Die Zukunft entdecken auf der Expo 2025 in Osaka

Als ich 10 Jahre alt war, fuhr meine Familie mit einer befreundeten Familie nach Hannover. Es war das Jahr 2000 und die Weltausstellung fand in Deutschland statt.

Ehrlicherweise erinnere ich mich eigentlich nur noch an das T-Shirt, das meine Eltern mir zur Feier des Tages kauften. Vielleicht war es auch ein Basecap. Vielleicht täuscht mich meine Erinnerung auch komplett.

Die erste Expo in Asien fand 1970 in Japan statt – in Osaka, in dem Park, den ich an meinem ersten Tag in Osaka besucht hatte. 55 Jahre später wird sie auf einer künstlichen Insel ausgetragen, die es 1970 noch nicht gab.

Mehr: Schlamm und Freude: Ein Festival in Osaka

Bevor ich meinen Eindruck von der Expo 2025 schildere, möchte ich euch bitten im Hinterkopf zu behalten, dass ich lediglich an einem Sonntag im Mai dort war. Statt eines ganzen Tages konnte ich nicht einmal sechs Stunden dort verbringen. Es ist also keineswegs eine allgemeingültige Bewertung.

Leider begann meine Expo-Experience nicht besonders gut. Die Webseite, über die man Tickets kauft und sich um Reservierungen für einzelne Pavillons bewirbt, ist eine einzige Katastrophe. Unglaublich unübersichtlich, nutzerunfreundlich und man muss sich ständig neu einloggen – jedes Mal mit Zwei-Faktor-Authentisierung via E-Mail, als wären auf der Seite großartig schützenswerte Informationen gespeichert, um die sich mysteriöse Mafiabanden prügeln würden. Letztendlich konnte ich nur eine Reservierung erhaschen und erhoffte mir, dass ich am Tag meines Besuchs noch weitere Reservierungen abstauben könnte. Dummerweise war die Webseite hier, nachdem man sich ohne vernünftige Suchfunktion zum gewünschten Pavillon durchgeklickt hatte, hoffnungslos überlastet.

Ich weiß, dass es nicht einfach sein kann, eine solche Webseite zu entwickeln. Aber es gibt in Japan genug Themenparks mit hervorragend funktionierenden Apps – hätte man bei so einem Mammutprojekt nicht ein paar Leute abwerben oder zumindest von den Apps lernen können?

Gleiches dachte ich mir auch beim Einlass.

Ich war dreißig Minuten bevor die Pforten öffneten dort und erst eine halbe Stunde nach der Öffnungszeit dann auch tatsächlich auf dem Gelände. Das Problem: Die flughafenähnlichen Sicherheitskontrollen, die einfach viel zu lange dauern. In einem anderen Land wäre das vielleicht nicht allzu tragisch, aber in Japan sterben jedes Jahr über eintausend Menschen an Hitzeschlag und am Einlass gibt es keinerlei Schatten. Eine künstliche Insel ist eben kein Park. Insgesamt mangelt es auf dem ganzen Gelände an Schattenplätzen. Da die Expo im Sommerhalbjahr stattfindet, sehe ich das in den kommenden Monaten durchaus kritisch.

Wenn man es dann aber aufs Gelände geschafft hat, steht man direkt vor dem beeindruckendsten Teil der Expo: Der große Ring (大屋根リング Ōyane Ring) ist eine riesige ringförmige Holzkonstruktion und das Symbol des Events. Man kann ebenerdig im Ring laufen oder in an mehreren Punkten besteigen und die Expo so von oben sehen.

Das Thema der diesjährigen Expo war “Designing Future Society for Our Lives”. Es ging also um Zukunftsvisionen, was oft auch Nachhaltigkeit bedeutete. Der deutsche Pavillon nahm sich dem Thema wirklich vorbildlichst an. Nicht nur, dass wirklich interessante Technologien der Zukunft vorgestellt wurden, der Pavillon an sich wurde nachhaltig gebaut. Wenn ich eine Sache zu bemängeln hätte, dann, dass es inhaltlich vielleicht sogar ein wenig zu viel war. Super spannend, aber wegen der reinen Menge ist nicht viel hängengeblieben.

Für den Pavillon von Usbekistan hatte ich mich über eine externe Webseite registriert und konnte somit an der Schlange vorbeispazieren. Leider hatte dieser Pavillon ein Problem, das einige kleinere Länder zu haben scheinen: Sie sind nicht bekannt genug, als dass man eine Vorstellung von ihnen hätte, haben aber auch keine umwerfenden neuen Technologien oder Ansätze vorzuweisen. Usbekistan will die Bahnstrecken im Land ausbauen – coole Sache, aber im Land des Shinkansen nicht besonders beeindruckend.

Besonders absurd war das bei dem Pavillon von Turkmenistan. Nicht nur, dass man am Eingang von einem Bild des Diktators begrüßt wurde. Im sehr nach Diktatur riechenden (stolze Pferde, historische Krieger, eine tief dröhnende Narration) Video wurde hervorgehoben, dass Turkmenistan über Erdgas- und Ölvorräte verfügt, die noch für die nächsten Generationen reichen werden. Eine angesichts des Themas der Expo eher unpassende Aussage.

Ganz anders der portugiesische Pavillon. Dort hatte man sich einem Thema verschrieben: Dem Meer. Zwar wurde auch auf die lange Geschichte zwischen Japan und Portugal verwiesen – viele Lehnwörter entstammen dem Portugiesischen – aber vor allem zeigten sie ihre Projekte rund ums Meer. Das Video im letzten Raum des Pavillons war dann auch eine Mahnung. Wir brauchen das Meer viel mehr, als es uns braucht. Eine Aussage, die die Menschen in Japan verstehen sollten.

