Summer School.

Ich arbeite neuerdings in einem englischsprachigen Kindergarten. Davon gibt es in Japan recht viele, denn inzwischen haben viele Japaner eingesehen, dass es wichtig ist, Englisch zu lernen. Viele Japaner sprechen kein Englisch oder nur sehr schlechtes Englisch, deswegen ist es wichtig, dass die Kinder Englisch von Menschen lernen, die keinen japanischen Akzent haben – der ist nämlich, im Vergleich zum deutschen Akzent, absolut unverständlich.

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Nächsten Monat werde ich das Sommerprojekt betreuen, und bin derzeit auf der Suche nach Aktivitäten, die man mit Grundschülern machen kann. Ich habe ja auch irgendwann mal Englisch gelernt, aber ich weiß gar nicht mehr, was wir da an Aktivitäten gemacht haben.

Es ist Sommer, deswegen würde ich gern viele Dinge draußen machen, aber nur spielen, ohne dass es eine Aufgabe gibt, bringt für die Sprachentwicklung auch nichts. Zum Glück gibt es im Internet genug Ressourcen, und ich hoffe, dass ich mit den Grundschülern genau so viel Spaß haben werde, wie ich die letzten Tage mit den kleineren Kindern hatte.

Japanische Kinder sind dabei nicht weniger anstrengend als deutsche Kinder, die sind genau so frech, genau so lieb. Ein Unterschied ist jedoch, dass japanische Kinder mehr daran gewöhnt sind, zu lernen. Sich hinzusetzen und Arbeitsblätter zu bearbeiten, dabei (nach Möglichkeit) nicht herumzuschreien, was oft nicht ganz klappt, und einfach aktiv zu arbeiten. Die Kinder, die ich zwei Tage lang betreut habe, können schreiben. Natürlich noch nicht ganz flüssig, aber es funktioniert. Was konnte ich schreiben, bevor ich in die Schule gekommen bin? Dass das manchmal auch absurde Züge annimmt ist klar, mein Mann konnte wohl vor der Einschulung dreistellige Zahlen multiplizieren, was auch immer das einem sechsjährigen Kind bringt.

Bisher sind einige Sachen, die ich gern machen würde folgende:

Seifenblasen. Seifenblasen sind schön, man kann herumplantschen, und die Kinder sind schon groß genug um das Zeug nicht zu trinken.

Bedienungsanleitungen malen. Wie ich das mitbekommen habe, lieben es die meisten Kinder, irgendjemandem etwas zu sagen zu haben, was wäre das besser als “Du musst den Toast so in den Toaster stecken!”?

Sonnenuhr basteln. Das ist recht selbsterklärend, ich müsste nur klären, wo wir Sonnenuhren aufstellen können, denn der Kindergarten liegt eher schattig.

Wer bin ich? Jeder bekommt ein Schild mit einem Tier (der Einfachheit halber) auf die Stirn gepappt, und muss Fragen stellen, um herauszufinden, welches Tier er ist.

Und wenn den Kindern das nicht reicht, müssen sie halt Bilder ausmalen! So einfach ist das! Ach quatsch, ich denke, dass man mit denen eine Menge unternehmen kann, das wird bestimmt ganz witzig. Nächste Woche betreue ich noch Kindergartenkinder, und dann geht’s los!

Zwischenstand in Sachen Liebe (in der Zeit nach der Kernschmelze).

Um mal ein wenig vom Allgemeinen wegzukommen, wie läuft eigentlich meine Ehe?

Ich denke, dass es eigentlich alle, die hier mitlesen wissen, aber noch mal kurz als Wiederholungsübung: Ich habe meinen Mann 2008 am 25. Dezember kennen gelernt. In Japan waren wir dann noch sechs Monate zusammen, bis ich wieder nach Deutschland musste, weil mein Visa ablief. Zu der Zeit war er noch Student, aber es war quasi schon abgesprochen, dass wir heiraten würden, wenn er mit der Uni fertig werden würde. Während ich in Deutschland gelebt habe, war ich drei Mal in Japan (Februar 2010, Juli 2010, März 2011) und er war für zehn Tage in Berlin (letzten Herbst). Im März haben wir dann drei Tage nach der großen Katastrophe geheiratet.

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Wir sind nun also seit ganzen vier Monaten verheiratet, was schon eine kleine Meisterleistung darstellt. So richtig verheiratet fühle ich mich noch immer nicht, aber vielleicht hat Disney darüber gelogen, wie viele Sterne und Glitzersteine um einen herumfliegen, wenn man sich von einer unverheirateten, unglücklichen Frau in eine verheiratete, glückliche Frau verwandelt. Oh, Disney.

Es läuft gut. Wir streiten kaum, und eigentlich auch nie ernsthaft. Anfangs war es ein wenig problematischer, weil ich den ganzen Tag nur zuhause gesessen habe, und so meine gesamte angestaute Energie und auch Enttäuschung über mich selbst (dass ich keine Freunde und keine Arbeit habe), an ihm abgelassen habe. Wir lachen viel miteinander und haben viel Spaß, es ist einfach sehr entspannend, wenn er da ist.

Er ist oft von der Arbeit erschöpft, besonders an heißen Tagen. Auf Baustellen gibt es selten Klimaanlagen, und er überwacht dort Arbeiten, muss also unter der prallen Sonne leiden. Dazu kommt, dass wir jeden Morgen um fünf Uhr aufstehen, und er aber erst um halb sieben Uhr abends wieder nach Hause kommt. Der Weg zur Arbeit ist einfach zu lang, eineinhalb Stunden.

