Filmzeit: Chinesische Lagerströmie.

Den Trailer zu diesem Film hatte ich mehrmals im Kino gesehen und für gut befunden. Tatsächlich hatte ich mich ziemlich geärgert, den Film nicht im Kino gesehen zu haben. Dann vergaß ich ihn aber wieder, bis er mir letztens in der Videothek in die Hände fiel.

©「百日紅」製作委員会

百日紅~Miss Hokusai~ Sarusuberi ~Miss Hokusai~ (2015) (Trailer)

Regisseur: Hara Kei’ichi

Animationsstudio: Production I.G.

Stimmen: Anne, Matsushige Yutaka, Hamada Gaku

O-Ei*, die Tochter von Katsushika Hokusai (葛飾北斎), dem wohl bekanntesten japanischen Künstler, lebt mit ihrem Vater zusammen in einem schäbigen Haus, in dem sie beide ihre Werke produzieren – wobei O-Ei nie ihre eigene Signatur hinterlässt. Episodenhaft werden verschiedene Geschichten erzäht, etwa von Katushikas jüngerer Tochter, die blind ist und in einem Tempel lebt, oder von einer Kurtisane, deren Astralkörper des Nachts versucht durch die Gegend zu schweifen.

* Im alten Edo wurden Frauennamen auch mit O- und einem Kanji des Namen gebildet. O-Nao, O-Kyô, O-Kura (← das bin ich! :D)

Persönliche Meinung: Der Film hat auf Rotten Tomatoes 95%, und um ehrlich zu sein, verstehe ich es nicht so ganz. Die Animationsqualität ist natürlich nicht schlecht, aber hübscher als Ghibli-Filme wird es halt nicht. Dass die Animation manchmal sehr 3D-lastig wird, hätte mich gar nicht gestört, wenn denn die Geschichte mitreißend wäre. Ist sie aber leider nicht. Die einzelnen Episoden sind nicht durch einen roten Faden verbunden, man weiß weder wirklich, ob die Geschichten chronologisch erzählt werden, noch, was man uns mit ihnen sagen will. Leider ist das die Gefahr bei Adaptionen von Manga oder Kurzgeschichtensammlungen. Offensichtlich fanden viele Leute den Film gut, ich kann mich dem aber nicht anschließen.

Dann doch lieber Ghiblis コクリコ坂から (Kokuriko-zaka kara; dt. Der Mohnblumenberg) gucken, den hatten wir bisher, weil er in Japan jetzt auch nicht sonderlich populär war, sträflich vernachlässigt, und dann am Wochenende gesehen. Richtig gut! 🙂

Der Vorteil davon, in Japan zu leben.

Immer wieder schreibe ich darüber, dass das Leben in Japan nach Jahren oft nicht mehr besonders ist. Matcha Latte und Sushi lassen mich nicht wirklich in Begeisterungsstürme ausbrechen, auch wenn ich sie gerne konsumiere. Klar, ist das ein wenig schade, aber wenn man etwas immer haben kann…

Richtig gut wird diese “in Japan leben”-Chose eigentlich erst, wenn man Interesse an Dingen hat, die aus Japan kommen. Das musste ich vor allem bei meinem neu aufgeflammten Interesse an Studio Ghibli feststellen.

wasserspielzeug

Spielzeug für die Badewanne

Zwar ist Studio Ghibli auch im Ausland sehr beliebt, und DVDs sind in Deutschland viel günstiger, aber mit wie viel Ghibli ich mich hier wie einfach eindecken kann, steht in keinem Vergleich. In jeder Videothek gibt es die gesammelten Werke von Ghibli, in meiner sogar die Dokumentation 夢と狂気の王国 (The Kingdom of Dreams and Madness) (Amazon.de Link), zum Ausleihen. Während man in Deutschland über das Internet vereinzeltes Ghibli-Merchandise zu überteuerten Preisen kaufen kann, bin ich einfach an der Quelle und kann in einem ganzen Laden nur mit Ghibli-Zeug einkaufen. Im Fernsehen laufen immer wieder Ghibli-Filme (übrigens immer bei 日本テレビ Nippon Terebi), und selten bekommt man auch mal Dokumentationen* zu Gesicht.

* 終わらない人 宮崎駿 (Hayao Miyazaki – Der Mann der nicht aufhört) könnt ihr euch hier ansehen. Nur auf Japanisch, und die Stimme der Erzählerin ist nervig, aber gut.

ghiblibuecher

Während es die Artbooks zu den verschiedenen Filmen auch in anderen Sprachen als Japanisch zu kaufen gibt, hat die internationale Fangemeindet mit anderen Druckerzeugnissen nicht so viel Glück. Seit von Studio Ghibli kaum noch etwas zu hören ist, haben verschiedene Leute Bücher veröffentlicht, die Einblick in die Arbeit im Studio gewähren. Zuhause habe ich von den neueren Büchern nur 吾輩はガイジンである (Wagahai ha Gaijin de aru; Ich bin Ausländer) von Steve Alpert, dem Mann, der Ghibli in die Welt hinaustrug. Ansonsten in meinem Besitz: 風の帰る場所 (Der Ort, an den der Wind zurückkehrt) und 続・風の帰る場所 (Der Ort, an den der Wind zurückkehrt (Fortsetzung)), zwei Bücher mit langen Interviews mit Hayao Miyazaki , 宮崎駿の雑想ノート (Miyazaki Hayaos Notizbuch der ziellosen Gedanken) mit Zeichnungen und Kurzgeschichten, die Miyazaki in den späten 80ern veröffentlichte, und ジブリの立体建造物展 ( Ghiblis dreidimensionale Gebäude-Ausstellung), das begleitende Buch zur gleichnamigen Ausstellung.