Ich ließ es mir natürlich nicht nehmen, den Gundam Pavillon zu besichtigen. Von außen. Tickets hatte ich freilich keine bekommen. Vor dem Pavillon kniet ein riesiger Gundam. Der stand ursprünglich in Yokohama und bewegte sich dort sogar, aber aus Sicherheitsgründen muss er in Osaka knien.

Insgesamt gibt es viele Pavillons, die sich mit Japan beschäftigen – ob mit einzelnen Präfekturen oder mit japanischen Themen. Leider sind viele von diesen Pavillons sehr beliebt, weswegen ich mir nur den Pavillon der Talentagentur Yoshimoto ansehen konnte. Dort finden auf einer Bühne verschiedene Events statt (leider nicht, während ich da war) und in einem kleinen Bereich ist Kunst mit Comedy- oder Gaming-Bezug ausgestellt. Insgesamt interessant, aber ein wenig mehr Kontext wäre schön gewesen.

Richtig gut in Sachen Kontext war der Pavillon Earthmart. Für den hatte ich im Vorfeld eine Reservierung bekommen – ohne kommt man gar nicht rein – und es hat sich wirklich gelohnt. Es ging darum, wie sehr unser Leben von anderen Leben abhängig ist. Im Japanischen sagt man vor jeder Mahlzeit “Itadakimasu“. Das wird zwar oft einfach mit “Guten Appetit” übersetzt, ist aber in Wirklichkeit eine höfliche Form von “(ich) erhalte” und drückt Dankbarkeit gegenüber allen aus, dank denen es etwas zu essen gibt: Bauern, Köche aber auch die Lebewesen, die wir essen. Nicht, dass man bei jedem “Itadakimasu” aktiv daran denken würde.

Aber sichtbar zu machen, wie viel hinter dem, was wir tagtäglich konsumieren, steckt, ist wahrscheinlich die eindrücklichste Art, Menschen ein wenig zum Überlegen anzuregen. In einem Land, in dem Fleischkonsum gar nicht hinterfragt wird, ein guter Anstoß.

Apropos Fleisch: Auf dem Expo-Gelände gab es verschiedene Stände mit vegetarischem und veganem Essen. Das hat mich wirklich positiv überrascht. Da ich vorher aber gelesen hatte, dass die Preise für so ziemlich alles gesalzen sind, hatte ich mir Essen mitgebracht.

Insgesamt wurden viele wirklich spannende Projekte vorgestellt. Vor allem, wie man die Produktion umweltfreundlicher gestalten kann, fand ich faszinierend. Wir können nicht von der ganzen Welt erwarten, dass sie weniger konsumiert – vor allem wenn große Teile unserer Wirtschaft von diesem Konsum abhängen – also ist es wichtig Wege zu finden, diesen Konsum weniger schädlich zu gestalten.


Natürlich habe ich in meinen sechs Stunden auf der Expo nicht einmal ansatzweise alles gesehen. Da ich an einem Sonntag dort war, waren die Wartezeiten oft sehr lang. Viele Pavillons nahmen nur noch Leute mit Reservierung an. Deswegen glaube ich, dass sich ein Besuch durchaus lohnt – dann aber an am besten mehreren Wochentagen und nach Möglichkeit mehr Reservierungen.

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, die Expo noch einmal mit meinem Sohn zu besuchen. Aber für einen Fünfjährigen sind die Wartezeiten einfach zu lang und er würde sicher schnell die Geduld verlieren. So bin ich zwar froh, mir die Expo angesehen zu haben (wie oft hat man schon eine im eigenen Land), werde es aber auch bei diesem einen Besuch belassen.

Bis in 55 Jahren. 😀

3 Gedanken zu „Die Zukunft entdecken auf der Expo 2025 in Osaka

  1. Dagmar sagt:

    Hallo Claudia,
    Wir waren vor 2 Wochen Mittwochs und Donnerstags da, da war es auch nicht besser, fast eine Stunde anstehen um am East Gate rein zu kommen. Zum Glück hatten wir in der 30-Tage-vorher-Lotterie eine Reservierung für den Japan-Pavillon ergattert, und am 2. Tag eine Reservierung für den Gundam-Pavillon. Vorort auf dem Gelände konnte man überhaupt keine Reservierungen ergattern. Das war recht frustrierend, ich hätte gern am ersten Abend unsere Karten für den nächsten Tag zurück gegeben. Auch gab es in den offiziellen Expo-Shops kein Expo-Guide über die Länder und ihre Pavillons, damals bei der Expo in Aichi gab es dies und auch bei allen anderen Expos, die wir bisher besucht haben. Das Expo-Buch haben wir außerhalb dann im Buchladen gekauft. Der Ring aus Holz auf dem Gelände war, ist mächtig und hat uns extrem beeindruckt, wir haben auch einige kleine Aussteller und interessante Sachen entdeckt , aber es hätte schöner laufen können.
    Zwar waren wir etwas enttäuscht von der Expo, allerdings sind wir dennoch froh dort gewesen zu sein. Danach haben wir, um den Expo Besuch abzurunden, ein paar Tage später das Expogelände und den Ausstellungs-Pavillon von 1970 besucht. Das war sehr interessant und eine tolle Zeitreise, und hat uns etwas versöhnt.
    Viele Grüße aus Deutschland und vielen Dank für deine tollen Beiträge. Liebe Grüße Dagmar?

Schreibe einen Kommentar zu Dagmar Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert