Damals.

Vor drei Jahren schrieb ich darüber, dass es manchmal hart sein kann, wenn niemand um einen herum dieselben landesspezifischen Erinnerungen hat. Zum Glück gibt es aber genug andere Erinnerungen, die wir gemeinsam haben, wie ich am Samstag feststellen durfte.

Im September müssen meine Schwiegereltern umziehen, da ab Oktober die Bauarbeiten an ihrem/unserem Haus beginnen werden. Weil sie viel Spielzeug meines Mannes aufbewahrt haben, schauten wir vorbei um zu gucken, was wir behalten wollen.

Der große Millennium Falcon wird nicht dabei sein, einfach weil er so riesig ist. Wir haben beide damals die ersten drei Filme gesehen und waren absolut fasziniert von den Charakteren und Raumschiffen.

970814-Luke Skywalker

Ich weiß gar nicht, ob ich damals Star Wars-spezifisches Spielzeug hatte, aber auf dem Foto seht ihr mich mit einem X-Wing Fighter aus Lego, den wahrscheinlich hauptsächlich mein Vater zusammengebaut hat.

Im Japanischen sind übrigens die Namen verschiedener Dinge nicht übersetzt worden, sondern alles hat englische Namen: Die Macht heißt “フォース” (Fōsu; Force), Lichtschwerter “ライトセーバー” (Raitosėbā; Light Saber). Das macht die Kommunikation zwischen uns beiden auf jeden Fall einfacher. 😉

 

Ein wenig anders ist das bei Pokémon. Zwar heißt Lapras auch auf Japanisch Lapras (ラプラス Rapurasu), aber bei vielen anderen Monstern müssen wir Pantomime einsetzen um verständlich zu machen, welches wir meinen. 😉 Pokémon-Karten hatte ich aber auch haufenweise, dabei wussten wir meist nicht einmal so richtig, wie man damit spielt.

pokemon

Damals in der Grundschule gab es einen Jungen in meiner oder einer Parallelklasse, der ein paar japanische Karten hatte. Natürlich wusste keiner, was auf denen stand… Übrigens habe ich mit japanischen Pokémonspielen die japanischen Silbenschriften (Katakana und Hiragana) geübt. 🙂 Es gibt auch irgendwo ein Foto von mir als Kind mit einem Pokémon-T-Shirt. Wahrscheinlich war Pokémon eines der ersten japanischen Dinge, mit denen ich Kontakt hatte – obwohl ich natürlich nich weiß, ob ich damals je darüber nachdachte, woher das Spiel kommt.

disney

Auch Disney ist für uns beide eine geteilte Erinerung – auch wenn ich natürlich als Kind nicht, und schon gar nicht mehrmals im Jahr, im Disneyland war. Aber schaut, war mein Mann als Kind nicht unglaublich niedlich?!

Die Disneyfilme kamen immer um meinen Geburtstag herum in Deutschland in die Kinos, weswegen ich einige anlässlich meiner Geburtstagsfeier sah. Ganz besonders angetan hatte es mir “Der König der Löwen”, und ich hatte unglaublich viel Spielzeug und natürlich das Hörspiel (auf Kasette!) zum Film.

Wir gehen izwischen gemeinsam für Disney-Filme ins Kino, so auch sicher Ende diesen Jahres nächsten März um Moana zu sehen. 🙂

Auch wenn man 8900km voneinander entfernt aufgewachsen ist, gibt es doch genug Bezugspunkte. Ich finde für eine Beziehung nämlich wenig wichtiger als geteilte Erinnerungen, quasi als Fundament. Inzwischen erschaffen wir uns natürlich seit 2008 zu zweit neue Erinnerungen.

Habt ihr solche Bezugspunkte zu Menschen, die ganz woanders aufgewachsen sind?

“Ich will unbedingt nach Japan ziehen…

einzeilig

… wie schaffe ich das?”

