4. Hochzeitstag und der Tag der transnationalen Ehe.

11005215_852653334776235_1543879845_nDer 14. März ist nicht nur genau ein Monat nach Valentinstag, White Day in vielen asiatischen Ländern* und unser Hochzeitstag; er ist auch 国際結婚の日 (Kokusai-Kekkon no Hi; Tag der transnationalen Ehe). Na das passt ja gut. 😉

Der Tag ist übrigens sehr unbekannt, ich bin nur durch Zufall darüber gestolpert.

* Am Valentinstag schenken die Frauen, am White Day die Männer.

Es wird gefeiert, dass die transnationale Ehe zwischen 南貞助 (Minami Teisuke) und der Engländerin Lisa Pittman am 14. März 1872 von der japanischen Regierung offiziell anerkannt wurde – als erste transnationale Ehe überhaupt. Und wieder ein Punkt für die “ausländische Ehefrau, japanischer Mann”-Konstellation. 😉 Während der Zeit der Meji-Restauration wurde versucht das Land fortschrittlicher und westlicher zu gestalten, in Zuge dessen wurde auch ein Gesetz für transnationale Ehen geschaffen. Eine Frau bekam automatisch die Staatsbürgerschaft ihres Mannes, die Staatsbürgerschaft wurde nur über den Vater an Kinder weitergegeben, war die Mutter Japanerin gab es sie nicht. Aus heutiger Sicht sind diese Gesetze natürlich etwas eigenartig, aber hey – 19. Jahrhundert.
Im Jahr 2010 waren etwa 4.3% aller neugeschlossenen Ehen in Japan transnationale Ehen. Dabei wurden dreimal so viele Ehen zwischen einem japanischen Mann und einer ausländischen Frau geschlossen als andersherum. Es gibt aber eine Auffälligkeit: Japanische Männer heiraten viel öfter asiatische Frauen als japanische Frauen asiatische Männer heiraten. 2013 haben 247 britische Männer Japanerinnen geheiratet – und nur 38 Britinnen Japaner. Als weiße Frau ist man also noch immer eine Rarität. Für manche. Ich sehe es nämlich ständig. Das Klischee ist aber noch immer “blonder großer Mann mit japanischer Frau”.

via Girls Channel

©NHK

Derzeit läuft auf NHK die Serie マッサン (Massan), über das Leben des Gründers der japanischen Whisky-Industrie 竹鶴 政孝 (Taketsuru Masataka) mit seiner schottischen Frau Rita. Fürs Fernsehen ist das natürlich stark fiktionalisiert, aber die Serie ist wirklich beliebt und die erste 朝ドラ (Asa-dora; Morgenserie) mit einer ausländischen Hauptdarstellerin. Obwohl es natürlich Leute gibt, die über Kleinigkeiten** meckern, freue ich mich riesig, dass es uns im Fernsehen gibt. 🙂 Vielleicht höre ich dann nicht mehr so oft “Das ist aber ungewöhnlich, ein japanischer Mann mit einer europäischen Frau!”.

** “Rita hatte aber dunkle Haare” und “Sie lernt viel zu schnell Japanisch!”

Es gibt natürlich in einer transnationalen Ehe oft mehr Reibungspunkte als in einer, in der beide Partner denselben kulturellen Hintergrund haben. Da gibt es dann Kommunikationsprobleme oder die Wertevorstellungen passen nicht zusammen. Andererseits kann man auch unglaublich viel voneinander lernen, und sein eigener Horizont erweitert sich quasi automatisch. Mein Mann und ich sind z.B. sehr harmonisch und haben viel Spaß zusammen, es passt einfach. 🙂 Das Hochzeitsdatum haben wir uns ja schon mal gut ausgesucht.

Auf die nächsten 4 Jahre!

Kann man eigentlich Japaner werden?

Wenn man wie ich aus einer Stadt mit einer großen Immigrantengemeinde kommt, kennt man sicher Geschichten von Einbürgerungen. Wie genau das funktioniert weiß ich nicht, aber am Ende hält man einen deutschen Pass in den Händen und muss sich nicht mehr mit Einwanderungsbehörden herumärgern und die Bundesrepublik Deutschland hat einen neuen Deutschen gewonnen.

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Entgegen anderslautender Gerüchte kann man tatsächlich Japaner werden, bzw. zumindest die japanische Staatsbürgerschaft annehmen. Das nennt sich entweder Kika (帰化), Einbürgerung, oder Kokuseki Shutoku (国籍取得), Erwerb der Staatsbürgerschaft. Im Jahr 2012 haben sich 9.940 Personen um die japanische Staatsbürgerschaft beworben, nur etwa 4% wurden abgelehnt. Das hängt auch damit zusammen, dass nur die, die eine Chance haben, überhaupt bis zur offiziellen Bewerbung vorgelassen werden.

Der Großteil der Bewerber ist koreanischem oder chinesischem Ursprungs, doch während deren Antragszahlen  stetig schrumpfen bleibt die Zahl der “weiteren” Ausländer stabil.

