Als Ausländer in Japan: Ich habe auch einen Nachnamen.

Japan ist eine Nachnamens-Gesellschaft. Namen werden mit dem Nachnamen zuerst geschrieben, z.B. 田中 花子 (Tanaka Hanako), statt wie in Deutschland und anderen westlichen Länern üblich mit dem Vornamen zuerst (Hanako Tanaka). Ansonsten ist es ähnlich wie in Deutschland: Sobald man erwachsen ist, ist man nicht mehr SabrinaMarianneKatja, sondern Frau MüllerMeyerSchulz. Ob auf Arbeit, beim Zahnarzt oder beim Einkaufen, man wird mit dem Nachnamen angesprochen. Der Vorname ist für Familie, Freunde und gute Bekannte.

Als Ausländer wird man trotzdem oft eben nicht mit dem Nachnamen angesprochen:

“Wo tut es Ihnen heute weh, Claudia-san?”

“Frau Watanabe war nicht erreichbar, deswegen habe ich Claudia-san angerufen.”

Das ist unhöflich, selbst wenn man “-san” dran hängt. Man spricht in Japan niemanden einfach mit dem Vornamen an, außer das Gegenüber hat sich selbst so vorgestellt. Außer scheinbar Ausländer.

Warum machen Japaner das?

Weil sie es gut meinen. Das japanische Wissen über westliche Kulturen kommt größtenteils aus Amerika, wo man sich schnell mit dem Vornamen anredet. Japaner glauben also, dass das für Ausländer* angenehmer ist, mit dem Vornamen angesprochen zu werden. Die Medien helfen dabei natürlich nicht, auch Ausländer im Fernsehen sind Vorname-san. Letztens sah ich in der Bahn eine Werbung für eine Sprachschule, auf ihr waren zwei Lehrer abgebildet: Jennifer-san und Mark-san. Es ist also ziemlich tief drin, Japaner wissen es also oft nicht besser. Und vor allem meinen sie es nicht böse.

* Nicht vergessen, wir sind alle Amerikaner.

Warum stört es mich trotzdem?

Weil ich eine erwachsene Frau bin, die sowohl auf Arbeit als auch beim Arzt ernstgenommen werden möchte. Für Deutsche ist das recht leicht verständlich zu machen: Stellt euch vor, jemand stellt eure Abteilung einem Kunden vor.

“Das ist Frau Müller, hier ist Herr Schulz, Herr Strunz, den kennen Sie ja schon, Frau Caspar, und Marianne.”

Wer wird hier am wenigsten wertgeschätzt?

Ich muss dazu sagen, dass es mir genau diese Situation auf Arbeit noch nicht wiederfahren ist. Man stellt mich Japanern immer mit dem Nachnamen vor** und auch intern bin ich nur für Leute Claudia-san, die ich auch mit dem Vornamen ansprechen kann.

** Sobald wir Englisch reden, verwenden wir Vornamen – das dann aber für alle.

Wenn man bei einer Firma arbeitet, in der generell alle mit Vornamen angesprochen werden, würde es mich übrigens auch nicht stören. Neben Satoshi, Aiko und Kanae bin ich gerne Claudia. Neben Saito-san, Kinoshita-san und Inoue-san nicht.

Was kann man tun wenn es einen stört?

Ganz einfach. Man sucht sich den Übeltäter und redet mit ihm oder ihr.

“Entschuldigen Sie, aber können Sie mich mit meinem Nachnamen ansprechen? Alle anderen werden auch mit ihrem Nachnamen angesprochen.”

Wie oben geschrieben, Japaner wissen es einfach oft nicht besser. Wenn man es einmal erklärt, sollte es hängen bleiben.

Falls irgendjemand vor hat zu kommentieren, dass es ihn/sie gar nicht stört mit dem Vornamen angesprochen zu werden: Gut für dich. 🙂 Zum Glück dürfen mich Dinge stören, die eine andere Person nicht ärgern.

Habt ihr eigentlich im Ausland Probleme mit euren Nachnamen? Mein Mädchenname hatte ein Ü und viele Konsonanten, außerhalb von deutschsprachigen Ländern war das ein Krampf!

Claudia rennt.

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Auch wenn ich es bereits mehrfach im Blog erwähnt habe: Zu meiner Schulzeit war ich ein hundsgemeiner Turnbeutelvergesser. Sportunterricht hat mir keinen Spaß gemacht, ich wurde generell als letzte gewählt und ganz ehrlich glaube ich nicht, dass Schulsport jemals eine Couchkartoffel wirklich mitgerissen hat. In der Oberstufe bekam man dann bei uns nur fürs Dasein gute Noten.

