Der Vorteil davon, in Japan zu leben.

Immer wieder schreibe ich darüber, dass das Leben in Japan nach Jahren oft nicht mehr besonders ist. Matcha Latte und Sushi lassen mich nicht wirklich in Begeisterungsstürme ausbrechen, auch wenn ich sie gerne konsumiere. Klar, ist das ein wenig schade, aber wenn man etwas immer haben kann…

Richtig gut wird diese “in Japan leben”-Chose eigentlich erst, wenn man Interesse an Dingen hat, die aus Japan kommen. Das musste ich vor allem bei meinem neu aufgeflammten Interesse an Studio Ghibli feststellen.

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Spielzeug für die Badewanne

Zwar ist Studio Ghibli auch im Ausland sehr beliebt, und DVDs sind in Deutschland viel günstiger, aber mit wie viel Ghibli ich mich hier wie einfach eindecken kann, steht in keinem Vergleich. In jeder Videothek gibt es die gesammelten Werke von Ghibli, in meiner sogar die Dokumentation 夢と狂気の王国 (The Kingdom of Dreams and Madness) (Amazon.de Link), zum Ausleihen. Während man in Deutschland über das Internet vereinzeltes Ghibli-Merchandise zu überteuerten Preisen kaufen kann, bin ich einfach an der Quelle und kann in einem ganzen Laden nur mit Ghibli-Zeug einkaufen. Im Fernsehen laufen immer wieder Ghibli-Filme (übrigens immer bei 日本テレビ Nippon Terebi), und selten bekommt man auch mal Dokumentationen* zu Gesicht.

* 終わらない人 宮崎駿 (Hayao Miyazaki – Der Mann der nicht aufhört) könnt ihr euch hier ansehen. Nur auf Japanisch, und die Stimme der Erzählerin ist nervig, aber gut.

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Während es die Artbooks zu den verschiedenen Filmen auch in anderen Sprachen als Japanisch zu kaufen gibt, hat die internationale Fangemeindet mit anderen Druckerzeugnissen nicht so viel Glück. Seit von Studio Ghibli kaum noch etwas zu hören ist, haben verschiedene Leute Bücher veröffentlicht, die Einblick in die Arbeit im Studio gewähren. Zuhause habe ich von den neueren Büchern nur 吾輩はガイジンである (Wagahai ha Gaijin de aru; Ich bin Ausländer) von Steve Alpert, dem Mann, der Ghibli in die Welt hinaustrug. Ansonsten in meinem Besitz: 風の帰る場所 (Der Ort, an den der Wind zurückkehrt) und 続・風の帰る場所 (Der Ort, an den der Wind zurückkehrt (Fortsetzung)), zwei Bücher mit langen Interviews mit Hayao Miyazaki , 宮崎駿の雑想ノート (Miyazaki Hayaos Notizbuch der ziellosen Gedanken) mit Zeichnungen und Kurzgeschichten, die Miyazaki in den späten 80ern veröffentlichte, und ジブリの立体建造物展 ( Ghiblis dreidimensionale Gebäude-Ausstellung), das begleitende Buch zur gleichnamigen Ausstellung.

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Apropos Ausstellungen: Wie oft könnt ihr euch in Deutschland Ghibli im Museum ansehen?

Hier ist eigentlich immer etwas. Allein in den letzten Monaten war ich bei einer allgemeinen Ghibli-Ausstellungim Ghibli-Museum und in der Layout-Ausstellung. Wenn ich Glück habe, werden wir uns auch die oben erwähnte Gebäude-Ausstellung Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres ansehen.

Klar, solche Vorteile genießt jeder, der im Ursprungsland einer Sache ist und die Ursprungssprache versteht. Dass ich in Japan lebe, hilft mir weder in Sachen Sherlock* noch in Sachen Doctor Who. Die größte Auswahl an hübschen skandinavischen Dingen gibt es noch immer in Skandinavien.

* Wir haben die vierte Staffel zuhause, aber noch nicht gesehen. Keine Spoiler!

Aber manchmal habe ich Glück. 😉

Worüber würdet ihr euch am meisten freuen, wenn ihr in Japan leben würdet?
Oder, falls ihr in Japan lebt: Worüber freut ihr euch in Japan am meisten?

Für Ghibli bis zum Fuji.

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Ein Foto von der Autobahnraststätte

Letzte Woche sah ich auf dem Blog von Tara, dass in Shizoka derzeit Werke aus der Entstehungsphase verschiedener Ghibli-Filme ausgestellt werden. Das Ganze nennt sich Ghibli Layout-Ausstellung (ジブリ・レイアウト展), und wurde über die Jahre hinweg in verschiedenen japanischen Städten gezeigt. Zuerst zu sehen war sie 2008 in Tokyo, aber ich war mit meiner Begeisterung für Ghibli ziemlich spät dran, und habe es mir deswegen nicht während meines Working Holidays angesehen und leisten gekonnt hätte ich mir den Besuch eh nicht.

