Shuzenji, Shizuoka (Teil 1)

Am 16. Juni war dieses, wie auch jedes andere Jahr seit 1988, der Geburtstag meines Mannes. Diesmal hatten wir uns vorgenommen, den Freitag freizunehmen, und irgendwo hinzufahren.

Recht schnell fiel die Wahl auf Shizuoka (静岡県). Erst hatten wir überlegt, nach Izu (伊豆) zu fahren, doch letztendlich entschieden wir uns gegen das Meer und für ein Hotelzimmer mit Onsen auf dem Balkon.

So fuhren wir am Freitag Morgen nach Shuzenji (修善寺). Dorthin geht es mit derselben Bahn wie nach Izu, doch diese wird in Atami in zwei Züge geteilt, wobei sich der hintere Teil nach Shuzenji begibt.

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Wer Japanisch spricht, hat schon bemerkt, dass Shūzenji nach einem Tempel (寺) benannt ist. Genau dort machten wir unseren ersten Halt. Der Tempel an sich ist wirklich hübsch, was mich aber ganz besonders erstaunt hat, waren zwei Dinge: Erstens steht dort ein recht großer Stein-Daruma und zweitens ist das Wasser für die Reinigung der Hände vor dem Beten nicht kalt, wie sonst üblich, sondern warm. Es handelt sich dabei um Onsen-Wasser, also Wasser aus einer heißen Quelle. 🙂

Apropos “heiß”, am Freitag knallte die Sonne ziemlich auf uns herunter, weswegen wir uns kurzerhand in ein kleines Café auf der anderen Seite des Flusses setzten.

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Dort gab es für uns die kühlen Leckereien, die ihr oben sehen könnt, und kalten Matcha. 🙂

Der große Vorteil an einem kleinen Städtchen ist natürlich, dass alles recht nahe beieinander ist. So liefen wir vom Café aus höchstens fünf Minuten bis zum kleinen Bambuswäldchen.

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Zwar merkt man der Stadt an einigen Stellen an, dass sie schon einmal bessere Tage gesehen hat, aber trotzdem gibt es wirklich viel, was für Shuzenji spricht: Die Stadt ist in einem wirklich guten Zustand, und hat tatsächlich Wi-Fi an den touristischen Orten. Man merkt, dass die Leute sich wirklich um Touristen bemühen, und wenn man mal wirklich raus aus dem Stress der Großstadt will, bietet sich hier die perfekte Gelegenheit. 🙂

Nachdem wir uns die Stadt angesehen hatten, machten wir uns auf den Weg zum Hotel. Für eine Nacht hatten wir uns im Laforet Shuzenji (ラフォーレ修善寺) ein Zimmer genommen. Das Laforet ist eine riesige Anlage aus Zeiten des ungebremsten Wirtschaftswachstums. Auch hier ist aber alles wirklich sehr schön renoviert worden.

Zwischen den einzelnen Gebäuden kann man laufen, aber da die Wege recht weit sind, gibt es auch einen Shuttle Service. Ohne Auto oder Shuttle Service zurück in das Städtchen Shūzenji zu kommen, ist aber eher unmöglich.

Nachdem wir unser Gepäck im Zimmer abgelegt, und es angemessen bestaunt hatten, bestand unsere erste Amtshandlung darin, Tennis spielen zu gehen.

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Nachdem ich letztes Jahr recht viel gespielt hatte, war ich dieses nur ein- oder zweimal beim Training gewesen, was natürlich viel zu wenig ist. Aber zumindest ein wenig habe ich behalten, weswegen wir zwar nicht wirklich Tennis spielen, aber immerhin den Ball hin- und herspielen konnten. (Letztens erfuhr ich übrigens, dass mein Mann seit wer-weiß-wie-lange mit meinem Schläger spielt! Der Verräter! Tatsächlich ist mein Schläger natürlich viel neuer und leichter zu spielen als seiner. Dennoch: Verräter!)

Beim Tennis spielen sahen wir tatsächlich Rehe auf dem angrenzenden Golfplatz! 😀 Ganz entspannt liefen die durch die Gegend, denn am Freitag Nachmittag spielte niemand Golf. Später am Abend erwischten wir noch einmal eines.

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Doch der eigentliche Höhepunkt war natürlich das Zimmer. So groß wie unsere vorherige Wohnung, mit Ausblick auf den Fuji und auf Wälder, und natürlich mit einem Bad auf dem Balkon.

