Jetzt, Ende September, kühlt es auch hier in Tokyo etwas ab. Dieser Sommer war, wie auch der letzte, viel zu heiß und lang. Im August hatten wir in Tokyo genau zwei Tage, an denen die Höchsttemperatur unter 30°C lag. Wir hatten das schon vorhergesehen und deswegen Ende des Monats vier Tage in Nagano in den Bergen gebucht.
Unsere Unterkunft war ein kleines Häuschen im Wald. Die Temperaturen waren viel niedriger als in der Großstadt und auch sonst war es natürlich eine ganz andere Umgebung als bei uns zuhause. Bei uns haben wir z.B. nicht plötzlich kleine Frösche im Haus. 😀


Unser Sohn fantasiert generell ziemlich viel, weswegen wir seine Geschichte vom Frosch unter dem Sofa so lange als Hirngespinst abtaten, bis wir den Frosch mit eigenen Augen sahen. Er konnte mit einem Glas dingsicher gemacht und in die Freiheit transportiert werden.


Wir hatten keine großen Pläne für unseren kleinen Urlaub. Natürlich hatten wir einiges im Voraus recherchiert, aber wir wollten uns keinen Stress machen. Zumal fast jeder Ausflug lange Fahrten über Serpentinen bedeutete und den Autofahrern in Nagano das Blut zu wallen scheint, sobald sie Kurven sehen: Normalerweise total entspannt, flitzen sie über enge Straßen in den Bergen, als gäbe es einen Pokal zu gewinnen.
Skigebiet im Sommer: Hakuba
Gerüchten zufolge ist Hakuba (白馬村 Hakubamura) im Winter nicht von Sydney zu unterscheiden, weil es komplett von Australiern eingenommen wird. Sie kommen für die schönen Ski- und Snowboardgebiete nach Hakuba.


Im Sommer ist zwar bedeutend weniger los, aber dann sind die Berge bei (japanischen) Wanderern sehr beliebt. Wir wollten uns den Hakuba Goryu Alpine Botanical Garden (白馬五流高山植物園 Hakuba Goryū Kōzan Shokubutsu-en) ansehen, der auf 1515 m Höhe liegt.
Vom Parkplatz aus geht es mit der Gondel in luftige Höhen. Wenn man im botanischen Garten angelangt ist, kann man entweder weiter nach oben laufen oder mit dem Skilift fahren. Für unseren Sohn ein kleines Highlight. Vom obersten Punkt des Gartens, auf 1676 m Höhe, aus kann man entweder auf verschiedenen Wanderpfaden die Umgebung erkunden oder eine halbe Stunde zurück zum Skilift spazieren und die Aussicht genießen.



Wo es in Japan Berge gibt, gibt es auch heiße Quellen, Onsen. Auch Hakuba ist da keine Ausnahme. Wir waren im kleinen Onsen einer Hotelanlage um uns von den Strapazen des Gondel- und Skiliftfahrens zu erholen. Außerdem machten wir auf dem Rückweg einen Halt bei einem Spezialladen für Oyaki (おやき), gefüllte Teigtaschen. Ihr müsst mir versprechen, dass ihr Oyaki esst, wenn es euch jemals nach Nagano verschlagen sollte.

Wanderpfad zur Sonne: der Togakushi-Schrein
In den Wäldern Naganos befinden sich die fünf Schreine des Togakushi-Schreins (戸隠神社 Togakushi-jinja). Drei von ihnen sind leicht zu erreichen. Zwei erfordern ein wenig Ausdauer.
Der Zugangsweg (参道 Sandō) des Okusha (奥社) und des Kuzuryūsha (九頭竜社) ist etwa zwei Kilometer lang und damit der zweitlängste in Japan. Der erste Teil der Strecke ist eben, doch den letzten Teil der Strecke muss man Treppensteigen. Unser Sohn wollte zwischendurch aufgeben, wurde dann aber von meinem Mann angefeuert und war letztendlich sehr stolz auf sich, den ganzen Weg allein geschafft zu haben.