Am Samstag Abend erzählte ich meinem Mann von der Ausstellung drei Präfekturen weiter, und ging komplett davon aus, dass er meinen Wunsch sie zu sehen, abschmettern würde – falsch gedacht, er hat direkt ein Auto gemietet und so sind wir am Sonntag Morgen die fast drei Stunden nach Shizuoka gefahren.

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Am Kunstmuseum Shizuoka (静岡市美術館) kamen wir, trotz ausgedehnter Pausen, viel zu früh an, was aber nicht sonderlich tragisch war. So kamen wir direkt mit dem ersten Schwung Besucher hinein und mussten nicht anstehen. 🙂 Als wir nach über einer Stunde wieder herauskamen war die Schlange nämlich ziemlich lang – wahrscheinlich hat man, anders als bei der Ghibli-Ausstellung in Roppongi, festgelegt, wie viele Leute gleichzeitig in die Ausstellung können, damit wirklich alle etwas davon haben.

Aber – was wird überhaupt gezeigt? Layouts. Wer Japanisch lesen kann, kann sich hier eine Erklärung von Goro Miyazaki durchlesen. Der Rest muss mit meiner behelfsmäßigen Erklärung auskommen. 😉 Wenn man einen Animationsfilm produziert, beginnt alles mit dem Plan (企画 Kikaku), dann schreibt man das Drehbuch (脚本 Kyakuhon). Außer natürlich man heißt Hayao Miyazaki, dann schreibt man kein Drehbuch, sondern geht direkt zum nächsten Schritt: Dem Storyboard (絵コンテ Ekonte). Dort werden die Szenen entschieden, wie lange sie dauern, was darin gesagt wird, etc. Der nächste Schritt ist das Layout (das heißt auch auf Japanisch Layout bzw. レイアウト). Dort wird festgelegt, wie genau jede Szene auszusehen hat, wo die Kamera hinschaut, was auf Cells kommt, was im Hintergrund passiert, wie schnell sich die Wolken bewegen, usw. usf.

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Ein Layout zu “Das wandelnde Schloss” (©Ghibli)

In der Ausstellung wurden über 1300 dieser Layouts gezeigt. Leider war Fotografieren nicht erlaubt, aber Tara war eine krasse Rebellin – Ein paar Fotos also bei ihr. 😉

Da zu eigentlich jedem Film etwas ausgestellt war, kam auch wirklich jeder auf seine Kosten. Angefangen mit “Nausicaä aus dem Tal der Winde”, dem ersten Film von Studio Ghibli*, ging es über “Mein Nachbar Totoro” und “Prinzessin Mononoke” bis zu “Erinnerungen an Marnie”, dem neusten Film.

* Ich weiß, dass es strenggenommen kein Ghibli-Film ist. Aber irgendwie schon, oder?

Zu einigen Filmen gab es natürlich mehr als zu anderen, leider sind zu “Kikis kleiner Lieferservice” nur noch zwei Layouts vorhanden, aber was wir von “Chihiros Reise ins Zauberland” sehen durften sprengte unsere Vorstellungskraft: Ein ganzer Raum, von oben bis unten voller Layouts, an denen man den Film nachvollziehen konnte. Unglaublich toll. 🙂

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Wir hatten unglaublich viel Spaß. Nachdem wir aus der Ausstellung kamen, sah ich mir den Museums-Shop einmal an. Dort gab es ausstellungsexklusive Dinge, Merchandise aus dem Ghibli-Museum in Mitaka, und Produkte vom Donguri Kyōwakoku (どんぐり共和国). Ich schwankte ziemlich, ob ich mir nicht den Ausstellungskatalog kaufen sollte, aber die Zeichnungen sind dort leider nur stark verkleinert abgebildet. Stattdessen kam ein schöner Druck eines Layouts aus “Chihiros Reise ins Zauberland” mit zurück nach Hause.

Das kommt jetzt in einen hübschen Rahmen und dann an die Wand zwischen den Türen zur Toilette und zum Bad. Einen Noren (のれん), also einen dieser typisch japanischen Vorhänge, in Dunkelblau mit ゆ (Yu), wie im Film, haben wir uns auch schon ausgeguckt. 😉

Zurück zuhause waren wir zwar beide total fertig, aber auch glücklich. Wenn die Ausstellung es noch einmal in die Nähe schaffen sollte, würden wir auch noch einmal hingehen. Vielleicht gäbe es dann auch wieder Drucke von “Porco Rosso” zu kaufen, die haben wir nämlich schmerzlich vermisst. :/

Die Ausstellung wandert immer mal, findet aber auch nicht ständig statt. Eine (japanische) Übersicht findet ihr hier auf der Seite der Ausstellung.