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Wir hatten ohne Abendessen gebucht, und so aßen wir auf dem Zimmer Reisbällchen, die wir viel früher im Conbini gekauft hatten, und tranken allerlei süßen Alkohol.

Baden waren wir natürlich auch. Nach dem Bad überlegten wir gemeinsam, wie man so etwas bei uns zuhause realiseren könnte (gar nicht), schwelgten ein bisschen in der schönen Atmosphäre und gingen irgendwann schlafen.

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Bad mit Bier aus Izu 🙂

Am Samstag Morgen aßen wir Frühstück und ließen uns zum Bahnhof Shūzenji fahren. Dort nisten übrigens Schwalben unter dem Dach der Bahnhofshalle und fliegen durch die Gegend. Schwalben bringen in Japan nicht nur den Sommer, sondern auch das Glück. 🙂 Ich hoffe, dass Shuzenji genau so erfolgreich ist, dass man auch weiterhin hinfahren und die Ruhe genießen kann.

Und nächstes Mal fahren wir länger hin. Jawohl!

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Kanazawa, Teil 4: Strand und Süßigkeiten.

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© Mein Vater

Am Tag vor unserer Abreise hatte mein Vater erwähnt, dass er gern das Wasser sehen würde. Gesagt, getan: Ab ans japanische Meer!

Etwa eine Stunde von der Innenstadt Kanazawas entfernt befindet sich die einzige offizielle Strandstraße Japans, der Chirihama Nagisa Driveway (千里浜なぎさドライブウェイ). Der Sand ist irgendwie ganz speziell, und bildet eine harte Oberfläche, so dass Autos nicht versinken. Die Straße ist lediglich 8km lang, es macht aber großen Spaß, sie zu befahren. 🙂 Mit einem Mietwagen kann man da schonmal gefährlich nah am Wasser vorbeifahren…

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Ein wenig weiter gibt es keinen Sandstrand mehr, dafür aber beeindruckende Felsen. Am Ganmon (巌門; wörtl. Steintor) haben sich die Wellen einen Weg durch das Gestein gefressen. Landschaftstechnisch ist die Gegend dort wirklich spannend, und wenn man seetauglich ist, kann man mit einem Boot aus Meer schippern und es sich aus einem anderen Blickwinkel ansehen. Wir haben diesmal darauf verzichtet.

Tatsächlich hatten wir einen Termin in Kanazawa, den wir nicht verpassen wollten: Süßigkeiten selber machen. 🙂

wagashi machen

Wagashi (和菓子) bestehen meist zu 100% aus Bohnenpaste in verschiedenen Farben, die in die unterschiedlichsten Formen gezwungen wird. Ich finde es eigentlich immer ganz schön, im Urlaub auch etwas mit den Händen zu machen, und Süßzeug mag ich auch, also setzten wir uns zwischen vielen Japanern in den Wagashi-Produktionsraum des Kanazawa-Tourismus-Produkt-Gebäudes (金沢観光物産館). Dort gibt es neben vielen Mitbringseln auch verschiedene Aktivitäten, die man mitmachen kann. Das Süßigkeitenmachen kostet 1,230Yen (ca. 9,80€) und man bekommt einen Gutschein über 500Yen (4€) für den Laden dazu.

Einem wird dann wirklich über eine halbe Stunde lang von einem Süßigkeitenmacher erklärt, was man genau machen soll – natürlich nur auf Japanisch, weswegen ich die ganze Zeit übersetzen musste. 😀 Aber das macht ja nichts. Letztendlich sahen unsere Süßigkeiten nicht genauso aus, wie die Beispiele, aber auch absolut nicht schlecht.

Nachdem wir Mitbringsel eingekauft hatten, ging es auch schon wieder mit dem Zug zurück nach Tokyo. 🙂

 

Kanazawa, Teil 3: Burg, Garten und Museum.

Nach dem Sushi geht es mit meinem Vater und meinem Mann zum Schloss Kanazawas (金沢城). Das wird abends angestrahlt, was wirklich schön aussieht. Nur ist es gar nicht so einfach, davon hübsche Fotos zu machen.

