Bewerbungsschreiben.

Derzeit bewerbe ich mich bei mehreren Firmen, habe tatsächlich auch zwei Angebote, leider noch nicht bei der einen Firma, zu der ich wirklich will.

Japanische Bewerbungsunterlagen sind etwas anders als Deutsche, weil ziemlich genormt. Um es simpel zu halten, schreibe ich hier über zwei verschiedene Dokumente. Das erste ist der Rirekisho (履歴書) oder Lebenslauf, den man in jedem Bücherladen und vielen Conbini kaufen kann.

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Oben links trägt man seine persönlichen Daten ein: Name, Geburtstag, Geschlecht, Adresse und Kontaktinformationen. Darunter folgen die Angaben über Schule/Universität/Ausbildung (学歴), dann Arbeitserfahrung (職歴). Auf der rechten Seite folgen die Lizenzen und Qualifikationen (免許・資格). Ich schreibe z.B. meine ganzen Sprachzertifikate, aber dorthin würde auch der Führerschein gehören. 🙂 Das nächste ist von Format zu Format unterschiedlich, dieser hier hat viel Platz für Hobbys und Fähigkeiten (趣味・特技). In jedem Format ist dennoch das Motivationsschreiben (志望動機) enthalten. Motivationsschreiben sind schrecklich… Zum Schluss kommt noch ein Feld für Wünsche, wie z.B. wann man anfangen möchte zu arbeiten, wie weit der Weg zur Firma sein würde, wie viele Leute von einem abhängen und ob man verheiratet ist.

Insgesamt also recht viel Information, aber immerhin weiß man genau, was man schreiben soll. Nur blöderweise erwarten sehr viele Firmen, dass man mit Hand schreibt. Ohne Fehler. Ohne Tipp-Ex. Ich war schon mehrmals auf der rechten Seite angekommen, nur um dann im letzten Feld irgendeinen dummen Fehler zu machen… Zum Glück gibt es aber auch Firmen, die einen am Computer ausgefüllten Lebenslauf annehmen, vor allem die moderneren.

Alternativ haben viele größere Firmen auch ihr Entry Sheet (エントリーシート). Das sieht an sich dem obrigen Lebenslauf sehr ähnlich, ist aber auf die Firma abgestimmt. Man wird z.B. gefragt, ob man Auslandserfahrung hat, oder wird gebeten eine Situation zu beschreiben, in der man sich sehr angestrengt hat. Bei den Entry Sheets muss ich immer noch etwas mehr nachdenken, weil man für einige Fragen keine vorbereiteten Antworten hat.

Etwas hat dieses ganze Geschreibsel gebracht: Ich kann tatsächlich viel besser Kanji schreiben. 😀 Trotzdem bin ich froh, wenn es wieder vorbei ist…

4. Hochzeitstag und der Tag der transnationalen Ehe.

11005215_852653334776235_1543879845_nDer 14. März ist nicht nur genau ein Monat nach Valentinstag, White Day in vielen asiatischen Ländern* und unser Hochzeitstag; er ist auch 国際結婚の日 (Kokusai-Kekkon no Hi; Tag der transnationalen Ehe). Na das passt ja gut. 😉

Der Tag ist übrigens sehr unbekannt, ich bin nur durch Zufall darüber gestolpert.

* Am Valentinstag schenken die Frauen, am White Day die Männer.

Es wird gefeiert, dass die transnationale Ehe zwischen 南貞助 (Minami Teisuke) und der Engländerin Lisa Pittman am 14. März 1872 von der japanischen Regierung offiziell anerkannt wurde – als erste transnationale Ehe überhaupt. Und wieder ein Punkt für die “ausländische Ehefrau, japanischer Mann”-Konstellation. 😉 Während der Zeit der Meji-Restauration wurde versucht das Land fortschrittlicher und westlicher zu gestalten, in Zuge dessen wurde auch ein Gesetz für transnationale Ehen geschaffen. Eine Frau bekam automatisch die Staatsbürgerschaft ihres Mannes, die Staatsbürgerschaft wurde nur über den Vater an Kinder weitergegeben, war die Mutter Japanerin gab es sie nicht. Aus heutiger Sicht sind diese Gesetze natürlich etwas eigenartig, aber hey – 19. Jahrhundert.
Im Jahr 2010 waren etwa 4.3% aller neugeschlossenen Ehen in Japan transnationale Ehen. Dabei wurden dreimal so viele Ehen zwischen einem japanischen Mann und einer ausländischen Frau geschlossen als andersherum. Es gibt aber eine Auffälligkeit: Japanische Männer heiraten viel öfter asiatische Frauen als japanische Frauen asiatische Männer heiraten. 2013 haben 247 britische Männer Japanerinnen geheiratet – und nur 38 Britinnen Japaner. Als weiße Frau ist man also noch immer eine Rarität. Für manche. Ich sehe es nämlich ständig. Das Klischee ist aber noch immer “blonder großer Mann mit japanischer Frau”.

via Girls Channel

©NHK

Derzeit läuft auf NHK die Serie マッサン (Massan), über das Leben des Gründers der japanischen Whisky-Industrie 竹鶴 政孝 (Taketsuru Masataka) mit seiner schottischen Frau Rita. Fürs Fernsehen ist das natürlich stark fiktionalisiert, aber die Serie ist wirklich beliebt und die erste 朝ドラ (Asa-dora; Morgenserie) mit einer ausländischen Hauptdarstellerin. Obwohl es natürlich Leute gibt, die über Kleinigkeiten** meckern, freue ich mich riesig, dass es uns im Fernsehen gibt. 🙂 Vielleicht höre ich dann nicht mehr so oft “Das ist aber ungewöhnlich, ein japanischer Mann mit einer europäischen Frau!”.

