ziemlich weh, aber ich ließ mich dennoch breitschlagen. Der Teich ist schon fast am Fuß des Berges, weit entfernt von unserem Leihwagen. Dementsprechend mussten wir den ganzen Berg wieder hochkraxeln, also zumindest gefühlt eine Ewigkeit Treppen hochsteigen. Heute habe ich Muskelkater. 😉 Ich würde jedem empfehlen, einfach mit der Seilbahn hochzufahren und dann runterzulaufen. Das ist weniger anstrengend.

Auch wenn wir danach ziemlich fertig waren, der Nokogiriyama hat sich gelohnt. Mit sauberer, kühler Luft, Vogelgezwitscher und Bewegung fühlt man sich gleich besser. Heute ruhen wir uns einen Tag aus, bevor es wieder an die Arbeit geht. 🙂

Euch allen wünsche ich einen guten Montag!