Die Grafschaft Kaga (加賀藩) war die zweitwohlhabendste in ganz Japan, weswegen man auch vom Kaga Hyakumangoku (加賀百万石) spricht. Goku ist hierbei eine Zähleinheit für Reis, und zwar ist ein Goku so viel, wie ein Erwachsener im Jahr isst. Das war damals mehr als heute (60kg pro Jahr), und zwar etwa 150kg. Früher wurden die Abgaben an die Großgrundbesitzer in Reis bezahlt, das Hyakuman (1,000,000) bezieht sich also darauf, wie viel Reis an Einnahmen reinkam: Einhundertfünfzigmillionen Kilogramm Reis!

Der Reis, den wir kaufen, kostet für 5kg etwa 2,300Yen (ca. 18,40€). 150 Millionen Kilo Reis würden uns also 69 Milliarden Yen oder etwa 552,5 Millionen Euro kosten. Puh. 8900km: Eure Quelle unnützen Wissens! 😀

Von der Schlossanlage war letztendlich dennoch nur noch wenig übrig, dafür hatten Feuer und Erdbeben gesorgt. Vor wenigen Jahren wurden aber viele Gebäude wiedererbaut, wobei das Schloss selbst fehlt.

Am nächsten Morgen ging es für uns wieder in die Nähe des Schlosses, und zwar zum Kenrokuen (兼六園), einem der drei berühmten Gärten Japans. Obwohl am Tor großer Andrang herrschte, und wir etwas Sorge hatten, ob wir den Garten genießen können würden, war es wirklich wunderbar. Wer gern alleine unterwegs ist, dem würde ich empfehlen, früh morgens vor acht Uhr vorbeizuschauen.

Im März, September und Oktober kann man ab fünf Uhr morgens rein, von April bis August schon um vier und von November bis Februar erst ab sechs. Zu diesen frühen Zeiten zahlt man noch keinen Eintritt, kann den Garten aber nur über zwei Eingänge betreten: Hasuikemon-Eingang (蓮池門口) und Zuishinzaka-Eingang (随身坂口).

Direkt neben dem Garten befindet sich die Schlossanlage, und da weder meine Mutter noch meine Schwester am Abend zuvor dabei waren, guckten wir sie uns noch einmal an.

Das ist dieselbe Stelle, die ich nachts fotografiert habe. 🙂 Sieht anders aus, oder?

In die Anlage kommt man immer kostenlos, und sie bietet wirklich viel Platz. Selbst mit viel mehr Besuchern wäre das absolut kein Problem gewesen.

Wir sahen uns an, wie die Wände zusammengebaut wurden, und liefen dann immer weiter nach oben, Schlösser und Burgen stehen auf Hügeln, bis uns die Wolken etwas zu verdächtig regnerisch vorkamen.

Alles kein Problem, nur wenige Minuten von Garten und Schloss entfernt kann man sich im 21st Century Museum of Modern Art, Kanazawa (金沢21世紀美術館) unterstellen.

© mon papa

Dort finden wechselnde Ausstellungen statt, wir sahen z.B. Bilder von Ikeda Gaku (池田 学). Der zeichnet unglaublich detailierte, fantastische Bilder, auf denen man immer wieder etwas Neues entdecken kann. Ein wenig wie “Wo ist Walter?”, nur noch kleinteiliger und noch verrückter – außerdem ohne Walter. 😉

© H.D. für 8900km 😉

Wenn ihr mal in Kanazawa sein solltet und keine Lust auf eine Ausstellung habt, oder nicht das Eintrittsgeld zahlen wollt, könnt ihr euch auch draußen Kunstinstallationen zum Anfassen ansehen oder die Pool-Installation, in der wir auf dem oberen Foto stehen, von oben bestaunen.

Einen weiteren kurzen Fußweg entfernt befinden sich alte Straßen mit alten Häusern, unter anderem dem Samurai-Haus der Familie Nomura (武家屋敷跡 野村家).

© Daddy-O

Natürlich gibt es in Japan recht viele Samurai-Häuser, die man besuchen kann, aber das hier verfügt über einen wunderschönen Garten. Als wir angekommen waren hatte sich gerade ein japanischer Familienvater breitgemacht, und wies seine Frau und seine Kinder sehr barsch an, wie sie für das Urlaubsfoto zu posieren haben. Ich weiß, wenn ich so etwas mitbekomme, immer nicht, warum einige Menschen sich einen dermaßenen Befehlston von ihrem Partner oder ihrer Partnerin gefallen lassen.