Warum Japaner werden?

Das kann die verschiedensten Gründe haben, aber der größte Vorteil ist, dass man mit japanischer Staatsbürgerschaft nie wieder aus dem Land geworfen werden kann. Das ewige Aufenthaltsrecht, wie ich es habe, kann im Ernstfall entzogen werden. Außerdem kann man natürlich wählen oder sich auch zur Wahl stellen. Wusstet ihr, dass es in Japan einen in Finland geborenen Politiker gibt? Er hat 1979 die Staatsbürgerschaft angenommen. Auch im öffentlichen Dienst braucht man die japanische Staatsbürgerschaft.

Für viele ist der japanische Pass auch praktischer, weil man eine größere Reisefreiheit genießt. Wir erinnern uns: Mit einem japanischen Pass muss man für Vietnam kein Visum beantragen, bei anderen Ländern sind die Unterschiede wahrscheinlich noch viel gravierender.

Was für Voraussetzungen muss man erfüllen?

  1.  Man muss seit mindestens fünf Jahren durchgehend in Japan leben. Wenn man verheiratet ist geht es, wie immer, noch schneller.
  2.  Man muss mindestens 20 Jahre alt sein.
  3. Man darf natürlich keine Vorstrafen haben oder ähnlich negativ aufgefallen sein.
  4. Man muss entweder genug Kapital oder Können mitbringen, um sich zu versorgen oder jemanden in der Familie haben, der einen versorgen kann.
  5. Man muss entweder staatenlos oder bereit sein, seine bisherige Staatsbürgerschaft abzutreten.
  6. Man darf nichts mit Organisationen zu tun haben die die Regierung mit Gewalt stürzen wollen. Falls ihr das geplant hattet.

Nummer 5 ist natürlich der große Haken: Bis auf einige Ausnahmen* darf man keine Staatsbürgerschaften neben der japanischen haben. Ich wette, wenn es diese Regel nicht gäbe, wäre die Anzahl der Anträge sehr viel höher, ich würde mich dann auch einreihen. 😉 Aber dazu später mehr.

* Ausnahme 1: Man ist unter 20 und hat z.B. durch Geburt zwei Staatsbürgerschaften. Ausnahme 2: Man ist z.B. im Iran durch Heirat gezwungen eine weitere Staatsbürgerschaft anzunehmen. Ausnahme 3: Die ursprüngliche Staatsbürgerschaft ist entweder unmöglich oder mit enormem Aufwand ablegbar.

Wie läuft der Prozess ab?

Es ist wohl von Ort zu Ort unterschiedlich, warum sollte man so etwas auch normen, aber meist sieht es wohl so aus:

  • Antragsschreiben
  • Informationen über die Familie (das musste ich auch bei der Niederlassungserlaubnis machen)
  • Lebenslauf
  • Motivationsschreiben (“Warum willst du dich einbürgern lassen?”)
  • Schriftlicher Eid über die abgegebenen Informationen
  • Nachweise über Einkommen und Kapital, Mietvertrag
  • Eine handgezeichnete Karte von der Umgebung der Wohnung und des Arbeitsplatzes (musste ich auch bei der Niederlassungserlaubnis machen, ist lächerlich)

Später gibt es auch ein Interview, bei dem man beweisen muss, dass man mindestens genauso gut Japanisch spricht wie ein Achtjähriger. 😉

Die ganze Prozedur dauert mindestens ein Jahr.

Bekomme ich einen japanischen Namen?

Man darf sich seinen Namen frei aussuchen, er muss nur in einer japanischen Schrift geschrieben sein. Ich persönlich würde einfach denselben Namen verwenden wie jetzt, aber wenn man sich Kuranosuke (蔵之介), das ist ein alter Männername, der sicher auch einem Samurai gut stehen würde, nennen möchte, kann man das tun. Man kann sich auch einfach Kanji für seinen nicht-japanischen Namen aussuchen. 🙂

Mein persönliches Wider

An sich ist so eine Einbürgerung natürlich keine schlechte Sache, wie gesagt: Könnte ich meine deutsche Staatsbürgerschaft behalten, hätte ich mich schon beworben. Neben dem diffusen Gefühl, dass so ein EU-Pass voll cool ist, gibt es vor allem ein Argument für den deutschen Pass: Ich möchte, dass unser Kind doppelte Staatsbürgerschaft bekommt. Einfach als Möglichkeit, falls es sich in 25 Jahren entscheiden sollte, in Europa leben zu wollen. Würde ich meine Staatsbürgerschaft abgeben, wäre das ziemlich kompliziert. Ansonsten muss ich nämlich zugeben, dass ich von meiner deutschen Staatsbürgerschaft auch nicht unbedingt Gebrauch mache, es würde in meinem Leben also nicht unbedingt etwas ändern.

Vielleicht, irgendwann… statt Claudia dann Kuranosuke… Ich sehe mich schon in voller Rüstung und mit Katana im Sonnenuntergang stehen…

Mein Körper hasst mich.

