“Goodbye Deutschland!” oder “Ich bin ein schrecklicher Mensch”

Wir haben zuhause keinen Fernseher, weswegen der Mann von der NHK uns immer wieder ungläubig anstarrt. Das heißt natürlich nicht, dass wir kein Fernsehen sehen. Wofür gibt es das Internet?

An deutschen Sendungen gucke ich Zapp, Die Story, Menschen hautnah und… Goodbye Deutschland! An letzterem habe ich ein beinahe morbides Interesse, auch wenn sich vor kurzem das Sendungskonzept scheinbar etwas geändert hat. Während normalerweise hauptsächlich Familien bei ihren ersten ersten Schritten im Ausland begleitet wurden, liegt der Fokus jetzt auf Familien, die schon länger im Ausland leben – das macht nicht mehr so viel Spaß. Erfolgreichen Menschen zuzusehen ist langweilig.

Goodbye Deutschland war für mich sonst immer perfekt: Wenn jemand auswandern wollte, könnte man ihm einfach zwei Folgen der Sendung vorspielen und sagen “So machst du das bitte nicht”. Ob das am “guten” Casting oder am Schnitt lag, weiß ich nicht, aber der stereotypische Auswanderer in der Sendung spricht kein Wort der Sprache des Landes in das er ziehen will, hat keine Ahnung von behördlichen Angelegenheiten, keinen Job und keine Ersparnisse. Das sind natürlich nicht die typischen Auswanderer, sondern die, die geeignet für’s Fernsehen sind, auf dass sich der Zuschauer überlegen fühlen kann. So schwer kann Auswandern gar nicht sein, wenn man es sich nicht selbst schwer macht.

Ist es auch nicht. Man sollte sich nur darüber klar sein, dass man wirklich in ein anderes Land zieht, in dem einiges anders ist, und das “anders” kein anderes Wort für “perfekt” ist. Kein reales Land ist ohne Probleme. In keinem realen Land stößt man nicht manchmal auf unerwartete Mauern, wenn eben nicht alles so einfach ist wie gedacht. Und: Nur weil man umzieht lösen sich nicht alle Probleme in Luft auf, denn die schleppt man mit.

In Japan habe ich viele getroffen, die herkamen mit hohen Erwartungen ans Land, und inzwischen total frustriert sind. Viele Leute, die in ihrem Heimatland nicht richtig reingepasst haben, die meinen, in Japan könnten sie endlich so sein, wie sie sind. Das klappt meist nicht, denn Japan ist nicht das Land der Freigeister. Die japanische Mentalität unterstützt dich auch nicht, wenn du unten bist – denn an allem wird die Schuld dir zugeschoben.

Trotzdem mag ich es, hier zu leben. Auch mit weniger Geld auf dem Konto als in Deutschland, weil hier zu leben teuer ist. Auch wenn jeden Tag auf Arbeit 18 Kinder um mich herum hüpfen und schreien. Auch wenn es natürlich manchmal noch Verständigungsprobleme habe. Vielleicht ist Japan nicht das perfekte Land für mich sondern, was weiß ich, Malaysia, aber zurück nach Deutschland will ich erstmal nicht. Heimweh habe ich auch nicht, denn ich weiß ja, dass in Deutschland alles gut läuft.

Ich weiß auch, dass hier in Japan alles gut läuft. Es geht uns gut, ich integriere mich, und die Tage, an denen ich mich über etwas ärgere, nehmen ab.

Bei Goodbye Deutschland wandern sie derweil wieder zurück.

Wieder zurück.

Wir sind am Freitag schon wieder in Tokyo angekommen, aber meine Erkältung ist durch -18°C in Seoul nicht unbedingt besser geworden. Deswegen heute noch kein Eintrag, nur eine kleine Vorwarnung, falls die folgenden Seoul-Einträge zu negativ klingen sollten:

IMGP5376Wir waren wahrscheinlich an den drei kältesten Tagen des Jahres in Seoul und hatten nie Temperaturen über -7°C. Das mag für echte Teutonen noch funktionieren, aber für uns an den tokyoter Winter gewöhnten Frostbeulen, war es hart. Wir konnten nicht halb so viel sehen wie wir wollten, weil wir nicht lange draußen laufen konnten ohne dass unsere Füße uns androhten einfach abzufallen.

Außerdem waren wir mit dem Hotel zu geizig. Korea ist eben nicht Japan, und so waren wir in einem Hotel, dass extremst hellhörig und mit den härtesten Matratzen aller Zeiten ausgestattet war. Außerdem gab es Fußbodenheizung, was natürlich erstmal sehr angenehm ist – bis man versucht zu schlafen und feststellt, dass eben diese Fußbodenheizung nicht regelbar ist. Wir hatten dann teils die Klimaanlage laufen.