** “Rita hatte aber dunkle Haare” und “Sie lernt viel zu schnell Japanisch!”

Es gibt natürlich in einer transnationalen Ehe oft mehr Reibungspunkte als in einer, in der beide Partner denselben kulturellen Hintergrund haben. Da gibt es dann Kommunikationsprobleme oder die Wertevorstellungen passen nicht zusammen. Andererseits kann man auch unglaublich viel voneinander lernen, und sein eigener Horizont erweitert sich quasi automatisch. Mein Mann und ich sind z.B. sehr harmonisch und haben viel Spaß zusammen, es passt einfach. 🙂 Das Hochzeitsdatum haben wir uns ja schon mal gut ausgesucht.

Auf die nächsten 4 Jahre!

Kann man eigentlich Japaner werden?

Wenn man wie ich aus einer Stadt mit einer großen Immigrantengemeinde kommt, kennt man sicher Geschichten von Einbürgerungen. Wie genau das funktioniert weiß ich nicht, aber am Ende hält man einen deutschen Pass in den Händen und muss sich nicht mehr mit Einwanderungsbehörden herumärgern und die Bundesrepublik Deutschland hat einen neuen Deutschen gewonnen.

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Entgegen anderslautender Gerüchte kann man tatsächlich Japaner werden, bzw. zumindest die japanische Staatsbürgerschaft annehmen. Das nennt sich entweder Kika (帰化), Einbürgerung, oder Kokuseki Shutoku (国籍取得), Erwerb der Staatsbürgerschaft. Im Jahr 2012 haben sich 9.940 Personen um die japanische Staatsbürgerschaft beworben, nur etwa 4% wurden abgelehnt. Das hängt auch damit zusammen, dass nur die, die eine Chance haben, überhaupt bis zur offiziellen Bewerbung vorgelassen werden.

Der Großteil der Bewerber ist koreanischem oder chinesischem Ursprungs, doch während deren Antragszahlen  stetig schrumpfen bleibt die Zahl der “weiteren” Ausländer stabil.

Warum Japaner werden?

Das kann die verschiedensten Gründe haben, aber der größte Vorteil ist, dass man mit japanischer Staatsbürgerschaft nie wieder aus dem Land geworfen werden kann. Das ewige Aufenthaltsrecht, wie ich es habe, kann im Ernstfall entzogen werden. Außerdem kann man natürlich wählen oder sich auch zur Wahl stellen. Wusstet ihr, dass es in Japan einen in Finland geborenen Politiker gibt? Er hat 1979 die Staatsbürgerschaft angenommen. Auch im öffentlichen Dienst braucht man die japanische Staatsbürgerschaft.

Für viele ist der japanische Pass auch praktischer, weil man eine größere Reisefreiheit genießt. Wir erinnern uns: Mit einem japanischen Pass muss man für Vietnam kein Visum beantragen, bei anderen Ländern sind die Unterschiede wahrscheinlich noch viel gravierender.

Was für Voraussetzungen muss man erfüllen?

  1.  Man muss seit mindestens fünf Jahren durchgehend in Japan leben. Wenn man verheiratet ist geht es, wie immer, noch schneller.
  2.  Man muss mindestens 20 Jahre alt sein.
  3. Man darf natürlich keine Vorstrafen haben oder ähnlich negativ aufgefallen sein.
  4. Man muss entweder genug Kapital oder Können mitbringen, um sich zu versorgen oder jemanden in der Familie haben, der einen versorgen kann.
  5. Man muss entweder staatenlos oder bereit sein, seine bisherige Staatsbürgerschaft abzutreten.
  6. Man darf nichts mit Organisationen zu tun haben die die Regierung mit Gewalt stürzen wollen. Falls ihr das geplant hattet.

Nummer 5 ist natürlich der große Haken: Bis auf einige Ausnahmen* darf man keine Staatsbürgerschaften neben der japanischen haben. Ich wette, wenn es diese Regel nicht gäbe, wäre die Anzahl der Anträge sehr viel höher, ich würde mich dann auch einreihen. 😉 Aber dazu später mehr.

* Ausnahme 1: Man ist unter 20 und hat z.B. durch Geburt zwei Staatsbürgerschaften. Ausnahme 2: Man ist z.B. im Iran durch Heirat gezwungen eine weitere Staatsbürgerschaft anzunehmen. Ausnahme 3: Die ursprüngliche Staatsbürgerschaft ist entweder unmöglich oder mit enormem Aufwand ablegbar.