Die Oberschule habe ich vor über 7 Jahren verlassen, aber ich war nie Laufen. Dazu muss man natürlich sagen, dass ich das vor mir selbst damit begründet habe, dass ich einfach nicht sportlich sei, ich würde eh nie durchhalten – eine selbsterfüllende Prophezeiung.

In unserer Abteilung versuchen wir mehr miteinander zu unternehmen, und so machte sich das Team IT, bestehend aus fünf Mitarbeitern, um fünf Uhr auf zur Runbase. Die Runbase ist auf der Rückseite des kaiserlichen Gartens, am Bahnhof Nagatachō (永田町), und damit an der beliebtesten Strecke für Läufer in Tokyo. Die Runbase bietet neben Umkleideräumen und Duschen auch Kurse und Events an. Diesen Samstag gibt es z.B. einen Lauf zu all der schönen Weihnachtsbeleuchtung. 🙂

Pro Besuch kostet die Nutzung 700Yen (5,26€), oder man kann im Monat 4,000Yen (ca. 30€) zahlen. Kleidung, Schuhe (Adizero Takumi Sen Boost oder Supernova Sequence Boost) und Handtücher können gegen eine Gebühr ausgeliehen werden. Ich hatte meine Sachen alle dabei, aber nasse Handtücher durch Tokyo zu schleppen – nun ja. 😉

Nach dem Umziehen sind wir dann noch ganz entspannt zur Strecke gelaufen, bis es los ging. Die Strecke ist ganz nett, weil es fast immer etwas zu sehen gibt, aber sie ist natürlich beinahe komplett asphaltiert. Auf der Rückseite des Gartens ist es dann allerdings doch etwas dunkel. Eine Runde entspricht 5km.

Ganz ehrlich: Nach 2,5km war’s für mich größtenteils vorbei. Zwar habe ich immer noch versucht weiterzulaufen, aber es klappte mit der Atmung nicht mehr ganz so gut. Trotzdem: 2,5km sind in etwa 2km mehr als ich mir erhofft hatte. 😉

Das ist insofern als Erkenntnis gut, weil ich wirklich mein bisheriges Leben in dem Glauben verbracht habe, einfach sportlich komplett untalentiert zu sein – was nicht stimmt. Ich bin zwar kein Naturtalent, aber doch um einiges besser als ich es von mir selbst erwarte. Das war schon beim Tennis so. 🙂
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Die verbrannten Kalorien haben wir uns übrigens direkt danach wieder zurückgeholt, bei Yonayona Beer Works (よなよなビアワークス) in Akasaka. Yonayona ist Bier aus der Präfektur Nagano). (Reiseeinträge 1, 2, 3)

Speisen und Getränke waren sehr gut, wenn auch etwas teurer. Um neun torkelte ich nach Hause, denn was wäre der Mensch, wenn er sich nicht ab und an den nächsten Arbeitstag versauen würde? So gesellen sich jetzt neben meine Gliederschmerzen auch noch Kopfschmerzen…

Was ist ein Daruma?

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Weihnachten und Neujahr sind nah, und wenn man 8900 km von seiner Familie entfernt wohnt, muss man früher einkaufen gehen. Ich schlenderte also durch Solamachi, und mir begegneten auffällig viele だるま (Daruma).

Daruma sind meist kleinere Figürchen, die aussehen wie der oben, nur in rot. 🙂 Von ganz gewöhnlichen Daruma mache ich normalerweise keine Fotos, deswegen muss der spezielle in 空色 (sorairo; himmelsfarben) herhalten. 😉 Wenn man sie kauft, haben sie noch komplett weiße Augen. Warum kommen die Daruma quasi unfertig ins Haus?

Ganz einfach: Man macht sich einen guten Vorsatz, z.B. zu Neujahr und malt das linke Auge auf. So lange der gute Vorsatz nicht erfüllt ist, wird das rechte Auge nicht ausgemalt. Ein Daruma ist also Motivation, Dinge durchzuziehen. 🙂

Der Daruma ist eine Darstellung des 菩提達磨 (Bodaidaruma; Bodhidharma), Begründer des Zen-Buddhismus. Laut einer Legende hat er neun Jahre lang im Lotussitz meditiert, weswegen seine Arme und Beine abfielen. Außerdem war er, nachdem er ungewohlt einschlief, so sauer auf sich, dass er sich die Augenlider abschnitt. Also haben auch die modernen Daruma-Figuren weder Arme, noch Beine noch Augenlider.