Auf dem Flug nach Seoul habe ich mir auch gleich noch den Magen verdorben (wir sind mit JAL geflogen, war also ein japanischer Fehler) und nach der verrückten Fahrweise des Fahrers, der uns zum Hotel brachte, ging es mir nicht unbedingt besser. Am ersten Tag in Seoul waren wir also komplett fertig.
Es war also eine “Wäre”/”Hätte”-Reise. “Hätten wir doch nur mehr Geld fürs Hotel bezahlt…” “Wären wir doch nur zu einer anderen Jahreszeit gekommen…” Als wir letzten Sommer in Taiwan waren, war das auch nicht die beste Jahreszeit, aber Hitze ist für uns erträglicher als Kälte.Wir haben uns also noch nicht so ganz erholt. Der Mann hustet, ich war heute mal wieder beim Arzt (kommt total gut, den ersten Tag nach zwei Wochen Urlaub freizunehmen), und ihr müsst auf den Seoul-Bericht noch etwas warten.

Großreinemachen.

Kurz vor Neujahr wird in den meisten Familien aufgeräumt. Das nennt sich 大掃除 (Ôsôji, Großsaubermachen) und gibt uns die Möglichkeit die Wohnung endlich mal wieder auf Vordermann zu bringen und Dinge, die wir nicht brauchen oder verwenden loszuwerden.

Jetzt ist alles blitzerein, zwei oder drei Mülltüten haben wir herausgetragen, vieles umsortiert und waren gestern noch bei IKEA um ein paar Dinge zu kaufen. Natürlich waren wir nicht die einzigen, die genau jetzt auf diese Idee kamen, und so war es ziemlich voll. Trotzdem haben wir alles gefunden und wurden von einem echten Schweden abkassiert. In Japan im IKEA. Auch spannend.

Die letzten Fotos der Wohnung sind schon etwas älter, deswegen mal ein kleiner Rundgang. 🙂 Aufs Foto klicken für eine größere Ansicht.

Wir teilen das Steuer.

Der Göttergatte liebt Autos. Würden wir ein Auto kaufen, würde das fünf Tage in der Woche auf dem, monatlich zu bezahlenden, Parkplatz stehen, teuren Sprit schlucken und außerdem müssten wir damit zum TÜV*.

Weil wir zu viel verreisen um für ein Auto Geld über zu haben, haben wir uns vor einigen Monaten bei einer Carsharing-Firma angemeldet. Beim Carsharing teilen sich mehrere Leute ein Auto und zahlen nur für die gefahrene Zeit oder die gefahrenen Kilometer Geld.

* In Japan gibt es wie in Deutschland einen TÜV, der heißt hier nur 車検 (Shaken)

Wir sind bei Times Plus. Times ist Betreiber vieler Parkplätze (in Japan am Straßenrand parken? Niemals!), in direkter Laufentfernung haben wir mindestens zehn Times-Parkplätze. Auf einer Handvoll davon stehen Autos, die man per Carsharing mieten kann.

Das Ausleihen ist ganz einfach und über PC oder Handy mit Internet machbar. Wir ditschen dann unsere Mitgliedskarte ans Fenster des Autos, woraufhin sich die Tür öffnet und wir den Schlüssel aus dem Handschuhfach fischen. Bis zu einem bestimmten Zeitrahmen (ich glaube acht Stunden) zahlen wir nicht für’s Tanken**, ansonsten zahlt man pro Kilometer noch einen Spritzuschlag. Wenn wir ein Auto mieten würden, müssten wir es immer mit vollem Tank zurückbringen. Sobald das Auto wieder auf dem Ausgangsparkplatz steht und wir uns “abgemeldet” haben, bekommt mein Mann eine E-Mail mit sämtlichen Fahrtinformationen (Zeit, gefahrene Kilometer und Gesamtpreis) auf’s Handy.

** Wenn man tanken muss gibt es eine Karte, die man bei der Tankstelle abgibt und über die das beim Betreiber abgebucht wird.

Bei uns in der Nähe stehen nur japanische Autos, Nissan, Mazda, Honda und Toyota, in anderen Gegenden stehen aber auch “ausländische” Autos. Wenn wir Abends einfach mal für drei, vier Stunden irgendwohin fahren wollen, nehmen wir jetzt also das Auto – das ist faul und schlecht für die Umwelt, aber teils günstiger als mit der Bahn zu fahren.

Außerdem darf mein Mann endlich wieder ans Steuer! Wenn man einmal das Gesicht meines Manns in Vorfreude auf’s Autofahren gesehen hat, weiß man, wie Glück aussieht. Oder so.