Das Loch in der Nacht.

Tokyo, die Stadt, die niemals schläft. 24 Stunden am Tag bewegen sich die Menschenmassen, hinein in die Stadt, hinaus aus der Stadt, aber bleiben zwölf Millionen. Im Conbini bekommt man morgens um drei Haarspray oder bei Donki einen neuen Kühlschrank.

Nur eines kann man morgens um drei in Tokyo nicht: Bahnfahren. Die letzte Bahn fährt etwa halb zwei, die erste kurz vor halb fünf.

Das hat natürlich Auswirkungen: Wenn wir abends weggehen, was nicht oft passiert, müssen wir überlegen, wie lange wir machen können. Wenn die 終電 (Shûden; letzte Bahn) vorbeigerast ist, kann man sich nur entweder in ein sauteures Taxi setzen oder auf die 始発 (Shihatsu; erste Bahn*) warten. Möglicherweise mit Büroangestellten, die am Bahnhof schlafen, weil auch sie ihre Bahn verpasst haben.

* Es gibt wohl auch den Begriff 初電 (Shoden), aber den habe ich noch nie gehört. Shihatsu ist auch jedwede Bahn an ihrer ersten Station, das ist etwas uneindeutig.

Das ist durchaus unpraktisch. Ich bin tatsächlich schon nachts um drei nach Hause gelaufen – angetrunken, in kurzem Rock und in High Heels. Nicht, dass mir irgendetwas passiert wäre**, der Weg war nur super weit. Aber ich hatte kein Geld für ein Taxi, keine Lust weiterzufeiern, und meine McDonald’s-nach-Party-Fresskumpanin war nicht dabei. Letztendlich kam ich in meinem alten zuhause in 荻窪 (Ogikubo) zusammen mit der ersten Bahn an, und die Sonne ging auch auf. Das war übrigens 2008, während meines Working Holidays. Ich bin sicher nicht die einzige, die, mit 18 in einer fremden Stadt allein gelassen, ersteinmal die Sau rausgelassen hat. 😉

** Empfehlen würde ich es trotzdem niemandem.

Aber die Bahnen halten natürlich nicht einfach so an. Erstens würde es sich ein durchgehender Betrieb finanziell nicht lohnen, da auf tokyoter Bahnhöfen sehr viel mehr Personal stationiert ist als auf ihrem berliner Pendant. Die Leute müssten irgendwie bezahlt werden, obwohl kaum jemand die Bahnen nutzen würde. Außerdem werden nachts Reparaturen durchgeführt, um den reibungslosen Ablauf tagsüber zu garantieren. Natürlich gibt es auch hier Störungen, die den Bahnverkehr behindern, aber bei weitem nicht so oft, wie es in Berlin vorkommt – und bei uns kommt die Bahn teils alle zwei bis drei Minuten.

So wird die Feierei vorverlegt. Wenn es in Deutschland vielleicht erst um zehn so langsam losgeht, trifft man sich hier oft schon um sieben oder acht. Wollen schließlich alle noch heil nach Hause kommen. 😉

Oder man muss die Zeit bis zur ersten Bahn eben beim Donki totschlagen…

Origami: Pilz und Weintraube.

Der Herbst ist da, und damit Pilz- und Weintraubenzeit. 🙂 Außerdem haben wir derzeit Feiertage und ich bin zu sehr damit beschäftigt mit meinem Mann in der Gegend herumzufahren oder einfach auf der faulen Haut herumzuliegen, um lange Einträge zu schreiben. 😉

Außerdem weiß ich, dass Origami immer ein Dauerbrenner ist. 🙂 Diesmal gibt es sogar zwei Faltvorlagen, wie immer aus dem Kindergartenmagazin Piccolo (ピコロ).Pilz und Traube

Die Weintraube können auch ganz kleine Kinder schon mit Anleitung und Vorzeigen falten, die Vorlage habe ich damals mit den Zwei- bis Dreijährigen verwendet. Außerdem kann man noch ganz toll Kreise und Kringel draufmalen, am besten in einem etwas dunkleren Violett. 🙂

Der Pilz hingegen braucht etwas mehr Hilfe, vor allem, weil in Schritt 5 Taschen aufgefaltet werden. Also Finger unter die oberste Schicht und dann rausfalten. Zwischen den Schritten 3 und 4; und 7 und 8 wird das Papier gewendet. Für essbare Pilze bietet sich vielleicht braunes Papier besser an, aber rote Pilze oder Fliegenpilze sind natürlich viel hübscher. 😉

In Japan sagt man zum Herbst auch 食欲の秋 (Shokuyoku no Aki; der Herbst des Appetits). Während der heißen Sommermonate ist es oft gar nicht so einfach sich zum Essen aufzuraffen. Wenn es dann im Herbst endlich wieder kühler wird, könnte man plötzlich alles in sich hineinstopfen… 😀

Apropos Appetit, was ist euer liebstes japanisches Essen?