Filmzeit: Mitternachtsrestaurant (Fortsetzung).

Letztes Jahr sahen wir 深夜食堂 (Shinya Shokudō; Mitternachtsrestaurant) auf DVD. Kurz darauf sahen wir uns die zugehörige Fernsehserie an. Wenn wir abends mal einfach nur ausspannen wollen, machen wir eine, zwei oder viele Folgen an.

Shinya Shokudô schafft es einfach, ganz ruhig Geschichten zu erzählen, die einen tief berühren. Geschichten, die so ein warmes Gefühl erzeugen. 🙂 Natürlich ist nicht jede einzelne Folge ein Meisterwerk, aber die meisten sind wirklich gut.

Die neuste Staffel läuft auf Netflix, und man kann sie auch vom Ausland aus abrufen. Sie heißt dort “Midnight Diner: Tokyo Stories”. Um ehrlich zu sein, hat sich seit den Staffeln, die im japanischen Fernsehen liefen, einiges geändert. Das Tempo ist schneller, die Kamera beweglicher und es gab mehr Folgen, die uns etwas verwundert zurückließen. Ja, wir waren etwas enttäuscht.

Trotzdem wollten wir natürlich den zweiten Film sehen, weswegen wir uns gestern auf den Weg ins Kino machten. So viel sei verraten: Es hat sich gelohnt.

©「続・深夜食堂」製作委員会

©「続・深夜食堂」製作委員会

続・深夜食堂 Zoku Shinya Shokudō (2016) (Trailer)

Regisseur: Matsuoka Jōji

Darsteller: Kobayashi Kaoru, Mikako Tabe, Odagiri Joe

Das Restaurant “Meshiya” ist jeden Tag von 24 Uhr bis sieben Uhr morgens geöffnet. In ihm stoßen die unterschiedlichsten Charaktere aufeinander. Ob das eine junge Frau ist, die zur Stressbewältigung Trauerkleidung trägt, oder eine Mutter, die ihren Sohn nicht loslassen kann – sie alle bekommen Rat und vor allem gutes Essen.

Persönliche Meinung: Der Film war genau so wie die Serie – und nicht die, die auf Netflix läuft. Viele der Charaktere kennt man schon, einige neue treffen hinzu. Schön ist es, dieses offenbar eingespielte Team zu sehen, und ein wenig mitgenommen zu werden. Da wünsche ich mir doch, dass es das Meshiya wirklich geben würde, mitsamt dem Master, der einem auf Wunsch alles kocht. 😉 In diesem Film gab es mehr zu lachen als im ersten, aber trotzdem kam natürlich der Ninja mit seinen Zwiebeln vorbei und brachte mich zum Weinen. Glückstränen sind schon schön, selbst für fiktive Charaktere.

Ghibli-Museum in Mitaka.

Am Donnerstag Morgen machten wir uns im strömenden Regen auf den Weg nach Mitaka (三鷹) um ins Ghibli-Museum zu gehen. Nachdem ich über den schönen japanischen Herbst geschrieben hatte, wurde der nämlich trotzig. Zwei Wochen lang regnete es fast jeden Tag.

Während man eigentlich vom Bahnhof Mitaka bis zum Museum laufen kann, hatte im Regen natürlich niemand Lust darauf. Entsprechend voll war die Bushaltestelle in Richtung Museum, und wir waren uns nicht sicher, ob wir hineinpassen würden. Kurzerhand stiegen wir in ein Taxi, um statt an der Bushaltestelle vor dem Museum anzustehen. Welch Verbesserung. 😉

Unsere Tickets waren für die frühste verfügbare Zeit, also zehn Uhr morgens. Als wir um etwa 15 Minuten vor zehn ankamen, wand sich die Schlange bereits bis außerhalb des Museumsgeländes. Ganz langsam ging es voran, bis wir unter Planen standen und kontrolliert wurden: Dass nur der Käufer der Karten (mit Begleitung) ins Museum kann, wird unglaublich ernst genommen. Ihr solltet also bei einem Besuch auf jeden Fall euren Pass oder, falls ihr in Japan lebt, Residence Card oder Führerschein mitnehmen.