Das ist eine Frage, die im Internet unglaublich oft gestellt wird, vor allem von sehr jungen Menschen.

Überraschung: Ich bin auch mal ausgewandert. 😉 Außerdem habe ich in meinen inzwischen insgesamt sechs Jahren in Japan viele andere Auswanderer getroffen. Ich könnte im deutschen Nachmittagsfernsehen als Auswanderer-Coach arbeiten. 😉 Hier ein paar Dinge, die ich jedem raten würde.

Lernt Japan vorher kennen!

Für immer in ein anderes Land zu ziehen bedeutet viel Vorbereitung, ihr wollt schließlich nicht wie bei Goodbye Deutschland enden. Das erfordert viel Energie. Auswandern ist nicht für Faule. Außer ihr heiratet einen Japaner. 😉

Kommt deswegen erst mal her, bevor ihr euer ganzes Leben auf den Kopf stellt. Schaut euch an, wie Japan wirklich ist. Ich mag Japan und komme mit dem Leben hier wunderbar zurecht, aber das gilt längst nicht für alle. Leider trifft man auch immer mal auf Leute, die voller Erwartungen ins Land gekommen sind und inzwischen der Meinung sind, Japan sei an allem Übel in ihrem Leben schuld.

Aber ich weiß doch, dass es mir gefallen wird!

Japan ist nicht so, wie es in den Medien gezeigt wird. Nicht jeder in Japan liebt Manga und Anime, nicht jeder trägt abgedrehte Mode, nicht alles ist immer voll かわいい (kawaii; süß). Jedes Land hat schlechte Seiten, dieses hier auch. Selbst in Tokyo gibt es nur etwa 2,5% Ausländer – und zu denen gehört ihr dann auch. Außerdem, solltet ihr vorhaben für immer in Japan zu leben, werdet ihr immer 8900km von eurer Familie in Deutschland entfernt sein.

Das sind Dinge, von denen man vorher nicht wissen kann, wie sie sich anfühlen oder wie man damit klar kommt, und Prioritäten verschieben sich auch gern noch einmal. Deswegen würde ich wirklich jedem nahelegen, entweder ein Working Holiday zu machen, oder über die Uni ein Semester an einer japanischen Partneruni zu studieren*, oder für die Sprachschule nach Japan zu kommen. Dann wisst ihr, woran ihr hier seid, und habt gleichzeitig für zukünftige Übersiedlungspläne wertvolle Erfahrungen gesammelt.

* Das geht durchaus auch, wenn ihr nicht Japanologie studiert.

Ich habe einige Bekannte, die Japan zwar lieben und gern für einen Urlaub herkommen – aber hier leben? Nein danke.

Wenn ihr den großen Schritt wirklich wagen wollt…

Schaut euch die verschiedenen Visa-Typen an. Man kann nicht einfach nach Japan hineinschneien und anfangen zu arbeiten. Ihr braucht Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, sonst ist das illegal. Wenn so etwas auffliegt verhängt Japan auch gern mal Einreisesperren. Das schlauste wäre es, sich in Deutschland einen Job bei einer Firma zu angeln, die Niederlassungen in Japan hat. Oder bei der deutschen Niederlassung einer japanischen Firma. 😉 Dann besorgt euch die Firma das Visum.

Es gibt natürlich auch Arbeit für Deutsche in Japan, aber für Firmen ist es ein ziemlicher Aufwand jemandem ein Visum zu besorgen – da muss auf Arbeitgeberseite genug Motivation da sein. Generell ist es immer besser ein abgeschlossenes Studium oder eine Ausbildung zu haben.

Man kann natürlich auch in Japan studieren oder auf eine 専門学校 (Senmon-gakkô; berufsvorbereitende Schule) gehen und dann danach nach einem Job hier suchen. Die meisten Studiengänge in Japan sind allerdings nicht auf Englisch, sondern komplett auf Japanisch. Dafür sollte man schon seinen JLPT N2 in der Tasche haben.