Silberne Woche!

Feiertage sind z.B. wunderbar um Totoro zu besuchen. :)

Feiertage sind z.B. wunderbar um Totoro zu besuchen. 🙂

Seit heute ist Silver Week (シルバーウィーク Shirubâ Uîku), eine Aneinanderreihung von Feiertagen. Japaner haben mehr Feiertage als Deutsche, und oft sind sie auch nicht so wichtig. Ab nächstem Jahr haben wir einen Berg-Feiertag. 😉

Aber zurück zur Silver Week, was wird denn gefeiert?

敬老の日 (Keirô no Hi; Tag des Respekts vor dem Alter)

An Keirô no Hi gilt die Aufmerksamkeit den Großeltern. 🙂 In Kindergärten werden oft Geschenke gebastelt, und auch sonst werden Großeltern zumindest angerufen. Klar, wenn es einen Mutter- und Vatertag gibt, warum dann nicht auch einen Großelterntag?
Keirô no Hi findet am dritten Montag im September statt.

秋分の日 (Shûbun no Hi; Tagundnachtgleiche-Tag*)

Ursprünglich wurde am Tagundnachtgleiche-Tag das shintoistische 秋季皇霊祭 (Shûki Kôreisai; Fest für die Seelen der früheren Kaiserfamilien im Herbst) gefeiert, aber da Staat und Religion nach Ende des Krieges laut der neuen Verfassung getrennt wurden, wurde der Tag umbenannt. Tatsächlich war selbst das ursprüngliche Fest eher ein Erntedankfest, schließlich ist die kaiserliche Familie direkt mit der Sonnengötten 天照 (Amaterasu) verwandt und damit auch göttlich. Da kann man sich schon einmal was wünschen. Heutzutage machen wir in der Stadt zumindest an dem Tag nichts Besonderes.
Shûbun no Hi findet jedes Jahr am 22. oder 23. September statt.

* Im Frühjahr ist 春分の日 (Shunbun no Hi), der Tagundnachtgleiche-Tag im Frühling.

Das sind eigentlich schon die Feiertage – Ups, sind ja nur zwei? Keine Sorge, Japan hat vorgesorgt!

国民の祝日 (Kokumin no Shukujitsu; Volksfeiertag)

Jeder Tag, der zwischen zwei staatliche Feiertage fällt, ist automatisch Volksfeiertag. 😀 Ein komplett abgesegneter und verbindlicher Brückentag also, da kann einem auch die Firma nicht reinreden.

Japanische Feiertage klingen nämlich total toll, vor allem, weil es so viele davon gibt**, letztendlich sind sie aber für Arbeitnehmer eine der wenigen einigermaßen sicheren Urlaubszeiten. Leider machen es viele japanische Firmen ihren Mitarbeitern unglaublich schwer, sich einfach mal eine Woche freizunehmen – was darin resultiert, dass nur 50% des gesamten in Japan gesetzlich zugesicherten bezahlten Urlaubs auch genommen wird. Nur in Korea ist die Rate noch geringer. 26% der japanischen Arbeitnehmer fühlen sich schuldig, wenn sie Urlaub nehmen, vor allem über längere Zeiträume.*** (Quelle)

Wenn aber alle zur selben Zeit frei haben, gibt es oft keinen guten Grund, warum man trotzdem zur Arbeit gehen sollte. Das gilt freilich nicht für Leute in der Service-Industrie oder im Einzelhandel… Aber zumindest für Büroarbeiter sind Feiertage wichtig, um mal auszuspannen, ohne dass danach Berge an Arbeit auf einen zukommen oder man sich schlecht fühlen muss.

** In jedem Monat außer Juni gibt es mindestens einen.

*** Einer meiner Abteilungsleiter hat sich zwei Wochen freigenommen, als sein Sohn geboren wurde. Kommentar der alten Assistentin: Wer sich zwei Wochen am Stück freinähme, verdiene es nicht in der Firma zu arbeiten… Kommentar der neuen Assistentin (mir): Nur zwei Wochen?!

Kleiderordnung in japanischen Büros.