Wie läuft der Prozess ab?

Es ist wohl von Ort zu Ort unterschiedlich, warum sollte man so etwas auch normen, aber meist sieht es wohl so aus:

  • Antragsschreiben
  • Informationen über die Familie (das musste ich auch bei der Niederlassungserlaubnis machen)
  • Lebenslauf
  • Motivationsschreiben (“Warum willst du dich einbürgern lassen?”)
  • Schriftlicher Eid über die abgegebenen Informationen
  • Nachweise über Einkommen und Kapital, Mietvertrag
  • Eine handgezeichnete Karte von der Umgebung der Wohnung und des Arbeitsplatzes (musste ich auch bei der Niederlassungserlaubnis machen, ist lächerlich)

Später gibt es auch ein Interview, bei dem man beweisen muss, dass man mindestens genauso gut Japanisch spricht wie ein Achtjähriger. 😉

Die ganze Prozedur dauert mindestens ein Jahr.

Bekomme ich einen japanischen Namen?

Man darf sich seinen Namen frei aussuchen, er muss nur in einer japanischen Schrift geschrieben sein. Ich persönlich würde einfach denselben Namen verwenden wie jetzt, aber wenn man sich Kuranosuke (蔵之介), das ist ein alter Männername, der sicher auch einem Samurai gut stehen würde, nennen möchte, kann man das tun. Man kann sich auch einfach Kanji für seinen nicht-japanischen Namen aussuchen. 🙂

Mein persönliches Wider

An sich ist so eine Einbürgerung natürlich keine schlechte Sache, wie gesagt: Könnte ich meine deutsche Staatsbürgerschaft behalten, hätte ich mich schon beworben. Neben dem diffusen Gefühl, dass so ein EU-Pass voll cool ist, gibt es vor allem ein Argument für den deutschen Pass: Ich möchte, dass unser Kind doppelte Staatsbürgerschaft bekommt. Einfach als Möglichkeit, falls es sich in 25 Jahren entscheiden sollte, in Europa leben zu wollen. Würde ich meine Staatsbürgerschaft abgeben, wäre das ziemlich kompliziert. Ansonsten muss ich nämlich zugeben, dass ich von meiner deutschen Staatsbürgerschaft auch nicht unbedingt Gebrauch mache, es würde in meinem Leben also nicht unbedingt etwas ändern.

Vielleicht, irgendwann… statt Claudia dann Kuranosuke… Ich sehe mich schon in voller Rüstung und mit Katana im Sonnenuntergang stehen…

Mein Körper hasst mich.

Ich hatte seit gestern Morgen Kopfschmerzen, die ich mit meinem chronisch verspannten Nacken/Rücken/Körper in Verbindung brachte. Also begab ich mich auf den Heimweg in einen der drei Massage-Läden im Bahnhofsgebäude: てもみん (Temomin).

Der Name kommt von 手 (Te; Hand) und 揉む (momu; massieren), und während andere Salons ganz chic sind und noch Aromatherapie oder ähnliches anbieten, ist Temomin da ohne Schnickschnack für Leute, denen einfach was wehtut.

Preislich geht es bei 1,080Yen (8€) für 10 Minuten in einem Massagestuhl los, ich habe mich für 4,320Yen (32€) 35 Minuten lang auf einem Bett durchkneten lassen.

Man wird natürlich mit Handtüchern abgedeckt, andere Menschen anfassen ist bäh. 😉 Im Ernst, ich denke, das wird auch etwas mit der Wärmeentwicklung zu tun gehabt haben. Insgesamt war es super entspannend, die Masseuse meinte, dass ich ja unglaublich verspannt sei, und ich dachte fast, dass ich meine Kopfschmerzen loswerden könnte…

Die wurden aber nur schlimmer. Einkaufen gehen konnte ich noch, danach war Bett angesagt. Ich weiß noch immer nicht, was genau passiert ist, eine Migräne war es nämlich nicht*. Mein Mann sagt, dass mein Körper vom verbesserten Blutfluss etwas überfordert gewesen sein könnte. Ich habe keine Ahnung, aber ich glaube nicht, dass die Massage dran schuld ist.

* Weder licht-, noch geräusch- noch bewegungsempfindlich.

Kopfschmerzen und Übelkeit beim Sitzen hielten mich natürlich davon ab, Dinge zu tun, die ich dringend tun sollte. Dabei hatte ich sogar eine To-Do-Liste! Da versuche ich einmal etwas zu schaffen, und dann macht mein Körper mir einen Strich durch die Rechnung.

Im Laufe des Abends ging es dann langsam besser, und heute Nacht habe ich so gut geschlafen wie schon lang nicht mehr. Nach dem Aufstehen war ich sogar richtig wach und nicht wie sonst in einem eigenartigen Zwischenzustand. Das schreibe ich einfach mal der Massage zu. 🙂

(Ich sollte wieder Sport machen…)