Unter der Woche unternehmen wir deswegen selten was, aber am Wochenende sind wir oft zusammen unterwegs oder vertreiben uns einfach zuhause die Zeit, weil wir zu erschöpft von der Woche sind. Es ist also alles ganz normal.

Er sagt, dass unsere Beziehung besser läuft, als die anderer Paare, weil wir über eineinhalb Jahre eine Fernbeziehung geführt haben. Keiner von uns beiden wird das Handtuch schmeißen, weil es mal Streit oder Unstimmigkeiten gibt. Einige Dinge haben sich natürlich eingeschlichen, viel vom Haushalt mache ich, aber mal ganz im Ernst – ich arbeite vier bis fünf Stunden am Tag (darüber später mehr), wenn ich den Haushalt da noch mit reinrechne komme ich höchstens auf sieben Stunden, und auch das nicht jeden Tag.

Heute kocht übrigens der Göttergatte, er beschwerte sich gestern über meine Kochkünste. So nicht, mein Lieber!

Mein Baby ist wieder da. Happy Monday!

Auch an dieser Stelle noch mal ein großes Lob an den Apple Customer Service, der mir außerhalb der Werktage innerhalb von zwei Tagen eine neue Festplatte spendiert hat. Das ging wirklich fix und unkompliziert, ich musste nicht einmal das Haus verlassen. So lobe ich mir das!

Apropos Feiertage, am Montag war 海の日 (Umi no hi, Tag des Meeres). Ich weiß nicht genau, was gefeiert wird, wir haben hauptsächlich gefeiert, dass wir ausschlafen konnten. In Japan gibt es die Happy Monday Regelung, durch die seit etwas über zehn Jahren einige Feiertage zwingend auf den Montag fallen, was ein verlängertes Wochenende ergibt.

Es gibt im Übrigen in Deutschland die Vorstellung, dass die Japaner kaum Feiertage hätten, die Realität sieht aber anders aus. Während wir in Berlin im Jahr neun Feiertage haben, gibt es in Tokyo 15, darunter einige, die man sich offensichtlich, wie Umi no Hi*, einfach ausgedacht hat.

* Der Tag wurde eingeführt, um im Sommer einen weiteren Feiertag zu haben. Kein Scherz.

Das heißt aber bei weitem nicht, dass alle an diesen Tagen ruhen können, denn der Einzelhandel geht weiter. Am Feiertag kann ich, genau wie auch am Sonntag, für gewöhnlich genau so einkaufen, wie ich es auch unter der Woche könnte, und ich würde nicht darauf wetten, dass die Verkäufer und Verkäuferinnen einen höheren Lohn erhalten, “nur” weil sie ihren Feiertag opfern.

Und deswegen würde ich in Japan nicht in den Einzelhandel gehen.

Hello Work! Oder auch nicht.

Ich suche derzeit nach Arbeit. Im Moment können wir von unseren Ersparnissen ganz gut leben, obwohl wir natürlich Mehrausgaben haben, weil es einfach so viele Dinge gibt, die man sich anschaffen muss, wenn man vom Elternhaus in seine eigene Wohnung zieht, dennoch wäre es schon einfacher, wenn ich arbeiten gehen würde. Von damals, 2008, wusste ich noch von Hello Work (ハローワーク), dem japanischen Arbeitsamt, für Ausländer in Shinjuku.

Also schnell hingefahren, dauert ja nur eine Stunde von meinem Zuhause aus, Nummer und Anmeldeformular bekommen, warten. Mir wurde gesagt, dass ich mich abmelden solle, wenn ich kurz was Essen gehe. Als also nach einer Stunde des Wartens tatsächlich mein Magen anfängt zu knurren, melde ich mich bei Herrn A ab.

Ich: Ich gehe dann mal raus.

Herr A: Melden Sie sich wieder, wenn Sie wiederkommen.

Ich gehe essen, komme wieder, Herr A ist nicht da, sondern nur Frau B.

Ich: Ich habe die Nummer 65, ich war grad draußen, bin jetzt aber wieder da.

Frau B: Da hätten Sie sich abmelden müssen!

Ich: Ich habe mich abgemeldet.

Frau B: Ah, ok.

Ich warte noch länger, lese langweilige Broschüren, surfe im Internet, und versuche irgendwie die Zeit herumzukriegen. Nummer 64 wird aufgerufen. Ich freue mich, warte. Nummer 67 wird aufgerufen. Ich bin empört, schließlich warte ich schon seit zweieinhalb Stunden und gehe nach vorn zum Schalter, wo Frau B mit einer Mitarbeiterin steht. Nummer 66 beschwert sich schon.

Ich: Ich habe die Nummer 65, warum wurde die grade übersprungen?

Frau B (schaut auf ihren Zettel): Sie hätten sich vorhin wieder zurückmelden müssen.

Ich: ?

Frau B: Als Sie vorhin draußen waren, hätten Sie sich wieder zurückmelden müssen.

Ich: Ich habe mich zurückgemeldet! Bei Ihnen habe ich mich zurückgemeldet!

Frau B: Oh, gut, dann sind Sie als nächstes dran.

Als Sie das sagt wetze ich schon innerlich die Messer. Ich warte seit zweieinhalb Stunden, weil hier viele Ausländer sind, die eigentlich gar kein Japanisch sprechen, und nicht aus dem Knick kommen, und dann werde ich einfach übersprungen?

Bei der, sehr freundlichen, Mitarbeiterin, bei der ich dann lande, erfahre ich, dass ich genau so gut zum Hello Work eine Station von meinem Haus aus entfernt hätte fahren können. Das einzig Besondere am Hello Work in Shinjuku ist, dass sie dort Übersetzer haben. Das Jobangebot bleibt gleich. Was eine infernale Zeitverschwendung.