Generell kommt man in Japan zwar auch ohne Sprachkenntnisse irgendwie klar, aber die Leute in Geschäften oder auf Ämtern verstehen oft kaum Englisch. Man kommuniziert also entweder mit Händen und Füßen, oder beißt in den sauren Apfel und lernt Japanisch.

(Oder ihr heiratet…)

Japan ist nicht die Rettung

Stellt keine zu großen Erwartungen. Es wird nicht alles besser, sobald ihr in Japan ankommt. Nach tatsächlich recht kurzer Zeit ist Japan nicht mehr besonders, sondern “nur noch” normal. Die Euphorie, die man am Anfang hatte, verblasst. Wenn man dann keinen Plan hat, wie es in diesem normalen Japan weitergehen soll, kann man sich schon mal die Frage stellen, ob es das nun wirklich wert war.

Für mich war es das, ich lebe gerne hier. Leider habe ich Jahre gebraucht, um überhaupt anzufangen zu überlegen, was ich mit meinem Leben hier machen will. Und selbst obwohl ich inzwischen recht fließend Japanisch spreche, gibt es Dinge, in denen ich mir nicht sicher bin und mit denen ich Hilfe brauche. Das würde mir in meiner Muttersprache nicht passieren. Manchmal komme ich auch in doofe Situationen, weil meine Denke doch teils recht Deutsch ist. Ein Hoch auf den Ausländerbonus. 😉

Ich weiß, dass hier einige Auswanderer mitlesen, ob sie nun nach Japan oder in ein anderes Land gegangen sind: Was würdet ihr Leuten raten, die auswandern wollen?

Und für die Leute, die nach Japan ziehen wollen: Warum? 🙂 Das interessiert mich persönlich sehr, weil ich nach meinem Working Holiday eigentlich nicht unbedingt nach Japan wollte – sondern zu meinem Mann.

Der Ausländerbonus.

ausländerbonus

Jeder Ausländer, der einige Zeit in Japan lebt, kennt ihn: Den Gaijin-Bonus*.

Ausländer, vor allem nicht-asiatische, werden oft als Außenseiter gesehen. Klar, vor allem die Leute in Tokyo sehen viel mehr Touristen und Expat-Blasen-Expats als Leute, die dauerhaft hier leben. Manchmal kann es verletztend sein, wenn man ein wenig wie ein Zootier behandelt wird. 🙁

* 外人 (Gaijin) ist ein saloppes Wort für “Ausländer”.

Der Gaijin-Bonus ist unsere kleine Entschädigung. 😉

Klar, manchmal ist es anstrengend in einem Laden jemanden zu finden, der nicht vor einem wegläuft. Andererseits: Wie entspannend ist es bitte, ohne angesprochen einkaufen zu gehen? Wenn ich mit meinem Mann schnatternd einkaufen gehe, haben wir schnell eine Verkäuferin an uns kleben, die versucht mir mein Portmonee wegzuhypnotisieren. Bin ich allein unterwegs habe ich Ruhe. 😀

Viele denken beim Wort “Gaijin-Bonus” an Leute, die sich nicht an die Regeln halten. Ich habe viele Leute getroffen, die einfach machen was sie wollen, weil die Japaner ja eh nichts sagen. Japaner sagen schon bei anderen Japanern nichts, sondern gucken nur – was soll da groß bei Ausländern passieren? Ich muss zugeben, dass ich das nicht besonders cool finde, wenn Leute meinen überall rauchen zu können, oder dass man nicht für Bahntickets zahlen müsste. Ich bin vielleicht einfach spießig.

Für mich reicht es, wenn ich Leute ignorieren kann. Letztens saß ich in der Bahn, als sich ein wirklich übel-riechender Mann neben mich setzte.

Er: 日本語わかりますか? (Nihongo wakarimasu ka?; Verstehen Sie Japanisch?)