IMGP3080Als ich in meiner neuen Firma angefangen habe, war klar: Ich arbeite nicht mehr im Kindergarten, weg also mit den T-Shirts und her mit Business-Klamotten. Die erste Woche trug ich tatsächlich Stoffhose und Bluse. Dann war klar: Ich kann mich auch ein wenig legerer anziehen. Inzwischen gehe ich durchaus auch in Jeans und T-Shirt zur Arbeit. Es interessiert einfach niemanden. Unsere Mitarbeiter im Wholesale tragen natürlich Anzug. Der gemeine 営業マン (Eigyô-man; Geschäftsmann) trägt immer Anzug, auch bei einem Sportartikelhersteller.

Es ist also nicht nur von der Firma selbst, sondern auch von der Position abhängig. Und zum Glück haben Frauen oft ein wenig mehr Freiheiten als Männer! 🙂

Laut einer Umfrage von MyNavi Women, einer Seite für berufstätige Frauen, tragen nur 8% der Befragten auf Arbeit Anzug, 31.8% きれいめカジュアル (Kireime Kajuaru (Casual); hübsches Casual). Was die damit wohl meinen?

  1. Knielange* Röcke, lange Hosen oder Capri-Hosen, ohne schreiende Muster oder viel Klimmbimm. Röcke sieht man in Japan generell sehr viel. (* nicht über 7cm überm Knie)
  2. Keine T-Shirts, keine tiefausgeschnittenen Tops*, keine dünnen Träger, keine kreischenden Farben oder Prints. Inzwischen sind ärmellose Oberteile in einigen Firmen in Ordnung, wenn man denn etwas zum Überziehen hat. (* in Japan ist’s im Zweifelsfall immer lieber mehr Bein als mehr Brust)
  3. Ballerinas, Pumps ohne zu hohen Absatz, keine Sandalen. Immer mit Strumpfhosen. Nackte Beine sind zu sexy.

IMG_3473Als ich letzte Woche im Outfit links zur Arbeit kam, meinte meine Mitarbeiterin, dass ich aussähe, als würde ich in einer normalen Firma arbeiten. 😉 Wahrscheinlich würde ich nur bei recht strengen Firmen mit dem Outfit Probleme bekommen. Bei dem rechten ist der Rock eindeutig nicht nur 7cm überm Knie…

Tatsächlich sind bei uns einige Leute immer im hübschen Casual, aber es ist nicht in unseren Vorschriften. Einer meiner Kollegen kommt zwar in Turnschuhen, die er dann aber auf Arbeit sofort gegen Latschen austauscht. Solang er ordentliche Schuhe hat, wenn er mit jemandem von einer anderen Firma spricht, ist alles gut.

Wenn große Tiere von der Firma aus Deutschland im Haus sind, ziehen sich die Manager und Abteilungsleiter etwas schicker an, aber das ist sicher überall so. 😉

Hmm, bei welchem deutschen Sportartikelhersteller arbeite ich wohl?

Hmm, bei welchem deutschen Sportartikelhersteller arbeite ich wohl?

In der Umfrage geben 34.6% an, dass sie tragen können was sie wollen – was natürlich so sicher nicht zu 100% stimmt. Auch in Japan sollte man vielleicht nicht im Schlafanzug und mit Flipflops auf Arbeit erscheinen. Ein gewisses Maß an, wenn schon nicht Professionalität, dann doch zumindest angemessenem Kleidungsverhalten, muss schon da sein.

Die restlichen 25.6% haben eine Uniform. Uniformen sind in vielen Berufen durchaus üblich, ob man in einer Zahnarztpraxis arbeitet, auf der Baustelle oder im Restaurant. Wenn mein Mann nicht im Büro sondern auf der Baustelle ist, trägt er eine wunderschöne blaue Uniform. Uniformen sind aber auch super nervig, weil man sie nicht auf dem Weg zur oder von der Arbeit tragen soll. Man muss sich also erst einmal umziehen.

Bei vielen Firmen werdet ihr eine Kleiderordnung vorfinden, ob niedergeschrieben oder nicht. Zum Bewerbungsgespräch geht es eigentlich immer im Anzug, außer ihr wollt nur バイト (Baito; Minijobs) machen. Danach kann man ja den eigenen Kleidungsstil graduell anpassen. Ihr solltet aber wahrscheinlich nicht direkt am ersten Tag in T-Shirt, Jeans und Turnschuhen antanzen, auch wenn in der Jobbeschreibung steht, dass ihr anziehen könnt was ihr wollt. 🙂

Ist das großartig anders als in Deutschland? Was habt ihr für Kleidungsvorschriften auf Arbeit?