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Apropos Ausstellungen: Wie oft könnt ihr euch in Deutschland Ghibli im Museum ansehen?

Hier ist eigentlich immer etwas. Allein in den letzten Monaten war ich bei einer allgemeinen Ghibli-Ausstellungim Ghibli-Museum und in der Layout-Ausstellung. Wenn ich Glück habe, werden wir uns auch die oben erwähnte Gebäude-Ausstellung Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres ansehen.

Klar, solche Vorteile genießt jeder, der im Ursprungsland einer Sache ist und die Ursprungssprache versteht. Dass ich in Japan lebe, hilft mir weder in Sachen Sherlock* noch in Sachen Doctor Who. Die größte Auswahl an hübschen skandinavischen Dingen gibt es noch immer in Skandinavien.

* Wir haben die vierte Staffel zuhause, aber noch nicht gesehen. Keine Spoiler!

Aber manchmal habe ich Glück. 😉

Worüber würdet ihr euch am meisten freuen, wenn ihr in Japan leben würdet?
Oder, falls ihr in Japan lebt: Worüber freut ihr euch in Japan am meisten?

Für Ghibli bis zum Fuji.

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Ein Foto von der Autobahnraststätte

Letzte Woche sah ich auf dem Blog von Tara, dass in Shizoka derzeit Werke aus der Entstehungsphase verschiedener Ghibli-Filme ausgestellt werden. Das Ganze nennt sich Ghibli Layout-Ausstellung (ジブリ・レイアウト展), und wurde über die Jahre hinweg in verschiedenen japanischen Städten gezeigt. Zuerst zu sehen war sie 2008 in Tokyo, aber ich war mit meiner Begeisterung für Ghibli ziemlich spät dran, und habe es mir deswegen nicht während meines Working Holidays angesehen und leisten gekonnt hätte ich mir den Besuch eh nicht.

Am Samstag Abend erzählte ich meinem Mann von der Ausstellung drei Präfekturen weiter, und ging komplett davon aus, dass er meinen Wunsch sie zu sehen, abschmettern würde – falsch gedacht, er hat direkt ein Auto gemietet und so sind wir am Sonntag Morgen die fast drei Stunden nach Shizuoka gefahren.

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Am Kunstmuseum Shizuoka (静岡市美術館) kamen wir, trotz ausgedehnter Pausen, viel zu früh an, was aber nicht sonderlich tragisch war. So kamen wir direkt mit dem ersten Schwung Besucher hinein und mussten nicht anstehen. 🙂 Als wir nach über einer Stunde wieder herauskamen war die Schlange nämlich ziemlich lang – wahrscheinlich hat man, anders als bei der Ghibli-Ausstellung in Roppongi, festgelegt, wie viele Leute gleichzeitig in die Ausstellung können, damit wirklich alle etwas davon haben.

Aber – was wird überhaupt gezeigt? Layouts. Wer Japanisch lesen kann, kann sich hier eine Erklärung von Goro Miyazaki durchlesen. Der Rest muss mit meiner behelfsmäßigen Erklärung auskommen. 😉 Wenn man einen Animationsfilm produziert, beginnt alles mit dem Plan (企画 Kikaku), dann schreibt man das Drehbuch (脚本 Kyakuhon). Außer natürlich man heißt Hayao Miyazaki, dann schreibt man kein Drehbuch, sondern geht direkt zum nächsten Schritt: Dem Storyboard (絵コンテ Ekonte). Dort werden die Szenen entschieden, wie lange sie dauern, was darin gesagt wird, etc. Der nächste Schritt ist das Layout (das heißt auch auf Japanisch Layout bzw. レイアウト). Dort wird festgelegt, wie genau jede Szene auszusehen hat, wo die Kamera hinschaut, was auf Cells kommt, was im Hintergrund passiert, wie schnell sich die Wolken bewegen, usw. usf.

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Ein Layout zu “Das wandelnde Schloss” (©Ghibli)

In der Ausstellung wurden über 1300 dieser Layouts gezeigt. Leider war Fotografieren nicht erlaubt, aber Tara war eine krasse Rebellin – Ein paar Fotos also bei ihr. 😉

Da zu eigentlich jedem Film etwas ausgestellt war, kam auch wirklich jeder auf seine Kosten. Angefangen mit “Nausicaä aus dem Tal der Winde”, dem ersten Film von Studio Ghibli*, ging es über “Mein Nachbar Totoro” und “Prinzessin Mononoke” bis zu “Erinnerungen an Marnie”, dem neusten Film.

