Streamer, die ihr Spielen von Videospielen online teilen, sind wie die meisten YouTuber Trends unterworfen. Anfang 2024 spielten alle japanischen Streamer plötzlich ein kleines Indie-Horror-Spiel names “The Exit 8” (8番出口 Hachi-ban Deguchi). Dieses wurde innerhalb von neun Monaten von einer Einzelperson erstellt und besticht durch sein Setting und sein simples Spielprinzip.
Der Spieler bewegt sich auf der Suche nach Ausgang 8 durch die Gänge einer U-Bahn-Station. Diese Gänge kennt jeder, der in einer Großstadt lebt. Ihr Aussehen unterscheidet sich kaum. Es gilt, diesen Gang achtmal entlangzulaufen, bis man den gewünschten Ausgang erreicht hat. Eine eigentlich einfache Aufgabe. In dieses allen bekannte Setting schleichen sich im Spiel aber Anomalien: Die Beschilderung ist falsch. Die Deckenlampen sind komisch angeordnet. Ein Türknopf ist an der falschen Stelle. Das Licht flackert.
Wenn man trotz einer solchen Anomalie weiterläuft, landet man wieder am Anfang des ersten Gangs. Wenn man bei Entdecken einer Abweichung umkehrt, gelangt man in den nächsten gleich aussehenden Gang. Wenn man umkehrt, obwohl alles normal war, geht das Spiel von vorne los. Es gilt also achtmal hintereinander zu erkennen, ob alles “normal” ist. Mich hat das übrigens zwei Stunden Spielzeit gekostet.
Das Spiel hat keine Geschichte. Niemand redet. Dennoch haben schlaue Menschen es geschafft, aus dem erfolgreichen Spiel einen überaus erfolgreichen Film zu machen. Innerhalb von zwei Wochen hat er knapp 14 Millionen Euro und damit mit Sicherheit ein Vielfaches seiner Produktionskosten eingespielt.
Das hat mich dermaßen neugierig gemacht, dass ich auch ins Kino gegangen bin.

8番出口 The Exit 8 (2025) (Trailer)
Regisseur: Kawamura Genki
Drehbuch: Kawamura Genki, Hirase Kentarō
Darsteller: Ninomiya Kazunari, Kōchi Yamato, Komatsu Nana
Der namenlose Hauptcharakter wird in der U-Bahn Zeuge, wie ein älterer Mann eine Frau anherrscht, weil ihr Baby weint. Kurz darauf nimmt er einen Anruf seiner Ex-Freundin entgegen, die ihm eröffnet, schwanger zu sein. In plötzlich aufkommender Panik, die bei ihm auch einen Asthma-Anfall auslöst, läuft er kopflos auf der Suche nach dem Ausgang durch die Gänge der U-Bahn-Station und landet in einem Gang, der wie in einer Schleife nicht endet.
“The Exit 8” steht in der Tradition japanischer Horrorfilme, in denen altbekannte Gegenstände und Orte sich plötzlich in einen Albtraum verwandeln. Wer braucht einen axtschwingenden Serienmörder, wenn der Alltag so viele Chancen bietet, richtig gruselig zu werden?
Im Kino schafft es der Film eine Anspannung zu erzeugen, die die gruseligen Elemente gut wirken lässt und wirkliche Schreckmomente erzeugt. Ich zweifle daran, dass das im Heimkino mit seinen vielen Möglichkeiten zur Ablenkung auch so gut funktionieren würde. Vor dem Hintergrund, dass das Spiel keine Geschichte hatte, wirkt die Geschichte des Films interessant – alleinstehend als Film betrachtet ist sie aber ziemlich platt. Das Ende überraschte mich dann trotzdem.
Aber die größte Überraschung ist für mich noch immer, dass innerhalb eines Jahres aus einem kleinen Indie-Spiel ein erfolgreicher Film mit einem Hauptdarsteller, den wirklich jeder in Japan kennt, werden konnte.