Ich hatte seit gestern Morgen Kopfschmerzen, die ich mit meinem chronisch verspannten Nacken/Rücken/Körper in Verbindung brachte. Also begab ich mich auf den Heimweg in einen der drei Massage-Läden im Bahnhofsgebäude: てもみん (Temomin).

Der Name kommt von 手 (Te; Hand) und 揉む (momu; massieren), und während andere Salons ganz chic sind und noch Aromatherapie oder ähnliches anbieten, ist Temomin da ohne Schnickschnack für Leute, denen einfach was wehtut.

Preislich geht es bei 1,080Yen (8€) für 10 Minuten in einem Massagestuhl los, ich habe mich für 4,320Yen (32€) 35 Minuten lang auf einem Bett durchkneten lassen.

Man wird natürlich mit Handtüchern abgedeckt, andere Menschen anfassen ist bäh. 😉 Im Ernst, ich denke, das wird auch etwas mit der Wärmeentwicklung zu tun gehabt haben. Insgesamt war es super entspannend, die Masseuse meinte, dass ich ja unglaublich verspannt sei, und ich dachte fast, dass ich meine Kopfschmerzen loswerden könnte…

Die wurden aber nur schlimmer. Einkaufen gehen konnte ich noch, danach war Bett angesagt. Ich weiß noch immer nicht, was genau passiert ist, eine Migräne war es nämlich nicht*. Mein Mann sagt, dass mein Körper vom verbesserten Blutfluss etwas überfordert gewesen sein könnte. Ich habe keine Ahnung, aber ich glaube nicht, dass die Massage dran schuld ist.

* Weder licht-, noch geräusch- noch bewegungsempfindlich.

Kopfschmerzen und Übelkeit beim Sitzen hielten mich natürlich davon ab, Dinge zu tun, die ich dringend tun sollte. Dabei hatte ich sogar eine To-Do-Liste! Da versuche ich einmal etwas zu schaffen, und dann macht mein Körper mir einen Strich durch die Rechnung.

Im Laufe des Abends ging es dann langsam besser, und heute Nacht habe ich so gut geschlafen wie schon lang nicht mehr. Nach dem Aufstehen war ich sogar richtig wach und nicht wie sonst in einem eigenartigen Zwischenzustand. Das schreibe ich einfach mal der Massage zu. 🙂

(Ich sollte wieder Sport machen…)

Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten.

via App Store

alle via App Store

Hände hoch, wer von euch nimmt sein Smartphone mit auf die Toilette?

Ich persönlich ja nicht, aber es scheint durchaus weit verbreitet zu sein. Was macht also eine Toilettenfirma, die immer neue Innovationen für Toiletten erfinden und an den Mann bringen muss?

Die Toilettenfirma LIXIL hat eine App entwickelt. Eine Toiletten-App. Für iPhone und Android. Weil Japan.

Nun kann man mit modernen japanischen Toiletten sowieso mehr anstellen als mit deutschen: Nach dem Geschäft kann man sich diverse Körperteile mit Wasser säubern lassen, einige Toiletten föhnen dann auch gleich noch, und Musik/Wassergeräusche um die Geräusche des Geschäfts zu übertönen kann man auch oftmals anstellen.

スクリーンショット 0027-02-23 6.40.22Nun gibt es natürlich zu jeder dieser Funktionen, die ich nie nutze, Einstellungen. Wie warm soll das Wasser sein, dass meinen Hintern abspritzt? Wo muss der Strahlkopf positioniert sein, um perfekt zu treffen? Wie breit muss dieser Strahl sein? Wie hoch der Wasserdruck? Fragen, die einen Nachts nicht schlafen lassen.

Und dann, wenn man nach schlaflosen Nächten endlich die perfekte Einstellung gefunden hat, kommt jemand und verstellt es. Damit das nicht mehr passiert, kann man mit der LIXIL App ein Profil für jeden erstellen. Damit jeder das perfekte Toilettenerlebnis hat.

Außerdem berechnet einem die App, wie teuer die Benutzung der Toilette ist. Nicht, dass man im Armenhaus landet, weil man die Toilette zu oft besucht.

スクリーンショット 0027-02-23 6.40.06Mein liebstes Feature ist aber das トイレ日記 (Toire Nikki; Toiletten-Tagebuch) mit seinem うんちカレンダー (Unchi Calendar; Kack-Kalender*). Damit kann man seine Ausscheidungsgeschichte ganz präzise nachverfolgen. Mit niedlichen Illustrationen von Kackhaufen. Warum? Warum nicht!

Wir werden wahrscheinlich keine tolle Toilette mit Bluetooth kaufen. Erstens möchten wir keine 2.000€ für eine Toilette ausgeben und zweitens – ist es wirklich technischer Fortschritt sein Handy mit seiner Toilette zu verbinden?

* Unchi ist Kindersprache, wird aber auch von Erwachsenen verwendet. Für alle, die 便 (ben; Stuhl) zu förmlich finden.