Als der Oberfeldmarschall und seine Untertanen abgezogen waren, setzten wir uns hin. Gute Japaner sitzen im Seiza (正座),  also mit dem Hintern auf ihren Fersen. Dummerweise sind wir das gar nicht gewöhnt, und konnten uns nur unter starken Ächzen und Stöhnen wieder erheben. 🙂

Im Schein der langsam untergehenden Sonne liefen wir noch durch die alten Straßen und dann in Richtung Bahnhof. Auf dem Weg kamen wir am Oyama-Schrein (尾山神社) vorbei. Der sieht eigentlich aus, wie ein normaler größerer Schrein in Japan halt aussieht. Mit nur einem Unterschied: Über dem Eingangstor befindet sich ein kleiner Turm mit Buntglasfenstern.

Wenn man am frühen Abend dort vorbeikommt, sieht das ganz wunderbar aus. 🙂 Tatsächlich sind solche Buntglasfenster in Japan nicht alltäglich, schließlich haben wir nicht übermäßig viele Kirchen hier.

Auch ganz spannend: Die Talismänner, die normalerweise aus dem Tempelgebäude heraus verkauft werden, gibt es hier in einem richtigen Laden, komplett mit automatischen Schiebetüren und Klimaanlage. Das habe ich in Tokyo zumindest bisher noch nicht gesehen.

Als wir abends zurück zum Hotel liefen, kamen uns drei sehr betrunkene junge Männer entgegen. Sie befanden sich auf dem Weg von einer Hochzeitsfeier nach Hause, und boten uns entweder trotz oder auch wegen ihres Zustandes an, uns die Stadt zu zeigen. Wir gaben ihnen auf den Weg, dass sie doch erst einmal heil zuhause ankommen mögen.

Kanazawa, Teil 2: Diesmal in Kanazawa (Higashi-Chayagai).

Zurück in Kanazawa gaben wir erst einmal unser Gepäck ab, und fuhren dann mit einem der zahlreichen Busse bis zur Higashi Chaya-gai (ひがし茶屋街; östlichen Teeladenstraße).

Sie befindet sich in der sehr kompakten Stadt Kanazawa ein wenig abgelegen, und ist deswegen zu Fuß nicht ganz so hervorragend zu erreichen, wie sonst so gut wie alles.

Die Higashi Chaya-gai ist auch der Grund, warum immer wieder Parallelen zwischen Kanazawa und Kyoto gezogen werden: Es sind einfach wunderschöne alte Gassen, die sich für einen Besuch im Kimono absolut anbieten. So voll wie in Kyoto ist es auch nicht. 😉

In Kanazawa gibt es viele Läden, die traditionelle japanische Süßspeisen anbieten. Um ehrlich zu sein hatte ich mich bei dieser Reise am meisten darauf gefreut. 😀 Bevor ich nach Japan gezogen bin, fand ich so Sachen wie Rote-Bohnen-Paste (小豆 Azuki) ganz schrecklich, aber inzwischen könnte ich darin baden.

Es ging also zum Schlemmen in einen kleinen Laden namens Chayu (茶ゆ), in dem man entweder im zweiten Stock größere Leckereien zu sich nehmen, oder aber auch japanisches Eis quasi to go kaufen kann: Unter anderem mit Matcha, Sake und Kinako-Geschmack. Absolut zu empfehlen, falls ihr euch mal in der Gegend wiederfinden solltet.

Als wir weiter durch die Straße streiften, fielen uns die vielen Schwalben auf, die in der Gegend ein Heim gefunden zu haben scheinen. In Japan bringen Schwalben Glück, weswegen sie nie von ihren Nistplätzen verscheucht werden. Wenn in einem Gewerbe Schwalben nisten, sagt man, dass das Geschäft gut laufen wird. Eine sehr schlaue Kampagne des Schwalbendachverbands, finde ich. 😉

Auf unserem Rückweg zum Hotel liefen wir durch Kazue-Machi (主計町) in der Nähe der Higashi Chaya-gai. In der Gegend gibt es wohl einige Restaurants, aber die meisten scheinen erst ab abends offen zu haben, und die Preise sind meiner, recht kurzen, Recherche zufolge auch nicht ganz ohne.

Wir setzten uns stattdessen lieber in ein Sushi-Restaurant im Bahnhof, das war sehr lecker, und günstig kam man dabei auch weg.

Eine Spezialität Kanazawas ist übrigens Nodoguro (ノドグロ; wörtl. Rachen-Schwarz), eine Art Seebrasse. Ich habe sie diesmal sträflich vernachlässigt, mein Mann hat sie aber für gut befunden.