* Ich weiß, dass es strenggenommen kein Ghibli-Film ist. Aber irgendwie schon, oder?

Zu einigen Filmen gab es natürlich mehr als zu anderen, leider sind zu “Kikis kleiner Lieferservice” nur noch zwei Layouts vorhanden, aber was wir von “Chihiros Reise ins Zauberland” sehen durften sprengte unsere Vorstellungskraft: Ein ganzer Raum, von oben bis unten voller Layouts, an denen man den Film nachvollziehen konnte. Unglaublich toll. 🙂

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Wir hatten unglaublich viel Spaß. Nachdem wir aus der Ausstellung kamen, sah ich mir den Museums-Shop einmal an. Dort gab es ausstellungsexklusive Dinge, Merchandise aus dem Ghibli-Museum in Mitaka, und Produkte vom Donguri Kyōwakoku (どんぐり共和国). Ich schwankte ziemlich, ob ich mir nicht den Ausstellungskatalog kaufen sollte, aber die Zeichnungen sind dort leider nur stark verkleinert abgebildet. Stattdessen kam ein schöner Druck eines Layouts aus “Chihiros Reise ins Zauberland” mit zurück nach Hause.

Das kommt jetzt in einen hübschen Rahmen und dann an die Wand zwischen den Türen zur Toilette und zum Bad. Einen Noren (のれん), also einen dieser typisch japanischen Vorhänge, in Dunkelblau mit ゆ (Yu), wie im Film, haben wir uns auch schon ausgeguckt. 😉

Zurück zuhause waren wir zwar beide total fertig, aber auch glücklich. Wenn die Ausstellung es noch einmal in die Nähe schaffen sollte, würden wir auch noch einmal hingehen. Vielleicht gäbe es dann auch wieder Drucke von “Porco Rosso” zu kaufen, die haben wir nämlich schmerzlich vermisst. :/

Die Ausstellung wandert immer mal, findet aber auch nicht ständig statt. Eine (japanische) Übersicht findet ihr hier auf der Seite der Ausstellung.

Filmzeit: Mitternachtsrestaurant (Fortsetzung).

Letztes Jahr sahen wir 深夜食堂 (Shinya Shokudō; Mitternachtsrestaurant) auf DVD. Kurz darauf sahen wir uns die zugehörige Fernsehserie an. Wenn wir abends mal einfach nur ausspannen wollen, machen wir eine, zwei oder viele Folgen an.

Shinya Shokudô schafft es einfach, ganz ruhig Geschichten zu erzählen, die einen tief berühren. Geschichten, die so ein warmes Gefühl erzeugen. 🙂 Natürlich ist nicht jede einzelne Folge ein Meisterwerk, aber die meisten sind wirklich gut.

Die neuste Staffel läuft auf Netflix, und man kann sie auch vom Ausland aus abrufen. Sie heißt dort “Midnight Diner: Tokyo Stories”. Um ehrlich zu sein, hat sich seit den Staffeln, die im japanischen Fernsehen liefen, einiges geändert. Das Tempo ist schneller, die Kamera beweglicher und es gab mehr Folgen, die uns etwas verwundert zurückließen. Ja, wir waren etwas enttäuscht.

Trotzdem wollten wir natürlich den zweiten Film sehen, weswegen wir uns gestern auf den Weg ins Kino machten. So viel sei verraten: Es hat sich gelohnt.

©「続・深夜食堂」製作委員会

©「続・深夜食堂」製作委員会

続・深夜食堂 Zoku Shinya Shokudō (2016) (Trailer)

Regisseur: Matsuoka Jōji

Darsteller: Kobayashi Kaoru, Mikako Tabe, Odagiri Joe

Das Restaurant “Meshiya” ist jeden Tag von 24 Uhr bis sieben Uhr morgens geöffnet. In ihm stoßen die unterschiedlichsten Charaktere aufeinander. Ob das eine junge Frau ist, die zur Stressbewältigung Trauerkleidung trägt, oder eine Mutter, die ihren Sohn nicht loslassen kann – sie alle bekommen Rat und vor allem gutes Essen.

Persönliche Meinung: Der Film war genau so wie die Serie – und nicht die, die auf Netflix läuft. Viele der Charaktere kennt man schon, einige neue treffen hinzu. Schön ist es, dieses offenbar eingespielte Team zu sehen, und ein wenig mitgenommen zu werden. Da wünsche ich mir doch, dass es das Meshiya wirklich geben würde, mitsamt dem Master, der einem auf Wunsch alles kocht. 😉 In diesem Film gab es mehr zu lachen als im ersten, aber trotzdem kam natürlich der Ninja mit seinen Zwiebeln vorbei und brachte mich zum Weinen. Glückstränen sind schon schön, selbst für fiktive Charaktere.