Bibliothek in Japan, grüne Hexen und ein überarbeiteter Ehemann.

Eigentlich war die letzten Wochen nicht viel los. Ich erzähle trotzdem mal.

Mein Mann ist fast nur noch auf Arbeit. Unter der Woche schläft er im Hotel, weil er, würde er die eineinhalb Stunden nach Hause fahren, ein noch größeres Schlafdefizit hätte. Im Gegensatz zu mir kann er in der Bahn nämlich nicht schlafen. Morgen fahre ich vielleicht abends zum Hotel, um ihn mal wieder zu sehen und ihm saubere Kleidung zu bringen. Ich rette mich mit dem Gedanken, dass wir in zwei Wochen zusammen in Deutschland sind und sowieso schon mehrere Monate, ohne einander sehen zu können, überstanden haben. Derweil betreibe ich Retail-Therapy.

Nachdem ich großspurig angekündigt hatte, mehr Bücher zu lesen, habe ich mich bei der Bibliothek angemeldet. Die Stadt unterhält Bibliotheken an verschiedenen Orten. Die größte könnte ich theoretisch mit dem Fahrrad erreichen, wäre es nicht so kalt. So muss ich mit Bahn und Bus hinfahren. Die kleinste habe ich gleich an dem Bahnhof, an dem ich jeden Morgen in den Zug gen Arbeit steige. Die hat leider nur japanische Bücher, und ich muss zugeben, dass ich das Schmökern in japanischen Buchhandlungen und Bibliotheken noch üben muss.

Dafür bekomme ich am Wochenende aber ein großes Bücherpaket mit Büchern von 東野圭吾 (Higashino Keigo), der das Buch zu 麒麟の翼 (Kirin no Tsubasa) geschrieben hat, von meiner Schwiegermutter.

Die Internetplattform der Bibliothek hier ist übrigens nicht so ausgereift, wie das des VÖBB (Verbund öffentlicher Bibliotheken Berlin).

Auf Arbeit läuft soweit auch alles rund, bis auf einen Mitarbeiter, der nur Probleme bereitet. Ich will nicht zu viel darüber schreiben, aber während er für sechs Monate in einer anderen Filiale arbeitete, wurde kein neues Kind angemeldet, bei uns waren es fast zehn. Meiner Meinung nach sollte er sich nach einem anderen Job umsehen, am besten nach einem, in dem er nicht mit Leuten reden muss.

Die Kinder werden aber immer besser darin, Englisch zu sprechen und generell sozialverträglich zu sein, das freut mich und ich schreibe es natürlich alles auf meine Kappe. 😉

Oh, und ich habe mal wieder etwas Deutsches in Japan gefunden: Grüne Hexe (im Japanischen 緑の魔女, Midori no Majo). Das ist eine Reihe von Reiningungsprodukten, die schonend für die Umwelt sind. Bei mir zuhause sind fast alle Reinigungsmittel supermegaumweltverträglich, erstens, weil ich es vernünftig finde, die Belastung für Umwelt und den eigenen Körper gering zu halten, und zweitens – habt ihr mal an dem Zeug gerochen? Das riecht unglaublich gut nach Kräutern!

Aber, kennt irgendjemand die Firma in Deutschland? Auch wenn auf der Flasche überall steht, dass es aus Deutschland kommt (da kann man nämlich stolz drauf sein), gesehen habe ich die grüne Hexe im Laden in Deutschland noch nie.

Valentinstag ohne Mann.

Wie im Titel schon angedeutet, war am gestrigen Valentinstag mein Mann nicht zuhause. Er bleibt die ganze Woche über in der Nähe der Baustelle, auf der er arbeitet. Sehr schade und ein bisschen einsam ist das.

Valentinstag ist wichtig in Japan. Wochen vorher wird alles, was man braucht um Schokolade, Kuchen und Kekse zu machen, verkauft. Am Valentinstag geben die Frauen den Männern Schokolade, oder man schenkt seinen Freunden und Kollegen welche, und am White Day am 14. März kommen Geschenke von den Männern zurück. Als mein Mann und ich darüber redeten, fiel uns auf, dass wir ja am 14. März geheiratet haben. Das hat natürlich Priorität. 😉

Auf Arbeit bekamen wir von der Köchin Schokolade und von der Chefin heiße Schokolade in verschiedenen Geschmackssorten. Die Kinder haben verschiedene Früchte und Marshmallows in Schokolade getaucht und sind danach ganz aufgedreht durch die Gegend gerannt.

Aber weil ich sonst eigentlich keine schönen Geschichten über Valentinstag dieses Jahr habe, eine von 2009, kurz nachdem mein Mann und ich zusammengekommen waren.