Ich: No.

Und er verschwand. Fantastisch!

Außerdem werde ich nicht ganz so kritisch betrachtet. Wenn ich nicht dem japanischen Frauenideal entspreche, ist das auch egal. Fauxpas werden öfter mal übersehen. Natürlich ist mir das durchaus manchmal unangenehm, aber an sich ist es auch ziemlich entspannt. Manchmal ist er doch ganz gut, dieser Ausländerbonus.

In welchen Situationen hat sich das Ausländersein für euch ausgezahlt? 😀

(Wer wissen will, woher das Foto kommt: In den Wolken: Eine Besichtigung bei JAL.)

Warum ich einen Alias habe.

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Ich habe einen 通称 (Tsûshô; Alias). Das ist nicht komplett exotisch. Viele japanische Berühmtheiten arbeiten nicht unter ihren echten Namen, sondern unter einem 芸名 (Geimei; Künstlernamen). Oder verheiratete Frauen lassen sich ihren Mädchennamen als Alias eintragen um weiterhin z.B. auf Arbeit verwenden zu dürfen. Verheiratete Paare müssen sich in Japan noch immer für einen gemeinsamen Nachnamen entscheiden, so wird das umgangen.

Warum habe ich, nichtberühmte Deutsche, deren Mädchennamen hier eh keiner aussprechen kann, einen Alias? Weil ich in Japan nicht einfach so die Kanji des Nachnamens meines Mannes verwenden darf, da diese nicht zu meinem legalen Namen gehören. Mein legaler Name in Japan ist derselbe wie auf meinem deutschen Pass, und den durfte ich nicht mit Kanji unterschreiben. Um meinen legalen Namen in Kanji zu ändern müsste ich erst Japaner werden.

Nun ist unser Familienname aber recht einfach zu schreiben, und ich bin verdammt noch einmal in Japan mit einem Japaner verheiratet, da will ich auch mit unseren zwei Kanji unterschreiben können. Um das machen zu könen, habe ich mir einen Alias registriert: Mein Alias ist mein eigener Name, in Kanji und Katakana. Das ging recht einfach, ich musste nur zeigen, dass mein Mann wirklich so geschrieben wird* und ein Formular ausfüllen. Wenn man nicht verheiratet ist muss man Dokumente mitbringen, die zeigen, dass man diesen Namen in der Öffentlichkeit benutzt. Natürlich kann man auch mit Kanji unterschreiben, obwohl man es nicht registriert hat, im Zweifelsfall ist das dann aber nicht rechtskräftig. Das wollte ich nicht riskieren.

* Wir haben leichte Kanji mit einer Lesung, für die normalerweise andere Kanji verwendet werden.

Unter Verwendung des Aliases ist unser Familienregister und meine Krankenkassenkarte in Kanji. Obwohl das mit dem Familienregister vielleicht auch ein Fehler von Seiten der Behörden ist – aber keiner der mich stört. 😉 Da die Krankenkassenkarte als Identitätsnachweis gilt, sind meine Konten und Verträge auch alle mit dem japanischen Namen.

Einige Dokumente kriegt man leider nicht in seinen Alias umgeändert. Auf der 在留カード (Zairyû Kâdo; Residence Card) steht dasselbe wie im Pass, was für deutsche verheiratete Frauen eh oft mit Problemen verbunden ist. 🙁 Für den japanischen Führerschein gibt es scheinbar die Möglichkeit beides draufdrucken zu lassen. Auf meiner マイナンバー (My Number, Sozialversicherungsnummer) steht mein Name in lateinischen Buchstaben und auf Japanisch.

Naja, jetzt wisst ihr von meiner Geheimidentität. Weniger spannend als erwartet, oder? 😉

Verwendet ihr in verschiedenen Situationen verschiedene Namen? Also abseits vom Internet?

(Titelbild © Universal Pictures)