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Als wir es endlich ins Trockene geschafft hatten, bekamen wir Tickets mit einem Filmstreifen aus einem der neueren Ghibli-Filme. Meiner war von “Das wandelnde Schloss”, der von meinem Mann – keine Ahnung. Es war kein Charakter darauf zu erkennen. Etwas schade, aber die Idee selbst ist ziemlich cool. 🙂

Das Museumsgebäude selbst wurde nach Zeichnungen von Hayao Miyazaki, dem Schöpfer der bekanntesten Ghibli-Filme, erbaut. Auf drei Etagen kann man sich frei bewegen und so einiges entdecken. Nur Fotos dürfen keine gemacht werden, weswegen die folgenden Bilder nicht aus meiner Kamera stammen.

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©Nibariki ©Museo d’Arte Ghibli ©Studio Ghibli

Um ehrlich zu sein, war ich mir gar nicht sicher, was uns erwarten würde. Ich hatte mich vorher nicht großartig informiert, und wusste nur, dass es eine ständige und eine wechselnde Ausstellung gibt. Was ich nicht wusste ist, wie verdammt cool die sind.

Im Erdgeschoss gibt es ein kleines Kino, in dem nur dort zu sehende Studio Ghibli-Kurzfilme gezeigt werden und einen Ausstellungsraum, in dem die Geschichte der Animation auch für Kinder verständlich erklärt wird. Zwar kannte ich das natürlich schon, trotzdem war es sehr schön aufgemacht.

Über eine Treppe oder einen Fahrstuhl kommt man in die oberen Stockwerke. Im ersten Obergeschoss wird in einem Teil des Gebäudes erklärt, wie die Zeichnungen entstehen. Zur Illustration gibt es natürlich viele Zeichnungen aus den Ghibli-Filmen, euren Lieblingsfilm findet ihr sicher auch. Die Erklärungen sind großteils nur auf Japanisch, und mit Hayao Miyazaki als Schweinchenillustration versehen. 😀

Außerdem im zweiten Stock ist die wechselnde Ausstellung, diesmal unter anderem mit einem Katzenbus für Erwachsene. Im Raum nebenan, möglicherweise auch nur kurzzeitig, hing eine Flugmaschine und an den Wänden hingen Schemata von riesigen Schiffen. Als Kind hätte ich das absolut geliebt, und auch als Erwachsene hat es unglaublich viel Spaß gemacht.

Was wir diesmal leider auslassen mussten: Das Café Mugiwarabōshi (麦わらぼうし). Es war einfach viel zu voll, und wir hatten keine Lust anzustehen. Beim nächsten Mal würden wir wohl direkt nach dem Einlass ins Café rennen.

Im dritten Stock befindet sich der Katzenbus für Kinder. Auf den darf man sogar raufklettern! Leider bin ich schon länger nicht mehr zwölf Jahre alt, deswegen blieb mir dieses Erlebnis verwehrt. 😉 Außerdem: Ein Zimmer, in dem Kinderbücher vorgestellt werden. Ich finde es super wichtig, mit Kindern zu lesen, und wenn ein paar Familien so Anregungen bekommen, ist das schon toll.

Das Museum hat natürlich auch einen Museums-Shop. Dort gibt es einige Dinge, die man auch in den Ghibli-Shops bekommt, und andere Dinge, die es nur im Museum gibt. Ich konnte mir natürlich einen kleinen Einkauf nicht entgehen lassen.

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Von Temaki, Creative Commons, geschnitten und verkleinert

Was wir uns freiwillig entgehen lassen haben: Den Garten auf dem Dach des Museums. Dafür war das Wetter einfach viel zu schlecht, auch wenn wir gern den Roboter-Soldaten von “Das Schloss im Himmel” gesehen hätten. Aber wir gehen sicher noch einmal hin, spätestens wenn wir Kinder haben.

Die Schlange am Eingang war nämlich zwar ziemlich beeindruckend lang, im Museum hatten wir aber nur sehr selten das Gefühl, dass es zu voll sei. Kein Schlangestehen, keine vorgegebenen Wege, es war wie im Himmel, auch wenn mein Mann etwas verwirrt war.

Er: 順路は? (Wo ist die vorgegebene Route?)

Ich: ないと思う (Die gibt es glaube ich nicht.)

In so gut wie jedem Museum in Tokyo muss man sich nämlich schön der Reihe nach die Ausstellungsstücke anschauen. Keine Chance, irgendetwas auszulassen oder etwas länger anzusehen, man ist zwischen Vor- und Hintermann quasi eingeschlossen.

Ich würde den Besuch jedem empfehlen, der sich für Animation und/oder Ghibli interessiert. Auch ohne alles lesen zu können, kriegt man recht viel mit und schön ist es auf jeden Fall! Wie ihr an Tickets kommt, lest ihr hier.

三鷹の森ジブリ美術館
東京都三鷹市下連雀1-1-83

Ghibli Museum, Mitaka
Tokyo, Mitaka, Shimorenjaku 1-1-83