In meinem Haus gab es keinen Ofen, kein Nudelholz, kein nichts, und ich wollte ihm trotzdem unbedingt etwas backen. Also wurde schnell eine Backmischung (zu dem Zeitpunkt schon im Preis reduziert) gekauft, zu Freunden nach Ikebukuro gefahren und mit deren Hilfe Herzchenkekse gebacken. Um den Teig einigermaßen flach zu bekommen, wurde er mit einer Pfanne bearbeitet. Zum Backen hatten wir eine Mikrowelle. Die Kekse waren dennoch sehr lecker.

Am nächsten Tag traf ich meinen Mann am Bahnhof, er gab mir eine große Tüte mit Apfelkuchen und Tart (selbstgebacken, natürlich), ich überreichte meine Kekse.

Später erzählte er mir, dass er noch von einem anderen Mädchen Schokolade bekommen hatte. Die wurde aber aus Desinteresse im Kühlschrank verstaut und war beim nächsten Betrachten schon nicht mehr genießbar. Ich würde lügen, würde ich sagen, dass mich das nicht gefreut hat. Rivalinen müssen ausgeschaltet werden! Auch wenn der Mann meint, dass er gar nicht gut aussähe. Pah, falsche Bescheidenheit!

Valentinstag wird dann irgendwann nachgeholt, wenn der Mann das nächste Mal Freizeit hat. Im März, wahrscheinlich.

Die Realität schlägt zurück.

Wir reden am späten Abend im Bett miteinander. Im Moment ist mein Mann nur noch von der Arbeit gestresst, und wir reden über die Zukunft.

Er: Ich will ja auch ein Kind, irgendwann, aber wenn ich derzeit über Kinder nachdenke, sehe ich nur Negatives.

Ich: Ich arbeite jeden Tag mit Kindern und mag sie. Die meisten.

Er: Was ist denn toll an Kindern?

Ich: Kinder sind ehrlich*, die sagen dir, wenn etwas doof ist. Außerdem macht es total Spaß, ihnen beim Wachsen zuzusehen, wenn sie plötzlich etwas können, was vor einem Monat noch nicht ging.

Er: Das verstehe ich schon, aber mit der Arbeit jetzt, würde ich das Kind gar nicht sehen. Das ginge alles an mir vorbei. Im Moment kann ich mich nach der Arbeit mit dir beschäftigen, aber wenn da noch ein Kind wäre… Wenn es wirklich so käme, dass wir entscheiden, dass wir ein Kind haben wollen, würde ich die Arbeit wechseln wollen, damit ich ihm beim Aufwachsen zusehen kann. Das ist doch alles was ich will, mit dem Menschen, den ich liebe, an einem Ort, den ich liebe, sein und machen, was mir gefällt.

Ich: Dann haben wir im Moment einen von drei Punkten?

Er: Ja.

Ich: Dann müssen wir schauen, was genau wir wollen, und dran arbeiten, dass es Realität wird.

* Zur Erinnerung: Die Kinder in meiner Gruppe sind zwei bis drei Jahre alt.

Mein Mann hasst Tokyo (er will nach Hokkaidô, Kyûshû oder gleich ins Ausland), seine Arbeit geht ihm auf den Geist, weil er derzeit nur einen freien Tag in der Woche hat, und derzeit ist noch keine Änderung in Sicht. In Hoffnung auf bessere Zeiten. Irgendwann dann auch mit Kind. Einen Namen haben wir uns schon ausgedacht, zumindest für einen Jungen.

Hoffnung ist noch da.

Ja, Papa.

Ich bin doch etwas kränker als ich dachte. Deswegen soll ich erstmal für einige Zeit zuhause bleiben. Habe ich gar keine Lust drauf, denn so verpasse ich einige Sondertage auf Arbeit. Aber vielleicht kann ich mich ja doch auf Arbeit schleichen.

Um zwölf Uhr ruft der Göttergatte an.

Er: Wie war’s?

Ich: Ich soll erstmal zuhause bleiben, weil es sein kann, dass ich die Kinder infizieren könnte.

Er: Oh. Geht’s dir so schlecht?

Ich: Es geht mir nicht schlecht, ich bin nur schwach und hab Symptome.

Er: Gut. Aber du darfst nicht einfach nach draußen gehen.

Ich: Heh?

Er: Nicht dass dir wieder langweilig wird und du doch draußen herumstreunst.

Ich: Niemals!

Er: Irgendjemand, den ich kenne, macht das.

Ich: Ich weiß nicht wovon du redest.

Er: Nicht einfach rausgehen und durch die Gegend streifen!

Ich: Verstanden!

Er: Gut, gut.

Manchmal vertraut der mir aber auch gar nicht. Als müsste ich rausgehen um meine Langweile zu bekämpfen. Wofür haben wir denn das Internet?