Der Okusha besteht seit 210 v. Chr., das Entstehungsdatum des Kuzuryūsha ist unklar. Natürlich bedeutet das nicht, dass die Gebäude schon so lange an diesem Ort stehen.
Im Okusha wird Ame-no-Tajikarao (天手力男神), ein Gott der physischen Stärke, verehrt. Ihm haben wir es zu verdanken, dass wir Sonnenstrahlen genießen können. Laut einer japanischen Legende versteckte sich Amaterasu (天照), die Sonnengöttin und wichtigste Göttin Japans, in einer Höhle, weil ihr Bruder Susano’o (スサノオ) sie verärgert hatte. Mit ihr verschwand das Sonnenlicht von der Welt. Die Götter versuchten viel, um sie aus ihrer Höhle zu locken, und als sie dann kurz nach draußen sah, packte Ame-no-Tajikarao sie und zog sie nach draußen. Etwas rabiat, aber harte Zeiten verlangen nach harten Maßnahmen oder so.
Kompletter Reinfall: Das naturhistorische Museum Togakushi
Ich bin immer versucht, über Orte, die ich nicht mochte, nicht zu schreiben. Deswegen nur kurz:
Das naturhistorische Museum Togakushi (戸隠地質化石博物館 Togakushi Chishitsu Kaseki Hakubutuskan) hat einen guten Ansatz. Es befindet sich in einem alten Schulgebäude und die Hauptausstellung wirkt gut. Leider ähnelt der Rest des Gebäudes – man hatte scheinbar zu viel Platz übrig – eher einer Mischung aus Gruselkabinett und Gerümpelkammer. Das ist leider bei vielen kleineren Museen in Japan der Fall, und ich finde es immer unangenehm.



Im Nachhinein hätte ich uns diesen Ausflug gern erspart.
Der Tempel Zenkō-ji
Bevor wir am vierten Tag nach Hause fuhren, machten wir einen Zwischenstopp in der Stadt Nagano (die meisten Präfekturen haben eine gleichnamige Hauptstadt – sehr verwirrend) um den Tempel Zenkō-ji (善光寺) zu sehen. Der Tempel besteht aus vielen verschiedenen Gebäuden und war im 16. Jahrhundert die Basis für den Daimyō Uesugi Kenshin (上杉謙信).






Leider war das Wetter nicht besonders gut. Außerdem befanden sich große Teile des Geländes in Renovierungsarbeiten. Eindeutig ein Fall von “immerhin waren wir da”, und Mitbringsel konnten wir auch kaufen.
Viel mehr haben wir nicht unternommen. Es hat auch so vollkommen gereicht. Urlaub mit einem Fünfjährigen ist nur minimal entspannter als mit einem Vierjährigen, auch wenn er vieles wirklich toll mitgemacht hat. Ich bin noch immer begeistert, dass er insgesamt vier Kilometer zum Togakushi-Schrein und wieder zurück gelaufen ist.

Wir hatten diesmal mit Absicht ein Haus mitten im Wald gebucht. Nächstes Mal würden wir das wahrscheinlich nicht mehr machen. Nicht wegen des Waldes, sondern weil die Autofahrten für meinen Mann wirklich anstrengend waren. Trotzdem ist Nagano eine unserer liebsten und auch meistbesuchten Präfekturen. Wenn ich irgendwann aus dem Großraum Tokyo wegziehen könnte, dann am liebsten nach Nagano. Und dann einfach jeden Tag Oyaki futtern. 😀
Sehr schöner Artikel! Ich finde das Bild über dem Text “Wo es in Japan Berge gibt, gibt es auch heiße Quellen…” hat etwas Ghibli-haftes. Sehr schön! Ihr hättet den Frosch nicht “befreien” müssen. Der hat doch dort gewohnt und war ein verzauberter Prinz!