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Es gibt viele Spezial-Darumas, wie z.B. diese Weihnachts-Daruma. Wie ihr seht haben die aber schon ihre Augen und sind daher für den ursprünglichen Zweck unbrauchbar – aber rund und niedlich. 🙂 Im Disney Land bekommt man auch Mickey Maus-Daruma!

Schneemann heißt auf Japanisch übrigens 雪だるま (Yuki-Daruma; Schnee-Daruma), und besteht aus nur zwei Bällen. Vielleicht, weil es in Japan weniger Schneit? Keine Ahnung. Außerdem gibt es ein Kinderspiel namens だるまさんが転んだ (Daruma-san ga koronda; Herr Daruma ist umgefallen), das genau so funktioniert wie “Green Light, Red Light” (“Ochs am Berg”). Nur, dass ich “Ochs am Berg” nie gespielt habe. 😉

Zurück zu den Weihnachtsgeschenken, meine Mama bekommt von mir jedes Jahr einen Daruma. 😀 So läuft das nämlich, wenn man einmal sagt, dass man etwas mag: Man bekommt es immer wieder. 😉 Aber keine Sorge, das ist nicht alles, die Überraschung ist also noch nicht versaut. Und Ziele kann man ja nie genug haben. 🙂

War ja klar.

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Nachdem ich den Eintrag darüber schrieb, dass jetzt endlich der Stress vorbei ist, wurde ich direkt krank.

Eigentlich ging es mir schon länger nicht unglaublich gut, aber wenn man wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt rennen würde, käme man ja gar nicht mehr zum Arbeiten. Für uns ist natürlich das Ende des Jahres super wichtig, wir versuchen so viel Geld wie möglich aus dem Budget dieses Jahres zu pressen. Nebenbei kommen Besucher aus dem Ausland und unsere Jahresendfeier ist auch bald. Es ist also tatsächlich was los, und so schrecklich ging es mir nun auch nicht.

Am Donnerstag bekam ich plötzlich nach dem Essen übelste Bauchschmerzen. Nach Absprache mit meinem Chef ging ich früher nach Hause, an dem Tag wäre eh nichts Gescheites mehr zustande gekommen. Der Arzt zu dem ich eigentlich wollte hatte zu, die Krankenhäuser nehmen sich dem einfachen Volk nur am Vormittag an. Also saß ich im Wartezimmer des wahrscheinlich ältesten Arztes aller Zeiten, der eine Röntgenaufnahme anordnete* und alles auf meinen Blinddarm schob. Mein Blinddarm ist eine nie endende Geschichte, um ihn mache ich mir deswegen eigentlich keine Gedanken. Was mir Sorgen bereitete war mein Magen. Der ist normalerweise ziemlich fit.

Der Diagnose vom Methusalix-Arzt gegenüber war ich also etwas skeptisch, und da ich auch am Freitag nur gebeugt laufen konnte, nahm ich mir den Tag kurzerhand frei und ging ins Krankenhaus. Auf Japanisch nennt man übrigens auch kleine Arztpraxen 病院 (byôin; Krankenhaus), das, was wir unter “Krankenhaus” verstehen ist ein 総合病院 (Sôgôbyôin; Allgemeinkrankenhaus). Im Allgemeinkrankenhaus wird man man direkt erst einmal dafür bestraft, dass man ohne Überweisung gekommen ist – etwa 3,000Yen (ca. 22,40€) musste ich blechen. 🙁 Dafür ist im Krankenhaus gleich alles da, und die Ärzte sind auch jünger. Nicht, dass in der Medizin Erfahrung nicht wichtig wäre, aber oft wissen ältere Ärzte sofort ganz genau was das Problem ist und schauen nicht weiter.

Bei einer Ultraschall-Untersuchung stellte sich heraus, dass mein Blinddarm absolut nicht vergrößert ist, eigentlich sah man gar nichts, was für den Schmerz verantwortlich sein könnte. Sehr beruhigend ist das auch nicht. Dank Medikation tut mein Magen zwar weniger weh, aber die Unsicherheit ist da. Letztendlich ist es sicher absolut nichts Ernsthaftes, aber das werden wir am Donnerstag erst einmal mit einer Magenspiegelung ausschließen…

Bis zum Neujahrsurlaub bin ich aber hoffentlich wieder fit!